Classic Driving News
RS 2600 - der 911-Versäger
Mit dem Ford Capri RS 2600 servierten ausgerechnet die Kölner, die Marke mit dem Spießerflair, den Deutschen ihr erstes Muscle Car. Der Ford Capri RS 2600 war ein brachiales Produkt des Baukastentunings, und so fühlt er sich bis heute an: Sein Brutalo-Charme macht ihn unwiderstehlich.
Die Zukunft war farbig, und sie begann um viertel nach acht. "Wünsch Dir was" hieß die Gameshow zum neuen Jahrzehnt: Deutsche Kotelettenträger diskutierten mit Kommunarden über freie Liebe, der Maler Friedensreich Hundertwasser forderte Mieter auf, die Hausfassaden bunt anzumalen, und die berühmteste aller Kandidatinnen war eine 17-jährige Schülerin, deren durchsichtige Bluse zum nationalen Thema wurde.
Autofahrers Wunsch der 70er: Autos, die Spaß machen zum günstigen Preis
So einfach war sie, die Wunscherfüllung im Deutschland des Jahres 1970. Die Sechziger hatten der Aufbaugeneration die Waschbetonfassade gebracht und die HiFi-Anlage, den Pauschalurlaub und die automatische Spülmaschine. Und jetzt wollten sie das Unmögliche: Autos, die endlich Spaß machen, zu Preisen, die nicht nur Fachärzte bezahlen konnten, sondern auch Facharbeiter.
In Amerika hatten sie das Ende der automobilen Ständegesellschaft schon eine halbe Dekade früher erlebt. Und deshalb waren es zuerst die deutschen Töchter der US-Konzerne, die das Wünsch-Dir-was-Spiel im Verkaufssalon entdeckten. Opel hatte mit dem GT eine Volks-Corvette lanciert, gefolgt von Ford und dem Ford Capri, der ab 1969 den Triumph des Mustang kopierte. Trotzdem war "Der Spiegel" mit seiner Meinung zum Ford Capri nicht allein: "Er sieht besser aus, als er ist", schrieb das Hamburger Nachrichtenmagazin und meinte damit die allzu sanfte Leistungsausbeute des Erfolgs-Coupés.
Der Capri: Außen heiß, innen lau
Tatsächlich sah der Ford Capri zwar wichtig wie ein wirklicher Sportwagen aus. Aber wer ihn anfangs fuhr, musste zum stärksten V6-Triebwerk mit 2,3 Liter Hubraum und 125 PS greifen, um sich auf der linken Spur nicht von schütteren Mercedes-/8-Chauffeuren abledern zu lassen. Das konnte noch bestürzender sein als bunt bemalte Hausfassaden oder die freie Liebe der Kommunarden. Und zudem weckte die Form des Ford Capri RS 2600 einfach das Verlangen nach mehr.
Aber auch mit diesem Trend waren die US-Konzerne vertraut: Sie hatten bereits eine Armada von lauten, bösen Muscle Cars auf den Markt geschoben. Die gleiche Nische tat sich jetzt in einem fernen Land auf, das kurz zuvor noch einen VW 1500 S mit zwei Vergasern als Agilitätswunder gefeiert hatte.
Bei Ford in Köln lag 1969 ein stärkerer Motor im Regal: Er stammte vom 26 M, jener Prunkversion der P7-Baureihe, die sich hilflos an die Spuren des Opel Commodore heftete. Vor allem aber gehörte zur deutschen Ford-Dependance seit 1968 eine Rennsportabteilung, die sich unter der Leitung des jungen Jochen Neerpasch mit der Verschärfung des Ford Capri beschäftigen durfte.
Deutschlands erstes Muscle-Car
Das Ergebnis war der Ford Capri RS 2600 - Deutschlands erstes Muscle Car, ein Sportwagen aus dem Konzernbaukasten, der den Schub eines Porsche 911 S bereitstellte, aber nur etwas mehr als die Hälfte kostete. "Man glaubt", schrieb ein euphorisierter Manfred Jantke in auto motor und sport, "der Ford Capri RS 2600 wolle mit einem Schlag gutmachen, was alle Ford Capri 1300 zusammen bisher versäumt haben."
Das gelingt dem Ford Capri RS 2600 noch heute. Und anders als in den rauen Jahren seiner Jugend reicht es, wenn er still vor seinem Betrachter steht und ihn mit seinen Doppelscheinwerfern fixiert. Es fällt diesem dann nicht schwer zu begreifen, warum Liebe für weite Teile der Elterngeneration nur ein Ford sein konnte.
