Fünf afrikanische Autohersteller im Porträt
Klare Kante und chinesisches Kapital
Die Zahl der Autos in Afrika wächst. Ebenso steigt die Zahl einheimischer Hersteller. Wir stellen fünf afrikanische Automarken vor, die bei uns nicht jeder kennt.
Köln - In Bamako, Kinshasa oder Luanda quälen sich längst Blechlawinen durch die Häuserschluchten. Die zahlreicher werdenden Autos stammen zumeist von europäischen oder japanischen Herstellern - die zum Teil in Afrika produzieren. Aber nicht nur: In den letzten Jahren haben einige Unternehmer in Schwarzafrika mit der Autoproduktion begonnen.
Teilweise wirken die Fahrzeuge so improvisiert wie das Leben selbst auf dem vielerorts armen Kontinent. Andere Beispiele nähren die Hoffnung auf ein Erwachen der afrikanischen Wirtschaft auch jenseits der Maghreb-Staaten und Südafrika.
Mobius Motors: Offroader aus Kenia
Eine junge afrikanische Automarke ist Mobius Motors. Die Idee stammt aus England, vom britischen Informatiker Joel Jackson. Er hatte die Vision, einen Billig-Offroader in Kenia zu produzieren - für den lokalen Markt und die Bedürfnisse und Anforderungen der ländlichen Bevölkerung. Sitz des Herstellers ist Mombasa.
Die Konstruktion muss billig und einfach sein und trotz kompakter Abmessungen viele Sitzplätze und viel Zuladung bieten. 2014 startete die Produktion des Mobius II. Mit dem Low-Budget-Offroader zeigte sich sogar Kenias Präsident Uhuru Kenyatta stolz in aller Öffentlichkeit. Zwischen 2014 und 2016 wurde der Mobius II produziert und verkauft. Derzeit arbeitet Mobius Motors an einem moderneren Nachfolgemodell, für das Vorbestellungen entgegengenommen werden. Listenpreis: umgerechnet 11.300 Euro.
Karenjy: Viertürer aus Madagaskar
In den 1980er-Jahren leistete sich der Inselstaat Madagaskar den Luxus, eine eigene Automarke namens Karenjy ins Leben zu rufen. Die ersten Fahrzeuge haben es 1986 sogar bis auf den Pariser Autosalon geschafft. Eigentlich wollte man mehrere hundert Autos pro Jahr fertigen und später sogar Produktionsanlagen in andere Länder Afrikas exportieren. Doch die angestrebten Stückzahlen wurden nie erreicht, das Projekt schon Anfang der 1990er-Jahre gestoppt.
In den Ruinen der einstigen Manufaktur versucht sich die Firma Le Relais seit einigen Jahren an der Wiederbelebung der Marke Karenjy. Ein neues Modell namens Mazana II wurde entwickelt, von dem einige Fahrzeuge gebaut wurden. Le Relais plant, ein- bis zweihundert Fahrzeuge pro Jahr von dem viertürigen Familienwagen mit angehängter offener Ladefläche zu bauen. Für Madagaskar, das jedes Jahr nur einige tausend Autos importiert, wäre das bereits eine ordentliche Stückzahl.
Kantanka: SUVs und Pick-ups aus Ghana
Auch Ghanas erste Automarke Kantanka erreicht nur geringe Produktionszahlen. In kleiner dreistelliger Stückzahl produziert die Manufaktur seit einigen Jahren vornehmlich SUV und Pick-ups. Zwar ist Kantanka ein Neuling im Autogeschäft, dennoch wirken die Automodelle wie Relikte der 1990er-Jahre. Nach Angaben des Herstellers wurden die Autos speziell auf die Bedingungen in Ghana abgestimmt und besonders robust konstruiert. Die Technik dürfte vorwiegend aus China stammen.
Matchedje Motors in Mosambik
Hinter Matchedje Motors, der ersten Automarke Mosambiks, steht chinesisches Kapital. Guangdong Foday Automobile gründete das Unternehmen 2011 als Joint-Venture mit dem mosambikanischen Staat. Angeblich wurden rund 150 Millionen Euro in den Bau der Fabrik in der Hauptstadt Maputo investiert. Angestrebt war zunächst eine Jahresproduktion von 100.000 Fahrzeugen. 2014 startete die Produktion des Pick-up F16, ein Nachbau des chinesischen Modells Foday Lion F16. Auch Busse werden bei Matchedje mittlerweile produziert.
Erweiterungspläne sehen vor, die Produktionskapazitäten zu verfünffachen. Neben neuen SUV-Modellen will Matchedje eine Limousine, Lastwagen und Motorräder anbieten. Ein Schwergewicht der chinesischen Autoindustrie ist Foday allerdings nicht. Insofern darf man gespannt sein, ob es Matchedje Motors gelingt, zum Industriegiganten im südöstlichen Afrika aufzusteigen.
Patriotisch: Innoson in Nigeria
Auch bei Innoson Vehicle Manufacturing in Nigeria werden seit 2013 vor allem chinesische Modelle in Lizenz produziert. Begonnen hat IVM mit Motorrädern und Bussen. Mittlerweile gibt es Pkw-Modelle wie die Stufenheck-Limousine Umu oder den kompakten Fox. Ein Pick-up namens Carrier, das SUV G5 und der Minitransporter 5000 runden das Portfolio ab.
