Ford Focus ST: Alltagstest, Daten, Preise
Mit dem Fokus auf das Fahrwerk
Er zerrt an der Lenkung, stempelt mit den Rädern und lässt das Heck rutschen: Ford stimmt den Focus ST frech, aber präzise ab. Nur der Innenraum will nicht gefallen.
- Kompakter Fünftürer mit 250 PS
- Straff und sportlich abgestimmtes Fahrwerk
- Angenehm kerniger Motorsound
- Ford Focus ST: ab 29.400 Euro
Berlin – Ja, den Ford Focus ST gibt es als Diesel. Oder als Kombi. Die sind günstiger oder praktischer. Aber ein "Hot Hatch" darf Rabauke sein. Spaß machen. Sprit saufen. Kurzes Heck, kleiner Benziner, viel Dampf, Handschaltung, zweihundertfuffzich Spitze. Dazu noch das gewisse Etwas: Der Focus ST setzt da an, wo ein Golf GTI zu vernünftig wird.
Klar gibt es stärkere, auch im eigenen Haus. Der Focus RS legt nochmal 100 PS drauf, hat Allrad und kann richtig driften. Oder die Nürburgring-Kisten, die auf der Nordschleife die Acht-Minuten-Marke knacken. Aber das mit dem Autoquartett müssen wir endlich vergessen. Ein Auto lässt sich nicht ausschließlich nach Zahlen bewerten. Dann wäre der Focus ST nur einer von vielen. Doch er macht er vieles besser als die Konkurrenz.
Wir haben ihn zwei Wochen lang im Alltag getestet. Auf langen Autobahnetappen, kurvigen Landstraßen, langweiligen Stadtfahrten und allem dazwischen. Das Wichtigste: Spaß hat er dabei immer gemacht.
Fahrwerk und Lenkung: Straff, direkt und ein rutschender Hintern
Na gut, fast immer. Denn irgendwann ist man durchgeschüttelt. Das dauert, obwohl Ford den Focus ST sehr straff abstimmt. Piste mag er lieber als Pflaster. Dafür kann man mit ihm allerhand Unsinn anstellen: Ein gut getimter Lastwechsel in der Kurve lässt das Heck rutschen. Nicht so sehr, dass es gefährlich wird. Aber genug, um spektakulär auszusehen.Schon im Standard-Focus gefällt die Balance, im ST verbessert Ford Achsen und Fahrwerk. Die Vorderachse bekommt einen verstärkten Querträger-Hilfsrahmen und steifere Buchsen in den Dreieckslenkern. Hinten kommen Achsschenkel vom Focus RS zum Einsatz. Dämpfer, Federn und Stabilisatoren sind deutlich straffer ausgelegt als in der Basis. Diese Maßnahmen machen den ST stabiler und verbessern sein Handling. Vor allem im Grenzbereich.
Zurück zum Straßenverkehr: Lange Strecken funktionieren im Focus ST. Nur eben nicht langsam. Irgendwann nervt es, dass er Spurrillen hinterherrennt und bei Unebenheiten hart nachwippt. Er will aktiv, bewusst gefahren werden. Dann freut man sich darüber, wie er sich in der Kurve abstützt und über seine direkte, sehr präzise Lenkung.
Motor/Antrieb: Hier zieht‘s
Apropos Lenkung. Hier redet der Antrieb gern mit. 250 PS und 360 Newtonmeter Drehmoment zerren ordentlich an der Achse und letztendlich am Lenkrad. Eine mechanische Differenzialsperre würde dem Focus ST gut stehen. Bisher durfte der ST keine haben, denn der RS bekam sie als Alleinstellungsmerkmal. Jetzt hat er Allrad und braucht sie nicht mehr. Trotzdem stabilisiert Ford den ST nur über Bremseingriff. Das gibt kräftige Unterarme beim Beschleunigen, aber immerhin etwas Hilfe in flotten Kurven.
Andererseits: Das Zerren in der Lenkung und Stempeln beim Beschleunigen passt zum Focus. Er darf sich wild anfühlen, denn er klingt und fährt so. Nicht ganz so ungestüm wie der Fünfzylinder im Vorgänger. Aber ungehobelter als manch ein Konkurrent.