Viele von ihnen kamen vom Käfer und hatten sich dann ratenweise in ein Ford 15 M Coupé gehangelt oder einen B-Kadett Rallye im mattschwarzen Rallyedesign. So standen sie jetzt im Schauraum, sahen die lange Haube des Ford Capri RS 2600, die schwungvolle Seitensicke und die profilierten Stege seiner C-Säule. Sie fanden das alles mit Recht so erregend wie die Oswalt-Kolle-Kolumne in der "Neuen Revue".
Mattschwarz mit Alufelgen, doch ohne Stoßstangen
Sicher, meist kauften sie dann doch nur einen Ford Capri 1700. Aber der tiefer gelegte Ford Capri RS 2600 wird sie nervös gemacht haben, weil er sich lauernd auf den Boden zu kauern schien und diese neumodischen Felgen aus Leichtmetall trug, keine verchromten Radkappen mehr, wie sie auch der bräsige Ford 20 M hatte. Er gefiel ihnen, weil er, mit mattschwarzer Haube, dafür ohne Stoßstangen, die betuliche Autowelt der Väter zerpflückte. Weil überhaupt fast alles schwarz war und damit sportlich aussah. Nicht nur der Bezug der Sportsitze im Ford Capri RS 2600, der an den Stoff von Cordhosen erinnerte, sondern auch der Dachhimmel, die Heckblende und sogar der Motorraum.
Der Motorraum des Ford Capri RS 2600 wirkt erst für heutige Betrachter eher anrührend mit seinem Low-Tech-Inhalt - der archaischen Kugelfischer-Einspritzpumpe etwa, die sich an die rechte Seite des V6-Motors schmiegt, und deren durchsichtige Benzinleitungen ein bisschen an Trinkhalme erinnern. Daneben, dicht am Stehblech, verliert sich der Luftfilter, auch er mattschwarz. Und auf dem Motorblock prunkt ein silberner Luftsammler aus Aluguss, auf dem in wuchtigen Großbuchstaben FORD steht.
Es war, mitsamt dem Fächerkrümmer und der etwas höheren Verdichtung, ein Tuningpaket nach Hausmacher Art für den Ford Capri RS 2600. Aber natürlich reichte es zur Sensation: Ford-Fans raunten sich zu, dass die 150 PS dieses Motors nur im Prospekt stehen. In Wirklichkeit seien es 160 oder 170, mehr als die Leistung von vier Käfern. Vier Käfer! Und außerdem hatte Alexander Onassis, der Reedersohn, in Paris gerade ein Wettrennen gegen Ford-Werksfahrer François Mazet im Ford Capri RS 2600 verloren. Onassis fuhr einen Porsche 911 S, Listenpreis 29.980 Mark. 15.850 standen auf dem Preisschild im Ford-Salon. Dazwischen lag 1970 eine viertel Eigentumswohnung in bester Lage von Wattenscheid.
Dunkler Bass tönt aus dem RS-Auspuff
Die wollte ja abgezahlt sein, weshalb die wenigsten Ford Capri RS 2600-Verehrer tatsächlich den straffen Zugriff der Schalensessel spürten. Ihre Frauen hielten nie die Kartenleselampe in der Hand, die sich auf der Beifahrerseite des Cockpits befindet. Gemeinsam blieb ihnen das Summen der elektrischen Benzinpumpe verwehrt und das bullernde Grummeln des Ford Capri RS 2600-Auspuffs nach dem Aufwachen des 2,6-Liter-Triebwerks.
Der dunkle Bass legt sich über das Tickern des Ventiltriebs, der einzigen Klangfarbe, die sich der Ford Capri RS 2600 mit seinen bürgerlichen V6-Kollegen teilt. Es wirkt längst so nostalgisch wie das tief geschüsselte Lenkrad mit Lederkranz, jenes Volant, das für die Mittelständler der siebziger Jahre ein Versprechen von Wildheit und Härte gewesen sein muss. Die Lenkung des Ford Capri RS 2600, für moderne Begriffe eine Nuance zu träge in ihrem Ansprechverhalten, war im Wünsch-Dir-was-Zeitalter ein Muster an Präzision. Auch die etwas langen Schaltwege fielen nicht auf.
