Anwälte wittern großes Geschäft mit VW-Klagen
Kanzleien werben mit Begriffen rund um den Abgas-Skandal
Ein paar Anwaltskanzleien wollen mit dem VW-Abgas-Skandal das große Geld verdienen. Verbraucherschützer sehen das kritisch. Es sei zu früh für Klagen.
Wolfsburg/Berlin - Staatsanwälte ermitteln wegen Betrugsverdachts, Aktionäre wollen vor Gericht Kursverluste ersetzt bekommen, manche Autofahrer hoffen auf Schadenersatz: Die Abgas-Affäre bei VW hat eine juristische Dimension, die nicht nur die Rechtsabteilung des Autobauers auf Jahre hinaus beschäftigen wird.
Kein Wunder, dass so mancher Anwalt das große Geschäft wittert. Einige Kanzleien haben bereits Zehntausende Euro für Internet-Werbung ausgegeben oder sich Web-Adressen rund um die Begriffe VW und Schadenersatz gesichert.
Das deutsche Recht kennt keine Sammelklagen
Um möglichst viele Mandanten unter Vertrag zu nehmen, gehen Kanzleien neue Bündnisse ein. So wollen etwa Juristen aus Düsseldorf und Berlin mit einer niederländischen Stiftung mögliche Ansprüche von Aktionären und Fahrzeugbesitzern aus ganz Europa bündeln. Die Stiftung hofft auf eine außergerichtliche Einigung mit Volkswagen, um das Geld dann aufteilen zu können. "Der Autokonzern sollte Interesse an einer gütlichen Einigung haben", sagt Julius Reiter von der Kanzlei Baum-Reiter, die die Stiftung initiiert hat. "Außerdem müsste er sonst befürchten, dass es zu einer Flut von Prozessen in Deutschland kommt."
Vor Gericht dürfte es für VW-Kunden schwer werden. Sammelklagen wie in den USA kennt das deutsche Recht nicht. Jeder Autofahrer, der glaubt, einen Schaden erlitten zu haben, muss diesen dokumentieren, beweisen und dann geltend machen - der Schaden könnte der Wertverlust des Autos sein. Das allerdings zu beweisen, ist kompliziert.
"Das ist sehr schwierig, deswegen hoffen wir auch auf eine Einigung mit VW", sagt der Münchner Anwalt Markus Klamert. Er vertritt bereits mehr als 180 Mandanten, täglich würden es mehr. Die meisten von ihnen fürchten um den Wert ihres Autos - gerade im Hinblick auf einen baldigen Verkauf. Wie andere Anwälte hofft Klamert, VW zu Gesprächen und am Ende zu einer pauschalen Lösung zu bringen, ohne dass jeder VW-Kunde selbst aktiv werden muss.
Für Klagen ist es noch zu früh
Für Autobesitzer ist der Gang zu Gericht zunächst überflüssig, sagen Verbraucherschützer und Rechtsschutzversicherer. "Für Klagen ist es definitiv noch zu früh", meint auch Daniela Mielchen aus der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Zunächst hat VW laut Gesetz die Möglichkeit, die Mängel zu beheben. "Erst wenn diese Mängelbeseitigung scheitert, kommen weitere rechtliche Möglichkeiten in Betracht", erklärt auch ein Sprecher der Rechtsschutzversicherung Arag. Da unterscheidet sich der Mangel an einem VW Golf nicht von einem kaputten Wasserkocher oder Fernseher.
Verbraucherschützer sehen die Aktivitäten der Kanzleien - bei aller Sorge um die Rechte der Autobesitzer - nicht unkritisch. Auch bei Arag betrachtet man die Werbung mit Unbehagen. "Ob und inwieweit die Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer tatsächlich bestehen, kann jedoch noch nicht abschließend beurteilt werden", sagt Juristin Ineke Klaholz von der Verbraucherzentrale NRW. Im Moment gehe es daher nur um die Klärung möglicher Verjährungsfristen.