Die sehen wiederum auf dem Papier besser aus. Der Focus ST rennt in 6,5 Sekunden auf Tempo 100. Das ist flott, in dieser Leistungsklasse aber kein Bestwert. Und bei 248 km/h Höchstgeschwindigkeit fehlen dem Ego eben zwei km/h. Ein Durchschnittsverbrauch von knapp zehn Litern Sprit pro 100 Kilometer im gleichmäßigen Streckenmix bei normaler Fahrweise liegt im Toleranzbereich für schnelle Kompakte. Mehr geht natürlich immer. Ford gibt einen Wert von 6,8 Litern an. Gut: Mit 62 Litern Tankvolumen macht der Focus ST ordentlich Strecke.
Karosserie und Platzangebot: Große Spoiler, viel Armaturenbrett
Damit der ST nach Sport aussieht, schraubt Ford große Spoiler an den Focus. Zwei Endrohre sitzen mittig in der Heckschürze. Für Förster unpraktisch, aber der Sport-Focus ist eben kein Zugfahrzeug.Der Kofferraum des Focus ST liegt mit einem Volumen von 362 Litern auf dem üblichen Niveau. Mit einem Notrad oder echtem Ersatzrad anstelle des Reifenkits sinkt der Wert auf 316 bzw. 277 Liter. Wenn das nicht genügt: Der Focus ST Turnier kostet 950 Euro Aufpreis und lädt (mit Pannenkit) 490 bis 1.516 Liter ein.
Schade: Das Platzangebot fällt für die Kompaktklasse zu knapp aus. Das Armaturenbrett ragt weit in den Innenraum, das beeinträchtigt das Raumgefühl. Vorn sitzt es sich noch gut, hinten wird es zu eng. Das können manche Kleinwagen besser.
Innenraum: Gute Ergonomie, mittelmäßige Materialien
Zudem gefallen Materialien und Optik des Cockpits nicht. Das gesamte Armaturenbrett wirkt klobig und grob. Die Verarbeitung passt, aber vieles fühlt sich etwas lieblos und billig an. Zum Facelift im Jahr 2014 hatte Ford die Mittelkonsole des Focus überarbeitet. Marktforscher, Ergonomen und Orthopäden haben sich das Knopf-Layout ausgedacht. Ein Designer hätte auch mitmachen dürfen. Die Ergonomie stimmt trotzdem, alle Tasten liegen günstig.
Was den ST ausmacht, gibt keinen Anlass für Kritik. Er punktet mit einem griffigen Lenkrad, großartigen Recaro-Stühlen und einer knackigen Schaltung. Das feine Lochleder mit sauberen Nähten sieht gut aus, der Schaltknauf sitzt genau in der richtigen Position und die Sessel bieten viel Seitenhalt. Hätte Ford doch das ganze Cockpit so gestaltet.
Infotainment und Assistenzsysteme: Neues Navi, wenig Hilfe
In unserem Testwagen steckte das alte Infotainmentsystem Sync 2. Für Neufahrzeuge ist nur noch der Nachfolger erhältlich. Ford führte Generation drei spät im vergangenen Jahr in Europa ein. Die unterstützt Windows-, Android-, Apple- und Blackberry-Smartphones. Das Navigationssystem im Auto bleibt dasselbe, Musik und Wetter kommen vom Telefon.
Assistenz kostet im Focus ST Aufpreis. Toter-Winkel-Warner, Fahrspur- und Fernlichtassistent, Verkehrsschilderkennung und Müdigkeitswarner sind im „Technologie-Paket“ enthalten (1.000 Euro). Ein Tempomat ohne Abstandshalter kostet 190 Euro.
Preis und Ausstattung: Ordentlich Rabatt
Nach sieben Jahren auf dem Markt gibt Ford viel Rabatt auf den Focus. Der ST steht als Fünftürer mit 29.400 Euro in der Preisliste, knapp 1.500 Euro günstiger als ein Golf GTI (230 PS) mit vier Türen. Aktuell bietet Ford den Basis-ST allerdings für 25.990 Euro an.
