VW-Boss Müller: Abstimmungswege im Konzern
Neue Struktur im VW-Konzern
Mehr Freiheit für Marken und Regionen, weniger "Direct Reports": VW-Chef Matthias Müller hat die Abläufe im Konzern neu geordnet.
Wolfsburg - Der neue VW-Konzernchef Matthias Müller hat die Abstimmungswege mit seinem Top-Management wie angekündigt verschlankt. Die Zahl der direkt an ihn berichtenden Führungskräfte sei wie geplant "nahezu halbiert", teilte VW am Montag in Wolfsburg mit. Mitte Dezember hatte der Autobauer bekanntgegeben, die "Direct Reports" von mehr als 30 auf 19 Posten senken zu wollen.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ist dieser Prozess nun abgeschlossen, Müllers Kernteam mit einer Direktberichtsfunktion unterhalb des Vorstands ist komplett - es besteht aus zwölf Posten.
Der VW-Konzern kämpft derzeit im Abgas-Skandal mit der größten Krise seiner Unternehmensgeschichte. Müller hat weitreichende Reformen für die Organisation des Zwölf-Marken-Konzerns angekündigt. So sollen etwa die Marken und Regionen mehr Entscheidungsfreiheiten erhalten.
Als jüngste Folge der großen Neuaufstellung übernimmt Hans-Joachim Rothenpieler, bisher Entwicklungschef bei VW-Nutzfahrzeuge (VWN), zum 15. Februar die Leitung der Qualitätssicherung im gesamten Konzern. Er folgt auf Frank Tuch, der Volkswagen auf eigenen Wunsch verlasse.
Tuch war Mitte 2010 auf den Posten gekommen - als Nachfolger von Rothenpieler, der damals nach Sachsen gewechselt war und später schließlich als neuer Entwicklungsvorstand zu VWN stieß. Dort folge nun wiederum Harald Ludanek als Rothenpielers Nachfolger. Ludanek war bisher Vorstand für Technische Entwicklung bei der VW-Tochter Scania.
Zitat: "Die Zahl der direkt an ihn berichtenden Führungskräfte sei wie geplant "nahezu halbiert"...
Um so einfacher ist es dann zu sagen, man hätte von allem nichts gewusst...
Aha, "nahezu halbiert", von 30 auf 19 ...
Nach den Mathematik-Experten bei VW wäre die Software in VWs Dieselmotoren dementsprechend quasi auch nahezu korrekt.
Die Führungskräfte, die direkt über negative Entwicklungen in ihrem Ressort berichten, werden sofort entlassen. Nur die Schleimkriecher und Lakaien werden befördert. 😉
Leider in vielen Firmen und der Politik gängige Praxis, die wirklich ehrlichen und fähigen Leute werden untergebuttert, Hauptsache die Führung kann Erfolge und gute Bilanzen veröffentlichen.
"Abstimmungswege verschlankt" ist ein schöne Umschreibung für: Ich höre jetzt nur noch von 12 statt 19 Leuten, wie es läuft. Ist die Hirarchie jetzt steiler geworden oder wurde die Aufgabe, die von unten kommenden Berichte auszuwerten und zu bündeln, nur vom Vorstand eine Etage tiefer delegiert? Ob sich damit auch etwas am Umgang mit Fehlern und Problemen ändert, ist noch die Frage. Dieses menschliche Problem ist mit Organigrammen nicht zu lösen. Damit kann man nur Verantwortung wegdelegieren. Aber warten wir ab, was sich nun ändert. Vertrauen lässt sich nicht befehlen, es muss sich entwickeln. Das braucht Zeit und die Bereitschaft auf allen Ebenen, das bisherige Modell zu überwinden. Dazu saß (und sitzt?) das Gift zu tief in der Struktur als dass es sich mit dem Auswechseln von ein paar Spitzenmanagern beseitigen ließe. Jetzt auf einmal mit offenen Karten zu spielen, fällt extrem schwer. Dazu müssen sehr sehr viele Beteiligte Fehler und Versäumnise eingestehen und daran mitarbeiten, sie zukünftig zu vermeiden. Sowenig, wie sich Vertrauen befehlen lässt, kann man selbstkritisches Denken anordnen. Denn um Selbstkritik offen üben zu können, brauche ich erst einmal Vertrauen zu meinen Mitarbeitern und Vorgesetzten, dass auch die damit vertrauensvoll und selbstkritisch umgehen und nicht nur den Dummen suchen, der als Sündenbock in die Wüste gejagt wrden kann, weil er über seine Rolle offen spricht, während alle anderen nur zugeben, was ihnen nachgewiesen werden konnte.
Grüße vom Ostelch
Das ist der entscheidende Punkt. Der Konzern muß sich an seinen Taten messen lassen und nicht an seinen Worten.
Es kam doch eindeutig heraus, dass das Arbeitsklima mies ist und das daraus der Betrug zustande gekommen wäre.