Viel wichtiger war die Beschleunigung des Ford Capri RS 2600: in 7,7 Sekunden von null auf 100. Und es ging noch schneller: Ford-Händler hielten die Plastiktüren und Plexiglasscheiben der Rennsportversion bereit, mit der Jochen Mass, Hans-Joachim Stuck und Dieter Glemser auf der Rundstrecke unterwegs waren. Das Leergewicht des Ford Capri RS 2600 ließ sich damit von 1.050 auf 890 Kilogramm senken.
Ebenso erbaulich ist allerdings die Gelassenheit, die ein Ford Capri RS 2600 mit seinen Großserien-Genen im Alltag zeigt. Es ist ein sämiges, elastisches Fahren ohne Löcher beim Beschleunigen oder Gegenwehr, wenn es bei Tempo 60 der Vierte sein soll, aber auch mit lange währender Neutralität auf kurvigen Landstraßen.
Obszön wie der junge Tom Jones
Sicher, der Ford Capri RS 2600 federt nicht gern, und im Grenzbereich kommt er kurz und trocken mit dem Heck, wie es seit jeher seine Art ist. In solchen Momenten weckt er dann doch das Verlangen nach dem voll ausgedrehten Dritten, der noch heute hilft, das Weltbild eiliger TDI-Piloten in Wallung zu versetzen. Und wenn der Ford Capri RS 2600 die Tachonadel über 200 vibrieren lässt, dann röhrt er dabei so wunderbar obszön wie der junge Tom Jones, der gut hinter das kleine Lederlenkrad gepasst hätte.
Dass der Ford Capri RS 2600 bei brachialer Gangart gut 17 Liter Super durch die Spritröhrchen saugt, sei ihm gegönnt. Die wahre Sollbruchstelle bleibt das Gewissen seines Fahrers: Soll er ihm das wirklich antun? Kenner wissen, dass nicht mehr viele da sind. Kurz nach der Ölkrise, im Februar 1974, lief ihre Produktion aus. Die Ford Capri-Szene schätzt die Zahl der Überlebenden vom Stamme der Ford Capri RS 2600 auf etwa 100 Exemplare.
Die Ford Capri RS 2600 haben das Image von Ford in neue Höhen gepusht und sich auf der Rundstrecke mit den Porsche 911 und BMW CS beharkt. Sie waren eine Versuchung, als Deutschland über freie Liebe und durchsichtige Blusen sprach. Ewige Jugend ist dem Ford Capri RS 2600 deshalb sicher. Und vielleicht reicht es sogar für ein Stück Unsterblichkeit: In Köln reden sie heute über einen neuen Ford Capri, ein Sportcoupé mit langer Schnauze und Heckantrieb und mit Doppelscheinwerfern, wie sie der Ford Capri RS 2600 damals trug. So einfach könnte sie sein: die Wunscherfüllung in Deutschland..
Quelle: Motor Klassik
Ja das war schon ne geile Feile, auch wenn sie Ruhm, Glanz und Leistung des Mustang längst nicht erreicht hat. Es gab mehrere Studien für einen neuen Capri und die Gerüchte halten sich hartnäckig. Wenn er so kommt, am besten noch mit dem Fünfender-Turbo aus dem RS, dann wandert er sofort in meinen Fuhrpark:
http://s7.directupload.net/images/user/110108/lkhyff8w.jpg
Aber wie ich die Spiesser in Köln kenne, wird es maximal ein blasser Abklatsch des aktuellen Mädchenarsch-Scirocco mit müder R4-Luftpumpe und Frontantrieb.🙁
also ich würde gern mal damit fahren.... *träum*,
war es eigenlich nicht damals schon so, dass die motoren aus der USA geliefert wurden? (bei meinen jetzigen ist das ja auch der Fall)
Geile Karre!! 😎
Nein, der Motor kam nicht aus den USA.
Der 2.6 war ein klassischer Köln V6, ein naher Verwandter des weitverbreiteten 2.3 V6.
Vom Köln V6 gab es den 2.0 , 2.3, 2.6 und 2.8.
