Grand Prix von Bahrain
Mercedes-Festspiele zweiter Teil?
Nur sieben Tage nach dem China-Kracher in Shanghai geht es in Bahrain in die vierte Runde. Die Fans können sich erneut auf ein spannendes Grand Prix-Wochenende freuen. Auch neben der Strecke wird es interessant. Die große Frage lautet: Bleibt alles ruhig im Krisenland Bahrain?
Lange wurde über die Ausrichtung des Grand Prix von Bahrain diskutiert. Erst eine Woche vor der Austragung entschied der Weltverband FIA, das Rennen nicht wie im Vorjahr abzusagen. Dabei hatte es auch in den vergangenen Tagen immer wieder gewaltsame Proteste gegen die Regierung des Wüstenstaats gegeben. Die Veranstalter versprachen, dass die Formel 1 von den Demonstrationen unberührt bleibe.
Trotzdem fahren die meisten Piloten wohl mit einem mulmigen Gefühl in das arabische Königreich, das dank seiner Ölreserven zu den reichsten Ländern der Welt gehört. Einige Aktivisten hatten bereits angekündigt, die Aufmerksamkeit der Formel 1 für die eigene politische Sache zu missbrauchen.
Noch mehr schlechte Schlagzeilen sind das letzte, was die Königsklasse aktuell brauchen kann. Bernie Ecclestone bereitet den Formel 1-Börsengang vor. Die Teams streiten ums Geld und um die Technik. Nur auf der Strecke stimmt die Show. In den ersten drei Rennen gewannen drei verschiedene Piloten von drei verschiedenen Teams. Und in der WM führt mit Lewis Hamilton ein Fahrer, der noch auf seinen ersten Sieg 2012 wartet. Spannender könnte es kaum sein.
Die Strecke: Bahrain International Circuit (BIC)
In diesem Jahr wird in Bahrain wieder das Layout gefahren, das vor der Saison 2010 genutzt wurde. Das heißt, statt der 6,29 Kilometer langen Variante führt eine Runde jetzt nur noch über 5,41 Kilometer. An der grundsätzlichen Charakteristik der Strecke ändert das aber nicht viel. Mit 70 Prozent Vollgas-Anteil bietet der Kurs eine relativ hohe Belastung für den Motor. Auch die Bremsen sind stark beansprucht, was neben dem hohen Verzögerungsanteil (15 Prozent) vor allem auch an den hohen Temperaturen liegt.
Besonders wichtig ist in Bahrain immer der Grip-Level. Der Wind trägt regelmäßig eine kleine aber feine Schicht Wüstensand auf die Piste. Das hat zur Folge, dass sich die Haftung auf der Ideallinie über das gesamte Wochenende stark verbessert. Neben der Ideallinie bleibt es dagegen sehr rutschig, was das Überholen erschwert.
Fast Facts:
Höchste Querbeschleunigung: 3,2 g (für 3 Sekunden in Kurve 12)
Längste Vollgaspassage (Zielgerade): 12,5 Sekunden
Anteil der Bremsphasen an der Rundenzeit: 15 Prozent
Anteil der Geraden an einer Runde: 50 Prozent
Anzahl der Gangwechsel pro Runde: 60
Vollgasanteil auf einer Runde: 70 Prozent
Geringste Geschwindigkeit: 63 km/h (Kurve 1)
Höchste Kurvengeschwindigkeit: 250 km/h (Kurve 12)
Distanz von der Startlinie bis zur ersten Kurve: 600 Meter
Top-Speed: 312 km/h
Spritverbrauch: 2,6 Kilo/Runde
Zeitverlust pro 10 Kilo Zusatzgewicht: 0,38 Sekunden
Reifenverschleiß: 3/5
Bremsbelastung: 4/5
Das Setup:
Die kurvige Strecke verlangt von den Autos viel Abtrieb. Vor allem auf der Hinterachse ist Grip und Traktion beim Beschleunigen und Bremsen wichtig. Die Heckflügel werden etwas steiler gestellt. Die Belüftungen der Bremsen müssen etwas größer als normal dimensioniert werden. Interessant wird zu sehen, wie effektiv das 2010 eingeführte DRS das Überholen erleichtert. Im Vorjahr fiel der Grand Prix aus. Es gibt also noch keine Referenzwerte für den beweglichen Heckflügel.
