Lohnkürzungen: Zulieferer legt Seat-Werk lahm
Keine Stühle mehr in Martorell
Mehr als einen Tag lang stand das Seat-Werk in Martorell still: Die Sitze waren alle, der Zulieferer im Streik. Warum? Die Arbeiter sollten auf 8.000 Euro Lohn verzichten.
Martorell - Was für Autohersteller „effizienter Einkauf“ ist, bedeutet für Zulieferer oft: Druck. Das gilt primär für den Mittelstand. Und manchmal fällt es auf den Autohersteller zurück: In Spanien legte nun ein großer Zulieferer ein Automobilwerk lahm.
Im Seat-Werk Martorell nahe Barcelona standen die Bänder seit Mittwoch, 09:45 Uhr still. Zu diesem Zeitpunkt waren die gelagerten Autositze verbraucht. Die Sitze liefert Johnson Controls Eurosit in Barcelona. Das dortige Werk des US-Zulieferers beliefert ausschließlich Seat in Martorell.
Ursprünglich wollten die 500 Arbeiter im Zulieferwerk bis kommenden Dienstag streiken. Das hätte für Seat fünf Ausfalltage bedeutet. Am Donnerstagnachmittag meldete die Nachrichtenagentur Reuters: Die Produktion bei Seat laufe wieder.
Am Streik war Seat nicht unschuldig. In Martorell fertigt der VW-Konzern die Seat-Modelle Leon, Ibiza und Altea sowie den Audi Q3. Nach Informationen der spanischen Zeitung „El Mundo“ könne Johnson Controls einen Großauftrag von Seat verlieren. Für die nächste Generation des Seat Ibiza habe ein spanischer Konkurrent den Zuschlag erhalten.Stühle für den nächsten Audi A1
Nun sucht das Autositz-Werk dringend nach neuen Einnahmequellen. Am liebsten würde Johnson Controls natürlich weiterhin Sitze von Barcelona ins nahe gelegene Martorell liefern. Und wittert die Chance darin, den nächsten Audi A1 zu bestuhlen. Den Auftrag dafür will VW im September vergeben. Dass der Kleinwagen in Martorell bei Seat produziert wird, ist mittlerweile bekannt.
Um den Auftrag zu erhalten, muss Johnson Controls billiger werden, und das geht nur mit niedrigeren Kosten. Laut der katalonischen Zeitung „El Diario“ soll jeder Mitarbeiter auf 8.000 Euro Lohn jährlich verzichten. Zudem könnten feste Stellen in Zeitarbeit umgewandelt werden.
Das war für die Belegschaft nicht akzeptabel. Sie legte die Arbeit nieder. In der folgenden Nacht verhandelten Johnson-Controls-Manager unter Hochdruck, um den Autohersteller wieder beliefern zu können. Offenbar mit Erfolg. Spanische Medien berichten von einer "vorläufigen Vereinbarung", nennen aber keine Details.
Autositze: Marktführer unter Druck
Johnson Controls hat seinen Stammsitz in Milwaukee, USA. Bei Autositzen gehört der Zulieferer zu den ganz Großen, setzt mit der Interieur-Sparte (Sitze, Sitzteile, Innenraumstoffe, Dekore) mehr als 20 Milliarden Euro jährlich um.
Trotzdem sucht der US-Konzern anscheinend einen Käufer für den Geschäftszweig. „Um Marktführer zu bleiben, brauchen wir frisches Kapital“, sagte der CEO Alex Molinaroli im Juni zu „Automotive News“. Denn die Margen im Autositz-Geschäft sind winzig, seit viele OEM-Autohersteller ihre Einkaufspraxis geändert haben.Oftmals kaufen die Autowerke nur noch einzelne Komponenten statt kompletten Sitzen und montieren sie selbst. Dadurch sparen sie im Einkauf. Den Zulieferern fehlen die Einnahmen jedoch: Für Neuentwicklungen bleibt aus dem laufenden Geschäft schlicht kein Geld übrig. In Barcelona reichte es angesichts der Preisvorgaben der Autoindustrie offenbar nicht einmal für das bisherige Lohnniveau.
Quelle: El Mundo; El Diario; Reuters
Da merkt man wieder wie Menschenverachtend die Automobilindustrie ist. Man verlangt von den Zulieferer eine jährliche Preissenkung, wie das umzusetzen ist bleibt denen überlassen. Aber immer mehr fürs eigene Endprodukt verlangen. 🙄
Das sehe ich genauso.
Eigentlich sind wir Arbeitnehmer alle viel zu brav.
Wir sollten viel mehr die Möglichkeiten des Arbeitskampfes nutzen.
Ein Herr Winterkorn beispielsweise muss keine 15 Mill. im Jahr "verdienen", so etwas ist einfach nur pervers.
Aber dem einfachen Arbeiter dann noch das Gehalt kürzen wollen.
Aber vll auch weil die Werker bei VW und AUDI in Deutschland so gut verdienen.
Und die würden auch streiken wenn man den heiligen VW Tarif kürzen würde. Dabei ist die Rendite nichtmal hoch bei VW. Scheint also die Autos sind zu billig oder es wird wo anders Geld verbraten...
Wenn die Aufträge der Fahrzeughersteller in Zukunft ausbleiben, wird der Zulieferer das Werk schließen. Soviel sollte jedem klar sein.
Traurig. Mal die Margen der fetten Manager schrumpfen und die Mozartkugeln und das Cavier bei den Konferenzen weglassen. Alles muss billiger werden, dafür darf der Kunde immer mehr bezahlen und auf der Straße dann auch noch Versuchskaninchen spielen, bis das Produkt ausgereift ist.
Ich finde die 15 Mio für Winterkorn sind schon ok, wenn man mal bedenkt, was Fußballer oder F1 Rennfahrer so verdienen. Der Winterkorn sitzt bestimmt 60 Stunden in der Woche am Schreibtisch und verantwortet Entscheidungen in 100 Mio Höhen. Auch geht es der Belegschaft in seinem Unternehmen sehr gut.
Eine Frechheit ist, dass soziale Verantwortung leider nicht mehr existiert. Leben und leben lassen war gestern. Jeder denkt nur noch an sich. Aber die Verbraucher und die Belegschaften hätten es ja in der Hand. Da aber jeder nur auf seinen eigenen Lohnzettel und Kontoauszug schaut, interessiert es doch eh keinen. Heute wird auf unsere Kosten über Hilfen für GR abgestimmt. Und geht hier irgendjemand auf die Strasse und protestiert dagegen? Nein!!
Ich stehe hinter den Mitarbeitern bei JC. Ich habe mir vorgenommen, in Zukunft mehr meiner Entscheidungen von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen in der Produktion abhängig zu machen.
Natürlich muß er das nicht, aber er arbeitet freiwillig bei VW und würde wechseln, wenn ihm ein Wettbewerber mehr bieten würde. In dieser Führungsebene wird auch für VW die Luft dünn und es ließe sich wohl kaum adäquater Ersatz für weniger Gehalt beschaffen. Somit würde der Hersteller nichts sparen, wenn er das o.g. Gehalt kürzen würde.
Du hast vergessen, welche Sonder-Boni die Autohersteller selbst ihren eigenen Mitarbeitern zugestehen, egal, ob VW, Audi, BMW, Mercedes, Porsche.... Friss oder stirb, denn ich bin groß und mächtig und du nicht!
Auf 8.000 Euro im Jahr kann kein Arbeiter verzichten, der bei einem Zulieferer arbeitet, mit Sparmaßnahmen evtl. auf die Hälfte, um seinen Job zu behalten, was aber auch schon eine Frechheit ist!