Angeblich stammen 70 Prozent der Teile für die Autos aus heimischer Produktion. Lediglich Motoren, Getriebe und Elektronikteile kommen aus Japan und China. IVM möchte das wirtschaftlich aufstrebende Land Nigeria unabhängiger von Importen machen. Aktuell ist das nicht der Fall: Laut IVM kommen auf ein Auto aus heimischer Produktion 131 Importautos.
Der Firmengründer Innocent Chukwuma ruft deshalb die Nigerianer auf, seine Autos zu kaufen. Doch mit dem bevölkerungsreichen Staat Nigeria will sich der Unternehmer nicht zufriedengeben. Er will IVM-Fahrzeuge auf den ganzen Kontinent exportieren.Viel Potenzial
Afrika bietet als Automarkt vor allem eines: jede Menge Potenzial. Auf 100 Einwohner kommen nur etwa fünf Kraftfahrzeuge. In Deutschland sind es mehr als zehnmal so viele. Größte Autonation des Kontinents ist Südafrika, wo 2016 rund 335.000 Fahrzeuge gebaut wurden. Und zwar von internationalen Konzernen wie BMW, Fiat Chrysler, Ford, GM, Nissan, Toyota und Volkswagen.
In Nordafrika sind traditionell französische Konzerne stark. So unterhält Renault Werke in Algerien und Marokko. In Ägypten schrumpfte die Produktion nach den politischen Umwälzungen Anfang des Jahrzehnts stark. Liefen hier einst mehr als 100.000 Fahrzeuge pro Jahr vom Band, waren es 2016 gerade noch gut 10.000.
Quelle: SP-X
Ein eigenständiger afrikanischer Pkw-Hersteller ist aus Sicht der Autonationen nicht wünschenswert, denn irgendwo müssen ja die Altfahrzeuge der ersten Welt endverwendet werden. Afrika war in den letzten Jahrzehnten ein guter Markt. Schärfere Exportbestimmungen und die Elektronikflut stehen dem aber zukünftig im Wege. Einfache Autos wie der Mobius werfen für die etablierten Hersteller zu wenig Gewinn ab und gefährden das Image.
mich würden mal die Schadstoffklassen interessieren, ob die Motoren überhaupt mit einem Katalysator ausgestattet sind
In der einen Broschürenseite steht was von Euro4
diese Quartettkarte vom Hersteller aus Ghana? Warum sollte man in Afrika europäische Normen annehmen? Ich glaube kaum das diese Fahrzeuge nach Europa exportiert werden, die dürften hier allesamt nicht zulassbar sein.
Ich würde gerne mal mehr über die Autoherstellung nördlich der Sahara erfahren. Insbesondere in Ägypten. Ist dort nur CKD Fertigung oder gibt es auch heute echte Hersteller wie früher Nasr?
Europäische Normen sind weltweit verbreitet. Der Aufwand neue Normen einzuführen, steht in keinem Verhältnis. Euro IV ist seit 2010 auch in Indien Pflicht. Euro V wird übersprungen und Euro VI gilt ab 2020.
wieder was gelernt, ich weiss allerdings nicht was gerade bei unserer sehr theoretischen und absolut an der Realität vorbeigehenden Schadstoffklasseneinstufung so attraktiv sein soll das es andere übernehmen wollen.
Seit wievielen Jahrzehnten "hofft" man auf ein Erwachen der afrikanischen Wirtschaft? Sind es 6 oder mittlerweile 7?
Wie viel Mrd Entwicklungshilfe sind schlicht versickert oder für Bandenkriege und andere militärische Auseinandersetzungen zweckentfremdet worden?
Europa und die westliche Welt hat schlicht kein Interesse am Erstarken einer dortigen Wirtschaft. Zu unsicher und fragil sind zudem in vielen Staaten die politischen Zustände. Nichts für Investoren.
Wer dort investiert, denkt langfristig und wird über diese Investitionen seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss früher oder später geltend machen. Und Ansprüche stellen. So wie China es tut.
Der Rest schläft derweil weiter oder schaut weg.
Wenn die Qualität der Fahrzeuge ähnlich gut ist wie die Fotomontage mit dem gelben LKW, die aussieht als würde der in einem riesigen Schlagloch stehen, dann sollten die Afrikaner lieber weiter europäische "Altautos" fahren - die halten sicher länger.
Ägypten besteht leider nur aus CKD und Import.
http://www.imc-egypt.org/.../5-automotive-sector-development-strategy
Endlich mal wieder ein wirklich spannender Artikel auf MT!
Ich frage mich, warum der Mobius diesen fleckigen Mattlack hat wie man es bei Ratten macht.
Ich vermute, die sparen sich eine Lackiererei und machen eine Tauchlackierung wie man das früher bei billig-Fahrrädern gemacht hat...
Plus bei den dort vermutlich oft verkommenden Blechschäden spart man sich wieder einen Lackieraufwand und malt mattgrau mit dem Pinsel auf...😉
Spannend ich die preisfindung:
11 300 € scheint mir sehr teuer:
Teure produktionsanlagen fallen weg, steckt zwar viel Handarbeit drin aber die Leute verdienen ja kaum was...
Ein Duster kostet gleich viel bei wahrscheinlich deutlich teureren Teilen und vermutlich 10x höheren Löhnen...
Sehr gut, Technik die für dort vollkommen ausreicht
Vmtl. nicht, da man so auch schlechten Sprit und verbleites Benzin tanken kann
Das war auch mein erster Gedanke, seit langem mal wieder ein wirklich interessanter Artikel bei M-T!