Motorsport News
Nebelgranate oder Zukunftsprojekt?
Der neue Porsche-Boss Matthias Müller hat mit seinen Äußerungen zu einem möglichen Formel 1-Einstieg der Stuttgarter Sportwagenschmiede für Wirbel gesorgt. Nachdem sich der Rauch langsam legt, wird immer deutlicher: Porsche will nach Le Mans - und nicht in die Formel 1.
Nicht jeder Vorstandschef sorgt gleich an seinem ersten Arbeitstag für Schlagzeilen. Matthias Müller hatte den Porsche-Chefsessel am 1. Oktober von Michael Macht übernommen. Genau an diesem Tag ließ der neue Porsche-Chef auf dem Pariser Autosalon eine kleine Bombe platzen: In einem Interview mit dem britischen Automagazin "Autocar" deutete Müller an, dass die beiden zum Volkswagen-Konzern gehörenden Marken Porsche und Audi intern um die beiden Motorsport-Großprojekte Formel 1 und Le Mans konkurrieren könnten.
Porsche denkt laut über eigenes Formel 1-Team nach
Die von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech gegenüber auto motor und sport favorisierte Lösung, nach der Porsche und Audi mit unterschiedlichen Motorenkonzepten gegeneinander in Le Mans antreten könnten, erteilte Müller eine Absage: "Wir wollen uns nicht gegenseitig in der LMP1-Klasse Konkurrenz machen, denn das ist einfach nicht lustig." Müller plädiert dagegen für eine arbeitsteilige Strategie: Die eine Marke solle Formel 1 machen - und die andere solle in Le Mans antreten.
Die Medien verdichteten daraus die Schlagzeile: Porsche will in die Formel 1. Nur einen Tag später legte Porsche-Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer anlässlich des Petit Le Mans-Sportwagenrennens in Road Atlanta (USA) scheinbar noch eine Kelle nach: "Wenn Porsche in die Formel 1 gehen sollte, dann nur mit einem eigenen Team, denn man braucht die komplette Kontrolle über alle wettbewerbsrelevanten Faktoren, also auch über das Auto und seine Technik." Sogar die hohen Kosten eines Formel 1-Einstiegs scheinen Porsche nicht zu schrecken: "Porsche ist eine sehr profitable Firma, wir können uns das leisten."
Entscheiung noch in diesem Jahr?
Doch will Porsche wirklich in die Formel 1? Matthias Müller verdiente sich seine Lorbeeren als Chefstratege von VW-Konzernboss Martin Winterkorn. Chefstrategen sagen Dinge niemals aus Zufall. Hinter den Äußerungen steckt eine Strategie, nämlich Porsche in Position zu bringen für den Tag X, an dem die konzerninterne Aufgabenverteilung im Motorsport beschlossen wird. Laut Ansicht von Wolfgang Dürheimer könnte dies bereits Ende des Jahres 2010 erfolgen.
Zwei Motorsport-Großprojekte sollen dann vergeben werden: Le Mans und die Formel 1. Beide Programme sind Image-Werbung, während Renneinsätze von seriennahen Fahrzeugen beispielsweise in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft unter das Kapitel Produktwerbung fallen.
Der Einstieg einer VW-Konzernmarke in die Formel 1 hängt davon ab, ob die Weltmotorsportbehörde FIA den Einsatz von Vierzylinderturbomotoren in Verbindung mit Energierekuperation (KERS-Hybrid) für 2013 absegnet. Abgesandte von Volkswagen sitzen in den entsprechenden FIA-Kommissionen. "Natürlich müssen die Regeln stimmen", wägt Dürheimer ab. "Alles muss auf dem Weltmotor basieren."
