Feinstaub-Alarm in Stuttgart
Kaum jemand konnte oder wollte verzichten
Der Himmel ist blau, die Luft klar. Aber in Stuttgart gilt Feinstaubalarm: Bürger sollten aufs Auto verzichten. So lief Tag eins des Feinstaubalarms in Stuttgart.
Stuttgart - Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn geht voran und zu Fuß ins Büro. Das tut er allerdings immer wieder einmal, wie ein Sprecher der Stadt am Montag sagt. "Heute hat es sich angeboten." Das stimmt, denn seine Kommune hat zum ersten Mal den Feinstaubalarm ausgerufen, als erste Stadt in Deutschland. Autofahrer sind aufgerufen, den Wagen stehen zu lassen.
Ein Verbot gibt es nicht. Wie sind die Bürger mit der "freundlichen Empfehlung" umgegangen, auf das Auto zu verzichten? Antwort: Viele sind gar nicht darauf eingegangen. Business as usual. Dozent Christian Deplewski parkt sein Auto vor der Universität Stuttgart. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus dem Kreis Calw nach Stuttgart, das wäre ein Albtraum, sagt er. Sollte ein Fahrverbot kommen, sagt Deplewski knallhart: "Dann würde die Lehrveranstaltung ausfallen."
Viele Autofahrer verweisen an diesem Tag auf zu lange Fahrzeiten mit der Bahn oder zu hohe Preise. In der Bahn lassen sich am Morgen kaum Neulinge zu finden. Karin Heck kommt häufiger mit der Bahn in die Stadt, kann die Abneigung gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln aber verstehen.
Nahverkehr: Zu teuer
"Die Preise sind schon sehr deftig", sagt sie. Der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) hat zum Jahreswechsel die Ticketpreise um 2,5 Prozent erhöht. "Da hätte man einen anderen Weg gehen können", sagt auch der Pendler Hermann Schuh.
Wer von den 225.000 Berufspendlern in Stuttgart das Auto am Stadtrand, zum Beispiel im Park-and-Ride-Parkhaus Degerloch, stehen lässt, macht das oft schon lange und aus Überzeugung. "Mit dem Auto durch Stuttgart durchzufahren - Feinstaub hin oder her - macht keinen Spaß", sagt Stefan Hartmann, der aus der Nähe von Reutlingen kommt und für seinen Weg ins Zentrum auf die U-Bahn umsteigt. Die ganze Strecke mit der Bahn zu fahren, dauere jedoch zu lange.
An Tagen mit Feinstaubalarm macht die Bahn nach eigenen Angaben Platz für 21 000 weitere Fahrgäste, indem sie verlängerte Züge einsetzt. "Das ist der Beitrag, den wir leisten können", sagt ein Sprecher. Ob die Plätze ausgenutzt werden, erfasse das Unternehmen allerdings nicht. Sein persönlicher Eindruck auf dem Weg zu Arbeit: keineswegs mehr Fahrgäste als sonst. Im Gegenteil, große Einfallstraßen sind stark verstopft.
30 Prozent weniger Parkhaus-Parker
Eine der wenigen konkreten Zahlen zum Feinstaubalarm liefert die Firma Apcoa Parking. In sechs zentralen Parkhäusern registriert sie 30 Prozent weniger Autos als vor einer Woche. Ein Sprecher will aber nicht mutmaßen, ob das am Feinstaubalarm oder an den glatten Straßen liegt.
Bei klirrender Kälte lässt es sich in Stuttgart gut durchatmen - noch. "Die frisch eingeflossene Polarluft wird sich relativ rasch eintrüben", sagt der Meteorologe Clemens Steiner vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Aufgrund der DWD-Vorhersage wird der Feinstaubalarm mindestens bis Donnerstag andauern. So lange erwarten die Meteorologen keinen ausreichenden Luftaustausch, der die Schadstoffe abtransportieren kann.
Wer den Blick immer wieder auf den Horizont richtet, könne die Eintrübung beobachten, sagt der Meteorologe. Es sei wichtig gewesen, frühzeitig den Alarm auszulösen - auch wenn die Situation in Stuttgart lange nicht so schlimm ist wie etwa in Peking.
So ist unsere Mentalität... Alles für mich, die anderen sollen doch verzichten.
Weniger künstliche Schikanen/Behinderungen für den Autoverkehr und weniger Parkplatzsuchverkehr wären die "halbe Miete" !
Der Nahverkehr sollte günstiger werden. Es kann doch nicht sein, dass das Auto billiger ist als die Bahn. Ist doch klar, dass niemand umsteigt.
Wenn die Feinstaubkonzentration in der Stadt weiterhin so hoch bleibt, wird man Maßnahmen ergreifen müssen, die nicht mehr auf der Freiwilligkeit der Fahrzeugbesitzer basieren.
Wow da haste mal eine Schlussfolgerung getroffen. Hier ein Keks!
