BMW 1800 TI – Mit dieser Limousine wurde BMW sportlich
Mit diesem Auto kam BMW auf den Sport
BMW geht es wirtschaftlich gut. Das war nicht immer so. Vor rund 60 Jahren stand der Hersteller vor der Pleite. Ein Modell brachte die Rettung – und das sportliche Image.
München – Ein Image wie Hosenträger und Cordhosen. Das war BMW in den 1950er Jahren. Heute kaum noch vorstellbar, galt BMW damals nicht als sportlich, sondern als langweilig. Den Grundstein für den Wandel legte vor 55 Jahren der 1800 TI, ein stark motorisiertes Modell auf Basis des 1500er, der "neuen Klasse". Mit dem Fahrzeug, vorgestellt 1962, fuhr BMW aus der Krise.
Rückblende: Ende 1959 liegt BMW am Boden, die Verkäufe brechen ein. Nicht nur bei den Autos, auch bei den Motorrädern. Daimler steht kurz davor, den Konkurrenten aus Bayern zu übernehmen. Nur mit Hilfe einer List und gutem Verhandlungsgeschickt gelingt es dem Aktionär Herbert Quandt bei einer legendären Hauptversammlung, die übrigen Aktionäre von seiner Idee zur Sanierung zu überzeugen – und den Verkauf an Daimler zu verhindern.
Ein wichtiger Bestandteil sind dem Kleinwagen BMW 700 die Pläne der neuen Mittelklasse. Quandt glaubt an das Auto und an die Marke – und sollte Recht behalten. Die "neue Klasse" mit dem 1500er setzt auf ein sportliches Fahrwerk und frisches Design. Das sieht deutlich jünger, schnörkelloser, eleganter und progressiver aus als die Fahrzeuge der damaligen Konkurrenten Ford, Opel und Mercedes.Das Modell soll die Lücke zwischen dem Kleinwagen 700 und dem großen 501 / 502 "Barockengel" schließen. Doch das neue Auto kann noch mehr. So beschließt der Vorstand, einen weiteren Weg einzuschlagen: Von reinen Vernunftautos oder Luxusautos hin zu sportlichen Modellen, die wirtschaftlich und zuverlässig fahren. Mit einem neuentwickelten Vierzylinder-Motor nach dem Baukasten-System werden die Hubräume erweitert und die Leistung erhöht.
Mit dem 1800 TI legte BMW den Grundstein für den 5er
Der 1800 TI markiert den Anfang der sportlichen Limousinen bei BMW. 1963 stellte ihn BMW auf der IAA vor. Optisch unterscheidet er sich vom 1500er und 1600er unter anderem durch die durchgehenden Chromstreifen und die Zusatz-Scheinwerfer an der Front.
Die waren damals ein Zeichen von besonderer Sportlichkeit. BMW ließ sich die Power gut bezahlen. Für 10.960 Mark Kaufpreis konnten sich Kunden auch zwei VW Käfer 1200 A für jeweils 4.290 Mark kaufen. Doch wer einmal mit dem BMW fuhr, war begeistert – und konnte der veralteten Käfer-Technik nicht mehr viel abgewinnen.Der Motor sitzt vorne, angetrieben werden die Hinterräder. Statt lautem Boxer-Klingeln röhrt der Reihenvierzylinder sportlich. Vor allem aber bietet der BMW deutlich mehr Platz und Komfort - und lässt sich unter Zug schön gleichmäßig und leicht quer fahren. Ganz ohne ESP und andere Sicherheitshilfen. Die "neue Klasse" legte den Grundstein für alle nachfolgenden sportlichen Limousinen der Mittelklasse: 1972 erscheint mit dem E12 die erste 5er-Reihe.
Der 1800 TI wurde schnell abgelöst
Unter der Haube der 1800TI arbeitet ein 1,8-Liter-Vierzylinder mit 110 PS und 147 Newtonmeter Drehmoment. Zwei Solex-Doppel-Flachstromvergaser verteilen schlürfend den Sprit in die Brennräume. Dank des für damalige Verhältnisse schnell zu schaltenden Viergang-Getriebes sprintet die Limousine aus dem Stand in unter zwölf Sekunden auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei mehr als 170 km/h – und das in einer Zeit, als die meisten VW Käfer 1200 noch mit 30 PS und 112 km/h auf der rechten Spur zuckelten. Die schnörkellose Limousine bietet noch heute viel Platz und überzeugende Leistung.