Neues Reglement macht Le Mans interessant für Porsche
Doch genau das Gleiche gilt auch für das Thema Le Mans: Ab 2014 soll die den LMP1-Prototypen von außen zugeführte Energiemenge sukzessive immer weiter begrenzt werden, so dass der Fokus der Ingenieure in Richtung Effizienz anstatt auf schiere Motorleistung gelenkt wird. Die Kombination aus reduzierten Motorhubräumen und der Einführung von Energierückgewinnungssystemen ist laut Dürheimer das zentrale Argument für eine mögliche Rückkehr von Porsche nach Le Mans.
Dazu formte Le Mans das Image von Porsche in der Vergangenheit wie kein anderes Motorsportprogramm: Porsche führt die Bestenliste mit 16 Gesamtsiegen in Le Mans an, zuletzt siegte der deutschen Sportwagenhersteller im Jahr 1998. Dürheimer hält fest: "Die Fans der Marke Porsche sind Langstreckenfans." Und: "Das neue Prototypenreglement für Le Mans, das 2014 in Kraft treten wird, eröffnet äußerst interessante Perspektiven." Kunstpause: "Porsche wird in den großen Motorsport zurückkehren."
Porsche vs. Audi: Wachablösung in Le Mans
Die öffentlichen Äußerungen von Matthias Müller und Wolfgang Dürheimer sollen Porsche für die Entscheidungen im VW-Konzern positionieren. Während der Motorsport unter dem alten Porsche-Vorstand Wendelin Wiedeking nur dann eine Rolle spielte, wenn man damit Geld verdienen konnte, will der neue Porsche-Chef die Bestrebungen bei Porsche Motorsport, endlich wieder um einen Gesamtsieg in Le Mans kämpfen zu dürfen, unterstützen.
Bereits seit einiger Zeit berechnen die Porsche-Ingenieure im Rahmen der Vorausplanung mögliche Szenarien für einen Le Mans-Einstieg. Gleichzeitig hat Audi als bisheriger VW-Konzernrepräsentant in Le Mans mit neun Siegen in zwölf Jahren alles erreicht, was man erreichen kann. Nach Ansicht der Porsche-Strategen ist die Zeit für eine Wachablösung gekommen.
Quelle: Auto Motor und Sport
Eine wirklich tolle Aussage vom Vertreter einer "Sportwagenmarke", die sich werksseitig seit 12 Jahren nicht mehr in LeMans engagiert und eben so lange auf eine Teilnahme an Langstreckenrennen verzichtet hat und damit nicht unwesentlich dazu beigetragen hat, dass der Sportwagen-Motorsport in Europa quasi nicht mehr existiert.
Vielleicht schafft die FIA für LeMans ja eine SUV-Klasse. Dann könnte man einen Hybrid-Cayenne mit 'nem 4-Zylinder Turbo einsetzen und den Wagen nach dem Rennen als Werksdienstwagen verhökern.
Viel Glück beim reparieren des Images 🙄
MfG
roughneck
Als was bezeichnest du die ALMS? Da hat Porsche von 2006 bis 2008 mit dem Porsche RS Spyder die LMP2 gewonnen 😉.
LeMans ist ja nur mit einem Diesel zu gewinnen, da Porsche keine entsprechenden Treibsätze hat ist ein Gesamtsieg unmöglich und daher die Teilnahme ziemlich witzlos. Der amerikanische Markt ist wichtiger als eine Schlagzeile in der Bild, also hat man sich auf die ALMS beschränkt. Verständlich wenn auch ein wenig dürftig. Den Verkaufszahlen hats aber bislang anscheinend nicht geschadet 😉.
Gruss
Toenne
Die ALMS ist auf Nordamerika beschränkt und daher hier in Europa nur schwer zu verfolgen, ein LMP2 ist kein LMP1 und streng genommen sind die Einsätze in der ALMS keine Werkseinsätze sondern lediglich werksseitige Unterstützungen von Kundenteams.
