Mercedes-Qualität
Kleine Schrammen am großen Stern
„Das Beste oder nichts“ seien die Autos von Mercedes, sagt die Daimler AG über ihre wichtigste Marke. Eine Ansage, die gut klingt, aber nicht immer die Endkontrolle passiert.
Berlin – Daimler sagt: Wie kein anderes Markenzeichen in der Automobilwelt steht der Stern für die perfekte Kombination von Faszination, Perfektion und Verantwortung. Wir sagen: Werbung und Realität gehen hier wie eine geöffnete Schere auseinander.
Warum? Weil die Marke Mercedes ab und zu schludert, vor allem in der Endkontrolle der aktuellen Produktpalette. Gemeint sind damit nicht die Rückrufe wegen Problemen mit dem Sicherheitsgurt bei der aktuellen S- Klasse oder die defekten Rückleucht-Verbindungen der C-Klasse W204. Solche Sorgen grämen auch andere Hersteller wie Audi, BMW oder Porsche.
Schlimmer sind die ärgerlichen Flüchtigkeitsfehler. Als würden die Mitarbeiter unkonzentriert Autos zusammenschrauben und anschließend kontrolliert niemand mehr die Fahrzeuge. Endabnahme? Fehlanzeige. Das spiegelt sich auch in den Mercedes-Foren auf MOTOR-TALK, wo Kunden ihrem Ärger Luft machen und potenzielle Kunden beginnen zu zweifeln: Das Beste oder nichts?
Falscher Tankpfeil bei der V-Klasse
Jüngster Fall: Die V-Klasse. Mercedes will damit neben dem VW Multivan glänzen. Das Auto wirkt gut, bietet viel. Doch wie das so ist: Beim leisen Auto stört ein zartes Klackern mehr als lautes Rappeln bei einem betagten Laster. So wie dieses Detail: Der Pfeil in der Tankanzeige. Der zeigt nach rechts, wo doch der Tankeinfüllstutzen links ist.
MOTOR-TALK fragte bei Mercedes nach, wie viele V-Klassen so ausgeliefert wurden. Kein Kommentar. Kommuniziert wird dagegen, dass die V-Klasse Komponenten und Bauteile aus anderen Mercedes-Pkw integriert hat. Darunter fällt das Kombiinstrument der neuen C-Klasse. „Durch die Übernahme ist der Pfeil, der die Richtung der Tanköffnung anzeigt, nach rechts gerichtet. Wir werden im zukünftigen Produktionsprozess den Pfeil entfernen“, sagt ein Mercedes-Pressesprecher.Allerdings wird es keinen Rückruf geben. Ein falsch ausgerichteter Tankpfeil sei weder relevant für die Sicherheit noch für Emissionen oder Gesetzesvorschriften (SEC). Und schließlich sei die Fahrzeugfunktion nicht beeinträchtigt. Das sei also nichts. Naja, das Beste ist es auf keinen Fall.
Mängel müssen bei der Endkontrolle auffallen
Professor Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch-Gladbach sagt: „Zwar muss jeder Hersteller fortwährend die Produktionsprozesse effizienter gestalten. Allerdings darf dies gerade bei Premiumherstellern nicht auf Kosten der Qualität gehen.
Wenn offensichtliche Mängel vorliegen, dann funktioniert das Qualitätsmanagement bereits in den vorgelagerten Produktionsstufen nicht reibungslos. Hier ist Abhilfe zu schaffen, da nachgelagerte Mängelbeseitigungen sehr teuer sind.“ Spätestens bei der Endkontrolle sollten die offensichtlichen Mängel jedoch nicht verborgen bleiben. Das müssten die Prüfprozesse hergeben.
Flüchtigkeitsfehler keine Ausnahme
Sichtbar werden die Probleme bei Mercedes. Manchmal erst, nachdem die Fahrzeuge ausgeliefert wurden. So mussten einige Fahrzeuge der Baureihen CLA und der B-Klasse in die Werkstatt. Bei ihnen waren die Schrauben der Sicherheitsgurte mit einem falschen Drehmoment angezogen worden.
