Motorworld Classics Berlin 2016
Oldie-Messen boomen, auch in Berlin
Westberliner Mief und mitunter astronomische Preise, dazu ein David-Bowie-Mini: Die Messe Motorworld Classics ist nicht die größte Oldtimer-Messe, aber eine charmante.
Von Carl Christian Jancke
Berlin - Mehr Autohistorie geht kaum: In den Messehallen am Berliner Funkturm fanden schon in den zwanziger Jahren Automessen statt. Die Aussteller der Oldtimer-Messe Motorworld Classics bemühen sich fast 100 Jahre später um eine angemessene Atmosphäre: Hostessen tragen klassische, knallrote Kostüme; Herren Schiebermütze.
Das hebt diese Veranstaltung von den Oldtimer-Messen in Bremen, Stuttgart und Essen ab: Während dort gutsituierte ältere Herren in Barbour-Jacke oder Zweireiher den Ton angeben, sind die Macher dieser Veranstaltung meist jünger als fünfzig Jahre. In Berlin setzt man außerdem bewusst auf Lokalkolorit. Und dazu gehört ein kürzlich verstorbener Pop-Titan: Neben einem 2006 komplett neu aufgebauten BMW 2002 tii (die 02-Reihe wird 50 Jahre) steht ein spiegelnder Mini. Den hat anlässlich des 40. Jubiläums 1999 David Bowie gestaltet, der zu Mauerzeiten in Berlin gelebt hatte. Das Auto fährt sogar, und wenn man drinsitzt kann man auch rausschauen. Allerdings ein solches Einzelstück allenfalls mit Glacé-Handschuhen geschoben.Die Laufleistung dürfte der des verdreckten Mexiko-Käfers ein Stück weiter ähneln - Marke "Scheunenfund". Nur 26 Kilometer zeigt der Tacho. Mehr werden es kaum werden. Jeder gefahrene Kilometer würde den Wert des VW um ein paar Hundert Euro senken, weshalb der rund 35.000 Euro teure Wagen wohl vom holländischen Händler direkt in einen Showroom transportiert wird. Schon als wir über die Absperrung klettern wollen, um den Tacho zu fotografieren, setzt es einen Ordnungsruf. Danke, Teleobjektiv.
Als Ford bei der Mille Miglia gewann
Beeindruckend ist das Engagement des PS.Speichers, eines privaten Mobilitätsmuseums aus Einbeck, das im Jahr immerhin 100.000 Besucher zählt. Am Stand ist ein Mille Miglia-Sieger zu bewundern: von Ford. Ja, ab 1957 konnte Köln für den “neuen 15 m de Luxe” mit 1,5 Liter-Vierzylinder Motor, 55 PS und 128 km/h Highspeed mit einem Klassensieg werben.
Eine kleine Sonderschau kaschiert, dass die Zahl von 221 Ausstellern bei der zweiten Motorworld Classics noch steigerungsfähig ist. Sie widmet sich dem Automobilproduktionsstandort Berlin, der bis zum zweiten Weltkrieg sehr lebhaft war. Hier gibt es einen BOB Sport mit einem Siemens(!)-Benzin-Motor, oder einen Hanomag 1,3, der aufgrund seines soliden Blechdachs im Volksmund den Beinamen “Stahlhelm” bekam.
Heute meinen manche, das Auto hätte auch als Dienstwagen für Darth Vader getaugt. Auch der Adler 2,5 mit einer ähnlich stromlinienförmigen Karosserie stammt aus dem Einbecker Fundus. Die Museumsmacher betreiben ihren Auftritt nicht ohne Hintergedanken. Am 23. Oktober startet dort die Ausstellung “ „Menschen, Räder, Schreibmaschinen – Die Adlerwerke”, die wohl auch dem dort üblichen Gedanken folgt, Mobilität zu erklären statt nur Autos auszustellen.Ein Kauf wird teuer
Bei der Motorworld Classics hingegen handelt es sich eigentlich um eine Verkaufsmesse. Und hier ist ein wenig Monotonie zu bedauern. Denn kaufen kann man fast ausschließlich Fabrikate der Marken Mercedes Benz und Porsche. Und das für Preise, die gepfeffert sind.
