Classic Driving News
Scheunenfund mit 28.000 km
Holger Schmidt aus Siegen erwarb einen Renault 16 TS, der 28 Jahre in einer Scheune stand. Mit großem persönlichen Einsatz restaurierte er die französische Limousine.
Als der Anruf kam, genossen Holger Schmidt und seine Frau gerade einen Urlaub an der Nordsee. "Ein R16 TS, Urtyp, schlummert seit 28 Jahren in einer Scheune, Kilometerzähler steht bei 28.000." Der Anrufer war Wim Boer, aktives Mitglied der holländischen R16-Szene. Er wusste, dass Holger Ausschau nach einer dieser französischen Limousinen hielt. Nur allzu gern erinnert sich Holger an die Familienausflüge in seiner Kindheit mit einem Renault 16 TX. Das blieb nicht ohne Folgen.
In der Tropfsteinhöhle beginnt die Restaurierung
In der Studienzeit überrumpelte er seine Freundin mit dem spontanen Kauf eines zufällig vor der Uni parkenden Renault 16 TL. Obwohl dies zu einer finanziellen Krise führte, die nur durch den Verkauf des aktuellen Autos an seinen Vater gemeistert werden konnte, blieb ihm seine Freundin treu. Ja, sie heiratete ihn sogar - natürlich in einem weißen R16, auf den Holger zufällig gestoßen war, als er sich bei einem Renault-Händler nach einem R16-Modellauto erkundigt hatte.
Nun war er eigentlich auf der Suche nach einem Renault 16 TX, doch was der Anrufer von diesem TS erzählte, klang verführerisch. "Ich konnte allerdings schlecht nach Frankreich fahren, um das Auto anzuschauen, ohne eine Ehekrise zu riskieren", erinnert sich Holger. Und so beauftragte er Wim Boer, den Renault zu kaufen und mitzubringen. Es hatte sich gelohnt. Die Innenausstattung war noch wie neu, das Blech sah relativ gut aus, nur mit dem Motor ließ sich nichts mehr anfangen. Den hatten offenbar spielende Kinder mit Sand aufgefüllt.
Holger übernahm den Renault 16 und stellte ihn erst einmal für zwei Jahre weg, bis er das Grundkapital für eine Restaurierung angespart hatte - auch wenn er sehr viel selbst beziehungsweise mit Hilfe von Freunden machen wollte. Im Jahr 2006 fiel dann der Startschuss. In seiner Tropfsteinhöhle, wie Holger seine Garage nennt, begann er das Auto zu zerlegen. Dabei zeigte es sich, dass doch das eine oder andere Blech geschweißt werden musste. Hier konnte er mit der Hilfe von Daniel Montoja rechnen, und so brachte er den Wagen per Hänger von Siegen nach Paderborn. Montoja ersetzte Teile des Innenschwellers, die kompletten Außenschweller und fertigte von Hand einige Bleche für weitere poröse Partien wie im Bereich der Scheinwerfertöpfe.
Zu zwei neuen Kotflügeln gibt's ein ganzes Auto dazu
Und wieder war es der Zufall, der Holger zu zwei neuen Kotflügeln verhalf. "Ich wollte schon immer auf R16-Ledersesseln sitzen", schwärmt er und machte sich seinerzeit auf die Suche. Er wurde fündig - ein günstiges Angebot, zu dem auch der ganze Renault 16 gehörte, in dem die Sitze montiert waren. Da der Verkäufer sich weigerte, die Sitze separat zu verkaufen, willigte Holger ein und fuhr hin. Er stand vor einer unvollendeten Restaurierung, darum brachte ihm dieser Kauf nicht nur die Sitze ein, sondern auch zwei neue Kotflügel: "Der Rest des Autos liegt bei mir im Keller, die Rohkarosse musste ich wegwerfen."
