Umbaumaßnahmen „entschärfen“ die Nürburgring-Nordschleife
Nordschleife: Der Flugplatz wird zur Landebahn
Im Winter wird an der Nordschleife traditionell gebaut. Doch in diesem Jahr fallen die Arbeiten größer aus. Der berüchtigte Streckenabschnitt „Flugplatz“ wird entschärft.
Nürburgring/Berlin – Wilhelm Hahne ist berüchtigt an der Nordschleife. Seitdem es am Ring nicht mehr rund läuft, schreibt der Motorjournalist unbequeme Artikel darüber. Über die verqueren Zustände an der Nordschleife, über Fehlinvestitionen und Eigentumsverhältnisse. Sein neuestes Stück dreht sich um einen Streckenabschnitt, der bei Rennfahrern gefürchtet ist: Den sogenannten Flugplatz – den Ort, an dem am 28. März 2015 ein Zuschauer von einem Nissan GT-R Nismo GT3, einem Rennwagen der GT3-Klasse erfasst und getötet wurde.
Wie war das passiert? Beim ersten VLN-Lauf der Saison 2015 hebt der GT3-Nissan mit Jann Mardenborough ab, als er die Kuppe am Flugplatz überfährt. Das 530-PS-Auto springt nicht nur über den Flugplatz, es fliegt einige Meter durch die Luft und kracht dann über einen Reifenstapel und den Sicherheitszaun in die Zuschauermenge. Ein 49-jähriger Mann stirbt. Der „Deutsche Motor Sport Bund“ (DMSB) verhängte daraufhin in Absprache mit der FIA und einer kurzfristig ins Leben gerufenen Fachkommission ein Tempolimit auf bestimmten Streckenabschnitten. Es war die einzige Möglichkeit, das 24-Stunden-Rennen wie geplant unter Teilnahme der GT3-Renner stattfinden zu lassen.Die Maßnahme wurde von Ringfans und -kennern heiß diskutiert. Der DMSB setzte außerdem eine Expertenkommission ein, um langfristige Lösungen für die Strecke zu erarbeiten. „Dazu könnten umfassende Reglementänderungen ebenso gehören wie eventuelle Baumaßnahmen“, sagte Hans-Joachim Stuck damals. Seit Donnerstag, dem 3. Dezember 2015, werden solche Baumaßnahmen umgesetzt.
„Charakteristik der Nordschleife zu hundert Prozent erhalten“
Wie die „capricorn NÜRBURGRING GmbH“, der derzeitige Betreiber des Nürburgrings, am 8. Dezember in einer Pressemitteilung schreibt, „geben die Baumaschinen auf der Nordschleife Vollgas“. Sie setzen sieben Sicherheitsmaßnahmen um, die der Betreiber gemeinsam mit den FIA-Verantwortlichen erarbeitet hat.
Diese sind notwendig, damit die Nordschleife eine neue Streckenlizenz vom Automobil-Weltverband FIA bekommt. Ohne diese Lizenz können 2016 keine vom Weltverband veranstaltete Rennserien auf der Traditionsstrecke ausgetragen werden. Daran hängen Einnahmen in Millionenhöhe. Bei sechs der sieben Maßnahmen geht es um die Errichtung und Verbesserung von Schutzzäunen und Zuschauerbereichen – bei einem um die „Erneuerung der Fahrbahn auf 500 Metern zur Beseitigung von Bodenwellen“.
Laut Pressemitteilung werden dafür in den Streckenabschnitten Quiddelbacher Höhe und Flugplatz (zwischen den Streckenposten 77 und 80/81) auf einer Fläche von etwa 4.000 Quadratmetern rund 2.000 Tonnen Material abgetragen. Die Fahrbahndecke werde bis auf 20 Zentimeter abgefräst, auf einem Teilbereich von 500 Metern werde neuer Asphalt aufgebracht. Bei den Arbeiten „bleibt die ureigene Charakteristik der Nordschleife zu hundert Prozent erhalten“, heißt es in der Mitteilung. Eine Meldung, die Wilhelm Hahne nicht ungeprüft lassen konnte.
Die Tieferlegung der Nordschleife
Hahne fuhr am vergangenen Sonntag selbst zum Flugplatz. Und machte viele Fotos. Darauf ist seiner Meinung nach deutlich zu sehen, dass mehr als 20 Zentimeter Boden abgetragen wurden, dass die Nordschleife damit an dieser Stelle deutlich „tiefer gelegt“ wurde und, dass der „Sprunghügel“ am Flugplatz dadurch verschwindet. Statt das Material, das abgetragen wird, zur Unterfütterung des neuen Asphalts zu nutzen, wie es in der Pressemitteilung der „capricorn NÜRBURGRING GmbH“ steht, werde außerdem einiges davon zur Anhebung eines Parkplatzes am Brünnchen genutzt.
