Ford RS200: Das Kultauto in den Händen von Ken Block
Hier fährt der extremste aller Ford RS
Jetzt neu auf Youtube: Die 80er-Jahre. In all ihren Extremen. Ken Block zeigt seinen RS200. Und erinnert uns damit an das schärfste aller Ford-RS-Modelle.
Park City, Utah – Man kann Ken Block ins Proll-Eck stellen, klar. Drifts ohne Grund, Qualm ohne Ende, die cineastische Aufarbeitung des Übersteuerns fällt wirklich nicht unter Hochkultur. Man kann es aber auch so sehen: Der Youtube-Star trägt zur automobilen Volksbildung bei. Zumindest seit Kurzem. Wer sonst hätte den Millennials den Ford RS200 näher gebracht? Dieses Relikt des Wahnsinns, entstanden aus Rationalität. Wer Fords Mittelmotor-Sportler nicht kennt, wird die 1980er Jahre nie wirklich verstehen.
Fords Rallye-Derivate einst und heute
Ken Blocks Garage gleicht schon länger einem Ford-Motorsport-Museum. Doch die Drift-Fahrzeuge älteren Baujahrs haben mitunter wenig Ähnlichkeit mit tatsächlichen Serienmodellen und Racern von damals. In letzter Zeit werden die Exponate geschmackvoller. Einem einigermaßen originalgetreuen Ford Escort RS Cosworth Gruppe A folgt nun der RS200. Ein Straßenauto, das nicht nach Straßenauto aussieht. Und in Wahrheit von Ford nie als solches gedacht war. Hier ein Video mit Ken Block, dem RS200 und dem aktuellen Ford Focus RS:
Der zweisitzige Mittelmotorsportler RS200 basiert auf einem Gitterrohrrahmen. Windschutzscheibe Dach und Seitentüren stammen vom Ford Sierra. Der Rest der Karosserie besteht aus Glas- und Kohlefaser-Verbundstoffen. Die Fahrzeuge entstanden beim britischen Unternehmen Reliant, vornehmlich bekannt für dreirädrige Transportfahrzeuge. Der RS200 kam freilich mit vier Rädern – zu jedem davon führt eine Antriebswelle.
Allrad war Mitte der 1980er Jahre eine Notwendigkeit. Jedenfalls, wenn man Rallye-Weltmeister werden wollte. Und das wollte Ford. Das damalige Gruppe-B-Reglement ließ den Herstellern zahlreiche Freiheiten. Auf eines aber bestand der Weltverband FIA: 200 zivile Exemplare des Bewerbsfahrzeuges mussten gebaut werden.
Lammfromme Fronttriebler, die in der Rallye-WM zu starken Allradlern werden dürfen, gibt es erst seit Ende der 90er-Jahre. Die Namensgebung ist bei diesem Ford schnell erklärt: RS200 steht für Rallyesport und die Stückzahl. Oder handelt es sich doch nur um die vermeintlich gefertigte Anzahl? Gerüchten zufolge entstanden weitaus weniger komplette RS200. Halbfertige Autos sollen häufig als Ersatzteilspender für verunfallte Rallye-Fahrzeuge gedient haben.
Der RS200 leitet 250 PS im Kreis
Heute wird die Zahl der überlebenden RS200 mit Straßenzulassung auf rund 140 geschätzt. Wenig Schwund also. Mit den meisten RS200 wurde garantiert zügig gefahren, aber selten achtlos gebolzt. Immerhin war der RS200 noch zu Lebzeiten eine technische Rarität. Ford entwickelte eine Art umgekehrtes Transaxle-Konzept. Motor mittig, Getriebe vorne. Der Ford leitet die Kraft im Kreis: Eine Kardanwelle geht zum Fünfgang-Getriebe nach vorne, eine zweite von dort zurück zum Hinterachs-Differenzial.Unnötig kompliziert? Ford wollte das Leergewicht von 1.050 Kilogramm eben möglichst im 50:50-Verhältnis auf die Achsen verteilen. Die Kraft nicht: Bei Straßenmodellen gehen 37 Prozent an die Vorderachse, 63 Prozent an die Hinterräder. Zivile RS200 verfügten über 250 PS aus einem aufgeladenen 1,8-Liter Turbo-Vierzylinder. Bedingt durch den großen Lader soll das Aggregat unterhalb der 5.000 Umdrehungen nur für bescheidenen Vortrieb gesorgt haben.
Zum Ausgleich beginnt der rote Bereich erst bei 8.500 Umdrehungen. Im Serien-RS200 arbeitet der Turbolader mit einem Ladedruck von 0,8-Bar, im Rallye-Fahrzeug mit einem Bar mehr. Dann leistet der Motor 374 PS. Beeindruckend für damalige Verhältnisse, aber weit weniger als bei der Konkurrenz. Für Audi Quattro S1, Lancia Delta S4 und Peugeot 205 T16 werden Leistungen jenseits der 600 PS kolportiert.
Manche werden es nie verstehen
In der Debütsaison 1986 blieben die großen Erfolge aus, im Jahr darauf war die kaum reglementierte Gruppe B bereits verboten. Aus Sicherheitsgründen – so stark waren Rallye-Fahrzeuge nie mehr.Die Zukunft des RS200 hätte rosig werden können: Mit einem 2.137 ccm-Aggregat anstelle des 1,8-Liter-Motors wäre der Ford RS 200 Evolution wohl konkurrenzfähig gewesen. Eine offizielle Leistung nannte Ford nie. Privatteams sprachen von rund 650 PS. Ken Block gibt für seinen RS200 rund 700 PS an. Es dürfte sich ebenfalls um ein Evolution-Modell handeln.
