Fahrbericht: BMW 2er Active Tourer
Mit der Neuen Klasse zu neuen Tugenden
Für BMW ist der 2er Active Tourer neues Terrain, die Neue Klasse ein alter Hut. Wir sind mit beiden Autos gefahren und haben uns gefragt: Wer sieht hier wirklich alt aus?
Sölden – Die Neue Klasse ist längst ein altes Modell. Trotzdem versucht der 1800Ti, mit dem 51 Jahre jüngeren Modell mitzuhalten. Das dünne Bakelit-Lenkrad rutscht durch meine Hand, der Vierzylinder dröhnt und spuckt und gibt seine Kraft gemächlich an die Hinterräder ab. Ich sitze in der Neuen Klasse und jage das Auto, das BMW als neue Klasse anpreist, den 2er Active Tourer.
Grundstein für alle sportlichen Limousinen
1962 schloss der 1500er die große Lücke zwischen 700 und Barockengel. Die schnörkellose Limousine bot viel Platz und starke Motoren. 1963 kamen der 1800er und der 1800Ti auf den Markt. Unter der langen Ti-Haube saß ein 1,8-Liter-Reihenvierzylinder mit 110 PS, der die Limousine auf bis zu 170 km/h beschleunigte – ein 1200er-VW-Käfer fuhr nur 115 km/h. Die „Neue Klasse“ legte den Grundstein für alle nachfolgenden sportlichen Limousinen der Mittelklasse: 1972 erschien mit dem E12 die erste 5er-Reihe.
Ob der 2er Active Tourer eine ähnliche Erfolgsgeschichte schreiben wird? Die Zutaten dafür hat er zumindest. Aus BMW-Sicht bietet der Neue vieles, was es vorher unter dem blau-weißen Logo nicht gab: Viel Platz auf wenig Raum und – ganz wichtig - einen Frontantrieb. Drei- bis Vierzylindermotoren mit und ohne Turbolader passen unter die Haube, wahlweise kombiniert mit Automatik und Allradantrieb. Die Leistungsdaten reichen von 116 PS bis 231 PS.
Hartgesottene BMW-Fans werden beim Active Tourer die Nase rümpfen: Van und dann auch noch Frontantrieb? Nein, danke. Doch wer so schnell urteilt, der ist noch nie mit dem Active Tourer gefahren. Denn trotz der vielen Tabubrüche, ist er den meisten BMW-Tugenden treu geblieben. Dafür haben die Ingenieure und Designer auch fünf Jahre lang an dem Konzept gefeilt.
150 PS und 330 Nm
Zum Marktstart am 27. September stehen drei Motorvarianten zur Wahl: 218d, 218i und 225i. Die übrigen Antriebe kommen ab November. Ich wähle den 218d für meine erste Testfahrt. Der 2,0-Liter-Vierzylinder mit 150 PS (ab 31.050 Euro) hängt gut am Gas und zieht den 2er ordentlich nach vorne. Die Vorderräder haben zumindest auf trockener Strecke mit den 330 Newtonmeter Drehmoment keine Probleme und greifen artig in den Asphalt.
Die sechs Gänge gehen sauber durch die Gassen, auch wenn es beim schnellen Zurückschalten vom dritten in den zweiten Gang etwas hakt. Doch mit ein wenig Feingefühl meistert der Active Tourer auch eine Serpentinen-Strecke - und macht dort eine ähnlich gute Figur wie Helene Fischer auf der Fan-Meile.
Wie die Sängerin wackelt der BMW nur ein wenig mit den Hüften, während der Oberkörper ruhig bleibt. Das bedeutet: Das Fahrwerk ist verdammt sportlich abgestimmt, die Karosserie schaukelt kaum nach und säßen Kinder auf den hinteren Plätzen, wäre die Spucktüte voll.
Spritverbrauch: 5,6 Liter
Irritierend ist lediglich die Lenkung: Die ist etwas spitz abgestimmt und verlangt einige Korrekturen, sodass der 2er auf Landstraßen unfreiwillig ein paar Haken schlägt. Bei den Modellen mit Hinterradantrieb ist deutlich mehr Ruhe drin. Erfreulich niedrig bleibt dagegen der Durchschnittsverbrauch. Bei recht zügiger Fahrweise über bergige Landstraßen zeigte der Bordcomputer am Ende 5,6 Liter an, 1,5 Liter mehr als der angegebene Durchschnittsverbrauch.
Der Active Tourer bietet Platz. In den Kofferraum passen 468 bis 1.510 Liter, damit liegt er auf dem Niveau seiner Wettbewerber, Mercedes B-Klasse und VW Sportsvan. Endlich passt eine 1,5-Liter-Flasche in die Seitenfächer – das ist für BMW-Kompakte schon fast eine Revolution.
