Aktionskünstler Stefan Gbureck lässt abschleppen

Im Benz ohne Motor durch Europa

Björn Tolksdorf

verfasst am Fri Jul 17 16:03:58 CEST 2015

Mit einem Mercedes Baujahr 1971 fährt der Künstler Stefan Gbureck durch Europa. Das Besondere: Unter der Motorhaube herrscht gähnende Leere. Gbureck lässt sich schleppen.

Ein Tuk-Tuk schleppte Stefan quer durch das Verkehrschaos von Paris
Quelle: Stefan Gbureck

Biarritz - Mit einem Strichacht-Mercedes 220 D quer durch Europa? Das ist ein schönes Abenteuer, wenn das Auto gut funktioniert. Auf das Exemplar von Stefan Gbureck trifft das nicht zu. Der Aktionskünstler und Fotograf hat aus seinem Benz den Motor ausgebaut und lässt sich schleppen.

Das klingt verrückt, passt aber ins Programm des abenteuerlustigen Aktionskünstlers. Der Berliner trampte bereits mit einem Kühlschrank von München nach Berlin und fuhr mit dem Motorrad von Deutschland nach Rio.

Solche Trips lassen sich in der Regel nur mit Sponsoren stemmen, und die wollen etwas haben für ihr Geld. 2011, aus heutiger Sicht in der Steinzeit des viralen Marketing, erhielt Gbureck für seine Aktion "Tramp a Benz" eine Rüge: Gbureck trampte und ließ sich nur in Mercedes mitnehmen. Die Aktion wurde von der Agentur Jung von Matt im Auftrag von Mercedes unterstützt. Dies war aber nicht ersichtlich. Daher rügte der Deutsche Rat für Public Relations alle drei Beteiligten wegen nicht gekennzeichneter Werbung.

Entfernt wurde der Dieselmotor in einer Werkstatt in Heidelberg
Quelle: Stefan Gbureck
Als Schleichwerbung für Mercedes geht die silbergraue Mittelklasselimousine Baujahr 1971 nicht durch, so ohne Motor und Getriebe. Für die aktuelle Aktion namens „The Drummer“ gibt es keinen Sponsor, sagt Gbureck. Den Mercedes besaß er schon eine Weile, aber zufrieden war Gbureck nicht mit dem Oldtimer: „Er gab mir nicht das Gefühl, eine längere Strecke durchzuhalten. Also nahm ich kurzerhand den Motor raus.“

Von der Ente bis zum Tuk-Tuk

Wir erreichen Stefan Gbureck in Biarritz. Dorthin gelangte er von Bordeaux, und von dort ziehen ihn zwei Surfer ans Mittelmeer nach Barcelona. Spontane Planänderung: Eigentlich sollte es weiter am Atlantik entlang Richtung Lissabon gehen. Mitte Juni startete das ehemalige Fotomodel von Heidelberg aus nach Paris, drei Monate wird Gbureck noch unterwegs sein.

40 bis 50 Autos zogen Stefan und seinen Benz bereits, „von der Ente bis zum Tuk-Tuk war alles dabei“, erzählt er. Mit dem Abschleppseil in der Hand spricht Gbureck die Autofahrer an und erklärt sein Anliegen: „Das dauert manchmal“, sagt er. Im Notfall helfen Videos und Fotos bei der Verdeutlichung.

Wer so viele Menschen trifft, erlebt natürlich Einiges: „Einmal zerriss ein junger Fahrer mit einem getunten VW Bora mir alle vier Abschleppseile“, sagt Stefan. Ein anderes Mal schleppte ihn ein Autofahrer versehentlich über die Autobahn, und das auch noch zu schnell. Die Quittung: 140 Euro. Am einfachsten ist es, wenn Gbureck eine Abschleppdienst-Leerfahrt erwischt. Die Profis wissen am besten, wie ein nicht fahrbereites Auto bewegt wird.

Bleibt die Frage: Was steckt in und hinter der Kunstaktion, abgesehen vom Abenteuer? „Die Botschaft ist ganz klar ‚Zero Emission‘, sagt Stefan Gbureck. Und warum heißt das Projekt „The Drummer“? Die komplizierte Erklärung: Mit der Abschlepp-Tour will Stefan Gbureck Kontakte knüpfen für eine Fahrt mit Wohnanhänger im kommenden Jahr. Dann will er Bands besuchen, die ihm in dem umgebauten Airstream-Anhänger das Schlagzeugspielen beibringen.

Entfernt wurde der Dieselmotor in einer Werkstatt in Heidelberg
Quelle: Stefan Gbureck
Stefan Gbureck und der Motor, der nicht mit auf die große Tour kommt. "Kein Motor, kein Motorschaden" - klingt logisch
Quelle: Stefan Gbureck
Rotes Leder, silberner Lack: Gbureck und sein Mercedes 220 D
Quelle: Stefan Gbureck
Ab auf den Hänger: So fährt es sich am leichtesten. Oftmals muss der Benz aber an den Haken
Quelle: Stefan Gbureck
Hinter einem Setra von 1962 geht es von Saarbrücken über die französische Grenze
Quelle: Stefan Gbureck
Parken ist anstrengend: Ohne Motor hilft nur schieben
Quelle: Stefan Gbureck
Daumen hoch: Stefan hängt an einem Renault Clio
Quelle: Stefan Gbureck
Der Mercedes am Haken hinter einem VW Eos
Quelle: Stefan Gbureck
Was Gbureck auf die harte Tour lernen musste: Nicht jeder Autofahrer ist geübt im Umgang mit dem Abschleppseil
Quelle: Stefan Gbureck
Durch Paris hinter einer Ente: 40 bis 50 Autos schleppten Gbureck bisher
Quelle: Stefan Gbureck
Die Kreisverkehre in Frankreichs Hauptstadt sind auch mit Motor eine Herausforderung
Quelle: Stefan Gbureck
Das wird teuer: Unerlaubtes Abschleppen auf der Autobahn mit überhöhter Geschwindigkeit
Quelle: Stefan Gbureck
Gewöhnungsbedürftig: Von einem Riesenclown durch Bordeaux geschleppt werden
Quelle: Stefan Gbureck
Erklärungsbedürftig: Nicht jeder versteht sofort, warum der Benz nicht von selbst fährt
Quelle: Stefan Gbureck
Die Resonanz sei überwiegend positiv, sagt Gbureck. Überraschend viele Autofahrer sind hilfsbereit
Quelle: Stefan Gbureck
Quelle: Stefan Gbureck