Škoda Rapid – 1934 und 2012
Prager Frühling im Essener Herbst
Essen - Vor 78 Jahren hat Škoda den ersten Rapid verkauft. Am 20. Oktober startet der Neue. MOTOR-TALK-Redakteur Constantin Bergander ist beide gefahren.
Škoda Rapid 421: Froschgrüne Zeitmaschine
Der grün-schwarze Škoda Rapid ist 50 Jahre älter als ich, er zählt 78 Lenze. Ehrfürchtig streiche ich über seine handgedengelten Formen, seinen blechbezogenen Holzrahmen. Schmale Weißwandreifen sollen ihn auf der Straße halten, der Achssturz macht das augenscheinlich unmöglich. Bremskraftverstärker? Zukunftsmusik, 1934 verzögerte man via Seilzug.
Heinz Heindorf hat diesen Škoda Rapid selbst restauriert. Voll Stolz erzählt er von seinem Schmuckstück: „Der hat sogar ein teilsynchronisiertes Getriebe.“ 1934 war das sehr modern. Trotzdem verkaufte er sich schleppend, nur 480 Rapid 421 fanden einen Abnehmer. Ein Grund mehr, Herrn Heindorf das dünne Volant zu überlassen. Vorerst, versteht sich.
Mit dem Tschechen durch den Pott
Innen geht es sehr eng zu. Macht nichts, Herr Heindorf und ich verstehen uns blendend. Während wir durch Essen cruisen, gibt er mir gleich den wichtigsten Rat: Abstand halten, die Seilzugbremse verzögert kaum. „Darum will ich mit dem Auto auch keine 90 km/h fahren“, ergänzt er. Ich auch nicht. Aber selber steuern.
Herr Heindorf gibt sein O.K., ich nehme vorne rechts Platz – in der Tschechoslowakei fuhr man bis 1939 links. Und ich merke schnell: Dieses Auto wurde nicht für mich gebaut. Dank Schuhgröße 47,5 trete meistens auf mindestens zwei Pedale, mit eingelegtem dritten Gang passt mein Bein nicht mehr zwischen Schalthebel und Lenkrad. Ich genieße jede Sekunde.
Der neue Škoda Rapid: Zurück in die Zukunft
Trotz konsequenter Unterschreitung aller Tempolimits ist die Spritztour viel zu schnell vorbei. Ich steige um in den neuen Škoda Rapid. Mit dem Urahn hat er nur noch Namen und Hubraum gemeinsam: Statt des Fallstromvergasers bereiten Benzineinspritzung und Turbolader das Gemisch.
Der Motor sitzt quer und treibt mittels Sechsganggetriebe die Vorderräder an. Und, ganz wichtig: Škoda hat bei der Entwicklung an große Menschen gedacht. Sogar meine Füße haben genug Platz. Ein aktueller Octavia bietet ähnlich viel Raum, kostet aber mindestens 1.700 Euro mehr.
Mein Rapid schwimmt als eins von vielen Alltagsautos im Verkehr, absolviert die gleiche Strecke mit der vierfachen Leistung in der Hälfte der Zeit. Vor Steigungen schalte ich nicht runter, der Turbomotor liefert genug Drehmoment. Den alten Rapid konnte ich nur mit Mühe in der Spur halten, der neue fährt dank bewährter Technik aus Polo und Golf sicher um jede Kurve.
Das Ziel ist das Ziel
Ich komme entspannt an. Mein linkes Bein ist nicht verdreht, mein Rücken schmerzfrei. Dafür strahle ich nicht mehr wie vor einer halben Stunde. Der neue Škoda Rapid ist kein spektakuläres Auto, dafür ein Held der Arbeit: Er lenkt präzise, federt angenehm und fährt sparsam. Und genau das ist sein Aufgabengebiet. Die Fahrt im ersten Rapid war ein einmaliges Erlebnis, für den Alltag bevorzuge ich aber den neuen.
Der neue Rapid:
- Modell: Škoda Rapid 1.2 TSI
- Motor: 1,2 Liter Vierzylinder-Turbobenziner
- Getriebe: Sechsgang manuell
- Leistung: 105 PS
- Verbrauch: 5,4 Liter/100 km
- CO2: 125 g/km
- 0 – 100 km/h: 10,3 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit: 195 km/h
- Länge x Breite x Höhe: 4,48 m x 1,71 m x 1,46 m
- Kofferraum: 550 Liter
- Preis: ab 13.990 Euro, Testmotorisierung ab 16.110 Euro
Der alte Rapid:
- Modell: Škoda Rapid 421 Popular
- Motor: 1,2 Liter Vierzylinder-Vergasermotor
- Getriebe: Dreigang manuell, teilsynchronisiert
- Leistung: 26 PS
- Verbrauch: 7 – 8 Liter/100 km
- 0 – 100 km/h: -
- Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h
- Länge x Breite x Höhe: 3,8 m x 1,46 m x 1,52 m
- Preis: heute unbezahlbar, 1934 über 30.000 tschechische Kronen
Quelle: MOTOR-TALK
Schöne Autos !