Der 3.0 war ein ESSEX aus GB, ebenso gab es einen 2.0 ESSEX.
also das mit dem R5 kannst du vergessen volvo ist ja jetzt nicht mehr in Ford besitzt aber ein V6 wäre schon gut.....(obwohls ja ein R4 auch tun müsste schließlich sollte das auto ja billig bleiben)
PS: mehr als Frontantrieb kannst du dir wohl nicht erwarten, denn die setzten sicher wie damals auf plattformstrategie, und überhaupt wäre eine neuinterpretation einfach nicht das selbe....
ah, die werden niemals auf einen V6 zurück kommen... angeblich ,,zu teuer, säuft viel, nicht gut blablabla''
wenn ich sehe, wie laufruhig ein 6zyl ist gegen ein 4zyl. dann verstehe ich echt nicht, wie sturr die da Oben sein können...
außerdem ist der 4zyl aufwändiger, da brauchen die eine Ausgleichswelle, dann kommt Dämmung dazu usw.
beim v6 ist das unnötig, da kommt schon alles von selbst..... und der verbrauch unterscheidet sich kaum.
mein alter 2l 16v 4zyli. hat in der stadt 9,5 bis 10 l geschluckt, bei gleicher fahrweise jetzt noch nimmt der V6 etwa 10 - 10,5.... das ist doch völlig in ordnung. Klar kann er zum säufer mutieren, auch ein 50PS twingo kann das....
außerdem, interessiert sich ein Käufer für dieses Auto meist kaum um den Sprit, er will spaß haben und das sollte er auch bekommen ohne eine Luftpumpe....
Da bin ich der gleichen Meinung, was den 6-Zylinder angeht.
BMW bastelt ja auch kräftig an 4-Zylindern rum - die machen sich damit nen Markt kaputt?
die können basteln wie die wollen, die versenken mehr geld in die 4zyl als beim V6 oder R6...... 🙄
Ja, da gebe ich Dir Recht!!!
Trotzdem werden nur die Kosten gesehen. Und die sind ja anscheinend geringer als beim 6-Zyl.?
ich denke eher, das folgende denkweise stattfindet:
Hersteller: ,,oh je, wir müssen 4 zyl. motoren verbauen, sonst rennen uns die kunden davon, weil die denken: 6zyli ? der schluckt doch vieeel''
Kunden: ,,hmm, (ausm bauchgefühl heraus) 6zyl? ich weiß nicht, der säuft bestimmt viel....''
hier ist so eine art widerspruch, die anzahl der zylinder steht doch nicht für den verbrauch aber viele denken, je mehr zyl, desto mehr schlucken die... Hallo? ein 4zyl Turbo mit 170ps schluckt viel mehr bei vollgas als ein Sauger.... Turbo läuft = turbo säuft!
die Kunden haben zuviel schiss, weil die sich nicht auskennen, ein anderer labert müll, die anderen erzählen das gleich mit... (E10 = motorschaden?) 🙄🙄
ich weiß nicht jetzt ob ich damit recht hab, aber ist jetzt mal alles aus meiner sicht so! 😮
*schwärm* ... ein Traumwägelchen 😎
der 2600rs war im außenauftritt martialisch bis absurd für die damalige zeit. nur hartgesottene hobbytuner hatten so eine kompromisslose außenoptik vorher erreicht, wie sie plötzlich ab werk geboten wurde. insofern war er eine blaupause für den optik-umbau vieler braver capri 1.7.
aber den ruf der capri als nicht zu unterschätzender sportwagen begründeten in deutschland vor allem die schweizer turbo-may versionen. schon 1970 kam der erste 2.3 mit 180 ps auf den markt. damit konnte man wirklich den damals schnellsten 911 auf landstraßen und rennkursen versägen. denn fast alle turbo-may capri hatten die kurze achse für 200 km/h endgeschwindigkeit. auch verbrauch (din 13,2l) und standfestigkeit waren in der auf 5800 u/min beschränkten version hervorragend. von 100 -180 km/h nahm der turbo-may dem 911s über 3s ab. entspürechend wurden 4500 capri turbo-may als komplettwagen und turbo kit verkauft, damit sogar knapp mehr als vom 2600 rs.
Haben. Will. HABEN!
Haaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaben 😊
Ich habe zahlreiche Capri I besessen, bis hin zum 2600 RS und 3000.
Im Vergleich zum BMW 02 oder Opel Manta gab es den Capri mit 4 und 6 Zylinder Motoren. Ab 2 Liter V 6 besass er die grosse Hutze auf der Motorhaube. Faszinierend waren auch die zahlreichen Rundinstrumente. Der Kofferraum war relativ klein. im Vergleich zum Manta. Das Fahrgestell vom Taunus übernommen sowie die Motoren, somit waren Ersatzteile gut auf dem Schrottplatz zu finden.
Eine blattgefederte Heckschleuder, kinderleicht zu driften. Ich trauer dem Wagen nach.