Test: Mercedes E350 mit 9-Gang-Automatik
Neun Gänge für ein bisschen Gelassenheit
Bislang gibt es nur zwei Hersteller von Neungang-Automatikgetrieben: ZF und Mercedes. Doch ergeben so viele Gänge überhaupt Sinn? Wir sind der Frage auf den Grund gegangen, im E350.
UPDATE (am 25.8.2014 um 11:45 Uhr) nach einem Hinweis auf einen Fehler von kautsky2
Berlin - Ein Motor wie ein Schiffsdiesel. Halbe Kraft voraus. Und dann mit 160 Sachen über die Autobahn stampfen. Der Drehzahlmesser bleibt unter 2.000 Touren. Was sonst nur dicke Ami-V8-Motoren können, kann auch der Mercedes E350 Bluetec. Für die niedrigen Drehzahlen bei Autobahntempo sorgt ein neues Automatik-Getriebe mit neun Gängen. Mercedes verspricht mehr Komfort, mehr Ruhe und weniger Verbrauch.
Neben Zulieferer ZF ist Mercedes der einzige Hersteller, der derzeit ein Neungang-Getriebe baut. Doch während das quereingebaute ZF 9HP für frontgetriebene und Allrad-Fahrzeuge wie dem Evoque konzipiert wurde und beim Land Rover nur maximal 250 PS (im Chrysler sind es 300 PS) und 480 Newtonmetern Drehmoment verkraftet, wurde die Mercedes-Automatik in Längsrichtung für Hinter- und Allradantrieb entwickelt. Außerdem hält sie bis zu 1.000 Newtonmetern aus – das ist kurz vor Asphaltfräse. Dabei wiegen das Wandlergehäuse aus Aluminium und das Getriebegehäuse aus Magnesium zusammen 95 Kilogramm – ein Kilo weniger als die Komponenten in der Siebengang-Automatik. Das Getriebe von ZF wiegt jedoch nochmals zehn Kilogramm weniger.
Neun Gänge - Was soll das?
Vor allem sparen. Der EU-Verbrauch des 3,0-Liter-V6-Diesels liegt bei 5,5 Liter. Doch selbst bei sehr zügiger Fahrt fließen kaum mehr als sechs Liter durch die Einspritzdüsen. Bei unserer rund 3.000 Kilometer langen Testfahrt waren es im Schnitt 5,9 Liter. Ein ordentlicher Wert für 252 PS.
Der Verbrauch sinkt vor allem mit dem Drehzahlniveau, genau wie die Geräuschkulisse. Bei 160 km/h sind fast nur Windgeräusche an der Karosserie zu hören. Erstaunlich ist, wie sich Fahrer und Beifahrer der Gelassenheit des Motors anschließen – bei 2.000 Touren fühlt man sich hinterm Lenkrad total entspannt.
Wie funktioniert die Neungang-Automatik?
Einfach zwei Gänge auf die bisherige Siebengang-Automatik zu packen, funktioniert natürlich nicht. Um das Ruckeln des alten Schaltautomaten zu mindern, sitzen statt Zweimassenschwungrad nun Doppelturbinentorsionsdämpfer und ein Fliehkraftpendel im Gehäuse. Letzteres sorgt für mehr Ruhe bei niedrigen Drehzahlen.
Für mehr Komfort sorgt der hydrodynamische Wandler, als Anfahrelement mit einem Wirkungsgrad von 92 Prozent. Allerdings gilt das nur, wenn das Getriebe schon warm ist. Andernfalls spürt man auf den ersten Kilometern leichte Schaltstöße.
Für die eigentliche Gangwahl liegen im Getriebe vier einfache Planetenradsätze hintereinander und sechs als Lammellenkupplungen oder –bremsen geführte Schaltelemente. Eine weite Spreizung erlaubt eine Kriechgeschwindigkeit von 9,15 km/h bei 1.000 Touren und eine theoretische Höchstgeschwindigkeit von 373 km/h bei 4.200 Umdrehungen. Ein motorunabhängiger Öldruckaufbau erlaubt das sogenannte Segeln und die Start-Stopp-Funktion.
Die Elektronik sortiert die Gänge
Die Elektronik sortiert aus Milliarden von Kombinationsmöglichkeiten von Planetenradsätzen, Übersetzung und Schaltelementen den passenden Gang, immer mit feinen Übersetzungen und minimalen Drehzahlsprüngen. Sind alle Öle auf Betriebstemperatur, merkt man den Gangwechsel nur mit Blick auf den Drehzahlmesser. Die Nadel zuckt kurz, das war`s.
Zwar verzichtet Mercedes auf einen manuellen Modus. Doch mit den Schaltwippen hinterm Lenkrad lassen sich die Gänge auch von Hand wechseln. Nach einiger Zeit springt das Getriebe automatisch wieder in den D-Betrieb. Für spontane Spurts benötigt der Benz einen Moment. Zwar wechselt er schnell vom neunten in den siebten Gang – doch der ist recht lang übersetzt und träge. Die Achtgang-Automatik von ZF im BMW reagiert schneller.
Das führt dazu, dass der E350 Diesel bei 130 km/h mit 1.500 Touren über die Autobahn rollt, bei 200 Sachen liegen nur 2.200 Umdrehungen an. Im Vergleich zur 7G-Tronic senkt sich die Drehzahl je nach Geschwindigkeit zwischen 300 und 400 Umdrehungen. Vor allem die letzten beiden Gänge sind lang übersetzt. So oder so wird es nicht bei neun Gängen bleiben. VW plant bereits ein Zehngang-Doppelkupplungsgetriebe.
