Sicherheitstechnik: Welche könnte bald Pflicht werden?
Kameras gehören bald in jeden Pkw
ESP, RDKS und Tagfahrlicht wurden in den letzten Jahren in Neuwagen zur Pflicht. Welche Technologien bald folgen könnten, hat die EU-Kommission nun aufgelistet.
Brüssel – Immer mehr Technik zieht in unsere Autos ein. Das liegt zum guten Teil an Sicherheitsregularien. In der EU wurden in den letzten Jahren Sicherheitssysteme wie ESP, Gurtwarner, Isofix, Tagfahrlicht oder Reifendruck-Kontrollsystem (RDKS) zur Pflicht bei Neuwagen.
In einem Bericht an das EU-Parlament listet die EU-Kommission nun neue Technologien auf: Sollten sie in Europa zur Pflicht werden? Sicherheitsfeatures, die heute in vielen Autos Aufpreis kosten, könnten dann Voraussetzung für die Typzulassung in der EU sein. Das bedeutet, dass sie serienmäßig in neue Autos eingebaut werden müssen.
Insgesamt 19 Maßnahmen hat die Kommission aufgelistet. Einige davon betreffen nur Busse und Lkw, andere Testprozeduren bei Crash-Tests. Und eben: zusätzliche Sicherheitsausstattung. Dass eine bestimmte Technik in dieser Liste steht bedeutet aber noch nicht, dass sie in wenigen Jahren vorgeschrieben wird: Die Kommission will bei der Prüfung „Machbarkeit und Kosteneffizienz gebührend berücksichtigen“.
Auffallend: Viele Systeme basieren auf Kameras. Neuwagen ohne Kameratechnik wird es daher wahrscheinlich im nächsten Jahrzehnt nicht mehr geben. Zu beachten ist: Ein Einführungstermin betrifft stets als erstes Typzulassungen neuer Modelle. Zwei Jahre später müssen die Systeme in allen Neuwagen stecken. Für ältere Autos gelten die neuen Regeln generell nicht, sie genießen Bestandsschutz.
Autonome Notfallbremse
Sie wird bereits heute in viele Fahrzeuge eingebaut. Das System warnt den Fahrer, wenn eine Kollision mit vorausfahrendem Verkehr oder anderen Hindernissen droht und kann auch selbstständig bremsen. Die Technik könnte 2022 in allen neuen Pkw zur Pflicht werden. Die EU will aber erst Kosten und Nutzen prüfen lassen.
Notfall-Bremslicht
Bei einer harten Bremsung leuchten die Bremsleuchten schnell und mehrfach auf, um nachfolgenden Verkehr zu warnen. Nach Ansicht der EU-Kommission ein einfaches, aber effektives System. Sie schlägt deshalb vor, es ab 2020 für neue Typzulassungen und ab 2022 für alle neuen Autos verpflichtend einzuführen.
Intelligente Geschwindigkeits-Anpassung
Unter „Intelligent Speeed Adaption“ (ISA) verstehen die Experten mehrere Technologien. Einige davon, wie der Limiter für die Höchstgeschwindigkeit, sind heute schon in vielen Autos aller Preisklassen vorhanden – aber nicht vorgeschrieben. Andere, wie eine Warnung bei zu schnellem Fahren, sind gelegentlich anzutreffen. Würde die Software „hart“ eingreifen und die mögliche Geschwindigkeit auf das zulässige Maß begrenzen, sei laut Bericht ein Rückgang von Geschwindigkeits-Unfällen um 30 Prozent möglich.
Es sei aber notwendig, dass der Fahrer das System jederzeit übersteuern könne. Vor einer verpflichtenden Einführung müsse der Stand der Technik (Verkehrszeichenerkennung, Navigationskarten) geprüft werden. Ein mögliches Einführungsdatum sehen die Experten dennoch schon 2020.
Spurhalteassistent
Die Kommission schlägt vor, aktive Spurhalte-Assistenten für alle Pkw verpflichtend zu machen. Die Regelung könnte 2020 für neue Typen und 2022 für alle Neuwagen in Kraft treten. Die Kommission hält das für möglich und effizient, denn die nötige Kamera könne auch für andere Systeme genutzt werden - wie die Verkehrszeichenerkennung.
