Jaguar XE 20d AWD R-Sport: Test, Daten, Preise

Neuer Gegner auf dem Sportplatz

Heiko Dilk

verfasst am Wed Oct 05 10:27:51 CEST 2016

Er soll das neue Auto für sportliche Fahrer sein, für Lenker und Denker. Damit zielt der Jaguar XE auf neue Kunden, vor allem von BMW. Was der Jag als Diesel mit Allrad kann? Mal sehen.

Jaguar XE 20d AWD: Seit dem Frühjahr bieten die Briten ihre "kleine" Limousine auch mit Allradantrieb an
Quelle: MOTOR-TALK.de

Jaguar ist im Wandel. Als fahrbares Fanal rollt seit Kurzem der XE über den Asphalt. Der soll anders, dynamischer sein. Weniger gemütlich. Ob er das kann, auch als Allzweckdiesel 20d mit Allradantrieb? Das erfahrt Ihr in unserem Test. Die Wertung in den Einzelkategorien findet Ihr weiter unten.

  • Mittelklasse-Limousine mit 2,0,-Liter-Diesel und Allrad
  • Selbst entwickelter Motor mit 180 PS, Achtgang-Automat von ZF
  • Sportliche Auslegung von Fahrwerk und Allradantrieb
  • R-Sport-Ausstattung und viele Extras treiben den Preis
  • Solide Verarbeitung, Schwächen beim Infotainment

Berlin – Jaguar will weg von der Couch, hin zum Laufschuh. Der XE soll das „Fahrerauto im Premium-Mittelklasse-Segment“ sein. Also der 3er-BMW aus Britannien. Gut, das im Hinterkopf zu behalten. Oder im Hintern.

Vor allem das Gesäß fühlte in zwei Wochen Jaguar viel von BMW. Und das ist gut so, wenn man BMW mag. Sitzposition, Lenkgefühl und -gewichtung, die Fahwerksbalance. Jaguar hat sich bei der Abstimmung des XE sehr daran orientiert, und weniger am Audi A4 oder der C-Klasse von Mercedes.

Das Heck des Jaguar XE könnte etwas eigenständiger sein, die "echten" Auspuffendrohre statt Chromblenden freuen uns
Quelle: MOTOR-TALK.de

Jaguar XE 20d AWD: Bis zu 100 Prozent ans Heck

Es gibt da nur ein Problem. Unser XE wird von einem 2,0-Liter-Diesel angetrieben. Mit Wehmut erinnern wir uns an den XE S mit 340 PS aus dem 3,0-Liter-V6. Ein bisschen Vernunft muss auch im Fahrerauto sein. Der kleine Motor ändert den Charakter der Mittelklasselimousine. Er gehört zur Ingenium-Generation von Jaguar Land Rover. Das sind 2,0 Liter selbst entwickelter Hubraum mit 180 PS und 430 Newtonmetern. Ungefähr Standard in der Klasse, ein 320d Xdrive kommt auf 190 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment.

Xdrive, weil auch unser Jaguar über Allradantrieb verfügt. Den gibt es seit Frühjahr im XE. Er leitet normalerweise 100 Prozent des Antriebsmoments an die Hinterachse. Bei Bedarf gehen bis zu 50 Prozent nach vorne.

Der Allradantrieb bringt Extra-Gewicht. Im Alltag merkt man davon nicht viel. Der XE hört sich ein bisschen schwerfällig an beim Anfahren. Der Diesel brummt zu laut, wenn der XE anrollt. Das kennen wir im Prinzip auch vom 3er-BMW ohne Allrad, aber weniger ausgeprägt.

Beim Design hat Jaguar im Innenraum des XE einen moderneren, aber auch konventionelleren Ansatz verfolgt als beim XF
Quelle: MOTOR-TALK.de

Sportlichkeit geht beim XE vor Sicherheit

Sind Motor und Jaguar in Fahrt und die Achtgang-Automatik im zweiten bis dritten Gang, stört das nicht mehr. Dann macht der Vierzylinder unauffällig seinen Job. Er schiebt nicht brachial an, aber es fehlt auch nicht an Kraft. Spaß vermittelt der XE anders. Übers Fahrwerk zum Beispiel. Eine heruntergerockte Landstraße: Der Asphalt wellt sich wie die wattierte Barbourjacke eines alten Jaguar-Fahrers. Heute vermutlich Ex-Jaguar-Fahrer.