Wird der Flugplatz tatsächlich in diesem Maße entschärft – viele Nordschleifen-Kenner, -Fans und Fahrer würden einen Erhalt „des ureigenen Charakters“ wie von Capricorn geschrieben sicher bezweifeln. Zwar trägt der Abschnitt den Namen nicht wegen der Kuppe, sondern weil sich links neben der Strecke in den 30er-Jahren ein Segelflugplatz befand. Doch der Name hat längst eine Bedeutung angenommen, die es ohne die „Sprungkuppe“ nicht gäbe.
Schon in den 60er-Jahren hoben hier die Formel-1-Fahrzeuge ab, heute schaffen das auch PS-starke Serienautos wie ein Porsche Panamera. Der Unterschied zum GT3-Renner von Jann Mardenborough: Diese Autos haben keine derart fortgeschrittene Aerodynamik (z. B. einen verkleideten Unterboden), dass sie eine Rolle rückwärts machen, sobald sie am Flugplatz ein Windstoß erwischt.
DMSB-Präsident Stuck erklärt die Maßnahmen
Der Umbau des Flugplatzes ist die Folge eines Problems, das am Ring schon lange bekannt ist und das bereits die Formel 1, die Sportwagen-Prototypen und die DTM von der Nordschleife drängte: Die Autos sind zu schnell für die Strecke. Das ist mittlerweile fast jedem klar. Doch ändert man deshalb die Autos oder die Strecke?
Für DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck ist die Antwort klar: „Wer die Sprungkuppe am Flugplatz in dieser Form behalten will, der hat den Zug der Zeit verpasst“. Er erklärt MOTOR-TALK exklusiv, was am Ring gemacht wird: „Es gibt vor der eigentlichen Kuppe am Flugplatz zwei Bodenwellen, die dafür verantwortlich sind, dass die GT3-Autos ausgehebelt werden können. Nur die werden entfernt – und das ist auch gut so. Die Kuppe selbst, und damit der Charakter der Nordschleife, bleibt erhalten“.
Journalist Hahne und manche Ringfans könnten das anders sehen. Seit Jahren schwelt an der Nürburg ein Konflikt zwischen den Befürwortern des Breiten-Motorsports (der hier Tradition hat) und den Organisatoren der großen Events.
Das Problem sind die stetig steigenden Kosten. Teure Rennautos und neue Lizenzen - das können sich kaum noch kleine Schrauber-Teams leisten. Dazu kommt (jetzt einmal mehr) der Eindruck, dass stattdessen gerade für die großen von Audi, BMW und Mercedes unterstützten Teams alles gemacht wird. Immerhin organisieren sie Geld, Publicity und Publikum für die Megaevents am Ring. Beim 24-Stunden-Rennen 2014 startete Stratosphären-Springer Felix Baumgartner medienwirksam im Audi R8 neben rund 60 anderen GT3-Rennern. Die restlichen rund 110 Autos hatten in der Vergangenheit keine bekannten Probleme mit dem sogenannten „Liftup“ am Flugplatz.Dann eben Rallyecross
Die Nordschleife ist für deutsche Motorsportfans ein Heiligtum – und an Heiligtümern bastelt man nicht herum. Auch nicht an einer kleinen Kuppe. An einer Stelle, an der ein Fahrer wissen und entscheiden muss, was er tut, ob er lupft, oder voll in die nächste rechts gehen kann. Der Flugplatz ist eine Schlüsselstelle auf der Nordschleife – hier kann man Könner von Künstlern unterscheiden.
Andererseits: Imola, Hockenheim, Silverstone, Spa-Francorchamps und auch die Nordschleife - alle wurden bereits umgebaut und entschärft. Hans-Joachim Stuck ist überzeugt, dass die Maßnahmen am Flugplatz die einzige Lösung für die Zukunft der Nordschleife ohne Tempolimits sind. „Wenn Bodenwellen am Flugplatz für jemanden dazu gehören und er unbedingt mit einem Rennauto fliegen will, dann ist er am Ring falsch. Dann muss er zum Rallyecross gehen“, sagte der Sieger des allerersten 24-Stunden-Rennens auf dem Ring.
Man hat es dort nurnoch mit geballter Inkompetenz zu tun.
Ich muss dich leider korrigieren, Philip.
Die Sprungkuppe um die es geht, das ist die "Quiddelbacher Höhe", die nach dem Ort Quiddelbach benannt wurde, welche in der Nähe des Streckenabschnitts liegt.
Der Abschnitt "Flugplatz" kommt dahinter, und ist tatsächlich nach dem alten Segelflugplatz benannt.