Übrigens war es ihm auch gelungen, das in Renault-Kreisen sehr gesuchte Motorschutzblech, das den Maschinenraum nach unten abschließt, für seinen Renault 16 TS zu sichern. Er hatte es einfach zum Bestandteil der Verkaufsverhandlungen mit Wim Boer gemacht, denn er weiß, dass die Holländer ein gut bestücktes Teilelager besitzen.
Nach Abschluss der Schweißarbeiten kam der Renault 16 wieder nach Siegen, wo Holger die restlichen Teile wie etwa die Scheiben demontierte. Dann bereitete er die Karosse für den Weg zum Lackierer vor. Den Unterboden schliff er weitestgehend blank und gönnte ihm eine rostschützende dreilagige Schutzschicht, die auf einem Tipp eines Bekannten basierte. Dabei handelt es sich um Spezialprodukte, die zum Schutz von Unterböden an im Dauerbetrieb befindlichen Omnibussen verwendet werden.
Erzkonservative Lackfarbe - gris 660
Das Lackieren der Karosserie überließ er einem Fachmann. Da er schon einen weißen R16 besitzt, entschied sich Holger für einen dem Baujahr gerechten Ton namens gris 660: "Ich finde den Urtyp mit dieser erzkonservativen Farbe superklasse." Diese Meinung teilt nicht jeder, zumindest nicht sein Nachbar, der beim Blick in die Garage feststellte: "Oh, der Wagen ist ja schon grundiert." Ein solcher Kommentar baut auf, speziell, wenn man in den vergangenen Monaten jede Minute seiner Freizeit für die Restaurierung des Renault 16 geopfert hat. Längst bemühte sich Holger um die Aufarbeitung der Technik, wobei ihm seine Ausbildung zum Industriemechaniker und sein Maschinenbaustudium von Nutzen waren.
Das Fahrwerk des Renault 16 einschließlich der Bremsanlage hat er komplett erneuert. Die Stoßdämpfer, jede Buchse, jedes Gummi, alles hat der Restaurierer ersetzt - bis auf den Bremskraftverstärker. Doch ein Neuteil liegt bereits parat. Da der originale Motor nicht mehr verwendbar war, hatte er sich ein intaktes Gebrauchtaggregat besorgt. Holger überarbeitete den Motor optisch und erneuerte dessen Peripherie. Das Getriebe des Renault 16 wurde geöffnet, neu abgedichtet und das Pilotlager erneuert. Eine Komplettrevision des Räderwerks war aber nicht erforderlich.
Motoreinbau mit Lastwagen
Beim Einbau der Motor/Getriebe-Einheit half ein guter Bekannter, der einen Lastwagen mit Ladekran besitzt. Dieser war schon zuvor im Einsatz gewesen - eine nervenaufreibende Geschichte. Holger wartete damals gespannt auf das Eintreffen seines fertig lackierten Renault 16, bis dann die Nachricht eintraf, das Auto sei bei der Überführung vom Hänger gerutscht.
Holger fuhr mit seinem Freund in dessen Lastwagen so schnell es ging zum Ort des Geschehens. Doch es war alles nicht so schlimm wie gedacht. Der Renault 16 war nicht heruntergefallen, sondern in einer engen Kurve mit den Vorderrädern aus der Spurrinne des Anhängers gesprungen. Die frei schwebenden Räder hatten sich dann in den Spanngurten verfangen. "Wir haben zur Hauptverkehrszeit kurz die Durchgangsstraße des Orts gesperrt und mit dem Kran das Auto in die richtige Position gebracht", erinnert sich Holger an die Rettungsaktion. Glücklicherweise hatte der Renault 16 keinen Kratzer abbekommen.
