Polizei darf Blutprobe nachts auch ohne Richter veranlassen
Recht: Bluttest gilt notfalls auch ohne gerichtlichen Beschluss
Wer nachts mit Alkohol im Blut am Steuer erwischt wird, muss unter Umständen auch ohne richterliche Erlaubnis eine Blutprobe abgeben.
Düsseldorf - Wenn nachts kein Richter greifbar ist, darf die Polizei angetrunkenen Autofahrern auch ohne richterliche Genehmigung Blut abnehmen lassen. Das hat das Düsseldorfer Landgericht am Donnerstag entschieden und einen Anwalt wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr zu 1.750 Euro Geldstrafe (25 Tagessätze à 70 Euro) verurteilt. Außerdem darf er mindestens sechs Monate lang kein Auto lenken.
Der Dresdner Anwalt hatte sich darauf berufen, dass ihm die Blutprobe ohne richterliche Anordnung entnommen worden war und hatte gegen deren Verwendung als Beweismittel protestiert. In erster Instanz war er deswegen auch freigesprochen worden. Dagegen war die Staatsanwaltschaft in die Berufung gezogen.
Bei einer Atemalkoholprobe hatte das Messgerät rund 0,9 Promille Blutalkoholgehalt angezeigt. Die Blutprobe hatte einen deutlich höheren Wert von 1,2 Promille ergeben. Die Polizisten hatten argumentiert, je länger sie mit der Blutabnahme gewartet hätten, desto weniger verwertbar wäre das Ergebnis gewesen. Der Anwalt hatte argumentiert, die Beamten hätten nicht zwei Stunden auf den Richter warten wollen.
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Seltsam, es gibt zumindest in Hamburg einen Bereitschaftsdienst in dem ein Richter bzw. mehrere Richter 24 Stunden erreichbar sind. Daher stellt sich das obrige Problem nur sehr selten.
Aber gut, zur Beweissicherung ist das Dich mal eine gute Entscheidung. Zumal der Richter so oder so den Vorgang abnickt...
Das ist nix neues.
Gibt auch Urteile, daß man nichtmal versuchen muß einen Richter zu erreichen wenn man weiß - es ist keiner erreichbar.
Allerdings wundert mich der fehlende Bereitschaftsdienst auch etwas. Üblicherweise wurden auch wegen dieses "Problems" Bereitschaftsdienste eingeführt.
Aber das gleiche OLG hat schonmal entschieden, daß man selbst wenn unberechtigt die Beweise trotzdem verwerten kann - vielleicht spart man sich den.
Aktenzeichen gibt es wie bei MT üblich natürlich nicht...
Hab auch noch keins gefunden - das Urteil sollte demnächst in der Rechtssprechungsdatenbank NRW auftauchen - wenns einer vor mir findet kann ers ja verlinken.
http://www.justiz.nrw.de/Bibliothek/nrwe2/index.php
Darf ich dich insoweit korrigieren, dass es hier um ein LANDgerichts Urteil geht und NICHT um ein OBERlandesgericht. Ein Kleiner aber entscheidender Unterschied.
Zu den möglichen Auswirkungen ... kann man nur spekulieren. Einerseits freut es mich, dass es eine Juristen erwischt hat. Andererseits, sollte das Vorgehen der Polizei Methode werden ... Gute Nacht Deutschland.
Ich denke das ist auch nur vor Gericht gelandet weil es ein Anwalt war, viele hatten das gar nicht gerafft dass da was nicht ganz richtig läuft.
Wie schon geschrieben, ich würde nicht auf die Idee kommen sowas ohne Richter durchzuziehen...
Ich sehe das eher positiv: Wenn genügend Fahrer die Möglichkeit im Hinterkopf haben, schränken sie die Sauferei (hoffentlich) etwas ein oder nehmen eher Taxi oder Bus, anstatt eine Trunkenheitsfahrt zu riskieren.
Was siehst du positiv?
Das die Polizei das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht achten muss, wenn die juristisch gewollte Hürde "nicht erreichbar" ist?
Das ein solch hohes Gut (Recht auf Körperliche Unversehrtheit) wegen weniger Fällen von nicht erreichbaren Richtern aufgeweicht wird?
Alkoholisierte Fahrer sollen strafrechtlich verfolgt werden, aber bitte auch mit sauberen Methoden.
Kein alkoholisierter Fahrer wird nun denken "vielleicht ist kein Richter erreichbar und deshalb kann ich nun ungeschoren alkoholisiert Auto fahren".
Die Chance it eh äußerst gering, das kein Richter erreichbar ist. Andererseits gibt es nicht umsonst diese diese hohe juristische Hürde.
Aber von dir habe ich, ehrlich gesagt, keinen anderen Kommentar erwartet. Wenn es nach dir ginge, hätte schon jeder ne Kamera um den Hals mit automatischer Verurteilung bei Verdacht auf die Verletzung einer Verwaltungsvorschrift.
Okay, man muss hier mal die Kirche im Dorf lassen, eigentlich geht es hier nur um eine Formsache. Der Richter wird nämlich immer der Blutentnahme zustimmen, wenn der Vortest (pusten ins mobile Gerät und später in der Wache) positiv einen Schwellenwert überschritten hat.
