Asiens größtes Tech-Event: Die RISE 2018 in Hongkong
RISE 2018 - Silicon Valley war gestern
Die RISE Convention in Hongkong will das Silicon Valley überholen. Bei der Tech-Messe zeigen Start-ups, wohin die Reise geht.
Hongkong – China wächst. Nicht nur bei Produktion und Absatz von Gütern, sondern auch bei den Innovationen. China landet beim Global Innovation Index (GII) der innovativsten Länder auf Rang 17 – nach Platz 22 im Vorjahr. Die Weltorganisation für geistiges Eigentum (Wipo) in Genf stellt das Ranking jährlich mit den Hochschulen Cornell und Insead zusammen. Auch wenn die Schweiz als das innovativste Land gilt, holt die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt schnell auf.
Die Sonderverwaltungszone Hongkong trägt dazu bei. Bei der RISE Conference, dem asiatische Ableger des europäischen Websummits, treffen sich einmal im Jahr Techis, Zukunftsforscher, Unternehmen und Investoren aus der ganzen Welt zum Ideenaustausch. Mehr als 15.000 Besucher aus 102 Ländern lockt die Messe drei Tage lang in den dritten Stock des Messe-Zentrums in Hongkong, während im Untergeschoss eine lokale Fashion Week läuft. Damit zählt sie zum größten Tech-Event in Asien. Besucher können die unterschiedlichsten Themenfelder wie Automotive, Design, Robotik und Big Data erleben.
Microsoft-Präsident Brad Smith spricht auf einer der vier Bühnen wie auch Amazon CTO Werner Vogels und Daimler-Chef Dieter Zetsche. Insgesamt stellen sich über 300 Redner den Fragen der Moderatoren. Mehr als 750 Start-ups präsentieren ihre Ideen, hoffen auf Investoren oder neuen Input. 70 davon stellen ihre Ideen in einem dreiminütigen Pitch einer Jury vor. Nur wer hier überzeugt, kommt eine Runde weiter und erhält am Ende eine Unterstützung von HSBC.
China ist auf dem Weg zur Technologie-Weltmacht
Casper Chien von Doki hat eine smarte Uhr für Kinder entwickelt, die sich einfach bedienen lässt, robust ist und sich mit den Eltern vernetzt. Alex Robinson zeigt mit der Plattform Qlix, wie Eltern und Schüler einfacher und besser miteinander kommunizieren. Die Ideen sind ganz unterschiedlich – und kommen bei den Juroren auch unterschiedlich an.
"Hongkong schläft nicht. Nie", peitscht Richard Robinson, Host der Auto-/Robot-Bühne die Menge auf, spielt auf den Slogan der Stadt New York an. Nicht an der Ostküstenstadt der USA und im Silicon Valley spielt sich die Zukunft ab, sondern in der Küstenstadt. "China gibt bei vielen Entwicklungen künftig das Tempo vor. Die Menschen hier sind hungriger und ehrgeiziger als anderswo", sagt Lei Chen, CEO von Xunlei Limited. Das börsennotierte Unternehmen mit mehr als 1.500 Mitarbeitern hat sich auf Filesharing-Dienste spezialisiert.
Nach einer Umfrage unter den globalen Investoren sehen 67 Prozent von ihnen China in fünf Jahren als Weltmacht in Sachen Technologie. 62 Prozent glauben, dass China mehr Wachstumspotenzial bietet als die USA.
Dazu zählt vor allem der Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) und Blockchain. Oder die Kombination von beidem. "Damit lassen sich neue Dienste und Applikationen entwickeln", sagt Lei Chen. KI wird immer wichtiger, ohne sie sind neue Projekte kaum zu denken. "Der Markt entwickelt sich rasend schnell, die Unternehmen müssen sich einfach anpassen und noch schneller werden", sagt Harry Hui, Mitbegründer der Beteiligungsgesellschaft ClearVue Partners. Anita Huang, Investoren aus Peking, Sinovation Ventures, glaubt ganz fest an den Fortschritt, vor allem an autonome Fahrzeuge. Schon in fünf bis zehn Jahren sollen sie hier fahren, ihr Unternehmen investiert deshalb vermehrt in Firmen, die sich mit Technologien wie Sensoren oder Applikationen beschäftigen.