Dumm gelaufen - neue Tür wegen Regen
Dafür sorgte Holger dann später selbst. Da es in seiner Tropfsteinhöhle sehr eng zugeht, schob er während der beginnenden Montage den Wagen immer ins Freie. Fahren war nicht möglich, weil der Motor noch fehlte. Als er eines Tages im Haus bei einer Kaffeepause saß, begann es plötzlich heftig zu regnen. Holger rannte so schnell er konnte hinunter vors Haus und stieß den Renault 16 mit aller Kraft zurück in die Garage, um ihn vor den Wassermassen zu schützen.
Leider übersah er im Eifer des Gefechts, dass die hintere rechte Tür des Renault 16 noch offen stand, die dann prompt am Garagentor hängen blieb. Der Schaden war so heftig, dass sich das Reparieren nicht mehr lohnte. Doch mit Hilfe des Club-Ersatzteilspezialisten Peter Hemmers kam er zu einer neuen Tür, die aber natürlich noch lackiert werden musste.
Dumm gelaufen war auch die Sache mit der Frontscheibendichtung, in die beim Renault 16 eine Zierleiste eingelassen ist. Holger hatte sich bei einem alten Renault-Werkstattmeister erkundigt, ob man die Leiste vor der Scheibenmontage oder danach in den Gummi fummeln solle. Die Antwort lautete danach, denn es gäbe ein Werkzeug, mit dem das einfach zu machen sei. Das ist zwar richtig, betrifft aber nur die späteren Renault 16. Bei den Urtypen besteht die chromfarbene Leiste nicht aus Kunststoff, sondern aus Metall - und das wird bei Anwendung des Spezialwerkzeugs ruiniert. Nun fährt Holger also schon eine Weile ohne Leiste durch die Gegend, aber irgendwann wird er die Scheibe wohl wieder herausnehmen müssen.
Finanziell hat sich die mit viel Ehrgeiz durchgeführte Restaurierung natürlich nicht gelohnt, dafür ist der Marktwert eines Renault 16 zu gering. Aber das stört Holger nicht im Geringsten: "Ich wollte das unbedingt machen, und es war eine wertvolle Erfahrung." Doch nochmal möchte er sich das nicht antun. "Schlimm war der nötige Zeitaufwand, das Familienleben blieb komplett auf der Strecke", sagt er. Was wohl passiert, wenn demnächst ein Anruf kommt und man ihm einen tollen R16 TX zum Restaurieren anbietet
Quelle: Motor Klassik
Das einzige was an diesem Auto schön ist, die Innenausstattung.
Trotzdem eine schöne Arbeit, man muss ihn halt mögen.
Fand die Renaults damals alle hässlich, ausnahme R4 und Alpine.
Jens
Mehr Style geht nicht!!
Grau zu Cognac - absolut perfekt!
Jetzt mit dem Teil am "Étoile" vorfahren und einen Pastis... 😎
das erste foto zeigt, daß die seitenlinie nicht stimmt. kotflügel und fahrertür passen nicht. da muß man noch einmal nacharbeiten. ansonsten ist der renault 16 eben reine liebhaberei. aber warum nicht? individuell und praktisch ist er.
Wunderbar! Ein Renault 16! So einen hatte ich ebenfalls einmal; er war jägergrün und leistete 55 PS. Ein feines Auto, immer zuverlässig und komfortabel. Ich habe mir danach einen senfgelben R20 gekauft, der den Charakter im Wesentlichen beibehielt.
Die R16 habe ich nicht nur gern gefahren, sondern auch oft verkauft. Das waren sehr gute Autos, und ich freue mich über diesen Artikel als Fan und Fahrer der Marke Renault sehr!
Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie akribisch manche Menschen ihren Hobbys fröhnen. Aber sind es nicht gerade diejenigen, die dafür sorgen, dass uns solche Raritäten noch lange erhalten bleiben? Welcher Jugendliche weiß schon, mit welchen Fahrzeugen und Techniken wir uns früher beschäftigt haben? Nun haben sie etwas zum Begreifen und "Anfassen". Nur die ständigen Weiterentwicklungen unserer Autos (durch deren Anfänge) haben dazu geführt, dass wir das, was wir heute haben, überhaupt erst dadurch möglich wurde. Ein Hoch und Danke an unsere Pioniere des Automobilbaus! Und selbstverständlich an alle, die noch etliche Pläne zur Durchführung ihrer noch anstehenden Restaurierungen durchziehen wollen. Lasst Euch nicht entmutigen, den Dank dafür gibt es mit jedem anerkennenden Blick auf Eure Edelkarossen einer längst vergangenen Epoche. Jetzt muss ich aber aufhören, sonst komme ich zu sehr in´s Schwärmen...😊
Ein Auto, dass sehr angenehm war und heute nur noch so selten zu finden ist.
Toll gemacht. 😊
(Und wirklich erstaunlich die Renaults. Sie laufen auch, wenn der Antriebsblock um 180° gedreht eingebaut wird.😉😆)
(Ja ich weiss, das gehört bei dem so.)
geiliod, ich hatte als Jüngling mit 14 einen R12TS, genau in der Farbe wie hier (klick)
Leck am Backen, war das Ding drehzahlwillig. und im Vergleich zu meinem ersten Auto (mit 13 Jahren), einem 1200er Käfer ging der ab wie die geölte Katze, ich glaub (gefühlte) 80PS hatte der R12 TS, im Vergleich zum Käfer war er jedenfalls hammergiftig.
Nachteil: Auf den gefrorenen Dezember-Wiesentälern des nördlichen Saarlandes sind beim R12 gern mal die angerosteten Stoßdämpferaufnahmen abgerissen, da war der Käfer schon stabiler: Bei dem musste nur mal die Kupplung erneuert werden.
Fahrwerk & Karosse hielt 😆
Schönes Auto, wirklich. Das waren die goldenen Zeiten bei Renault...
die Sitzbank hintenhat schon etwas vom Clubsofa.
Toll :-)
Sehr witzig, daß man uns den Front-Mittelmotor (also Getriebe vorne und Motor hinten) im Längseinbau vor ein paar Jahren noch als technische Neuerung beim Audi A5 verkaufen wollte.
Sehr schönes Auto. Immer wieder faszinierend, wieviel Zeit, Geld und Liebe Schrauber in ihre Schätzchen investieren.
Habe auch schon als Oldi einen R16 oder R4 angedacht, wobei letzterer einfacher zu finden ist.
Da meine Eltern damals einen Renault Betrieb hatten, bin ich quasi im R16 groß geworden. Ich hab selbst heute noch ein lächeln im Gesicht, wenn man denn mal einen sieht. Als Renault dies Auto gebaut hat, hatten andere Marken nur Bauernkisten angeboten. Ich persönlich bevorzuge den R16 TX, hab aber leider nicht den Platz mir eine solche Rarität (wenn man sie dann kaufen könnte) zu erwerben.
Heute fahren wir Twingo und Scenic! Wäre toll wenn Renault mal wieder ein solch trendsetzendes Auto
bauen würde!
G-ruß Uwe
Beim Audi sitzt das Getriebe aber hinter dem Motor. Es wurde nur bei den neueren Modellen weiter nach hinten versetzt und die Vorderachse rückte dafür nach vorne. Ein Frontmittelmotorfahrzeug von Audi ist mir nicht bekannt, da wäre der Motor ja hinter der Vorderachse. Diese Bauweise mit dem Getriebe vor der Vorderachse gab es aber früher oft bei Citroen und Renault, ehe die auf Quermotoren umstellten.
Motor vorne/Getriebe hinten heißt Transaxle-Bauweise.
Bei einem Front-Mittelmotor sitzt der Motor nicht auf der Vorderachse, sondern dahinter, um eine möglichst neutrale Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse zu gewährleisten.
Ein Front-Mittelmotor Konzept kann zusätzlich in Transaxle-Bauweise ausgeführt werden, muss aber nicht.
Sascha