Ebenso wie die verschiebbare Rücksitzbank mit der 40:20:40-teilbaren Rückenlehne und die ganz nach vorne klappbare Beifahrerlehne. Dadurch entsteht ein Laderaum von fast 2,40 Meter Länge – bei einer Gesamtlänge von 4,34 Metern und einem Radstand von 2,67 Metern. Übrigens ist der Active Tourer nur zwei Zentimeter länger als der 1er.
Active Tourer: ab 27.200 Euro
Der Van spart vor allem bei den Überhängen, besonders vorne ist der 2er dank des quer eingebauten Motors kurz. Im Innenraum fällt der niedrige Kardantunnel für den Allradantrieb auf. Das Platzangebot ist bei zurückgefahrenen Fondsitzen besser als in einer 5er-Limousine. Neu in der Klasse ist das Head-up-Display (enthalten bei Navigation Plus für 2.490 Euro) mit einer separaten Scheibe, das Geschwindigkeit, Tempolimits und die Navi-Befehle anzeigt.
Die Preise für den Active Tourer starten bei 27.200 Euro, die Bestellliste für die Extras ist lang. Sie gab es beim 1965er-1800Ti nicht. Statt Klimaautomatik gab es Ausstellfenster, statt Navi eine Karte auf dem Beifahrersitz. Die Neue Klasse mit dem dünnen Bakelit-Lenkrad wird ab 100 km/h laut, heiß und verlangt volle Konzentration, ein Soundsystem ist überflüssig. Dafür hebt die Limousine in Kurven und beim Bremsen ihr Heck und sie hebt die Stimmung – genau wie die erste Fahrt im neuen Active Tourer und wie Helenes Auftritt auf der Fan-Meile.
UPDATE: Zumindest optional gibt es den BMW Active Tourer jetzt auch mit angetriebener Hinterachse. Lest hier mehr.
BMW 218d Active Tourer Technische Daten
Modell: 218i Active Tourer
- Motor: 1,5-Liter-Benziner mit Turbo
- Hubraum: 1.499 cm3
- Leistung: 136 PS
- Max. Drehmoment: 220 Nm
- Verbrauch: 4,9 l/100 km (NEFZ)
- 0 - 100 km/h: 9,2 s
- Höchstgeschwindigkeit: 205 km/h
- Länge x Breite x Höhe in m: 4,34 x 1,80 x 1,56
- Radstand: 2,67 Mmeter
- Wendekreis: 11,3 m
- Kofferraum: 468 - 1.510 l
- Preis: 27.200 Euro
Modell: 218d Active Tourer
- Hubraum: 1.995 cm3 Diesel
- Leistung: 150 PS
- Max. Drehmoment: 330 Nm
- Verbrauch: 4,1 l/100 km (NEFZ)
- 0 - 100 km/h: 8,9 s
- Höchstgeschwindigkeit: 208 km/h
- Preis: 31.050 Euro
Modell: 225i Active Tourer
- Hubraum: 1.998 cm3
- Leistung: 231 PS
- Max. Drehmoment: 350 Nm
- Verbrauch: 5,8 l/100 km (NEFZ)
- 0 - 100 km/h: 6,6 s
- Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h
- Preis: 37.950 Euro
Optik gefällt! Der Wagen sollte nach Markstart schnell im Straßenbild fest integriert srin
Und genau der Frontantrieb ist - fuer mich zumindest - ein absolutes Ausschluss-Kriterium!
Frontriebler sind mittlerweile Usus, was ihre Fahreigenschaften aber auch nicht "besser" macht:
- Durchdrehende Raeder auf nasser Fahrbahn beim Anfahren
- Antriebseinfluesse in der Lenkung deutlich spuerbar
- Deutliches Untersteuern bei Kurvenfahrt ohne Vortrieb
Wenn das die "Neue Klasse" von BMW sein soll, dann koennen sie sich die mal "irgendwo" reinschieben!
BMW = Hecktriebler und Feierabend!
"Frontkratzer" bekomme ich bei der Konkurrenz zu Hauf! - Meist auch deutlich guenstiger, aber "ueberzeugt" haben mich deren "Kisten" dann aber auch nicht wirklich ...
Und die - damalige - "Neue Klasse" von BMW, mit dieser Fehlkonstruktion vergleichen zu wollen, ist - schlicht geschrieben - eine absolute Frechheit!
Im Uebrigen:
Wenn ich Sprit "sparen" moechte, dann fahre ich mit dem OePNV oder gleich mit dem Fahrrad, dann kann ich mir die eigene "Dose" auch gleich sparen!