Letztlich hat die Polizei hier gehandelt bevor der sichere Auftrag kam. Daher hat das Gericht es auch so gesehen...
Achso, das ist nur ne lästige Formalie... Ja wenn das so ist... Mit dem Recht.
Dann kann die Polizei demnächst ja auch gleich verurteilen... Scheiss auf die Gewaltenteilung. Alles nur unnützer Papierkrieg.
Nein lästig ist sie nicht, aber eben eine Formalie. Letztlich muss der Richter die Blutabnahme eh veranlassen um das Beweissicherungsverfahren nicht zu gefährden.
Das wird deshalb als Formalie empfunden, weil sich keiner mehr Gedanken über die Gründe für dieses Vorgehen macht. Verständlich, wenn man in einem Rechtsstaat gross geworden ist. Ist man allerdings nicht in einem Rechtsstaat gross geworden, weiss man diese "Formalität" zu schätzen. Es soll eben nicht die Polizei entscheiden, das in einen Bürger zwangsweise eine Nadel gestochen wird.
Mit dem Rechtsstaat verhält es sich wie mit der Demokratie. Sie muss täglich und immer wieder erneut erkämpft und verteidigt werden. Tut man es nicht, stirbt sie. Eine der Sicherungsmaßnahmen in unserem Grundgesetz ist die Gewaltenteilung. Und das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist ein hohes Gut (und ein Grundrecht) Ich finde es richtig, das hier ein Richter entscheiden muss.
Man kann es sehen wie man will und ich gebe Dir auch Recht dass man die Rechte der Bürger wahren muss. In diesem für mich wirklich nicht nachvollziehbaren Fall ist eben anders von der Exekutive gehandelt worden und die Judikative hat im Nachhinein die Richtigkeit des Handelns bestätigt.
Wichtig wäre jetzt natürlich eine entsprechende Grundlage für die Polizei um von vorn herein eine Handlungsmöglichkeit zu bekommen.
Ich persönlich hätte nicht so gehandelt wie die Kollegen dort, aber ich hätte auch kein Problem innerhalb weniger Minuten einen entsprechenden Beschluss zu erhalten. Ich würde mich deutlich besser fühlen, wenn ich die Rückendeckung habe, denn es kann letztlich noch zu weiteren Handlungen führen, z.B. unmittelbaren Zwang anzuwenden um die Blutentnahme durchzuführen. Ein Beschluss eröffnet mir einen deutlich größeren Spielraum das Ziel des Beschlusses durchzusetzen und gibt mir eine gewisse Rechtssicherheit.
Aber wie ich weiter oben schon geschrieben habe, den Beschluss erhält man so oder so. Ein Richter muss ihn erlassen, da er sonst die Beweissicherung behindern und ggf. eine Straftat vereiteln würde...
Wenn die Umstände eine Blutabnahme rechtfertigen... Solch ein Beschluss wird doch nur dann angefragt, wenn man schon vorher weiss, das die Umstände den Richter überzeugen. Ok... Viel gehört ja nicht dazu, zugegeben.
Aber spielen wir das mal andersrum durch, also wenn kein Richter benötigt wird. Dann kann es eben ablaufen, wie in einer Bananerepublik. Da wird dann eben mal ne Blutabnahme von nem übereifrigen Beamten angeordnet, wenn der kontrollierte Bürger... na sagen wir mal, etwas unkooperativ ist.
In nem freiheitlichen Rechtsstaat muss man eben auch mal hinnehmen, das ein Vergehen nicht geahndet werden kann. Zumal ja in dem hier behandelten Fällen das Verfahren idR. funktioniert. Wozu also diese erlaubte Ausnahme, wo doch der Rechtsfrieden kaum gefährdet ist, weil in seltenen Fällen mal ein Richter schwer erreichbar ist.
Dann wird sich der Beamte dafür verantworten müssen. Es geht ja hier darum dass die Polizei handelte bevor die sichere Zustimmung des Richters erfolgte.
Ein unberechtigtes Handeln hat in jedem Fall folgen für den Beamten...
Es ging mir darum, das es einen Grund für die Notwendigkeit eines Beschlusses durch einen Richter gibt. Und weil das so ist, gefällt mir eine Aufweichung einfach nicht.
Bei der Abwägung zwischen Grundrechten und Rechtsfrieden stufe ich einfach die Grundrechte höher ein. Geht mir bei Polizeibefugnisse generell so. Auch wenn es sicher öfters mal frustrierend für die Beamten ist, wenn irgendsoein kriminelles A...loch davon kommt, weil sie nicht handeln dürfen. Das muss ein freiheitlicher Rechtsstaat aber aushalten können.
Kann man auch den Bogen zur Terrorabwehr spannen... Was wollen wir noch beschützen, wenn wir uns von diesen Idioten freiwillig die Freiheit nehmen lassen und unsere hart erkämpften Grundrechte nehmen lassen.
Ist einfach ne Prinzipsache.