Bei Mercedes-Benz Classic ist ein sehr schönes 280 SE 3.5 Cabrio zu sehen. Aufgerufen werden deutlich mehr als 400.000 Euro. Daneben steht eine 280 SL Pagode, der eine Werksrestauration durchlaufen hat. Macht 330.000 Euro. Da freut man sich förmlich über einen nicht ganz originalen Maserati Ghibli Spider. Ein wunderschönes Auto, dessen Namen heute eine Diesel-Limousine mit Großserientechnik "missbrauchen" darf.
Nach Produktionsende durch Maserati baute der mit dem Umbau beauftragte Karosseriebetrieb noch 117 Stück um. Davon steht ein gelbes Auto zwischen Heckflossen-Mercedes und Porsche 944, es kostet rund 400.000 Euro. Ein ziemlich niedriger Preis für ein so schönes Auto. Ferrari Daytona kosten gut das doppelte, wie ein entsprechendes Coupé, das Beierlein aus Kassel für mehr als 800.000 Euro anbietet. Ironie der Geschichte: Der Maserati war 1969 mit 73.000 DM rund 5.000 Mark teurer als der Ferrari.Ist der umsonst?
Ärgerlich bleibt eigentlich nur die Unsitte, Autos auf einer Verkaufsmesse teilweise nicht mehr mit Preisen auszuzeichnen. Was soll das? Nicht nur Kenner können sich ausrechnen, dass ein vergilbter Porsche 356 Spyder eher 500.000 Euro als 50.000 kosten wird - wahrscheinlich noch weitaus mehr. Wohlhabende Menschen, die sich entschließen, mit viel Kleingeld ein solches Stück zu erwerben, sind selbstbewusst genug, die Neider zu ertragen. Und für die Allgemeinheit wäre der Preis ein sehr interessanter Fakt.
Ansonsten kann man sich über das Niveau der Motorworld Classics nur freuen, die bis Sonntag um 18.00 ihre Tore geöffnet hat. Danach wird es jedenfalls sinken, das Niveau: nächstes Wochenende zieht hier die Sex- und Pornomesse Venus ein.
Ist ja gut,
aber glaubt bitte nicht alles.
LG
Beierlein? Eberlein!
Wie dem auch sei, diese Kapitalanlagen beruhen zum Teil auf der Angst, dass so eine Wertanlage stabiler ist, als der in Ungnade gefallene Euro. Hier wartet nach dem EZB Desaster jeder auf den Inflationssprung oder auf den Zerfall.
Ist man gleich Stylist, wenn man sich einen verchromten Mini wünscht ??
Dann ist ein Kind auch gleich Designer wenn es sich Spielzeug wünscht und braucht nicht
mehr zur Schule zu gehen.
Unfassbar............
LG
Toll.
Mein Cousin hat noch einen gammeligen T1 in seiner Halle stehen.
Werd ihm raten den Tacho mittels Bohrmaschine auf 32 Kilometer zurück zu stellen und schon kann er den Schrotteimer für 20.000Euro verkaufen.
Klar das mach ich nicht aber wer sagt uns das die das bei dem völlig überteuerten Käfer genau so gemacht haben?
Gibts ne Garantie oder Gewährleistung das der im Laufe seines Lebens nur so wenig Kmh gefahren ist wie es auf der Uhr steht?
Ja nee is klar, Herr Jancke... In Süddeutschland hätte solch eine Oldtimerveranstaltung in Messehallen aus den 20er/30er Jahren bestimmt zeitgenössischen Lokalkolorit, in (West-) Berlin ist es "Mief". 😕 Das schreibt Einer, der bezeichnenderweise aus dem (gebürtigen Berliner) Ferrari-Händler Eberlein einen Beierlein (sic!) macht ...