Müdigkeitsüberwachung
Systeme, die festzustellen versuchen, ob der Fahrer müde ist, gibt es bereits in vielen hochpreisigeren Pkw. Erkennt das System Ermüdung, soll es warnen. Die Systeme seien jedoch sehr unterschiedlich effektiv und auch sehr unterschiedlich teuer (zwischen 100 und 10.000 Euro). Daher empfiehlt der Bericht vor einer Überführung in die Pflicht, die Wirksamkeit der Systeme "technologieneutral" zu bewerten.
Gurtwarner auf allen Plätzen
Vorgeschrieben sind Gurtwarner seit 2014, allerdings nur auf dem Fahrersitz. Viele Autohersteller bieten dennoch bereits Gurtwarner auf allen Sitzen an; die EU-Kommission prüft nun, dies ab 2020 zur generellen Pflicht zu machen.
Alko-Locks
Alkohol-Sperren fordern vom Fahrer eine Atem- oder Fingersensor-Probe, bevor er das Auto starten kann. Die EU-Experten glauben, damit die Zahl von Alkohol-Unfällen drastisch senken zu können: Allerdings: 75 Prozent dieser Unfälle würden von nur einem Prozent der Autofahrer verursacht. Eine eher kleine Gruppe also, die viel Schaden anrichtet. Daher sei es nicht vertretbar, diese Geräte verpflichtend in allen Autos zu installieren.
Stattdessen arbeitet die EU an einer Vorschrift zur Standardisierung des Interfaces für diese Geräte. Die Anwendung dieses Standards wird wohl ab 2020 bei neuen Typprüfungen vorgeschrieben.
Unfall-Datenrecorder
Ein Unfall-Datenrekorder zeichnet kurz vor, während und nach einem Unfall zum Beispiel Daten zu Geschwindigkeit, Zustand der Sicherheitsgurte oder Bremse auf. Die USA hat erst kürzlich eine Regelung eingeführt, nach der Datenspeicher im Auto unfallbezogene Daten aufzeichnen sollen. Im Bericht der EU-Kommission heißt es: In den meisten Neuwagen sind die entsprechenden Funktionalitäten vorhanden. Es gehe also darum, wem die entsprechenden Daten zur Verfügung stehen sollen – und darum, für diese Daten Standards zu definieren.
Reifendruck-Überwachung (RDKS)
Überwachungssysteme für den Reifendruck schreibt die EU bei Neuwagen seit 2014 vor. Nun wird eine Überarbeitung der Regularien diskutiert. Dabei geht es um die Ausweitung der Vorschrift auf leichte und schwere Nutzfahrzeuge sowie Busse. Davon verspricht sich die EU sowohl mehr Sicherheit als auch weniger CO2-Emissionen aus dem Lkw-Verkehr.
Fußgänger- und Radfahrer-Erkennung
Notbrems-Systeme mit Fußgängererkennung sind heute in einigen Modellen erhältlich. Sie werden jedoch laut EU-Bericht nur in fünf Prozent aller Neuwagen als Option angeboten. Für Radfahrer biete nur Volvo ein spezielles System an; andere Systeme könnten Radfahrer zwar erkennen, würden dies aber nicht in jedem Fall sicherstellen. Hier fehlt es bisher sowohl an Standards als auch an der Marktdurchdringung. Die Kommission empfiehlt daher die verpflichtende Einführung – anders als bei einfacheren Notbremssystemen – erst ab 2024.
Kopfaufprall (A-Säule und Windschutzscheibe)
Prallt ein Fußgänger bei einem Unfall mit dem Kopf auf der Motorhaube auf, endet das heute oft nicht mehr mit schweren Verletzungen. Anders sieht das im Bereich der A-Säule und Windschutzscheibe aus: Hier sind die Fahrzeugstrukturen deutlich steifer und härter. Aus Stabilitätsgründen lässt sich das kaum ändern.
Die EU-Kommission prüft verschiedene Wege, dieses Risiko zu entschärfen. Im Gespräch: Fußgänger-Airbags, eine in bestimmten Zonen nachgiebigere Windschutzscheibe sowie – wie beschrieben: Bremssysteme mit Fußgängererkennung. Eine verpflichtende Einführung einer dieser Möglichkeiten schlägt der Bericht erst für 2024 vor.