Dem XE macht das nichts, er geht prima kontrolliert über die Buckel und lässt sich präzise in die Kurven bremsen. Am Kurvenausgang unter Volllast lehnt er sich schön auf die Hinterachse, bringt bei Bedarf die Vorderräder ins Spiel und schiebt neutral aus der Biegung.

So richtig flügge wird die Hinterachse dabei nicht. Wie auch, wenn nur ein Diesel mit schmalem Drehzahlband auf die vier Räder wirkt. Da darf das Heck nur selten zum Spielen rauskommen. Aber wer den XE um die Ecken fließen lässt, wer ihn nicht scheucht, sondern wenig bremst und zügig durch die Kurven gleiten lässt, der hat Freude an ihm.

Der Jaguar XE 20d AWD im Detail

Karosserie/Abmessungen: Viel Alu, nicht wenig Gewicht

Lange Schnauze, knackiges Heck und straffe Linien gehören bei Jaguar inzwischen zu den typischen Designmerkmalen, so auch beim XE
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Die Mittelklasse ist zweigeteilt: hier die Nutzwert-Autos, dort das sogenannte Premium-Segment. Dazu zählt der Jaguar XE. Ausreichend Platz für durchschnittlich lange Mitteleuropäer gibt es hinten trotzdem. Die Sitzflächen sind etwas tief montiert, das stört aber nur auf sehr langen Fahrten – und ist bei der Konkurrenz ähnlich. Auf den Vordersitzen engt der breite und hohe Mitteltunnel etwas ein. Jaguar würde vermutlich "sportlich" dazu sagen. In den Kofferraum passen 455 Liter, Audi A4, BMW 3er oder Mercedes C-Klasse können 480 Liter einladen. Beim XE stört auf Höhe der Hinterachse eine leichte Welle im Boden.

Der XE war Jaguars erstes Modell auf einer neuen modularen Leichtbau-Plattform, mit Aluminium, hochfestem Stahl und ein bisschen Magnesium. Das Gewicht des 20d AWD gibt Jaguar mit 1.615 Kilo an. Klingt gut, zählt aber ohne Fahrer, rund 70 Kilo muss man also noch zugeben. Nach EG-Norm liegt der XE zum Teil deutlich über der Konkurrenz (BMW 320d xdrive: 1.610 Kilo nach EG).

Interieur: Britisch ohne Extravaganz

Im XE verzichten die Briten auf Extravaganzen wie die sich beim Start öffnenden Lüftungsdüsen des XF. Fast zu konventionell wirkt das Interieur. Form und Kunstleder-Bezug des Armaturenbretts gefallen uns gut, das schwarz lackierte Plastik der Mittelkonsole könnte eine Spur hochwertiger wirken. Die klare Struktur schafft einen guten Überblick.

Den Testwagen hatte Jaguar großzügig zweifarbig mit Leder ausgeschlagen. Die perforierten Sitze fanden wir auf langen Strecken bequem, der Seitenhalt bei sportlicher Fahrt war auch prima. Die Sitzheizung lässt sich aber nur über den Umweg eines Touchscreen-Menüs regulieren, das sich immerhin direkt per Tastendruck anwählen lässt. Mit allem drum und dran (Heizung, 10-Wege-Verstellung, elektrische Lordosenstütze, Leder) kosten die Sportsitze allerdings knappt 2.600 Euro.

Infotainment: Übersichtlich mit Lücken

Der große Bildschirm liegt in guter Reichweite, nicht alle Infotainmentfunktionen erschließen sich allerdings auf Anhieb
Quelle: MOTOR-TALK.de
Incontrol nennt Jaguar sein Infotainmentsystem jüngster Generation. Dessen Kacheloptik auf 8-Zoll-Touchscreen wirkt übersichtlich und ist im XE immer serienmäßig. Der Funktionsumfang lässt sich je nach Bedarf und Geldbeutel anpassen. Im Testwagen war das "Incontrol Touch Pro"-Paket 1 für 2.275 Euro verbaut. Klingt teuer, umfasst aber neben dem schnellen SSD-Festplatten-Navi ein gut klingendes Meridian-Soundsystem mit 825 Watt.

Geht also, fehlt aber noch Konnektivität - die als "Incontrol Connect Premium"-Paket für 714 Euro zu haben ist. Um das in vollem Umfang zu nutzen, muss man eine Jaguar-App auf dem Smartphone installieren und kann dann, die Installation weiterer Apps vorausgesetzt, Podcasts, Internetradio oder Audiobooks hören. Außerdem gibt es einige Apps, die auf Reisen helfen.