Start-ups als Ideengeber
Die meisten jungen Mitarbeiter der Start-ups stehen oder lehnen lässig an ihrem einen Quadratmeter kleinen Stand. Ein Schild mit Namen und Kurzbeschreibung muss als Werbung reichen, das Tablet oder Laptop liegt auf dem Holztisch. Madhukar Yadalam von MyRidz aus Indien hat eine App für Gebrauchtwagen-Händler und -Kunden entwickelt, mit denen sie sich einfacher verbinden können. Highway Connect verknüpft in einer App viele Infos entlang einer Reisestrecke. Es sind auf den ersten Blick selten Sensationen, aber in verschiedenen Märkten und Anwendungen machen sie durchaus Sinn. Indien als drittgrößter Automarkt Asiens mit mehr als drei Millionen verkauften Autos jährlich hat einen unübersichtlichen Gebrauchtwagenmarkt – und ein noch unübersichtlicheres Straßennetz. Neue Ideen sollen Kauf und Reise vereinfachen.
Ein paar davon schaut sich auch Daimler-Chef Zetsche an, der zuvor auf einer Geschäftsreise in China war. "Mich führt die Neugierde hierher, ich will sehen, was hier passiert, wie Auto- und Techwelt zusammenpassen. Denn der Autobereich verändert sich dramatisch, vielleicht finde ich hier Anstöße", sagt er. Noch vor fünf Jahren sah er bei Forschung- und Entwicklung das Silicon Valley in Kalifornien vorne, mittlerweile kommen die neuen Ideen aber aus Peking oder Hongkong.
Aber auch die Vernetzung sei besser als in anderen Regionen. "Für intelligente und cloudbasierte Systeme benötigen wir einen stabilen und schnellen Netzzugang, den vermisse ich teilweise in Deutschland", sagt er. Das neue digitale Mercedes Cockpit Mbux könne dann nicht sein volles Potenzial ausschöpfen. Europa sei dort nicht führend, ebenso wenig wie bei flexiblen Arbeitsmodellen. "In der Geschwindigkeit, wie manche Start-ups Software und Anwendungen entwickeln, kommen wir im Konzern nicht mit", sagt er.
Doch auch sein Unternehmen muss sich schnell weiterentwickeln, um keinen Anschluss zu verpassen, vor allem bei Roboterautos. Mercedes erhält jetzt als erstes Unternehmen eine Lizenz für Versuche mit autonom fahrenden Fahrzeugen in Peking. Um zu testen und zu lernen. "Wenn wir uns entscheiden, autonom fahren zu wollen, müssen wir vorher sicherstellen, dass es in China funktioniert", sagt Zetsche.
Ein Roboter mit Matheschwäche und Waschmaschinen für Kartoffeln
Nicht alles läuft bei der RISE reibungslos. Sophia, ein Roboter von Hanson Robotics mit menschlichem Antlitz hat Sprach- und Reaktionsstörungen. Auf einfache Fragen antwortet Sophie nicht, rechnet simple Multiplikationsaufgaben falsch. "Murphy´s Law", wie Gründer David Hanson sagt. Für ihn keine Blamage, sondern Motivation weiterzumachen.
"Es ist die Atmosphäre, der Spirit, der mich begeistert. Man kann sein Netz auswerfen und fängt einen Fisch. Entweder gezielt oder als Beifang. Irgendetwas bleibt immer hängen", sagt Dieter Zetsche. Dabei muss es nicht immer was mit dem Auto zu tun haben. Zetsche entdeckte einen aufsteckbaren Ventilator fürs Smartphone – ideal für die heiß-schwüle Stadt am Meer.
