Umsatzeinbruch am Lkw-Markt
Nach dem Kaufrausch folgt der Kater
Seit dem ersten Januar gilt die Euro-6-Norm für Lkw. Deshalb schlugen viele Kunden im Dezember noch schnell zu. Die teuren, neuen Lkw will niemand kaufen.
Brüssel - Eben noch konnten die Lkw-Hersteller kaum die Nachfrage bedienen. Jetzt, im Januar 2014, läuft die Produktion bei Volvo, MAN, Scania oder Mercedes auf Sparflamme. Der Grund: Seit dem ersten Januar 2014 erhalten neu produzierte Lkw nur noch dann die Zulassung, wenn sie die Euro-6-Norm erfüllen.
Deshalb zogen viele Spediteure Investitionen vor und kauften Ende 2013 noch schnell Euro-5-Lkw. Die alten Trucks kosten weniger und sind billiger im Unterhalt. Und Anreize für den Umstieg auf Euro 6 gibt es in den meisten Ländern nicht: So verzichtete Deutschland auf einen Mautrabatt für neue Lkw. In Österreich hingegen wurden Nachtfahrverbote auf Euro-5-Lkw ausgeweitet. Kein ausreichendes Argument für hart rechnende Fuhrunternehmen.
Der Kaufrausch in Zahlen
Die heute vorgelegten Zahlen des europäischen Herstellerverbands ACEA zeigen, wie dramatisch der Run auf die letzten Euro-5-Lkw ausfiel. Im Gesamtjahr 2013 legte der Lkw-Markt dank des Schlussspurts um neun Prozent zu. Und das, obwohl im ersten Halbjahr Flaute herrschte.
Im Dezember stiegen die Neuzulassungen schwerer Lastwagen über 16 Tonnen in der EU sogar um 135,9 Prozent: Am stärksten in Großbritannien mit 230 Prozent, in Deutschland um 90 Prozent. Nicht einmal jeder siebte dieser Lkw erfüllte die neue Schadstoffnorm.
Nach dem Kaufrausch folgt nun der Kater. Scania und Volvo haben Produktionskürzungen angekündigt, Scania streicht 300 Leiharbeiterstellen. Die schwedische VW-Tochter kürzte darüber hinaus die Dividende von 4,75 Kronen pro Aktie auf vier Kronen (45 Cent). Nach Ansicht des Scania-Chefs Martin Lundstedt wird die Flaute rund ein halbes Jahr dauern.
Unschuldig sind die Lkw-Hersteller an dieser Entwicklung nicht, denn den Schlussverkauf haben sie gern mitgenommen. Ein bayrischer Mercedes-Händler empfahl seinen Kunden im Juli 2013: „Wenn Sie die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs planen, spricht aus rein finanzieller Sicht einiges dafür, sich noch in diesem Jahr für ein Euro-5-Fahrzeug zu entscheiden“. Viele Spediteure kamen offensichtlich zum gleichen Ergebnis.Was bedeutet Euro 6 für Lkw?
Mit der Einführung von Euro 6 erließ die EU strenge Grenzwerte für den Schadstoffausstoß von Lkw. Die zulässige Emission von Stickoxiden sinkt im Vergleich zu Euro 5 um 80 Prozent auf 0,4 Gramm pro Kilowattstunde. Der erlaubte Wert für Partikel sinkt um 50 Prozent auf 0,01 Gramm. Das ist nur noch ein Zehntel dessen, was 2006 nach Euro 4 erlaubt war. Zusätzlich zum Gewicht der Partikel begrenzt die Norm auch die Partikelmenge.
Für die Lkw-Hersteller bedeutet das: Neben der SCR-Technik (Adblue-Einspritzung) benötigen die großen Dieselmotoren zahlreiche Zusatzsysteme. Bei Volvo sind das ein Diesel-Oxidationskatalysator, eine Abgasrückführung, ein Dieselpartikelfilter und ein Ammoniak-Sperrkatalysator.