Auch bei den Reifen gibt es Unbekanntes. Pirelli war noch nie auf der Strecke in Bahrain unterwegs. Außerdem ist Bahrain eines der heißesten Rennen des Jahres. Man darf gespannt sein, wie gut die beiden Mischungen soft und medium funktionieren und wie lange sie halten. Der Asphalt ist sehr eben, Bodenwellen und hohe Kerbs gibt es keine. Die Teams können somit geringe Bodenfreiheiten fahren. Um die Traktion aus den langsamen Kurven zu verbessern ist aber etwas Federweg auf der Hinterachse nützlich.
Die Updates:
Da in Bahrain nur sieben Tage nach Shanghai gefahren wird, sind große Neuerungen nicht zu erwarten. Bei Red Bull hat man bereits angekündigt, dass man mit beiden Autos auf die modifizierte Auspuffversion geht. In Shanghai war nur Mark Webber damit unterwegs. Bei Lotus will man die China-Updates auch noch einmal auspacken und in Teilen ans Auto montieren. Das ganze Paket zusammen hatte im Freien Training zuletzt keinen Vorteil gebracht. Spannend wird, ob ein Team am Freitag schon Versuchsteile für den Mugello-Test (1.5. bis 3.5.) ausprobiert, um erste Daten zu sammeln.
Die Favoriten:
Selten war die Formel 1 so unberechenbar wie in dieser Saison. Die Leistungen der einzelnen Fahrer und Teams schwankten nicht nur von Rennen zu Rennen extrem, sondern auch zwischen Qualifikation und Rennen. Das einzige Team, das bei allen drei Rennen auf dem Podium stand, war McLaren. Für das Team aus Woking sprechen auch die hohen Temperaturen in Bahrain, die dem Chrom-Renner in Sachen Reifen entgegen kommen.
Bei Mercedes gibt es immer noch Fragezeichen. Die Bedingungen in Shanghai waren ideal für die Silberpfeile. Können Rosberg und Schumacher diese Leistung auch in der Hitze von Sakhir wiederholen? Das Spezial-Mercedes DRS-System ist in Bahrain nicht ganz so wirkungsvoll. Im Training können es die Silberpfeile nur in 43 Prozent der Runde nutzen. In China waren es noch 50 Prozent.
Auch Red Bull ist immer noch schwer einzuschätzen. Wenn man die Schwäche in der Qualifikation in den Griff bekommt, sind auch Vettel und Webber in der Verlosung. Überraschungskandidaten gibt es wie schon zuletzt viele. Lotus und Williams sind Podiumsplätze genauso zuzutrauen wie Sauber. Bei Ferrari geht es dagegen um Schadensbegrenzung. Regen dürfte den Italienern in der Wüste nicht zu Hilfe kommen wie noch in Malaysia.
Experten-Analyse GP Bahrain 2012: Paul Hembery (Pirelli-Sportchef)
"In Bahrain erwarten die Fahrer einige technische Herausforderungen. Bei heißen Temperaturen über 30 Grad arbeiten die Gummimischungen unter extremen Bedingungen. Von unseren Tests haben wir einige Daten über die Strecke, aber die Reifen und die Autos haben sich seitdem so sehr verändert, dass es fast wie ein Neuanfang ist. Auf jeden Fall erwarten wir einen deutlich spürbaren Reifenverschleiß, der den Teams einiges bei der Ausarbeitung der richtigen Strategie abverlangt.
Da die Strecke nicht viel genutzt wird, wird sie sich im Verlauf des Wochenendes stark verändern, je mehr Gummi sich auf dem Asphalt ablagert. Ein wichtiges Thema ist der Sand auf der Strecke. Es dauert immer eine Weile, bis der staubige Abschnitt sauber gefahren ist. Außerdem kann dadurch Graining verursacht werden. Insbesondere die Traktion auf der Hinterachse ist ein Schlüssel zum Erfolg beim Qualifying und im Rennen."
So lief der letzte Grand Prix (GP Bahrain 2010)
Wegen des Ausfalls im Vorjahr war die Formel 1 zuletzt 2010 zu Gast in Bahrain. Beim ersten Rennen auf der Saison sah Sebastian Vettel lange wie der sichere Sieger aus. Doch in den letzten Runden verlangsamte der Red Bull plötzlich sein Tempo. Wie sich später herausstellte, war eine Zündkerze defekt. Fernando Alonso bedankte sich für den geschenkten Sieg. Mit Felipe Massa auf Rang zwei landete Ferrari zum Auftakt einen Doppelsieg. Vettel rettete in einem ansonsten eher ereignisarmen Rennen immerhin noch Rang vier hinter Lewis Hamilton ins Ziel.
In unserer Fotogalerie haben wir noch einmal die Bilder der Bahrain-Ausgabe 2012.
Quelle: Auto Motor und Sport