Das dünne Bakelit-Lenkrad rutscht schnell durch die Hand, der Vierzylinder dröhnt und spuckt. Die Neue Klasse wird ab 100 km/h laut, heiß und verlangt volle Konzentration. Denn die Limousine hebt in Kurven und beim Bremsen ihr Heck und die Stimmung. Es riecht im Innenraum etwas nach Sprit – der (damalige) Geruch der großen, weiten und vor allem schnellen Welt. Die breiten Sitze bieten keinen Seitenhalt, der Fahrer muss sich irgendwie und irgendwo abstützen – oder er schwingt im Rhythmus mit. Ein spaßiges Tänzchen.Doch die Tage des 1800 TI waren gezählt. Nach nur drei Jahren stellte BMW das Modell ein. Vom 1800er verkaufte BMW rund 140.000 Fahrzeuge, vom TI nur 21.116. Stück. Nicht, weil sie von dem Konzept nicht überzeugt waren, sondern weil die Ingenieure schon längst eine noch sportlicheres Fahrzeug entwickelten. Ab 1966 kommen die kleineren und wendigeren 02er-Modelle auf den Markt, erst als 1600-2 und ab 1968 der 2002 mit 100 PS und nur 990 Kilogramm Leergewicht. Als Vorläufer des Dreiers katapultierte der 02 BMW in den Motorsport weit nach vorne. Aber den Anfang, den machte der 1800 TI.
BMW 1800 TI (1963-1966) - Technische Daten
- Antrieb: 1,8-Liter-Vierzylinder
- Leistung: 110 PS bei 5.800 U/min
- Drehmoment: 147 Nm bei 4.000 U/min
- Getriebe: Manuelles Vierganggetriebe, Hinterradantrieb
- Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h Spitze
- Beschleunigung: 11,7 S auf 100 km/h
- Verbrauch: ca 14l/100 km
- Länge: 4,50 m
- Breite: 1,71 m
- Höhe: 1,45 m
- Leergewicht: 1.040 kg
- Preis (1965): 10.960 Mark
- Stückzahl: 21.116
Beim frischen Design und Sportlichkeit (5. Bild) dachte ich mir: oha. 😊
Und ja, bitte back to the roots, liebe Autohersteller, bringt wieder Übersichtlichkeit für den Fahrer statt Rundum-Überschlag-Features.
für mich einer der schönsten BMWs die es gegeben hat. Ich hatte leider nur den 2000er, bin aber sehr gerne damit
gefahren. Der 5er hat mir dann nicht mehr gefallen.
viele Grüße
Schon etwas schräg, den 1800 TI mit dem VW Käfer zu vergleichen, oder?
Letzterer hatte übrigens seit Anfang der sechziger Jahre 34 PS - nur der Ordnung halber.
Die wesentlichen Konkurrenten damals:
Mercedes 190c
Opel Kapitän A
Glas 1700 GT
Fiat 1500 TI
Alfa Gulia
Das Konzept der neuen Klasse war wegweisend. Die Alfa, Glas, Fiat gingen in die gleiche Richtung, auch Datsun brachte das Fahrwerk abgekupfert auf die IAA.
Gut eingestellt war der 1800 TI für den schnellen Privatfahrer ein Genuss, übrigen auch heute noch; dem turbinenartigen Lauf des Vierzylinders ist ein besonderes Denkmal gewidmet: Das BMW Verwaltungshochhaus in Form von vier Zylindern.
https://browse.startpage.com/do/show_picture.pl?...
Da "dröhnt und spuckt" übrigens nix. Wenn doch, ziehen die Vergaser Nebenluft über mangelhafte Dichtungen - ein Service ist angesagt.
Gruß
T.O.
... und an dem übersichtlichen und verkehrsraumtauglichen Design der "neuen Klasse" könnte der Hersteller sich heute eine dicke Scheibe abschneiden ... statt "der Form des fliessenden Wassers" und ähnlichem Unsinn hinterher zu jagen ... .
Dieser fließende "Unsinn" verkauft sich - Firmenleasingeinfluss hin oder her - aber HEUTE wie geschnitten Brot.
Muss man nicht lieben, aber auch die Zeit allen Designs ist eben nicht in den Sechzigern stehengeblieben. Was bringt sachliches Form-follows-function, wenn's heute keiner mehr kauft?