Rückwärtsfahr-Warner
Diese kamerabasierten Systeme erweitern die Sicht des Fahrers und warnen optisch oder akustisch vor Querverkehr oder Hindernissen beim Rückwärtsfahren, zum Beispiel beim rückwärts Ausparken. Hier wird besonders auf den Trend zu höher liegenden SUV hingewiesen, der kleine Kinder unter der Heckscheibe optisch „verschwinden“ lasse.
Zwar sei die Kosten-Nutzen-Rechnung dieser Systeme nicht ideal, da hier aufgrund der niedrigen Geschwindigkeiten nur wenig schwere Unfälle geschehen. Beziehe man jedoch Sachschäden in die Berechnung ein, arbeite dieses System hoch lohnend. Eine verpflichtende Einführung wäre laut Bericht 2020 in Typprüfungen möglich.
Änderungen bei Crashtests
Die EU will ihre Crashtest-Normen verschärfen. So wird diskutiert, den aus den USA stammenden Frontaufprall mit teilweiser Überlappung („small overlap test“) zur Pflicht zu machen. Beim Thema Seitenaufprall diskutiert der Bericht sowohl zusätzliche Crashtests als auch schärfere Airbag-Vorschriften.
Besonderen Handlungsbedarf sieht die Kommission beim Thema Heckaufprall. Ein Heckaufprall-Test wird derzeit in Europa nicht im Rahmen der Typprüfung durchgeführt – anders als in den USA und Japan. Das soll sich ändern.
Die Kommission begründet das mit der Lage des Tanks im Heck vieler Pkw sowie dem Bedarf, bei E-Autos die elektrische Sicherheit nach einem Unfall sicherzustellen. Für den Heckaufprall-Test gebe es bereits eine UN-Richtlinie, die viele Hersteller freiwillig anwendeten. Jedoch gebe es keine Daten darüber, welche Hersteller das tun. Eine Vorschrift würde diesen Zustand beenden.
Quelle: European Commission
Am besten jeden Fahrer aus dem Pkw nehmen, senkt 100% die Unfallquote vom Pkw-Verkehr.
Schöne neue Zwangsassistentenwelt...
Leider ist damit wieder teure und anfällige Technologie verbunden.
Und trotz aller Hilfen bleibt der Risikofaktor Mensch das Hauptproblem bei Unfällen. 😱
Hoffentlich hält mein Wagen noch ein paar Jahrzehnte - bei solchen Zukunftsaussichten wird mir gleich übel 😱.
Eine Windschutzscheibe die in einigen Bereichen nachgibt? Da wird sich Carglass bald freuen.
Also die elektronische 360° Rundumsicht gehört schnellstens in jeden LKW!!!
Das könnte jeder überfahrene Radfahrer bestätigen - wenn er noch könnte.
In jeden PKW kann man diese serienmäßig auch verbauen - die Komponenten kosten ca. 100 Euro - finanziell ein Witz..., aber für jeden hilfreich....
Ja lauft dann halt weiter mit der Keule durch den Wald.
Ich würde diese Umsetzungen der meisten der Punkte schon mal für LKW's auf EU Strassen zur Pflicht machen
Vlt würde den meisten schon helfen, wenn die Radfahrer die manuelle 360° Rundumsicht und 2% des Hirns aktivieren würden 😉.
Definitv technisch interessant, aber für uns (fehlerbehaftete menschliche Fahrer) eher ungeignet.
Mein aktuelles Fahrzeug löst von selbst die Handbremse und auch die Betriebsbremse, der Scheibenwischer und das Licht werden automatisch ein-und ausgeschaltet, der aktive Tempomat hält immer einen Mindestabstand zum Vorderman......usw.
Dieser angebliche Sicherheitsgewinn führt aber zu nachlassender eigener Aufmerksamkeit (die Technik passt ja auf), das kann eigentlich nicht der richtige Weg sein, obwohl viele unterstützende Assistenzsysteme durchaus eine Berechtigung haben. Ich möchte auch nicht mehr ohne ABS fahren, aber wir sollten das alles nicht übertreiben. Der einzige Gewinner bei diese "Aufrüstung" ist doch eh nur die Industrie (also die Boni der Manager).
*LOL*, hat man beim RDKS gemerkt -> 3stelliger Betrag pro Reifensatz(!) obwohl's auch billiger ginge und garantiert nur die nächste ignorierte Warnlampe ist, die dann wahrsch. auch noch zu spät brennt (weswegen Leute die sich ausreichend so drum kümmern sie nie sehen werden).