Pssst, sagt doch nicht so etwas. Die lesen nur "Auto billig" und schon wird die Besteuerung angehoben damit das wieder aufgeht, d.h. der Nahverkehr wird sichern nicht günstiger, sondern nur das Auto teurer.
Kein Verbot, keine Gesetze, keine Regulierung, keine Abschiebung, keine Grenzen, willkommen in Deutschland. Und wir amüsieren uns köstlich über das "freie" Amerika.
Der Splitter im anderen und der Balken im eigenen Auge... jaja.
Gute Nacht, kann man da nur sagen.
P.S. wurden eigentlich auch ortsansässige Betriebe, die Feinstaubbelastung durch Produktion verursachen, darum gebeten die Arbeit niederzulegen? 🙄
Ach was ? War ja klar. Aber ich dachte immer das seit Einführung der UZ und Ausschliessung aller Euro 2 /3 Diesel das Feinstaub Problem behoben wäre ? Wurden jetzt also alle diese Fahrzeughalter ein kalten Enteignung unnötig ausgesetzt ?
Geld- und Panikmacherei, nicht mehr und nicht weniger.
Vor allem das erste Argument unseren Politikern genug, um etwas durchzusetzen...
Es hieß doch zu Beginn, dass die Stadt an diesen Feinstaub-Tagen die Preise für den öffentlichen Nahverkehr etwas reduzieren wollte!?
Ich durfte heute für meine 10min S-Bahn fahren allerdings wieder 2,80€ zahlen...
Richtig. War eigentlich nur eine suggestive Frage. Ich hab meinen Euro2 Diesel ja immer noch trotz UZ.
Den Unsinn haben sicher auch schon andere erkannt. Ich hab es einfach durchgezogen und bis dato kein Bußgeld kassiert. 😆
Hauptproblem von Stuttgart ist dass man die Innenstadt praktisch nicht umfahren kann. So müssen sehr viele Menschen die nichts oder nicht viel mit der Innenstadt selbst am Hut haben da durch. Ob das jetzt an mieser Verkehrspolitik oder an der topograpfischen Lage liegt kann ich nicht beurteilen.
Leider sind die öffentlichen Verkehrsmittel nur beschränkt hilfreich, da Stuttgart in den Außenbezirken (wo viele leben) sehr "zerfläddert" ist (viele kleine Dörfer), ergo der ÖPNV ist da schon sehr dünn.
Somit bleibt oft nichts anderes übrig als das Auto zu nehmen.
Andere Städte haben das Problem weniger da diese meist in sich kompakter sind und damit auch die Randbezirke noch gut angeschlossen sind.
Ich kann daher verstehen wenn viele nicht auf das Auto verzichten wollten/konnten.
Eine Lösung ist das natürlich nicht...
Wieso sollte man auch? Der ÖPNV ist nur "günstig", wenn man ein Monats- oder Jahresabo hat. Nur für einen Tag werden die wenigsten Umsteigen oder überhaupt darüber nachdenken sich mit der Strecke auseinander zu setzen. Wenn die Stadt wirklich Leute zum Umsteigen bewegen will, sollte man den Preis an solchen Tagen stark reduzieren oder zu Berufsverkehr Zeiten gar kostenlos anbieten.
Die einzige Möglichkeit, ein angeordnetes Fahrverbot zu umgehen, wäre genau jetzt.
Denn müsste man feststellen, dass trotz 50% weniger Fahrzeugen immer noch keine signifikante Minderbelastung eingetreten ist und ein geplantes Fahrverbot eh nix bringen würde, wäre das vom Tisch.
Da die Bekanntmachung aber etwas spärlich erfolgte, am Wochenende die meisten Pendler das gar nicht mehr mitbekommen und montags von der Nachricht überrascht werden, war das eigentlich klar, dass heute kein großer Unterschied zustandekäme (wobei SWR3 von 10% mehr Öffinutzern berichtete). Man könnte jetzt unterstellen, dass das gewollt ist, um nachher die Fahrverbote wegen mangelnder Akzeptanz einfach einführen zu müssen... 🙄
Ich meine, ich bin froh, nicht mehr in dieses Drecksloch zu müssen, ehrlich, mir reicht schon der Peripheriestau. Sei's drum, es gibt jedoch Gründe dort mit dem Auto hin (oder durch) zu wollen... es gibt auch welche dagegen... immer je nach Transportaufgabe, Wegstreckenführung, Zeitvorgabe, Kosten. Die meisten, die da jahrelang schon unterwegs sind, haben sich das individuell ausgerechnet und werden jetzt nicht freiwillig den für sich schlechteren Weg wählen.
@chrisms77: Jo, die haben "nur" längere Züge eingesetzt.
"Die Daimler-Tochter moovel bietet über eine App VVS-Tickets an, die ebenfalls nur die Hälfte kosten" steht in der Zeitung. Keine Ahnung was das ist, aber vllt. ists ja für jemanden interessant.