Leider sind diese Apps hierzulande kaum verbreitet, wer seine Musik über Itunes oder Google Play Music hören will, kann zwar über Bluetooth streamen, die Bedienung per Touchscreen funktioniert aber nicht. Und wozu man die Navi-App Sygic braucht, wenn Incontrol Apps ohnehin nur in Verbindung mit einem Navi zu haben sind, erschließt sich nicht. Apple Carplay oder Android Auto wären sinnvoller, bietet Jaguar aber nicht an.

Assistenzsysteme: Solides Niveau

Serienmäßig gibt es abgesehen vom autonomen Notbremsassistenten noch einen Spurverlassenswarner. Verkehrszeichenerkennung und Abstandstempomat kosten 327 Euro, erfordern aber ein Navigationssystem. Der Testwagen war mit dem Assistenz-Paket für 1.867 Euro ausgerüstet, in dem der adaptive Tempomat mit Stauassistent und ein Toter-Winkel-Warner enthalten sind.

Antrieb: Unten brummig mit genügend Kraft

Jaguar Land Rover hat den 2,0-Liter-Diesel der Ingenium-Serie selbst entwickelt, er gibt sich beim Anfahren etwas rau
Quelle: MOTOR-TALK.de
Mit dem selbst entwickelten 2,0-Liter-Diesel mit 180 PS deckt Jaguar den größten Teil des Marktes ab. Im Allrad-XE wird der Ingenium-Motor immer mit der Achtgang-Automatik von ZF kombiniert. Das harmoniert: Kraft gibt es ausreichend, die Übersetzung passt, die Automatik passt ihre Schaltstrategie dem Fahrstil an. Das Anfahr-Gebrumme stört etwas den soliden Gesamteindruck. Vor allem, wenn der Motor noch kühl ist. Das Problem kennen wir auch vom 3er-BMW (ebenfalls mit Achtgang-Automatik von ZF), der XE klingt noch etwas rauer.

Unser Testverbrauch von 6,5 Liter im Schnitt ist angesichts des hohen Stadt- und moderaten Autobahnanteils absolut angemessen. Per Eco-Modus lässt sich noch ein bisschen mehr sparen: Weil es mehr Spaß macht, waren wir öfter im Sportmodus unterwegs. Die Fahrleistungen des XE sind in Ordnung (0-100 km/h in 7,9 s, 225 km/h). Ein wenig mehr kann man von 180 PS und 430 Newtonmetern eigentlich erwarten, die C-Klasse mit 170 PS und 400 Newtonmetern Drehmoment kommt schneller in Fahrt (0-100 km/h in 7,5 s) und fährt flotter (230 km/h).

Fahrwerk/Lenkung: Eher BMW als Audi oder Mercedes

Das ist die Stärke des Jaguar XE. Er ist eine echte Alternative für alle, die einen Dynamiker jenseits von BMW wollen. Man sitzt sportlich tief, Lenkrad und Pedale sind optimal positioniert. Auch das Lenkgefühl passt zum sportlichen Anspruch. Gut gewichtet, direkt und gefühlvoll liegt der Lederkranz in der Hand.

Die 18-Zöller im Fünf-Speichen-Design sind bei der R-Sport-Ausstattung serienmäßig, die Basis trägt 17-Zoll-Räder
Quelle: MOTOR-TALK.de
Das Fahrwerk legt Jaguar relativ straff aus. Im Testwagen passte die adaptive Federung permanent die Dämpfereinstellungen an. Sie schluckt auch gröbere Unebenheiten und geht kontrolliert über holprigen Belag. Untersteuern kennt der XE kaum. Das liegt daran, dass das Allradsystem eher hecklastig ausgelegt ist. Bei trockener Straße gehen bis zu 100 Prozent des Antriebsmoments an die Hinterräder. Der reine Hecktriebler macht allerdings noch ein bisschen mehr Freude.

Ausstattung/Preis: Auf einem Niveau mit A&B

Jaguar hat uns den XE 20d AWD in der Ausstattung R-Sport auf den Hof gestellt. Damit steigt der Basispreis von 41.900 Euro auf 45.800 Euro. Im Vergleich zu den niedrigeren Ausstattungsvarianten bekommt man allerdings nicht viel dafür. Die Extras sind vor allem optischer Natur, das Sportfahrwerk und Sportsitze sind serienmäßig. Die Grundausstattung ist klassenüblich überschaubar. Tempomat, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Keyless-Go oder Audiosystem mit Bluetooth sind immerhin inklusive.