Nettes Detail: Die Teppiche im Rapid 421 kennt man ja sonst nur aus dem 3er BMW 😉
Bei aller Liebe zum Originalzustand, aber mit den beschriebenen Bremsen gehört das Ding nicht mal mehr zum Spaß in den Straßenverkehr.
war auch mein erster Gedanke die Bremsen mit was hydraulischem bremsbar zu machen.
Ausgezeichnet geschriebener Artikel, der „Senior“ ist ja in hervorragendem Zustand. Die Nachrüstblinker stören ein wenig die Gesamterscheinung, sind aber leider aus zulassungsrechtlichen Gründen unvermeidbar.
Es freut mich, dass Du Constantin sichtlich Spass an Deiner Zeitreise hattest und uns das auch näher zu bringen verstehst.
Excellent.
Grüsse
Norske
🙄🙄 die Bedenkenträger wieder.....es ist unglaublich...
Schöner Artikel! 😎
Nette Autos. Der neue Rapid ist mir auf Anhieb sympathisch!
ist der Rapid zwischen Oktavia und Fabia positioniert?
Oder ersetzt er den Oktavia?
Oder ist es sowas, wie bei VW der Jetta?
Grüße
Speeedy
Hallo Speedy_02,
der Rapid ist zwischen Fabia und Octavia positioniert. Mit dem nächsten Octavia wird der Abstand dann wohl deutlicher.
Gruß, Constantin
Ich bin zwar kein Skoda-Insider, doch ich vermute, dass der Skoda Rapid zwischen Fabia und Octavia positioniert ist und die Kunden bedienen soll, denen der Octavia zu groß ist und zu sehr in Richtung gehobene Mittelklasse abfährt, für die aber ein Fabia zu klein ist. Zudem sollen Absteiger anderer Marken, die ein günstiges, aber solides Auto wollen, oder potenzielle Dacia-Kunden anspringen. Dacia hat den Fehler, dass aktuell keine Mittelklasse-Limousine der Marke zu haben ist: Hätte die Marke die Reinkarnation eines Omega B, ein 4.80-Meter-Auto, mit schlichten Basisbenzinern zwischen 115 und 150 PS, Viergangautomatik oder Fünfgangschaltung, manueller Klimaanlage gegen Aufpreis, einfachem Radiosystem mit CD/Kassette (kein "Infotainment"!) und elektrischen Fensterhebern z.B. nur für vorne im Programm und das zu Preisen um 15.000 Euro, würde ich den sofort bestellen. Obwohl ich eigentlich keine Neuwagen kaufen würde.
Ist, wie es immer ist. Ein Vernunftauto kommt zu kleinen Preisen auf den Markt, die Käufer der teureren Markenmodelle wählen dann immer öfter das Billigauto mit der schlechten Marke. Dadurch steigt das Image und der Hersteller möchte mehr Geld verlangen usw.
Der Octavia hat zuviele Golf-Käufer abgezogen und hat sein Ostblock-Image abgelegt. Also wird der nächste Octavia teurer und größer und die ursprünglich anvisierte Kundschaft wird mit dem Rapid getröstet.
ooohhh nee, ja ist klar!
Also für mich ist das eher ein Fabia mit etwas mehr Kofferaum. Ob nur 1700 Euro Preisunterschied dazu führen das sich Leute für den Rapid und nicht den Occi entscheiden?
Kleine Stufenheckmodelle hatten es bei uns schon immer schwer, der Polo Classic hat sich auch nie wirklich gut verkauft, und gelangte meist in Rentnerhände.
Im Ostblock wird der aber sicherlich gut gehen....
Ich kann mir nun gut vorstellen, wie das wohl in dem alten Rapid gewesen sein muss. Aber ich glaube, noch nie einen gesehen zu haben.
Der Neue wäre nur als Kombi für mich eine Option.
Es wäre nur konsequent gewesen, den Rapid mit einem standfesten Sauger anzubieten. Aber auch so sieht man da eher den "Octavia I Reloaded"