China ist ein schneller Markt, die Firmen reagieren schneller auf Kundenwünsche. "In einem Dorf gingen die Waschmaschinen immer öfter kaputt als in anderen. Nach Untersuchungen fanden die Techniker heraus, dass die Bauern dort ihre Kartoffeln drin wuschen", sagt Lei Chen von ClearVue Partners. Statt die Maschine mit einem Warnaufkleber zu versehen, änderten die Techniker Pumpen und Filtersysteme und änderten dann den Aufkleber: "Für Kleidung und Kartoffeln geeignet". Chinesischer Pragmatismus.
Ja... auf Motor Talk hatte ich sowas jetzt nicht wirklich vermisst
Der Bericht zeigt aber eindrucksvoll, wohin die Reise geht.
Jou ...
Kommunismus = pfui
sich von Technik an der Hundeleine herumführen lassen = hurra
😉
Da China der größte Markt für viele unserer Hersteller ist (insbesondere für die mit Premiumanspruch) und selbst ein Dieter Zetsche weiß, wie wichtig die Präsenz dort ist, gehört es meiner Meinung nach schon hierher.
Die Chinesen erwarten eine viel stärkere Verknüpfung ihrer gewohnten Social Media und Shopping Dienste mit dem Auto, als dies bei uns der Fall ist. Aktuell haben die Bordcomputer unserer Hersteller aber auch in China nur die rudimentärsten Funktionen und sind nicht oder höchstens teilweise auf die dort benötigten Dienste angepasst.
Abhilfe schaffen den Chinesen Austauschgeräte (die gibt es für sehr viele Fahrzeuge) oder noch einfacher: Das Handy wird einfach auf dem Bildschirm des Bordcomputers befestigt.
Indien wird vielleicht auch irgendwann interessant für unsere Premiummarken, es ist also sehr wichtig zu wissen, was die Menschen dort bewegt.
Zumindest aktuell haben Mercedes, Audi und BMW in China noch ein gutes Markenimage, aber sich darauf auszuruhen wäre angesichts der Abhängigkeit fatal.
Die Globalisierung ist längst vollzogen ...
Was die Welt jetzt erlebt ist sozusagen "Global 2.0"
Europa hadert, Bürokratie, alte Werte, faul ohne Ideen ...
Die Welt hat China einst als Produktionsstandort genutzt ...
Vielleicht arbeitet die alte Welt irgendwann für China ?
Bezeichnend für die Hinterbliebenheit des Westens, aber allen voran Deutschlands, in Bezug auf Service. Hier kann man ein Produkt exakt im Sinne des Erfinders verwenden, maximal pflegen und alles Mögliche und dennoch wird einem die Schuld zugeschoben, wenn das Produkt aufgrund offensichtlicher Billigstqualität versagt. Wenn das Produkt nur ein Problem hat, also nicht komplett im Eimer, kommt erst gar keine Reaktion.
Ist wohl inzwischen zu Peinlich für den Volkswagenkonzern Werbung zu machen. VW lehnt ein Nachrüstung alter Diesel durch Drittanbieter ab.
Das wäre ja eine positive Entwicklung, wie kommst Du auf so eine Phantasie?
Die brauchen uns (genau so wie die Amis) nicht mal als Markt, (letztere haben uns nur als Puffer gegen den bösen Russen benötigt).
Nein, mit bedenkentragen, bürokratisieren und verhindern kann die "alte Welt" in der Restwelt keinen mehr beeindrucken.
Wie hat der Chef-Entwickler vom Unternehmen X (Google-Tochter) gesagt: die deutschen Hersteller können sich von ihren Absatzzahlen verabschieden.
Wenn man dann noch ließt wie deren Finanzierung funktioniert:
"Wenn du das Leben von 100 Millionen Menschen veränderst, dann bist du nicht erfolgreich. Das bist du erst, wenn du das Leben von einer Milliarde Menschen veränderst.“ Zu den Forschungskosten und Produktentwicklungskosten heißt es weiter: Der Preis hinter dem wir her sind, ist so groß, dass Geld auf dem Weg dorthin keine Rolle spielt."
