Ratgeber: Bei Regen auf Tour mit dem Motorrad
Schlechtwetterbiker sollten auf ihren Hintern hören
Hartgesottene Biker trotzen dem Wetter und lassen sich auch von einem Schauer nicht abhalten. Doch Regen und nasse Straßen fordern vom Fahrer besondere Umsicht.
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Bonn/Bochum - Die Sonne scheint, der Asphalt ist griffig und die Landstraße lädt zum Kurvenfahren ein - optimale Bedingungen für Motorradfahrer. Das ändert sich mit dem ersten Regentropfen schlagartig. Keine Karosserie schützt vor der Nässe, elektrische Scheibenwischer gibt es nicht und der Untergrund verliert seine Haftung.
Rutschgefahr nach Sommerregen
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Insbesondere nach langer Trockenheit kann sich durch einen kurzen Schauer ein gefährlicher Schmierfilm bilden, warnt Jürgen Bente vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR). Der hat ähnlich schlechte Reibwerte wie nasses Kopfsteinpflaster oder eine Schneedecke. "Mit einem runden Fahrstil fährt man aber recht sicher", sagt er. Und Sicherheit gibt Selbstvertrauen. Nicht unerheblich, denn, so Bente: "Angst ist ein schlechter Beifahrer."
"Bei Regen empfiehlt sich grundsätzlich eine angepasste Fahrweise", sagt auch Achim Kuschefski vom Institut für Zweiradsicherheit (ifz). Die Feuchtigkeit mache sich vor allem bei den maximal möglichen Schräglagen und Kurvengeschwindigkeiten sowie in der Länge des Bremswegs bemerkbar.
Weniger Schräglage, angepasster Fahrstil
Das Risiko eines Sturzes ist dabei nicht überall gleich groß. "Insbesondere Fahrbahnmarkierungen und Gullydeckel werden schnell rutschig. Wer mit geringer Schräglage darüber fährt, wird aber selten Probleme bekommen", sagt Michael Lenzen vom Bundesverband der Motorradfahrer (BvdM). Er empfiehlt fahren ohne abruptes Bremsen und Beschleunigen. In Senken und Tunneln sei zudem langsames Fahren angesagt - dort können tiefe Pfützen warten, die das Risiko von Aquaplaning mit sich bringen.
Zwar kommen Motorräder erst bei etwas höheren Geschwindigkeiten als Pkw in den Aquaplaning-Bereich, weil die Reifen eine runde Form haben und sich nicht so schnell ein Wasserkeil davor aufbauen kann. Doch je höher der Wasserpegel, desto mehr sollte die Geschwindigkeit reduziert werden. "Absteigen würde ich erst, wenn die Sicht dermaßen eingeschränkt ist, dass eine vorausschauende Fahrweise nicht mehr möglich ist und man von anderen Verkehrsteilnehmern nicht mehr wahrgenommen wird", sagt Kuschefski.
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Die richtige Kleidung
Sich selbst schützen Motorradfahrer am besten mit einer Regenkombi oder einem Gore-Tex-Anzug. Neben einer Vielzahl von wasserdichten Textilkombis gibt es auch solche, die über der Lederkleidung getragen werden. "Darüber hinaus sollten Hände und Füße vor Nässe und Kälte geschützt werden, sofern die Handschuhe und die Stiefel nicht schon wasserdicht sind", sagt Achim Kuschefski. Er empfiehlt eng anliegende Überzieher, die nicht stören. "Bei Regen kühlt der Fahrer schnell aus. Bei längeren Touren empfehlen sich deshalb öfter Pausen zum Aufwärmen", sagt Michael Lenzen.
Besonders wichtig ist bei Regen und Gischt eine gute Sicht. "Weder das Visier noch die Brille dürfen beschlagen", sagt Kuschefski. Daher sollten Motorradfahrer zu speziellen Anti-Beschlag-Visieren oder Visieren mit Doppelscheibe greifen. Praktisch sind auch spezielle Gummilippen am Handschuh, die wie ein Scheibenwischer die Tropfen vom Visier schieben. "Wichtig ist, dass die Fahrer auch bei Regen locker auf dem Motorrad sitzen und nicht verkrampfen", sagt Lenzen, dann könne die feuchte Fahrt sogar Spaß machen.