Und ja, Moepp fahren ist auch "Spritverschwendung"! - Es macht aber wenigstens noch Spass! - Mit Heckantrieb zumindest 😆
Soll der 1er nicht auch Frontantrieb bekommen?
Tja, BMW ist auch nicht mehr das, was es mal war... gibt auch keine R6-Motoren mehr.
Paar nette Fahrzeuge sind noch dabei, aber nach und nach werden wohl auch die verschwinden.
Und ein 1,5 Liter Benziner? Haben die keinen noch kleineren? 🙄
"Neu in der Klasse ist das Head-up-Display"
Sagt BMW? Der Peugeot 5008 hat doch seit langem das HUD in dieser Klasse und zwar ebenfalls mit einer separaten Scheibe.
Zum Fahrzeug: das Exterieur ist schön, das Interieur gehört zu den schönsten in "der Klasse".
Habt manche User den Wagen selbst schon gefahren? Dann erzählt mehr. Ansonsten sollte man mit (Vor-)Urteilen vorsichtig sein.
Gefällt mir optisch ganz gut. Werde ihn bei meinem BMW-Händler dann auch mal testen. BMW mit Frontantrieb ist ungewöhnlich, bin gespannt auf die erste Fahrt.
Muß ich nicht gefahren haben, ich finde ihn auch so häßlich.
Womit sollte man also vorsichtig sein ?
Und ich brauch keine Probefahrt um zu wissen, daß Frontantrieb nicht so vorteilhaft ist (mein Opel hatte Frontantrieb und das war nicht toll).
Zitat MT:
Neu in der Klasse ist das Head-up-Display (enthalten bei Navigation Plus für 2.490 Euro) mit einer separaten Scheibe, das Geschwindigkeit, Tempolimits und die Navi-Befehle anzeigt.
Dies sollte Standard sein in dieser Klasse, plus einem Warnton, wenn der "Verkehrsteilnehmer" mit 70 Km/h unterwegs ist auf der Landstraße oder in der Stadt.
Ich fahr mit meinem Opel lieber als mit meinem BMW. Und jetzt?
Wie oft woll ihr den Schmarrn mit den Heckantriebsvorteilen eigentlich noch runterbeten? Das beide Antriebsarten Vor- und Nachteile haben dürfte auf MT inzwischen jedem klar sein, nicht umsonst hat sich neben dem Heckantrieb auch der Frontantrieb etabliert.
Die ewige Leier findet vielleicht noch in einer Fussgängerzobne Anklang.
Um übrigen wurde bisher nicht ein Heckantriebsfahrzeug des BMW Portfolios dem Fronantrieb geopfert. Stattdessen gibts mehr Derivate und Varianten als je zuvor. Also, erweitere deinen automobilen Horizont.
Die alte neue Klasse war besser. Der neue könnte auch mit anderer Nase als Ford durchgehen. Absolut langweiliges Auto, sogar für BMW Verhältnisse.
Hi,
auf jeden Fall muß man den Mut von BMW loben. Die halten nicht krampfhaft am bewährten fest sondern versuchen auch neues und sich für die Zukunft zu rüsten. Erfolg kann da sicher niemand garantieren aber wer sich nicht weiterentwickelt stirbt auf jeden Fall.
Für junge 1er Fahrer die eine Familie gründen ist der 2er vielleicht wirklich eine Option der Marke treu zu bleiben. Und auch wenn das BMW vielleicht nicht gerne hört, viele ältere 3er und vielleicht sogar 5er Fahrer werden auf dieses Modell umsteigen. Das war bei Mercedes mit der erfolgreichen B Klasse genauso.
Wenn man am Ball bleiben will braucht man eine Produktpalette die viele Potentielle Kunden anspricht.
Gruß Tobias
Also ich fand Helenes Auftritt auf der Fanmeile ja stimmlich etwas holprig 😆
Gottseidank ist das ja eine Erweiterung der Modellpalette, d.h. jeder Gusseiserne kann weiter seinen 3er/5er/7er mit Heckantrieb fahren. Mit dem 2er erschließt man neue Kunden, die sich wohl eher keinen 320xd Touring als Einkaufswagen geholt hätten. Das sollte man einem profitorientierten Weltkonzern zugestehen.
Vielleicht wär es dir lieber, BMW hätte seit den 90ern kein neues Modell gebracht (damit auch keine X-Serie) und wär zum wiederholten Male fast (oder komplett) pleite gegangen... es ist eine Automarke, keine Glaubensgemeinschaft. 😊
Achja, es ist ein Van - what did you expect? 😕 😉