Dummheit hat einen Namen: Hans Joachim Stuck
So weit ist die junge Generation also schon gekommen:
Anstatt die eigene Leistung zu verbessern, werden einfach die Ansprüche heruntergeschraubt. 🙁
Das verbitte ich mir. Die "junge" Generation trägt den Namen Hans-Joachim Stuck.
Wenn es nach mir ginge bliebe die Strecke so erhalten wie sie war. Dass Schlaglöcher und Unebenheiten ausgebessert werden und wurden, das ist keine Frage. Das muss sein. Aber an der Stelle geht es an die Charakteristik. Und alles wird wieder klammheimlich gemacht. Denn man weiß nur zu gut was los wäre, wenn man das öffentlich machen würde.
Also doch... das sind einfach nur Deppen 😤.
Edit:
Ich gehöre zur Jungen Generation und hätte er den Anspruch hochgeschraubt 😜
Und wieder geht ein Klassiker den Bach runter.Einfach nur Traurig!🙁
Gute Beispiele für zerstörte Strecken, danke.
Über Hockenheim brauchen wir nicht diskutieren.
Die Bus Stop in Spa hat man auch zerstört.
Und die Nordschleife wird man mit diesen Umbaumaßnahmen auch demontieren.
Das werden nicht die letzen sein.
Gruß Thomas
Klassiker, wie in der Politik. Vergleich TTIP und Olympia. Möglichst undurchsichtig und den dummen Bürger von oben herab mit gar keinen / lückenhaften / erlogenen Informationen füttern. Und wenn man dann auf Protest stößt, werden die Gegner der erwünschten Meinung halt als dumm und lächerlich dargestellt. Das Schönste dazu war ein auf Spiegel Online veröffentlichter Kommentar, dessen Kernaussage war, die TTIP-Gegendemonstration bestand nur aus Rechten, die auch bei Neonazi-Demos mitgelaufen wären und prinzipiell gegen alles wären, um dem Staat zu schaden. Kleiner Exkurs in die Politik, gehört nicht hier her - bei dieser Aussage Stucks kann man nicht anders, als exakt dieses Schema wiederzuerkennen.
Einfach nur lächerlich. Und wenn man Autos schnell fahren sehen will, fährt man besser zur Formel 1 irgendwo anders hin. Wofür ist man nochmal am Ring? Ja... Da fuhren aktuell irgendwelche vollverkleideten Autos, mit einer Aerodynamik die auf der NOS nicht überall funktionierte, unter einem Tempolimit im Kreis. Quasi wie auf dem Berliner Ring, auch wenn dort bei den Bodenwellen mehr Autos das Fliegen lernen könnten 😆
Die GT3-Kisten zu verbieten wäre einfacher gewesen 😉
Ich finde die ja grundsätzlich nicht schlecht, aber bitte in einer eigenen Rennserie, meinetwegen auf dem GP-Kurs. Bei VLN und 24-Stunden-Rennen haben die nichts verloren und bisher nur Ärger und Missstimmung gebracht.
Sehe ich auch so. Dummerweise haben die Hersteller beim DMSB zu viel Gewicht.
Wenn die so weiter machen bleiben irgendwann die Zuschauer ganz weg und sie sitzen dann auf noch mehr Schulden.Die dann wohlmöglich wieder der Michel bezahlen darf.
GT3 verbieten-----wäre gleich der Todesstoß,weil deswegen die meisten Fans kommen.
Finde die Baumaßnahmen auch nicht toll,aber welche Alternativen gibt es????
Wenn damit das Tempolimit aufgehoben werden kann,finde ich es in ordnung.
Sonst wäre die Strecke gesperrt worden von FIA.
Das wollt ihr doch auch nicht oder?
Gruß
@Drahke, Du nervst so langsam !
Es gibt hier wirklich kaum noch Foren, Themen oder Angelegenheiten wo Du nicht Deinen ( z.T. unqualifizierten) Senf dazu geben musst...einfach schrecklich. Permanent solche Sätze von Dir...ist Dir das nicht bald mal peinlich...?!
Und dann immer mit dieser z.T. " oberlehrerhaften Art"...wer bist Du denn bitte schön...?
Es gibt da einen passenden Spruch zu. Wenn man keine Ahnung hat einfach mal die F....e halten.
In diesem Sinne
Find das immer toll wenn Leute schreiben das die Strecke zerstört wird. 99% von den Leuten sind mal ein paar Runden gefahren aber noch nie in einem Rennauto bzw gt3.
Soll die Strecke durch die fia dicht gemacht werden nur damit der Flugplatz so bleibt? Da pack ich mir echt an den Kopf.
Lieber die paar Bodenwellen weg und nächstes Jahr kann wieder volle Kette gegeben werden.