Volldeppen! Das ist gefährlich, weil Verwechslungsgefahr mit antippen! Mein Auto ist von 2009 und das macht einfach den Warnblinker an, das ist eindeutiger!
*LOL* Bislang können die Systeme nicht mal TL-Schilder von TL-Aufklebern auf VT unterscheiden, geschweige denn die vielen nationalen Zusatzschilder (z. B. "nur von" bzw. "außer" [Uhrzeitbereich]).
*LOL* Die dann am wenigsten bringen wenn sie am wichtigsten wären, nämlich in Baustellen mit schmalen gelb markierten Spuren die über die weißen geklebt wurden!
Aktuell zeigen div. Fahrzeuge z. B. "x Gurte hinten angelegt" - ohne Warnung. Aber was soll der Quatsch? Der Fahrer wird schon wg. Handtaschen & Co. massiv abgelenkt (die Warnung beginnt ja erst ab ein paar km/h), auch weil nicht genau gesagt wird um welchen Sitz es geht, von der Möglichkeit von Defekten dass das Piepen solange während der ganzen Fahrt massiv ablenkt mal ganz zu schweigen!
Bei Kindersitzen ist ja der Oberwitz, dass da überhaupt nicht gewarnt wird, wenn die Kinder sich abgeschnallt haben!
Außerdem wird das auch auf dem Fahrersitz eh gerne mit einem Ersatz-Stecker für das Schloss umgangen.
Eben, Nüchternheit am Steuer ist Unfallursache Nr. 1!
Da fehlt das Wort "Schutz". Aber es wird wie immer sein: Aus allem kann man dann denjenigen einen Strick drehen und wenn man's selber mal bräuchte geht's nicht/bringt's nix 😤
Hallo?! Gerade die werden doch von ihren Chefs auf spritsparen getrimmt?!
... arbeiten offensichtlich immer noch fehlerhaft bzw. werden die genannten Personengruppen dazu animieren sich noch rücksichtloser zu verhalten, also für mehr Nötigungen und Unfälle sorgen. Bzw. es sollte mal stärker gegen Fußgänger und Radfahrer vorgegangen werden, die sich bei Dunkelheit durch dunkle Klamotten (ohne reflektierende Streifen) oder defekte Beleuchtung/Reflektoren an Fahrrädern quasi tarnen, vor allem wenn sie dann bei einem Unfall meckern bzw. noch irgendwie Kohle vom Gegner wollen.
IMHO hätte es hier gereicht hinten seitl. Rückfahrleuchten einzuführen (und ausreichende Verkehrserziehung für die Kinder). Ist auch einfach zu reparieren.
Bzw. allg. wird viel Kram gemacht, ohne dazuzuschreiben, wie das nachhaltig umgesetzt werden kann z. B. mit wenigen Arten von genormten Teilen der jew. Art, die auch Drittanbieter herstellen dürfen und problemlos eingebaut werden können. Wie war das mit der Nachhaltigkeit bzgl. Umwelt?!
notting
Nö, gibt dann immernoch Radfahrer, die Autos kaputtfahren (z. B. hinten reinfahren und dabei die Heckscheibe zertrümmern) oder halt Fehler der autonomen Steuerungen.
notting
Genau. Wer Smartphonedaddelnd aufm Fahrad ohne Licht, Reflektoren und Co Geistesabwesend in den toten Winkel eines LKWs fährt und sich dabei noch von dem überfahren lässt, gehört halt natürlich aussortiert.
Ansonsten können die alle machen was sie wollen, so lange sie mich mit dem ganzen Scheiss in Ruhe lassen. Mein Auto fährt und das fährt noch lange genug...
Wenn ich mir überlege, was diese (teilweise sicherlich sinnvollen)
Assistenzsysteme kosten werden, wird mir als bisher neuwagenkaufender
Privatkunde Angst und Bange....
Tempomaten mit Abstandsregelung und autonomen Bremseingriff gibt´s schon lang, aber in keinem LKW vorgeschrieben. Einfache Dinge, die Sinn machen, sollten umgesetzt werden. LKWs die in ein Stauende Brettern sind absolut unnötig. Da hilft auch keine Verkehrszeichenerkennung und kein Müdigkeitssensor.
Das ganze Gepiepse wird die Fahrer so nervös machen das bald Durchdrehen.