Außerdem müssen die Hersteller On-Board-Diagnoseverfahren anbieten, die unabhängigen Werkstätten die Kontrolle der Abgaswerte erlauben. Und sie müssen garantieren, dass ihre Trucks mindestens 700.000 Kilometer oder sieben Jahre die Grenzwerte einhalten.
All diese Systeme kosten Geld und müssen gewartet werden. Außerdem erhöhen sie das Fahrzeuggewicht und den Dieselverbrauch – und damit den CO2-Ausstoß der Lkw.
Was kommt nach Euro 6?
Müssen sich Spediteure und Lkw-Hersteller in Zukunft auf Euro 7 einstellen? Manfred Schuckert von Daimler Trucks glaubt das nicht. Das weitere Drehen an der Schadstoffschraube bedeute automatisch höhere CO2-Emissionen. Manfred Kuchlmayr von Iveco sagt: Bei vielen Schadstoffen sei man mit Euro 6 an der Nachweisgrenze angelangt.
Die Verbrauchsmessung bei schweren Nutzfahrzeugen ist hochkomplex: Es gibt verschiedenste Aufbauten und Nutzungsszenarien, das Zuggewicht ist ladungsabhängig. Deshalb gibt es bisher keine CO2-Grenzwerte wie bei Pkw. Das, glaubt Schuckert, wird sich gegen Ende des Jahrzehnts ändern.
Im Januar wird dann ueber zu wenige Verkaeufe gejammert...
Pete
"Abgasrückrührung"
ach ja, dürfte ich sie an die becke titten?
"All diese Systeme kosten Geld und müssen gewartet werden. Außerdem erhöhen sie das Fahrzeuggewicht und den Dieselverbrauch – und damit den CO2-Ausstoß der Lkw."
naja wie viel schwerer wird den der LKW 1 tonne?. wenn dann geht es nur zu gunsten der nutzlast.
die frachtbranche ist ohnehin ein eigenes thema!
ich bin froh wenn die kollisionswarner endlich verpflichtend sind!
Das Nachtfahrverbot der Österreicher ist ja mal lustig. Ist Euro 5 am Tage weniger schlimm als nachts?
Hä? 😆
Das ist ja fast noch besser als unsere Umweltzonen, wo der Feinstaub direkt am Ortsschild Halt macht.
cheerio
Wie hoch ist denn der Mehrverbrauch durch diese Systeme?
Ich meine, das ist doch paradox. Ich verringere die Schadstoffe, um die Umwelt zu schonen, und was kommt dabei raus? Ein höherer Verbrauch, der die Umwelt unterm Strich warscheinlich stärker belastet, als das was durch die neue Norm an Belastung "eingespart" wurde...
Wir haben einen Fahrer im Kundenkreis, der vorher einen 440PS Euro 5 Schrott LKW gefahren hatte. Nun fährt er seid etwa 2 Monaten einen 440PS Euro 6. Er meint, das er nun etwa 1,5-2L mehr Diesel auf 100KM braucht, als mit dem Euro 5.
Aber wenn es nach mir gehen könnte, sollten die EU Heinis bei Euro 5 aufhören, denn ab jetzt gehen wie schon geshrieben die anderen werte nach oben, und die Techniken werden immer komplexer, so das die LKW immer teurer werden in Stand zu halten, oder zu warten....
Das glaube ich nicht. CO2 wird das geringere Übel sein im Vergleich zu den anderen Schadstoffen.
Du hast immer einen Konflikt zwischen Verbrauch und Schadstoffen.
Jeder popelige Benzinmotor könnte ne Ecke sparsamer sein, darf er aber nicht, weil das die Stickoxide hochtreiben würde (Magermix-Motoren der 80er zum Bleistift)
Langsam is aber wirklich gut.
Wie praktisch überall gilt die gute alte 80/20-Regel.
Von einem vernünftigen Kosten/Nutzen-Verhältnis sind wir langsam meilenweit entfernt.
Wobei ich prinzipiell nix gegen saubere Luft hab...wenn ich in der Garage meinen guten, alten IHC Trekker starte, müssen die Tore ganz weit offen sein, sonst droht Rauchvergiftung...auch ned schön.
Zum Absatz...wird schon. Auch die Euro5-Kisten werden mal alt. Normaler Vorgang bei Stichtags-Geschichten.
