Stadtpark-Rennen Hamburg: Teil II
Nichts für schwache Nerven
Oldtimer Grand Prix in Hamburg. 25 000 Zuschauer sahen am Wochenende historische Autos und Motorräder im Einsatz. MT-Reporter Norbert Bogdon nahm mit seinem Lloyd LP 600 teil und berichtet über Rennrausch, Liebesabenteuer der Zuschauer und echte Teufelskerle.
Von Norbert Bogdon
Alles vergessen – jetzt geht es los
Jetzt will ich in der Klasse der Autos von 1919 bis 1959, zwischen all den Austin Healeys, Käfern, Corvettes, Morgans und Triumphs nur Spaß haben. Und wie ich den habe. Zum dritten Mal starte ich hier, zum ersten Mal ohne Beifahrer. Erstaunlich, wie extrem sich 70 Kilo weniger bei 19 PS auswirken. Der Lloyd läuft mindestens so schnell wie ein Lloyd mit 70 Kilo weniger an Bord. Ich komme mir vor wie in einem Kart, so direkt geht alles.
Dass die Vibrationen des Kleinwagens mir fast die Brille vom Kopf reißen und die Abwärme des Motors in Kombination mit den Kunstledersitzen mich schwitzen lassen wie einen Sumo-Ringer in der Sauna, stört gar nicht. Denn ich bin im Rennrausch.
Rausch der Geschwindigkeit
Doch weil das zu sehr nach Eigenlob klingt, veröffentliche ich lieber den Inhalt einer Mail, die mir Rennfahrerlegende Hans-Joachim Stuck im Vorfeld zur Aufmunterung schickte: „Wer mit einem 19-PS-Boliden wie dem Lloyd LP 600 am Hamburger Stadtparkrennen teilnimmt, muss schon ein echter Teufelskerl sein. Respekt, so ein Geschoss will beherrscht sein.“ Wie Recht der Mann hat, ein prima Kerl, der Strietzel.
Probesitzen im Traumauto
Aber das Renn-Revival bedeutet ja nicht nur Tempo und Speed. Sondern vor allem auch schnacken. Etwa mit Peter, der seinen fast 80 Jahre alten dreirädrigen Morgan genauso tollkühn um den Kurs treibt wie ich meinen Lloyd. Jeder lobt den anderen für seine phänomenalen Heldentaten, und wir versprechen uns per Handschlag, dass wir bei jeder Startaufstellung mit unseren Autos die Nähe des anderen suchen. Schließlich machen gemeinsame Duelle noch mehr Freude.
Für meine geniale Spontan-Idee, doch für den nächsten Lauf die Autos zu tauschen, kann er sich allerdings nicht erwärmen. Der Typ ist scheinbar ein komischer Kerl. Ich an seiner Stelle hätte das sofort gemacht.
Der Lloyd als Liebesmobil
Vor allem redet man aber mit den Zuschauern, die massenweise im Fahrerlager schauen und staunen. Da kann man fürs Leben lernen: Ein älterer Herr erzählt mir, dass er in jungen Jahren einen Lloyd fuhr. Vor einer Ausfahrt mit dem Mädchen seines Herzen entfernte er listig die Verstellschrauben des Liegesitzes. Bei einem Halt genügte ein Handgriff, der ganze Sitz kippte mit der Dame in die Liegeposition - und schwupps, kam es zum Austausch erster heißer Küsse und noch mehr. 51 Jahre glückliche Ehe sind die Folge. Und noch ist kein Ende in Sicht.
Schöne Aussichten
Wie nannte ich mich oben wegen meiner Teilnahme beim Stadtpark-Revival? Idiot? Schwachkopf? Blödmann? Was für ein hanebüchener Unsinn! Ein famoser Kopf bin ich, dass ich daran teilnehme. Und natürlich bin ich nächstes Jahr auch wieder dabei. Aber so was von!
Quelle: MOTOR-TALK
Sehr sehr genial geschrieben 😊
Hatte den Vorbericht gelesen und schon oft über Stadtparkrennen.
Und das der kleine Loyd Eindruck auf den Strietzel Stuck gemacht hat ist schon famos 😆.
Wenn das HotRod Rennen in Finsterwalde nächstes Jahr nicht auf den selben Termin fällt guck ich mir das auch mal an...
Vielleicht kann ich ja mit meinem 924er Baujahr '82 auch mit starten 😆 😆 😆.
Hallo Norbert,
es war genau so, wie Du es beschrieben hast. Unterm Strich Spaß pur.
Schöne Grüße vom Beifahrer des gelben Karmann.
Das Hamburger Stadtparkrennen und seine Fahrerlager muss man mindestens einmal in seinem Leben gesehen haben.