Technische Daten: Mercedes E-Klasse 350 Bluetec
- Motor: 3,0-Liter-V6-Turbodiesel
- Leistung: 252 PS (185 kW)
- max. Drehmoment: 620 Nm bei 1.600 – 2.400/min
- Getriebe: Neungang-Automatik
- Beschleunigung 0-100 km/h: 6,6 s
- Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
- Länge x Breite x Höhe in m: 4,87 x 2,0 x 1,47
- Gewicht: 1.885 kg
- Verbrauch: 5,5 l/100 km
- Testverbrauch: 5,9 l/100 km
- CO2-Emissionen: 142 g/km
- Kofferraum: 490 Liter
- Preis: ab 54.948 Euro
Seit wann besitzen Wandler-Automaten ein Zweimassenschwungrad? Macht doch keinen Sinn, außer mehr Kosten? 😕
Ich möchte das haben.
In fünf bis sechs Jahren kommt die 20-Gang Wandlerautomatik. Und der 150ltr. Tank. Weil dann verbraucht der V6 fast gar nichts mehr, und u.U. wird bei Bummelfahrt mit AB Limit 100 sogar Treibstoff rückgewonnen. Aber nur, wenn der neue V2 mit 4-fach Aufladung (und Zylinderabschaltung für den Singlemodus) irgendwo versteckt im Motorraum verbaut wurde😆.
Der neue 5er BMW bekommt doch auch eine 9 gang automatik. Wahrscheinlich vor irgendeiner 10 gang träumerei von VW. Bild zeitung niveau. Nächste woche kommt die Autobild mit bildern vom VW Passat für 2030.
Immer wieder erstaunlich was technisch so machbar ist heutzutage. 😱😎
Technisch bestimmt Super, aber was wenn es mal Kaputt ist? Da höre ich nichts von was so ein Getriebe kostet bei Reparatur oder komplett Wechsel. Das es kaum schwerer ist als eine 7 Gang Automatik ist ja nett, aber was wenn die immer komplizierteren Automatik den Geist auf gibt, wie beim DSG von VW? Mal eben 5000Euro für ein Getriebewechsel bei ein Restwert des Fahrzeuges von nicht mal 10.000Euro wie bei VW macht nicht jeder mit.
richtig und zusätzlich teuer wird es, wenn es anfängt zu klappern.
Man lässt nichts unversucht, um den Verbraucher zu neppen..
Egal, der freut sich, wieder was neues zu haben..
Ich finde es erstaunlich das wieder sofort die alless schlechrede Fraktion zur Stelle ist.
Rs gibt keine Erfahrungsdaten zum Getriebe aber nach der Diskussion hält das nur 50tkm... habt ihr Langeweile ?
Ich finde es sehr gut, und nix lässt entspannter gleiten als wenig Drehzahl bei hoher Geschwindigkeit, kenne das selbst bei meinem (auch im Text erwähnten) Ami V8, allerdings ist es noch ein ZF 6Gang Wandler mit 6. Gang als Overdrive, reicht immerhin für 2000rpm bei 120km/h
Geiles Getriebe, Hut ab MB, vorallem das es bis zu 1000NM aushalten soll ist was feines 😆
Bin aber auch auf das 10 Gang DSG von VW gespannt 😊
So ganz falsch ist es ja nicht. Es gibt Erfahrungswerte von anderen Neuerungen, die sich ziemlich schnell als teures experiment herausstellten.
Dabei kommt es komischerweise nicht auf die Zahl der Gänge an, sondern nur auf die Übersetzung des letzten Gangs. Und natürlich darauf, daß der Motor bei den Drehzahlen noch ausreichend Leistung zur Überwindung der Fahrwiderstände liefert.
Dass es zur 2- Stufen- Powerglide eine Weiterentwicklung geben mußte war ja noch nachvollziehbar...
Aber moderne Motore haben doch angeblich ein so schönes breites nutzbares und effizientes Drehzahlband, dass man ja bei geschickter Wahl der Spreizung im Getriebe mit 6 Gängen locker auskommen müßte...
Haben moderne (Diesel-) Motore doch ein Problem diese Versprechungen zu halten???
Nun, das heutige Autos nicht zum reparieren gebaut werden, hat sich ja herumgesprochen, denke ich 😉
@meehster:Mit dem Argument kann man jetzt also alles neue schlechtreden ? Sry aber erstmal warten wie es sich bewährt, ich finde das Getriebe erstmal gut !
Klar kommts auf die Übersetzung des letzten Gangs an beim AB gleiten ,aber durch mehr Gänge kann ein intelligenter Wandler das Auto stehts bei jeder Geschwindigkeit noch besser im sparsamen Drehzahlberecih halten ,was bei immer mehr Downsizing sowieso schwerer wird..
Ich habe einen Wagen mit Mercedes 7-Gang Automatik und einen mit ZF 8-Gang Automatik. Zwischen diesen beiden Getrieben liegen Welten. Das 8-Gang schaltet komplett ruckfrei, man bekommt die Gangwechsel gar nicht mit. Die Drehzahl ist immer schön niedrig und der Diesel surft kraftvoll und leise auf der Drehmomentwelle.
Ich freue mich auf die 9-Gang, die laut ersten Tests fast so gut wie die 8-Gang ist. Die grossen Verbrauchssprünge sind natürlich vorbei, aber 4-5% Verbrauchsersparnis sind halt immer noch drin, auch in der Praxis.