"Im Rahmen unserer kontinuierlichen Qualitätssicherung haben wir festgestellt, dass möglicherweise bei 193 Fahrzeugen der Modellreihen B- und CLA-Klassen Verschraubungen nicht mit dem vorgeschriebenen Anzugsdrehmoment erfolgt war. Dies wird bei einem Service-Termin vorsorglich überprüft und gegebenenfalls korrigiert“, sagt der Mercedes-Sprecher.Wer das noch als Kinkerlitzchen sieht, dem vergeht spätestens bei der C-Klasse das Grinsen. Bei einem der wichtigsten Mercedes-Modelle fehlte bei den ersten ausgelieferten Fahrzeugen die Deaktivierung für den Beifahrer-Airbag. Ein Aufkleber wies Fahrer darauf hin, dass die Automatik für die Deaktivierung bei auf dem Beifahrersitz montierten Babyschalen nicht funktioniert.
Airbag-Abschaltung kann nachgerüstet werden
Dazu Mercedes: „Der Serieneinsatztermin der automatischen Beifahrerairbagabschaltung war immer für den 1. Juni 2014 vorgesehen. Alle vorher produzierten Fahrzeuge wurden mit einem deutlich sichtbaren Aufkleber versehen, der auf diese fehlende Airbag-Deaktivierung hinweist. Auch in der Bedienungsanleitung sind beide Fälle beschrieben - mit und ohne automatische Beifahrerairbagabschaltung.
Irrtümlicherweise fehlte in der Preisliste aber diese Einschränkung. Bei der Erstellung der Preislisten ist der spätere Serieneinsatztermin der Beifahrerairbagabschaltung nicht beachtet worden.“
Betroffen sind davon etwa 1.500 Fahrzeuge, die Kunden erhalten von Mercedes eine Entschädigung oder können auf Wunsch ihre Fahrzeuge in einer Mercedes-Benz-Vertragswerkstatt nachrüsten lassen.Neue Qualitätsansätze
„Seit einigen Jahren fokussiert die Industrie das Thema Ganzheitliche Qualität mit Ansätzen wie Six Sigma und Ähnlichem. Der Fokus liegt daher nicht mehr auf Endkontrolle, sondern darauf, über die gesamte Wertschöpfungskette die Qualität zu optimieren. Dies ist vom Management sicher der bessere Ansatz im Vergleich zur Fehler-Aussortierung“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Universität Duisburg-Essen.
Neue Produktionsstruktur
In dieser Woche kündigte Daimler an: Die Produktionsstruktur ändert sich komplett. An die Stelle des Werksleiters tritt der Chefkoordinator im globalen Produktionsverbund. Das geht nicht ohne eine kleinteilige Qualitätskontrolle. Gleichzeitig will Daimler die Fertigungstiefe reduzieren - und macht sich damit von Zulieferern möglicherweise abhängiger als bisher. 2009 hatten fehlerhafte Piezo-Injektoren der Vierzylinder-Baureihe OM 651 von Zulieferer Delphi das Qualitätsimage von Mercedes massiv beschädigt. Mutmaßlich rund 300.000 Mal mussten Mercedes-Fahrzeuge in die Werkstatt, die Kosten sollen im Bereich von einer halben Milliarde Euro gelegen haben.
Six Sigma beinhaltet dabei unter anderem die Beschreibung, Messung, Analyse, Verbesserung und Überwachung von Vorgängen mit statistischen Mitteln. Jeder Prozess wird kontrolliert und ausgewertet, Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert und möglichst schnell in die Produktion integriert.
Bei Mercedes sollte das der Fall sein. Denn seien wir ehrlich: Das Beste oder nichts klingt so gut, dass wir dem gerne glauben würden.
Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht
...genau!
Und wenn die Zapfsäule im Display nicht mit der Zapfsäule an der Tankstelle übereinstimmt, dann darf man dort nicht tanken...
Manchmal frag ich mich, wie einige "Redakteure" morgens die Tür aus dem Haus finden
...jeder hat mal einen schlechten Tag...
Was hat der Redakteur damit zu tun?! 😕
Ganz offensichtlich ist hier ein - wenn auch unbedeutender - Fehler passiert bei Mercedes. So what? Drüber schmunzeln und gut ist.