VW kann das Thema mit Nachbesserungen aus der Welt schaffen
In der Regel würden die Mängelgewährleistungsrechte der betroffenen Verbraucher zwei Jahre nach dem Autokauf verjähren. Es sei aber auch möglich, dass der Verkäufer die Frist auf ein Jahr herabgesetzt habe. Um Risiken auszuschließen, sollten Käufer den Verkäufer bitten, auf die sogenannte Einrede der Verjährung zu verzichten. Während Kanzleien dafür oft Honorar verlangen, stellen Verbraucherzentralen den Musterbrief längst auch kostenlos zur Verfügung. Zumindest hier ist die Erfolgschance höher: VW sagte zu, bis Ende 2016 nicht auf der Einhaltung von Verjährungsfristen zu bestehen. "Deshalb entstehen VW-Kunden durch Zuwarten keine Nachteile", sagte ein Sprecher.
Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages geht davon aus, dass - zumindest bezogen auf den konkreten Mangel - VW das Thema mit einer Nachbesserung aus der Welt schaffen kann. Funktioniere das Auto nach der Rückrufaktion wie vorgeschrieben, "dürfte bezogen auf den konkreten Mangel eine wirksame Nachbesserung vorliegen", heißt es.
Was passiert, wenn sich der Verbrauch ändert?
Spannender dürfte es werden, falls das Auto nach der Aktion etwa weniger Leistung hat oder mehr Sprit verbraucht. Dann könnte sich die Frage stellen, ob das neue Mängel wären. "Dies kann nur im Einzelfall anhand der konkreten Parameter valide beurteilt werden", heißt es in einem Gutachten des Dienstes für die Grünen im Bundestag.
VW will das natürlich verhindern. "In Bezug auf die technischen Maßnahmen im Rahmen der Nachbesserung hinsichtlich der NOx-Thematik ist es unser Ziel, dass sich die CO2- und Verbrauchsangaben sowie die Performance der Fahrzeuge nicht ändern werden", sagt ein VW-Sprecher. Bisher ist unklar, was VW wann bei welchen Fahrzeugen machen wird.
Anders ist es bei Aktionären, die sich von VW schlecht informiert fühlen - und den Konzern wegen herber Kursverluste in Regress nehmen wollen. Beim Landgericht Braunschweig liegen etliche entsprechende Klagen vor. Zwar gibt es über das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz die Möglichkeit, Klagen zu bündeln. Doch bis zum Ende eines solchen Verfahrens dürfte es viele Jahre dauern - denn am Ende muss jede einzelne Klage vor dem Landgericht zu Ende verhandelt werden.
Zehn Antworten zum VW-Abgas-Skandal lest Ihr hier.
Jeder der über eine Klage nachdenkt sollte daran denken das der Anwalt immer gewinnt, sein Klient kann aber der Verlierer sein.
Bedauerlich für die Kläger, dass deren Anwälte kein Eigeninteresse an der Klage haben. Anwälte fahren nämlich keine Volkswagen.
Stimmt so nicht. Mal davon abgesehen das nicht alle Anwälte zu den Gutverdienenden gehören sind bei Denen die gut im Geschäft sind Audi und Porsche sicher nicht selten zu finden.😉
Was soll diese reißerische Überschrift? Ja, Anwälte leben davon, die rechtlichen Interessen ihrer Mandanten wahrzunehmen. Dass das mal besser mal weniger gelingt, hat viele Gründe - wie in allen Berufen. Lesne wir demnächst: "Der erste Schnee - Werkstätten wittern das Große Geschäft!" "Weihnachten! Weihnachtsbaumverkäufer witterbn das große Geschäft!" "Grippewelle! Ärzte wittern das große Geschäft!"? Manchmal kann man nur mi den Augen rollen: 🙄
Grüße vom Ostelch
Eigeninteresse ist wohl mehr als persönliche Betroffenheit. Ein Bäcker hat dann auch kein Eigeninteresse daran, dass seine Brötchen schmecken, denn 99,9999% essen die Kunden. 😉
Grüße vom Ostelch
Und wie viel % der Halter können sich einen Prüfstandtest leisten der verwertbar ist, oder verwertbare Verbrauchswerte liefern?