...und dann mitbekomme, das man hierzulande die lobbytechnisch selbstgesteckten Ziele nicht Mal ansatzweise erreicht und jetzt nach Milliardenförderungen heult und in manchen Bereichen schon komplett aufgegeben hat...dann sehe ich am Horizont einen Sturm aufziehen, den Europa noch nicht gesehen hat.
Das sind nur die USA...da habe ich die Asiaten noch nicht Mal ansatzweise mit einbezogen.
Während sich also die "Premiumhersteller" den Luxus von 120 Soundtechnikern für Blinkergepiepse leisten, sich auf Blinkerlauflichter als Innovation und Ziernähte und Spaltmaße als Alleinstellungsmerkmal konzentrieren, forschen andere an KI, Elektroantrieben und sinnvoller Vernetzung, die über die Anbindung von Facebook und Spotify im Auto hinausgeht.
In China gibt's dafür einen eigenen Begriff, der übersetzt soviel bedeutet wie: Abenddämmerungindustrie
Ach papalapap, die nächste große Blase wird ne APP-Blase sein.
Milliardenschwere Gewinnerwartungen/-erziehlungen, ohne dabei physisch Nutzbares zu produzieren, sind im Verlaufe der Zeit schon immer auf jenen Tag zugesteuert, an dem sie in sich zusammenbrechen.
Das hat man von senkrecht landenden Raketen auch gedacht...
Wo bleibt bei deinem Beispiel die sinnvolle Vernetzung? Spotify und Facebook, wobei in China sicherlich Konkurrenzprodukte genutzt werden, sind auf dem Smartphone sehr gut aufgehoben. Und wenn muss sich hier der Anbieter der Applikation einen Kopf machen, wie man seine Dienste auf anderen Plattformen anbietet und nicht die Fahrzeughersteller... Man könnte sich in Zusammenarbeit aber sicherlich eine Plattform überlegen, auf der man seine Dienste entwickeln kann.
Spotify sehe ich noch ein aber Facebook, was immer mehr einen langsamen Tod stirbt, im Fahrzeug integrieren, ist einfach lächerlich.
Unter sinnvoller Vernetzung verstehe ich eine Kommunikation der Fahrzeuge selbst, um aktiv in den Verkehr einzugreifen um so den Verkehr besser zu verteilen und beim autonomen Fahren Unfälle zu verhindern. Oder wie es Audi ja schon mal, ich glaube in Ingolstadt, einen Versuch führt mit Fahrzeugen, die mit Ampeln kommunizieren um so den Fluss zu verbessern und den Fahrern anzuzeigen wann es rot und grün wird.
Jetzt fehlt mir noch das Alleinstellungsmerkmal der chinesischen Hersteller. Es gibt nicht eine Branche in dem ein chinesisches Produkt ein besonderes Alleinstellungsmermal besitzt. Bei der Automobilindustrie brauchen wir da gar nicht erst überlegen.
Welche besonderen Neuheiten gab es denn bei den Elektroantrieben? Grundsätzlich wird doch nur an neuen Akkutechnologien weltweit geforscht.
Ich sehe zwar auch dass China aus dem kopieren raus ist und nun darauf basierend bessere oder gleichwertige Produkte entwickelt, aber man braucht auch nicht so tun, als wenn aus China in den letzten Jahren die großen neuen Ideen kamen, die auch umgesetzt(!) wurden.
Das World Grid fand ich als Idee durchaus interessant um so alle Länder mit einem Stromnetz zu verbinden und so vor allem regenerative Energie weltweit zu verteilen. Aber viel getan hat sich da auch nicht.
Da stimme ich uneingeschränkt zu. Man will nicht erkennen, dass man auf dem global Markt mit Sozialwissenschaften und Ähnlichem nichts reißen kann und mittelfristig verdrängt werden wird.