Unser Testwagen bringt es auf einen Listenpreis von 39.420 Euro. Für sinnvoll halten wir vor allem das „Performance-Paket“ für 1.350 Euro. Das beinhaltet eine größere Vorderachsbremse (335 statt 320 Millimeter) sowie Kosmetik (19-Zöller und Einstiegsleisten). Teilleder und Zwei-Zonen-Klima kosten im Paket 1.000 Euro, dynamische Xenonscheinwerfer 1.040 Euro (nur mit Teilleder). Den praktischen Türkantenschutz gibt es für 150 Euro. Schade: Die Preisliste führt Parkwarner nur für die Heckstoßstange auf.
Das Navigationssystem können wir nicht abschließend beurteilen, weil Ford es mittlerweile erneuert hat. Im Focus ST kostet das Sync 3 verhältnismäßig günstige 1.125 Euro. Für 150 Euro Aufpreis schließt Ford neun Lautsprecher von Sony an. Eigentlich unnötig, denn trotz Resonanzverstärkung macht der Focus ST ohne Musik guten Sound.
Technische Daten Ford Focus ST
- Motor: 2,0-l-Vierzylinder-Turbobenziner
- Leistung: 250 PS (184 kW) bei 5.500 U/min
- Drehmoment: 360 Nm bei 2.000-4.500 U/min
- Getriebe: Sechsgang-Handschaltung
- 0-100 km/h: 6,5 s
- Höchstgeschwindigkeit: 248 km/h
- Verbrauch: 6,8 l/100 km (NEFZ)
- CO2: 169 g/km
- Testverbrauch: 9,8 l/100 km
- Länge: 4,362 m
- Breite: 1,823 m (mit Außenspiegeln: 2,010 m)
- Höhe: 1,484 m
- Radstand: 2,648 m
- Leergewicht: 1.362 kg
- Kofferraum: 363 – 1.148 l
- Basispreis Ford Focus ST: 29.400 Euro
- Preis Testwagen: 39.420 Euro
Mit
ganz gut auf den Punkt gebracht finde ich.
Allerdings kommt der Artikel etwas spät finde ich; das Modell wird ja dieses Jahr durch ein neues ersetzt und das jetzige war schon 2013 bei "Motor Trend's best Drivers Car" dabei. Ich glaube, ich hätte im Artikel noch darauf hingewiesen, dass der Modellwechsel vor der Tür steht.
Testwagen Preis 40 Mille, dann direkt zum selben Preis den RS kaufen 😆
Gruß
Woher kommt eigentlich das Stempeln von modernen FWD-Fahrzeugen? Mein Superb kann das richtig gut und in meinem vorherigen Golf GTI drehten die Räder zwar auch wimmernd durch, aber es gingen keine Schläge durch das Fahrwerk, weder mit den ausgelutschten Serien-Dämpfern noch mit den strafferen Sportdämpfern.
Das Stempeln bei flotten Beschleunigen hatte mein 6er GTI auch recht ausgeprägt, wenn der Untergrund leicht schlüpfrig war. Ist wie beim Computer 1/0 -> Grip/Kein Grip ständig im Wechsel, das überträgt sich ins Fahrwerk und sorgt dann für das "rumpeln" auf der Antriebsachse vorn.
Kann man mit leben, wenn man die Fahrweise bzw die Gaspedalstellung anpasst.
Auf nasser Strasse ist mir das Stempeln nie so richtig aufgefallen. Da haben die Räder dann einfach nur zu viel Schlupf gehabt (Sprich: durchdrehen -> kaum vom Fleck kommen).
Linderung verschafft da eigentlich nur ne Sperre bzw. Abhilfe ein Allradantrieb.
Also das würde ich auch mal gerne wissen,
selbst mein kleiner 1.6 Ecoboost stempelt wie verrückt.
Was ich bemerkt habe, das tritt stark nur bei den 235 Sommerreifen auf, die 215 Winterreifen stempeln nicht und drehen ganz normal durch.
Ja, schade, dass der so hässlich ist. Wobei mir jetzt auch kein schöner Mitbewerber einfällt ...
Auf Schnee würden die 235er auch nicht "stempeln", sondern vollständig frei durchdrehen (sofern elektronische Helferlein das nicht unterbinden).