Zur Messe: Es ist schade, daß nicht die ganze Messe in den hellen, hohen, alten Messehallen stattfinden kann. Erstens passt es besser zur Veranstaltung und zweitens ist die (Energiespar-?) Beleuchtung in den neuen Hallen absolut gruselig und grenzt an Körperverletzung.
Sicherlich ist alles sehr überschaubar, deshalb finde ich auch 15 Euro Eintritt zu hoch, zehn Euro wäre es mir gefühlt eher wert gewesen, immerhin kosten aber die Parkplätze nichts. Sonntags um kurz nach zehn bei Regenwetter noch einen kostenlosen Parkplatz direkt vorm Eingang zu bekommen erhöht den Spaß an einer Messe erheblich! 😉
Insgesamt hat mir die Messe gut gefallen, nicht herausragend, aber gut und ich freue mich darüber, daß es sie in Berlin gibt.
Ich bin nächstes Jahr wieder da und bin gespannt auf die weitere Entwicklung dieser Messe!
Alles im Allem deckt sich das alles mit meinen Eindrücken. Charmant, miefig (find ich gut), Porsche und Mercedes lastig, zu viele "auf Anfrage" Preisschilder. 28€ für die Familienkarte finde ich etwas zu viel dafür das es eine Verkaufsmesse ist, aber man kann da auch Stunden verbringen wenn man will. Die privaten Fahrzeuge zum Verkauf im Wintergarten fand ich nett und die hatten vor allem meinst realistische Preisschilder. Und endlich wieder eine "Automesse" in Berlin. Mein persönlicher Favorit ist der Evo gewesen, aber der Preis 😕 :
Das Preisniveau dieser "Branche", selbst bei "normalen" Oldies, hat mir das Hobby Oldtimer gründlich vermiest. Es kann eigentlich nur damit gerechnet werden, dass diese Spekulationspreise ohne jeden Bezug zur irgendeinem physikalischen Gegenwert mittelfristig zusammenbrechen wie all die anderen Spekulationsblasen bisher auch.
Bis das so weit ist, fahre ich nach 4 Jahren mit einem 60 Jahre alten Neuwagen (Defender) einen anderen, etwas aktuelleren alten Neuwagen (Wrangler).
Mein Vater war dort,
paar nette Bilder hat er mir geschickt.
In Berlin kann man ja eh viele sehen, meist haben die größeren Showrooms der Händler was. Oder auf den Straßen 😊
Für Autofans gibt es in Berlin eigentlich immer was zu sehen und seien es die Blaulichteskorten 😎
Die Messe hatte viel zu bieten, einen ganzen Tag konnte man dort verbringen. Selbst ein Außenbereich mit erschwinglicheren Autos war vorhanden. Leider waren auch dort Preisschilder Mangelware.
Die Fahrzeugauswahl war natürlich selektiv. Viele Klassiker waren völlig unterrepräsentiert. Kein einziger Lotus war zu sehen, kein TR6. Dafür waren Legionen von Mercedes SL W198 zu sehen. Und Porsche 911.
Die Preise, wenn sie mal am Fahrzeug standen, waren in den Hallen zumeist völlig utopisch. Oftmals das doppelte eines echten Kaufpreises. Ich weiß gar nicht warum. Ob man nur den in Wirklichkeit schon schwächelnden Boom weitertreiben möchte? Ich meine, wer gibt denn ernsthaft sechsstellige Summen für einen routiniert restaurierten 911T von 1970 aus? Das ist das Auto einfach nicht wert.
Aber es gab interessante Alternativen zu sehn, wie einen Frame-Off restaurierten 108 Cabriolet, der ein Neuaufbau mit originalen Verstärkungen und auch sonstigen Teilen von einem Coupe war. Wenn man nur einen wunderschönen Oldie als daily driver für die Sommer des Lebens sucht und nicht zum Geld verdienen, kann man sich auch so ein Auto durchaus überlegen. Gut waren auch die Stände von verschiedenen Markenclubs, die echten Enthusiasten die Möglichkeit gaben, mit der Szene Kontakt zu knüpfen.