Und sofern Porsche die 24h von LeMans nur noch für ein "Boulevardrennen" hält und auf Motorsportfans in Europa verzichten kann sollte man dies auch so beibehalten und nicht so ein Blödsinn faseln. Hinsichtlich des Reglements hätte für Porsche natürlich die Möglichkeit bestanden, Einfluss zu nehmen. Abgesehen davon hat sich Porsche werksseitig nach dem Rennen '98 aus LeMans zurückgezogen; der erste Audi TDI kam erst 2006 zum Einsatz.
Letztendlich lag es weder am Reglement noch an anderen externen Gründen - sondern nur am Unwillen von Porsche. Dies war eine kalkulierte Entscheidung des Vorstandes. Man fährt seit mehr als 10 Jahren in Sachen Langstreckenrennen auf absoluter Sparflamme. Es wird vermutlich ebenso 10 Jahre dauern, bis man diejenigen Fans, die enttäuscht vom Warten das Handtuch geschmissen haben, wieder zurück gewonnen hat.
MfG
roughneck
Irgendwelche Sondereinzelstücke interessieren mich eigentlich wenig - im seriennahen Motorsport siehe VLN und 24h Nordschleife ist Porsche sehr gut mit dabei und hat davon mehr Publicity als Millionen in Spezialklassen zu verbraten.
mfg
Wieviele von denen erwägen den Kauf eines Porsche? 😉
Mit Marketingaktivitäten (nichts anderes ist Werks-Motorsport) will man potentielle Kunden erreichen und nicht irgendwelche Polo-Fahrer begeistern, ist halt so. Und man kann ja wirklich nicht sagen dass Porsche in den letzten Jahren keinen wirtschaftlichen Erfolg gehabt hätten, wohl eher im Gegenteil.
Von daher ist der Motorsportkurs der letzten Jahre für Fans zwar enttäuschend, dennoch aber nachvollziehbar. Immerhin bestünde ja auch stets eine hohe Erwartungshaltung an Porsche, wenn man die dann nicht erfüllt ist das u.U. kontraproduktiv.
Gruss
Toenne
Wenn es danach geht, könnte Porsche seine gesamten Motorsportaktivitäten einstellen. Ich glaube nicht, dass sich viele Porsche-Fahrer für die CUP-Rennen oder die 24h auf der NS interessieren. Und ein Sieg bei den 24h von LeMans schlägt global jede andere Marketingaktivität im Sportwagenbereich 😉
Meiner Meinung nach steht jedenfalls außer Zweifel, dass Porsches Image im Wesentlichen aus Erfolgen bei Langstreckenrennen wie LeMans oder der ehemaligen FIA Sportwagen-WM herrührt. Und eben nicht aus dem seriennahen Tourenwagensport. Und allein aus diesem Image erklären sich mir auch die wirtschaftlichen Erfolge der jüngeren Vergangenheit - die ja im wesentlichen nicht auf dem Sportwagen-Segment basierten.
MfG
roughneck
Die Amis interessieren sich motorsportlich üblicherweise nicht allzu sehr für Dinge die ausserhalb ihres Landes vorgehen, für die sind die 12h von Sebring vermutlich wichtiger als die 24h LeMans.
Wieso ich schon wieder von den Amis anfange? Schau dir dieses Chart an:
http://www.kfzmarkt.info/.../n__04__10__grafik__marken.jpg
Neuzulassungen in Deutschland von 01-04 2010 knapp 4800 Einheiten. Rechnen wir das auf die ersten 6 Monate hoch so kommen wir auf etwa 7200 Einheiten.
Zum Vergleich: http://www.kfzmarkt.info/.../
Knapp 11000 verkaufte Einheiten in den ersten 6 Monaten in den USA...
Findest du auch hier: http://files.porsche.com/.../?pool=germany&id=2010-09-24
Den kleinen LMP2 in den USA rennen zu lassen statt alles auf eine teure (LeMans)Karte zu setzen machte also wohl durchaus Sinn 😉.
Gruss
Toenne
f