Der BMW 320d xdrive (190 PS) liegt in der Basis bei 40.050 Euro, als Sportline mit einigen optischen Extras, 17-Zoll-Felgen und Sportsitzen bei 43.400 Euro. Für die Achtgang-Automatik werden 2.150 Euro fällig. Bei Audi zahlt man für den A4 2.0 TDI Quattro (190 PS) mit Siebengang-S-tronic mindestens 43.200 Euro. Die Linie „Sport“ kostet 44.500 Euro und bringt Sportsitze sowie 17-Zoll-Felgen mit. Die vergleichbare Mercedes C-Klasse (220d 4Matic) startet bei knapp 43.800 Euro, eine sportlichere Optik, Sportsitze, 18-Zöller oder Sportfahrwerk bekommt man bei der AMG Line für insgesamt gut 4.100 Euro (Interieur und Exterieur). Alles wie immer also: Audi, BMW und Jaguar liegen etwa auf einem Preisniveau, Mercedes ist etwas teurer.

Technische Daten Jaguar XE 20d AWD

  • Antrieb: 2,0-l-Vierzylinder-Diesel mit Turbo
  • Leistung: 180 PS (132 kW) bei 4.000 U/min
  • Drehmoment: 430 Nm bei 1.750-2.500 U/min
  • Getriebe: Achtgang-Automatik, Allradantrieb
  • 0-100 km/h: 7,9 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h
  • Verbrauch: 4,7 l/100 km (NEFZ)
  • CO2: 123 g/km
  • Testverbrauch: 6,5 l/100 km
  • Länge: 4,672 m
  • Breite: 1,967 m (mit eingeklappten Außenspiegeln)
  • Höhe: 1,425 m
  • Radstand: 2,835 m
  • Leergewicht: 1.685 kg
  • Kofferraum: 455 l
  • Basispreis Jaguar XE 20d AWD: ab 41.900 Euro
  • Preis des Testwagens: 61.024 Euro

Der schwarze Kühlergrill gehört bei der R-Sport-Ausstattung des Jaguar XE zum Serienumfang, wie auch dessen Einfassung in mattem Chrom
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Lange Schnauze, knackiges Heck und straffe Linien gehören bei Jaguar inzwischen zu den typischen Designmerkmalen, so auch beim XE
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Das Heck des Jaguar XE könnte etwas eigenständiger sein, die "echten" Auspuffendrohre statt Chromblenden freuen uns
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Im Kofferraum des Jaguar XE stört eine leichte Welle auf Höhe der Hinterachse ein wenig die Beladungsmöglichkeit
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Die 18-Zöller im Fünf-Speichen-Design sind bei der R-Sport-Ausstattung serienmäßig, die Basis trägt 17-Zoll-Räder
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Jaguar Land Rover hat den 2,0-Liter-Diesel der Ingenium-Serie selbst entwickelt, er gibt sich beim Anfahren etwas rau
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Allradantrieb bietet Jaguar seit dem Frühjahr 2016 im XE 20d an und kombiniert ihn stets mit der Achtgang-Automatik
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Die scharfe Abrisskante des XE reckt sich keck über dem Jaguar-Emblem
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Die Sportsitze in zweifarbigem Taurus-Leder für 1.122 Euro fanden wir optisch nicht optimal, man sitzt aber gut drauf
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Das Platzangebot auf der Rückbank entspricht etwa dem Klassenstandard
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Das Lenkrad im Jaguar XE liegt prima in der Hand, die Gewichtung ist den Ingenieuren gut gelungen
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Beim Design hat Jaguar im Innenraum des XE einen moderneren, aber auch konventionelleren Ansatz verfolgt als beim XF
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Die vielen Knöpfe am Lenkrad des XE bekommt man relativ schnell in den Griff, wirklich übersichtlich sind sie aber nicht
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Der große Bildschirm liegt in guter Reichweite, nicht alle Infotainmentfunktionen erschließen sich allerdings auf Anhieb
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Der Drehknopf für die Achtgang-Automatik fährt automatisch aus der Mittelkonsole, wenn man den Motor startet. Das kennen wir vom größeren XF
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