Der Unterschied ist eben, das die breiteren Sommerreifen mehr Grip auf diffus-griffigen (feucht-trocken im Wechsel) Untergrund aufbauen können ... sprich: die Phasen der Verzahnung mit der Strasse sind etwas länger als bei den schmaleren Winterreifen). Und genau diese Phasen, wo der Reifen kurzfristig grippt, sorgen für das stempeln.
Da kann ich nicht nachvollziehen, dass da kein Sperrdiff verbaut wird, oder zumindest optional angeboten wird 😱.
Habe zuerst das Ganze gelesen und danach mir ein Bild von dem Schreiber gemacht, und siehe da , es war schon wieder einer der VAG Spezialisten , erstens Platz ist in dem Fokus schon von Haus aus gut , und nicht hinten beengt , es sei denn da sitzen 3 Basketball Spieler , die Bremsen hauen einem die Plomben raus , falls man mal zu hart auf die Bremse tritt , wer sein Auto kennt braucht keine Frühwarn -pibser , aber es ist schade dass keine Hängervorrichtung vor gesehen ist .
Das wars dann aber auch mit dem Rabatt. Schon etwas länger her, da sagte man mir, dass da auch kein Schwerbehindertenrabatt mehr draufkommt, also entweder diesen schon von Ford ausgeschriebenen Rabatt oder den Schwerbehindertenrabatt. Schade, VW kombiniert die Rabatte bei Aktionen oft. Aber immerhin braucht der Normalkunde da nicht zu handeln, um den Preis zu bekommen.
Ggü. dem Golf GTI gibt es beim Ford schönere Farben (blau, gelb).
Aber hat der Golf nicht mehr Serienausstattung (z.B. Parkpilot, LED-Licht, LED-Tagfahrlicht)? Immerhin hat der ST 18"-Felgen (jedoch ohne Alternativen im Konfigurator).
Beim GTI gibt es mehr Extras, z.B. Schiebedach oder adaptive Dämpfer. Dafür gibt es den ST auch als Kombi.
Irgendwo muss der Preis ja herkommen. You get what you pay for. Einen Teil vom höheren GTI-Preis bekommt man aber wohl schon beim Unterhalt wieder raus. 9,8 l. Testverbrauch sind nicht wenig.
Wie ist eigentlich der Wiederverkaufswert vom ST?
j.
Dann doch lieber ein Auto mit RWD 😆 das stempelt nicht, rutscht höchstens mit dem Arsch hin und her und das macht dann auch noch Spaß 🙄
Zum Artikel, die Ford Modelle würde ich designtechnisch inzwischen zum größten Teil als gelungen bezeichnen, im Bezug auf Sportlichkeit und Fahrspaß ebenso. Des Gesamtpaket der Marke stimmt.
Das mit dem Platz hinten stimmt der ist in der zweiten Reihe sehr bescheiden.
Ich kenne den Focus Kombi sehr gut und selber habe ich einen C-Max zwischen den beiden liegen Welt vom Platz Angebot hinten. Beim Focus weiß ich nicht wo ich meine Beine hin stellen soll und beim C-Max habe ich da überhaupt keine Probleme.
Die ewige Kritik am Cockpit geht mir aber langsam auf die nerven ich habe noch ein VfL also ohne touch Bedienung und selbst dieses ist ohne probleme zu bedienen.
Wenn man sich wie normale Autofahrer etwas länger mit dem Auto beschäftigt dann man kann es blind bedienen, ein Knopf eine Funktion.
Die einzigen die dafür zu doof sind scheinen hoch bezahlte VW Tester zu sein.
So schlimm finde ich den Innenraum nicht. Was mir aber gar nicht gefällt, sind diese senkrechten Lüftungsgitter. Die sehen wirklich grauenvoll aus.
😕
Optik und Materialwahl werden bemängelt, aber nicht die Bedienung:
Was mich immer abschreckt, sind solche Zwangskombinationen, die total sinnfrei erscheinen, wie "Xenon nur mit Teilleder". WTF?
Früher gab's mal bei Audi Automatik nur mit Schiebedach.
Muss man wohl so hinnehmen, aber verstehen kann man das nicht.