Tolles Auto, aber - natürlich - aus einer ganz anderen Ära, mit völlig anderen (aber auch nicht immer besseren...) Menschen.
Wird gekauft, siehe Apple. Nur bei Autos hat es das in Serie nie gegeben.
Tja, ...
Wer kauft "sachliches form follows function", wenn es heute keiner mehr bringt, stattdessen nur "fliessenden Unsinn" ... ?
Was es derzeit nicht gibt, kann man nicht kaufen - leider. Die "Nische" ist inzwischen der "weisse Elefant im Raum"; man sieht es deutlich an den Oldtimerpreisen, der in dieser Hinsicht wieder vorbildlichere E 28 ist nicht mehr unter € 10k zu bekommen, selbst als 1,8 Liter nicht ... .
Gruß
T.O.
Tja, das läuft auf die alte Frage hinaus, ob die Hersteller dem Kunden Geschmack anerziehen und ihre Linien "schönreden" oder der Kunde die Moden und Designentwicklungen über die Jahre durch genau sein Kaufverhalten (in allen dazu prädestinierten Produktbereichen) maßgeblich selbst bestimmt. Für mich ist zweites der Fall - aber da kann man lange drüber streiten, i know 😆...
Der E28 fällt für mich aber preistrendmässig, wie so einige andere, eher in die Kategorie "Heute um-45-/50-jährige kaufen ihr Kindertraumauto" (in bezahlbaren Regionen), als dass es für mich vorrangig Gründe wie verkehrsraumgerechtes Design hätte.
Man kann nicht erwarten, dass heutige Journalisten noch wissen, was ein Vergaser ist und Doppelvergaser und gleich zwei davon, die müssen synchronisiert werden. Das kann doch heute kaum noch jemand und kaum mehr wissen, dass das gemacht werden muss.
Viel wichtiger war aber die Verwendung einer Schräglenker-Hinterachse. Die zähmte das Fahrverhalten deutlich. Andere Hersteller hatten ihre Autos noch mit Starrachsen oder Pendelachsen versehen und das noch auf Jahre hinaus.
Das Auto war sehr fortschrittlich und wenn man sich die Gewichte von damals ansieht, dann sieht man, wie fett die Autos heute geworden sind.
Bei der Frage der Entwicklungsgeschichte von BMW wird immer gerne ausgeklammert das dies nur Dank der nicht vorhandenen Pleite von Borgward stattfinden konnte. Borgward wurde übrigens von einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter abgewickelt der wie sich später herausstellte zeitgleich auch für BMW gearbeitet hat...
Ja, das ist natürlich richtig, die Schräglenker-Hinterachse und dann noch dieser turbinengleich laufende Vierzylinder - das war in den Sechzigern nicht zu toppen. Leider hatte der 1500er, der nicht ausgereift auf den Markt kam, den Nimbus der neuen Klasse schon etwas demoliert.
Der Herrenfahrer griff dann zum 2000 Lux, später zum TiLux, zuerst noch mit den Perlmutt-Armaturen aus dem 502 und dem 2 Liter, eine wunderbare Limousine.
Als die "Fünfer" herauskamen, war die Enttäuschung groß, ebenso bei den Dreiern als Nachfolger der 02er Serie, zu fett, zu mäßig im Styling ... erst der E 28 vermochte die Gemüter zu versöhnen, da half auch kein Kitsch ... .
Bei der Beschäftigung mit diesen Wagen merkt man doch deutlich, was an der "Freude am Fahren" durch die spätere Verfettung verloren ging.
Viele gibt es nicht mehr, der Rost ... .
Gruß
T.O.
Der E 28, für mich der eigentliche Nachfolger der "neuen Klasse":
https://browse.startpage.com/do/show_picture.pl?...
Ich hatte vor 10 Jahren ja schon Probleme, jemanden zu finden, der am M10 noch das Ventil Spiel einstellen konnte.
Der Motor war einsame Spitze😎
Was hatte denn die Entwicklung mit Borgward zu tun?
Hätte Borgward nicht vom Markt verschwinden müssen wären viele Kunden gar nicht bei BMW gelandet..
... "Mit dem Fahrzeug, vorgestellt 1962, fuhr BMW aus der Krise"
... und ich 1979 mit dem e21 320/6 in die Krise, Verkauft 1980
... neuer Versuch 1993 e36 318is Coupe, die Krise setzt sich fort ...
umfangreiche Maßnahmen bis Ende 1996