Da hätte ich jetzt einen Artikel mit Taten erwartet.
Hier geht es doch hauptsächlich um Arbeitsentlastung für die Vorstandsriege.
Winterkorn hat alles kontrolliert, geprüft und abgesegnet.
Nur als es um die betrügerische Software ging, die den Abgasskandal verursacht hat, da hatte WiKo Urlaub!
Müller steht vor der schweren Aufgabe, die verkrusteten Strukturen aufzubrechen.
Aber er ist selbst ein Teil der "alten Garde", die von Piech eingesetzt und gefördert wurde - das macht seine Arbeit nicht leichter....
Ich bin der Meinung, das ein Arbeitsklima nicht unbedingt mies sein muss, um nach unten hin den Eindruck erwecken lässt, das Druck ausgeübt wurde !
Bei der Vorgabe der Einhaltung von US Umweltnormen, kann es durchaus vorgekommen sein, das die Verantwortlichen sich den Druck selbst machten, aus Angst möglicher Konsequenzen.
Soll keine Entschuldigung sein, aber es gibt auch solche Fälle
Meiner Meinung nach ist dieser komische Herr Müller, der sich vor Publikum gar nicht gut verkaufen kann, der nur rumstammelt und nur schlecht Englisch versteht und noch schlechter selber spricht, aber aus Arroganz heraus auf einen Sprachmittler verzichtet, als neuer Chef nur eine Not- und Zwischenlösung, der sehr bald durch jemand ganz anderen abgelöst werden wird, in der Eile nach dem Abschuss der alten Garde um Winterkorn musste man dringendst ja einen neuen Chef benennen, einen, der im Abgasskandal am wenigsten belastet war.
Insofern spielt es nahezu keine Rolle, was dieser Kasper da oben an der Spitze umstrukturiert oder nicht, der bald folgende, neue "richtige" Chef wird sowieso alles wieder nach seinem Gusto umändern.
Grüße
Udo
Natürlich entsteht in Unternehmen oft "Druck". Auch hier bestand zunächst Druck wegen der strengen Normen, der von außen kam. Der wurde im System noch erhöht, indem die Vorgabe gemacht wurde, diese Normen aus Marketinggründen weiter zu unterbieten. Bis hierhin ist noch alles "normal". VW hatte aber offensichtlich keine Unternehmenskultur, die den gesunden Umgang mit solchem Druck zuließ. Anstatt dass die Entwickler gemeldet haben, dass die Vorgaben im ebenfalls vorgegebenen finanziellen Rahmen nicht einzuhalten sind, hat man "Plan B" gewählt und versucht, sich durch faule Tricks aus der Affäre zu ziehen. Damit hat man zwar den internen Druck vorübergehend abgebaut, aber dafür den jetzt entstandenen äußeren Druck potenziert. Wie hoch diese Vermeidungshaltung in der Hierarchie bereits aufgestiegen war, wissen wir nicht. Nachdem die Lüge aber in der (internen) Welt war, wurde es für jeden, der davon erfuhr, immer schwerer, sie anzusprechen. So gab es immer mehr korrumpierte Mitwisser, die nur noch nach dem Motto "Augen zu und durch" agierten. Bis sich die Lüge wegen der Recherchen von außen nicht mehr halten ließ. Diese vom Vorstand zu verantwortende Kultur des Ausweichens vor dem "Druck" dauert im Grunde immer noch an. Das erklärt meiner Meinung nach das derzeitige hilflose und halbherzige Lavieren des Vorstands. Dieses Problem besteht nicht isoliert für diesen kleinen Ausschnitt bezüglich der Einhaltung der Diesel-Normen in den USA, sondern es durchzieht das ganze Unternehmen. Wollte man etwas für die zukünftige Unternehmenskultur grundlegend klären, müssten jetzt alle derartigen "Vermeidungslügen" auf den Tisch. Dann bleibt dort vielleicht kein Stein auf dem anderen. Das will der neue Vorstand wohl lieber vermeiden. Damit setzt er aber das fatale Signal zum "Weiter so!"
Grüße vom Ostelch
Eher nicht. Wer sich mal mit Prozess- und Strukturentwicklung auseinander gesetzt hat, erkennt die sinnvollen Ansätze. Die Entlastung des Vorstandes ist nur das Ergebnis. Davor wird eine lange Prozesskette schneller und damit effizienter. Am Ende hilft die Delegation von Entscheidungsvollmacht dem gesamten Unternehmen; es wird handlungsfähiger und kann schneller auf Veränderungen reagieren.
Genau. Der muss bloß noch überlegen, ob er mit knapp 80 Jahren nun doch nochmal von Salzburg nach Wolfsburg umziehen will, oder ob er "Home Office" von Salzburg aus machen kann 😉
YMMD 😆 😆 😆
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@ Ostelch: Danke fuer die gute Erklaerung! 😊
Pete