Also: Wer demnächst auf Youtube einen irren 80er-Jahre-Sportler mit Ladeluftkühler auf dem Dach, Tank unter der Motorhaube und zwei Federbeinen pro Rad entdeckt: Das war Serie. Genau so. In den 80ern. Einem Jahrzehnt, in dem Rallye-Autos für die Straße entstanden. Und Kunden 92.500 DM (umgerechnet 47.300 Euro, inflationsbereinigt aber weitaus mehr) für einen filigranen Ford mit Sierra-Dach und Fiesta-Armaturenbrett ausgaben. Manche von uns können das nach Ken Blocks Video verstehen. Manche verstanden es schon lange zuvor. Und manche werden es nie verstehen.
drei schwere Unfälle im Jahr 1986 mit vielen Toten beendete die Gruppe B, zwei davon mit Ford RS200.
Hier der Crash von Marc Surer
https://www.youtube.com/watch?v=oE7gNaqQ-os
An den Crash denke ich auch immer, wenn ich Ford RS 200 höre.
Ich finde die Gruppe-B-Homologationsmodelle faszinierend.
Ein guter Freund wollte sich mal einen zulegen und ich war bei den Probefahrten dabei und durfte sogar mal selbst ins Steuer greifen. Leider war kein Ford RS200 dabei, aber Lancia Delta S4 und Peugeot 205 T16 durfte ich fahren, Audi SportQuattro war meinem Freund von Anfang an zu teuer 😉
Das massive Turboloch liegt in der Natur der Sache, viele Tricks von heute gab es damals noch nicht, außerdem war es ja egal: Wer fährt Rennen im unteren Drehzahlbereich? Eben.
Danke, den kannte ich noch gar nicht. Was die Buben damals so aus kreuzbraven Autos machen durften... toll.
Was wir aber nicht vergessen sollte, dass damals, kaum Wert auf Sicherheit gelegt wurde.
Zu Gruppe B Zeiten, war ich noch nicht mal auf der Welt. Ich konnte das nicht miterleben. Für mich ist diese Rennklasse faszinierend.
Gruppe B war einfach geil...richtige Monster...und dazu brachten sie diese auch noch als Homologationsmodelle auf normale Straße...was für ne Zeit.
Noch keinem aufgefallen?
Ja, die 80er waren (von modetechnischen Absonderlichkeiten mal abgesehen) ne geile Dekade.
Die Autos wurden zunehmend flotter und es gab bedingt durch kaum oder gering ausgeprägte Umwelt- und Sicherheitsauflagen wirklich krasse Fahrzeuge. Leicht und schnell eben 😎
Heute unvorstellbar, dass man mit einem ABS- und Airbaglosen Auto wie dem Sierra XR4i 210 + x gefahren ist (berab gings schon ein bisserl schneller 😉 ).
Wenn ich an das Bremsfading bei hoher Geschwindigkeit denke ... 😱😜
Der RS200 war damals (m)ein Traumwagen neben dem Capri WT und dem Sierra Cosworth.
Leider natürlich unerschwinglich 🙁
Gruppe N war schon spektakulär.
Wenn man bedenkt, dass die heutigen WTC Kleinwagen breiter und viel schneller sind als die Gruppe B aber es sieht nur halb so schnell aus.....
Echt ein klasse Wagen und was für ein Unfall von Surer oO
Na mal sehen wann dieser "Rennfahrer" auch diesen Wagen zu Schrott gefahren hat.
Bis jetzt sieht man ja immer anhand der unzähligen Spuren, dass dieses "Ausnahmetalent" es nur in den allerseltensten Fällen mal beim ersten oder zweiten Versuch schafft durch eine Kurve so zu kommen, wie es geplant war, und es auch dann nur eine Mischung aus Glück und Zufall, weniger jedoch fahrerischen Könnens, ist.
Leider gibt es viele Nacheiferer, die es dann auf Feldwegen aber auch öffentlichen Straßen ihrem Idol gleichtun wollen.
Mit immer gleichen Folgen.
Nur haben diese nicht eine Flotte von absolut identischen Fahrzeugen, die das bei dem jeweiligen Fahrversuch zerstörte Vehikel für den nächsten Drehversuch sofort ersetzen.
Fahren ist nunmal nicht ein Fahrzeug ausschließlich im Drehzahlbegrenzer in Wolken aus Rauch und Staub mit viel Lärm von einem unkontrollierbaren Zustand in den nächsten zu bringen, sondern es jederzeit immer unter Kontrolle zu haben.
an und für sich ein wunderschönes auto, aber ich muß da auch immer an den feuerunfall denken. 🙁
@Quakfrosch der Ken Block schrottet auch nicht mehr Autos als andere Rallyfahrer - Colin McRae hat vermutlich deutlich mehr Autos ins jenseits befördert. Selbst das Deutsche Idol, der Walter, hat eine menge Autos geschrottet 😉. Der Ken Block fährt ja nur zum Spass Rennen, für das fährt er verdammt gut.
Meinte natürlich Gruppe B und WRC Kleinwagen.