Joachim R. Walther über Walter Röhrl
Röhrl fährt die Pflicht und nicht die Kür
Walter Röhrl mit Auto, aber ohne Stoppuhr? Das hat noch niemand gesehen. Wahrscheinlich fährt er sogar beim Brötchenholen auf der Ideallinie. Joachim Walther über Walter Röhrl.
Von Joachim R. Walther
Wenn ich Walter Röhrl sehe, fällt mir immer der Spruch ein: 70 ist das neue 50. Der Kerl scheint weder optisch älter geworden zu sein noch in seiner Agilität nachgelassen zu haben. Wenn er nicht im Auto um jede Sekunde kämpft, tut er das auf dem Rennrad. In seiner bayerischen Heimat, auf Reisen oder auf Rennstrecken.
Ich bewundere diesen Mann seit Beginn seiner Karriere. Kennengelernt habe ich ihn vor 17 Jahren, da war er Juror beim Goldenen Lenkrad. Ein Juror, auf dessen Urteil die anderen Profis im Expertengremium immer ganz genau hören. Nicht, dass er mit seinen frisch gewonnenen Erkenntnissen nach der Testfahrt hausieren gehen würde. Das ist nicht seine Art. Man muss ihn schon fragen, wie die Fahrt gerade war. Dann analysiert der Rallyeweltmeister das Fahrwerk, die Bremse, die Lenkung, den Motor, das Getriebe, das Handling, den Sitzkomfort. Alles druckreif und aus dem Stegreif.
Der Lange steigt ins Auto, stellt den Sitz ein (meist in die hinterste Raste), schnallt sich an, fährt auf die Teststrecke und drückt gleichzeitig aufs Gaspedal und auf seine Stoppuhr. Nicht, dass er das müsste, um die Autos bewerten zu können. Das meldet ihm sein Popometer schon in der ersten Kurve. Wahrscheinlich stoppt er die Zeit nur aus alter Gewohnheit. In den Rallyeprüfungen von einst ging es ja oft um Zehntel und Hundertstel. Und so genau misst sein Allerwertester dann wohl doch nicht.
Mit Stoppuhr im Porsche Junior
Die ungewöhnlichste Messfahrt dieser Art findet auf dem Nürburgring statt. Walter Röhrl sitzt im Porsche und hat – natürlich – die Stoppuhr am Arm. Das er im Porsche sitzt, ist allerdings nicht ganz korrekt. Eigentlich sitzt er auf einem Porsche, einem Porsche Junior mit 14 PS. Der Dieseltrecker beschleunigt in 17,9 Sekunden auf seine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h.
Egal. Walter Röhrl fährt auch hier in jeder Kurve Ideallinie. Er kann einfach nicht anders. Auf der Ideallinie ist er sicher auch morgens beim Brötchenholen unterwegs. Im Auto oder auf dem Rennrad. Das steckt in seinen Genen. Nach einer Stunde, fünf Minuten und 36 Sekunden senkt sich die Zielflagge für Walter und den Porsche Junior. Ein neuer Rekord für die Ewigkeit: Röhrls langsamste Runde auf der Nordschleife. Selbst mit dem Rennrad ist er viel schneller (unter 40 Minuten).
Ein weiteres Ereignis wird mir stets in Erinnerung bleiben. Das Goldene Lenkrad feiert 2005 seinen 30. Geburtstag. Grund genug für etwas Ausgefallenes. Wir wählen zum Jubiläum eine ganz besondere Fahrzeugklasse aus: die Supersportwagen. Fünf Kraftpakete mit 520 bis 612 PS: Porsche Carrera GT (612 PS PS), BMW M6 (570 PS), Bentley Continental GT (560 PS), Lamborghini Gallardo (520 PS) und Mercedes CLK DTM AMG (582 PS).
Die Testfahrer sind ausnahmslos erfahrene Rennprofis. Walter Röhrl, Klaus Ludwig, Tom Kristensen und Poldi von Bayern. Es geht natürlich nicht darum, wer mit welchem Auto die Bestzeit in der Grünen Hölle fährt. Trotzdem haben die Herren Rennfahrer genügend Ehrgeiz, um genau das herauszufinden. Ergebnis: Egal, ob mit dem 2,4 Tonnen schweren Bentley, dem agilen BMW, dem giftigen Lambo oder dem pfeilschnellen Porsche – Walter Röhrl brannte mit fast allen Modellen die Bestzeit in den Asphalt.
Röhrl fährt die Plicht, und zwar perfekt
Lediglich im Mercedes CLK DTM AMG ist Mercedes-Testfahrer Klaus Ludwig noch schneller. Die Rundenzeiten (Bestzeit 7:39,49 Minuten im Porsche Carrera GT) sind schon beeindruckend. Etwas anderes aber ist noch bemerkenswerter: Während alle anderen Rennfahrer mit glühenden Bremsen und Reifen in die Boxen zurückkommen, sind die Puschen und Bremsen von Walter Röhrl allenfalls „lauwarm“ und lange nicht so stark verschlissen.
Das freut besonders die Bentley-Mechaniker, die sich trotz feuerfester Handschuhe beim Bremsen- und Reifenwechsel regelmäßig die Finger verbrennen. Materialschonung kennzeichnet den einzigartigen Fahrstil des Ausnahmetalents Walter Röhrl. Er kommt ohne Drifts und spektakuläre Aktionen aus. Bei ihm läuft es im wahrsten Sinne des Wortes rund. Röhrl fährt die Pflicht und nicht die Kür. Die aber perfekt.
Und für die perfekte Pflicht wird er oft am Ende gekürt, denn meist bleiben die Zeiger der Stoppuhren für ihn eher stehen als für andere. Vielleicht ist das auch der Grund, warum er heute noch bei jeder Testfahrt die Zeit stoppt: Er braucht jemanden, der seine Zeit unterbietet. Auch, wenn er es mal wieder selbst ist.
Respekt, kein "Geradeausraser" der in jeder Kurve in die Hose schei.... macht,
so wie es heute der Fall ist.
Jeder Idiot kann mit xPS geradeaus Rasen und Wagen mit weniger Leistung hinter sich lassen.
Deren Fahrer Denken dann das Sie fahren können.
In Wirklichkeit ist es nur Material-(Geld-)Vorteil und kein können.
.....................
Alles gute zum Geburtstag Herr Röhrl!