Naja, Stickoxide sind jetzt nichts was man haben will, dann lieber etwas mehr CO2.
Wikipedia
Bei der Partikelfrage wird's aber langsam lächerlich wenn ich dagegen die ganzen umweltfreundlichen Kamine und Pelletheizungen sehe.
Ganz genau. Wie im Newstext geschrieben, wurde das Partikelgewicht erheblich reduziert.
Statt "relativ einfach" mit bestehender Technik zu filternder Partikel, dürfen Motoren nur noch sehr kleine Partikel erzeugen, die im Verhältnis kaum nennenswert zu filtern sind.
Der berühmte Feinstaub übrigens fällt auch darunter - ist ja bekannt aus dem PKW-Bereich mit Direkteinspritzung, Hochdruckeinspritzung, Magerbetrieb, etc.
Euro 6 erhöht den Dieselverbrauch nicht, er bleibt gleich, bzw. bei den Meisten sinkt der Dieselverbrauch. Kein Hersteller kann es sich leisten einen neuen Motor auf den Markt zu bringen der mehr verbraucht wie der alte, auserdem interesiert das die Kunden am meisten, denn da kann man über die Laufzeit auch genügend an Geld Sparen.
AGR gab es schon ab Euro 3, SCR ab Euro 4, Oxikat und Partikelfilter auch. Was bei Euro 6 hinzukommt ist der Amoniakkat (wenn man das so nennen will)
Es ist allgemein bekannt, dass zur Reduzierung der Schadstoffe die Verbrennungstemperatur HOCH muss. Das wiederrum VERRINGERT den Wirkungsgrad und ERHÖHT den Verbrauch! Die Physik interessiert sich nicht dafür, was Hersteller meinen sich nicht leisten zu können ... 🙄
Hi,
Mercedes hat es geschafft bei der aktuellsten schweren Motorengeneration den Verbrauch der Euro 6 Variante auf das Niveau des alten Euro 5 Motors zu drücken.
Die Euro 5 Variante des neuen Motors braucht aber noch noch weniger Sprit als als die Euro 6 Variante.
Mehr Verbrauch heißt halt mehr Co2. Co2 ist aber kein Schadstoff im klassischen Sinn.
Mit Euro 6 kann es durchaus passieren das die "Abgase" die aus dem Auspuff kommen sauberer Sind als die angesaugte Frischluft wenn der LKW sich gerade in eine schmutzigen Umgebung (Tunnel/Innenstadtbereich etc.) aufhält.
Gruß Tobias
Wenn wir gerade beim Thema LKW sind !
Was ist eigentlich mit dem Markteintritt von Hyundai/Kia, die wollten doch auf auf dem Europäischen Markt mitmischen.
http://www.eurotransport.de/.../...ie-lkw-welt-veraendern-6492677.html
Wenn das "allgemein bekannt" ist, dann alles Gute...
Eine höhere Spitzentemperatur führt zu erhöhter NOx-Bildung aber zu geringerem Ruß-Ausstoß.
Mit EGR z.B. wird die Verbrennungstemperatur (nur bezogen auf die Spitzentemperatur im Brennraum, nicht die Abgastemperatur) gesenkt, die Rußemissionen steigen, NOx sinkt.
(wer es nicht glaubt: google "nox pm trade off")
Der Verbrauch geht (bezogen auf die Rohemissionen) mit einem ähnlichen Verhalten wie Ruß, d.h. viel Nox heißt besserer Verbauch.
(Denn: Bei gleichem Energieumsatz ist der Wirkungsgrad besser, wenn die Spitzentemperatur höher ist, da damit zwangsläufig die Abgastemp geringer ist. Und die Abgastemp ist ein Maß für die "verlorene" Energie, die nicht in Arbeit umgesetzt wurde. => Thermodynamik, Kreisprozesse)
Führt man jetzt aber ein SCR-System ein, kann der Motor bei den Rohemissionen mehr in Richtung NOx verschoben werden, somit besteht zumindest die Möglichkeit, im Verbrauch besser zu werden.