VW kommt hier auf Grund der Gesetzeslage mit einem blauen Auge davon! Und sie werden nicht mehr Auskunft geben wie sie müssen. Der Beschissene bleibt der Verbraucher!
Selber Anwalt und fühlst dich "auf den Schlips getreten"?
Fakt ist doch, dass Anwälte meist nur ihren eigenen Profit sehen und geldgierig agieren - siehe "Abmahnanwälte" und Konsorten...Dreckspack! Hier ist es jetzt nix anderes, der Versuch maximalen eigenen Profit aus allem zu ziehen, was man beklagen kann.
Das hat ein bisschen etwas von Glücksspiel. Man setzt einen Einsatz und hofft auf die für die Mandanten schlimmsten Konsequenzen, um dann aktiv werden können und sich der finanzielle Aufwand im Vorfeld lohnt oder tragen sich die Investitionen von fünfstelligen Beträgen schon durch die 180 Mandanten, die noch nicht mal wissen ob und was es überhaupt für Auswirkungen geben wird? 😆
Ich fühle mich nicht auf den Schlips getreten. Ich halte nur nichts von solchen pauschalisierenden Stammtischweisheiten. Offensichtlich hast du keine blasse Ahnung, wie die wirtschaftliche Situation eines Anwalts ist. Der lebt tatsächlich von seinen Einnahmen und die Mandanten kommen nicht auf Befehl. Wie überall gibt es auch unter Anwälten Leute, die nur Eurozeichen in den Augen haben. Du arbeitest wahrscheinlich in einer Branche, die nur von für Gottes Lohn arbeitenden Engeln bevölkert ist.
Grüße vom Ostelch
Warten wir es mal ab! Für Defätismus ist noch etwas früh.
Grüße vom Ostelch
Jein. Hierzulande hat man für sowas meist Rechtsschutzversicherungen, von denen man sich vorher eine Deckungszusage holt.
Im Grunde geht es hier aber wohl doch eher um US amerikanische Anwälte. Und die arbeiten bei Schadenersatzfällen idR auf Provisionsbasis, d.h. erhalten x% von der eingeklagte Summe (oder von der Vergleichssumme, falls man sich ohne Urteil einigt). Damit arbeiten sie natürlich gewinnorientiert, aber damit eben auch im Sinne ihrer Mandanten. Und - damit arbeiten sie im schlimmsten Fall auch mal für nada.
Vor allem sollte man nun nicht gleich wieder den fantasievollen Unfug der amerikanischen Anwaltsserien im TV für bare Münze nehmen und auch noch auf Deutschland übertragen. Gegen vieles, was man da sehen kann, ist die Schwarzwaldklinik ein hyperrealistischer Dokumentarfilm gewesen. Man sollte allerdings nicht vergessen und übersehen, dass in den USA die großen Kanzleien und Prozessfinanzierer für die Mandanten auf eigene Kosten und eigenes Risiko die Kosten für die prozessvorbereitenden Recherchen, Gutachten etc. übernehmen. Dafür sichern sie sich für den Erfolgsfall ein ordentliches Stück vom Kuchen. Ich halte dieses Modell nicht für nachahmenswert, aber ganz so schwarz/weiß ist es eben auch nicht.
Grüße vom Ostelch
Als erstes wird ein Anwalt VW klar machen, dass hier kein Mangel vorliegt, sondern Betrug. Bei Betrug gibt es kein Recht auf Nachbesserung und es gelten andere, längere Verjährungsfristen. Ich verstehe nicht, warum die Journalie so unreflektiert der Argumentation des VW Konzerns folgt. Wer einmal lügt ...
OpenAirFan
Jetzt stell´ dich mal nicht so an; das war doch alles nur geschummelt!
Und einen Abgas-Skandal gibt es auch nicht......
😆😆