Vielleicht besagt der Pfeil ja, dass man gleich rechts ranfahren muss, weil der Sprit gleich alle ist. 😆
Schonmal in einem fremden Mietwagen gesessen und irgendwo in Flughafennähe - vielleicht noch unter Zeitdruck - den Wagen betanken müssen? Da hat das kleine Pfeilchen schon seine Berechtigung und sorgt für große Freude wenn es einen mit so einem Riesentrumm falsch an die Zapfsäule lotst und man dann erstmal rangieren darf...
ich würde gar nicht erst auf die Idee kommen anhand eines Symbols im Cockpit auf die Position des Tankstutzens zu schließen
Six Sigma funktioniert etwas anders als beschrieben. Man Definiert zuerst einen Bereich den man ansehen möchte dann analysiert man diesen. Dann misst man wie die Performance oder Abweichung ist um danach Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten oder Fehler abzustellen. Das wesentliche bei Six Sigma ist das anschließend die Wirksamkeit der Maßnahmen betrachtet werden
Es ist eine weiterentwicklung des Demming Kreises der bei Toyota schon sehr früh eingesetzt wurde
Der Sprit fließt von der links gelegenen Zapfsäule nach rechts durch den Schlauch in den Mercedes rein. Passt doch 😆
Bei fast allen MBs die ich so kenne ist der Tankdeckel rechts ... und das ist gut so.
1. Warum in aller Welt muss das bei einem V anders sein und
2. hat Daimler den Wagen in der gesamten Entwicklungszeit nicht betanken müssen?
Erstens ist so ein Pfeile eh für den Ar...
Zweitens ist er Auslegeungssache. Ein findger MB-Mitarbeiter hätte gesagt: Das der Pfeil zeigen soll von welcher Seite man an die Säule heran fahren muss.
Die Pointe ist doch eher: Mercedes schlägt sich auf die Brust und hat einen anspruchsvollen Slogan. Den Anspruch zu erfüllen geht bei so vielen involvierten Leuten, tausenden von Teilen und unendlichen Kombinationen eben auch mal schief. Ganz normal - und manchmal auch ein bisschen gefährlich (siehe Sicherheitsgurte). Aber dem Deutschen macht's halt Spass, Fehler an anderen zu finden, und so wird ein kleines Misgeschick eben zu einem kurzen Artikel in einem Forum. Halb so wild.
Mein Eindruck von Mercedes ist leider mehr dadurch geprägt, dass unendlich viele Vitos und V-Klasse auf den Strassen sichtbar Rostopfer sind, mit karamellfarbenem Verfall an allen Kanten und Listen. Dass das neuere Mercedes-Design eine Kopie von Volvo (A-Klasse) und Kia/BMW ist (C-Klasse). So eine stolze Firma, so eine schwierige Zeit für die. Wünsche Mercedes, dass die bald wieder eigenständig und gut dastehen.
Lieb Gruss
Oli
Moin,
es geht ja in dem Artikel nicht nur ums Tanken. Auch sicherheitsrelevante Dinge wie Sicherheitsgurte werden angesprochen, bei denen scheinbar die Endkontrolle auch nicht richtig funktionierte. Es geht hier um eine Grundsatzfrage, da ist die Tankanzeige nur ein Beispiel von vielen ;-)
Beste Grüße
Mitch
Nutzfahrzeuge haben den Tankdeckel immer Links.
V Klasse ist von diesen abgleitet.
PKW aus USA Europa immer Rechts.
Japanische und Koreanische (Linksverkehr) meistens wenn nicht für europäischen Markt gebaut Links.
Ausnahmen bestätigen die Regel.
Der Multivan hat ihn übrigens auch links.
Dazu fällt mir nur ein -> 1st World Problems
deutsche Vollkasko Mentalität... Wohin der Pfeil schaut ist nun sowas von egal... wer den Tankstutzen nicht findet wg. eines Pfeils im KI sollte besser kein Auto fahren. Mücke -> Elefant
Wenn Injektoren udn Steuerketten zu Totalausfällen und Motorschäden führen ist das mehr als berechtigt drauf zu hauen aber sowas ist doch blödsinn. Die patchen jetzt in der Ki Software den Pfeil raus und gut ist.