Motorradkombi muss am Hals dicht sein
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Das sieht auch DVR-Mann Bente so: "Motorradfahren bei Regen ist nicht jedermanns Sache, obwohl es mit den richtigen Klamotten Spaß machen kann." Er empfiehlt, insbesondere bei längeren Touren, immer eine separate Regenkombi einzupacken. Schließlich könne sich das Wetter jederzeit ändern. Eine separate Kombi schützt zudem besser vor wirklich starker Nässe. Zwar sei in funktionaler Motorradbekleidung meist eine Klimamembran eingearbeitet, die atmungsaktiv ist. "Doch bei Starkregen werden die Anzüge nass und schwer. Die Fahrer kühlen dann langsam aus", sagt er.
Wer auf der Suche nach Regenkleidung ist, sollte sich laut Bente in Fachzeitschriften informieren und unbedingt eine Anprobe im Fachhandel machen. Nur so können Biker den passgenauen Sitz überprüfen. "Wichtig ist die Funktion. Vor allem am Hals darf es nicht reinregnen", sagt Bente.
Elektronische Fahrhilfen und Fahrmodi
Neben der Ausrüstung des Fahrers, spielt im Regen auch noch die des Motorrads eine Rolle: Moderne Maschinen sind dank ABS und Traktionskontrolle prädestiniert für solche Bedingungen. Darüber hinaus gibt es bei modernen und leistungsstarken Maschinen den Fahrmodus "Rain", der die Motorleistung drosselt und das Motorrad insgesamt sanfter ans Gas gehen lässt - und damit die Beschleunigungskraft an die Witterungsverhältnisse anpasst. Doch Lenzen sagt: "Das beste Assistenzsystem ist immer noch der Popometer. Wenn der durch viel Erfahrung ordentlich kalibriert ist, dann macht Motorradfahren auch bei Regen Spaß."
Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht
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Wie, Ich kann bei Regen nicht meinen digitalen Fahrstil ausleben und jede Kurve mit voller Schräglage nehmen? Verdammt, gut zu wissen...
Als wenn man sowas nicht wüsste 😆
Das sollte jeder Mopedfahrer wissen, daher erübrigt sich dieser Newsbeitrag eigentlich.
Gut ist der Hinweis auf ABS, ASR und diverse Fahrmodi. Perfekt für all diejenigen, die nicht in der Lage sind Motorrad zu fahren.
Da aber die meisten noch nie einen Tropfen Wasser gesehen haben, ist das auch nicht so tragisch 😆
Wichtiger als die ganzen Fahrhilfen sind die richtigen Reifen. Schon bei aktuellen Schlappen gibt es gerade im Regen große Unterschiede, unfahrbar wird es mit ausgehärteten porösen Uraltreifen.
Muss an dieser Stelle mal ein Lob loswerden.
Im Vergleich zu vergangenen Jahren fahren die Biker dieses Jahr sehr beherrscht und mit Verstand und Rücksicht. Ist mir echt positiv aufgefallen. Gab keinen wirklich negativ Aufffallenden. Das war die Jahre davor durchaus anders. Auch die Härte der Biker ist mir aufgefallen. Bei 30Grad im Schatten oder 10Grad Regen wird gefahren. Die meisten Cabriofahrer geben da auf. Daumen hoch.
Das sollte jeder Mopedfahrer wissen. Das muß schon ein - sorry! - selten dämlicher Zweiradfahrer sein, der das nicht weiß. Aaaaaaaaabeeeerrrrr....
... das weiß kaum ein Autofahrer!
Wenn man als Zweiradfahrer der Witterung und der Restgriffigkeit der Straße angepasst fährt, dann hat man oft genug einen Auto- oder Lkw-Fahrer hinter sich, der einen schiebt, weil der Doof von Fahrer mit seinem Mehrspurfahrzeug gar nicht merkt, wenn ein oder zwei Räder keinen Grip mehr haben.
Gruß Michael
Das stimmt. Viele Autofahrer passen ihre Geschwindigkeit nie den Verhältnissen an.
Da muss ich Dir leider widersprechen, es fallen einige unangenehm auf.
Ich wohn 300 m von einer Kreuzung weg in einer kleineren Stadt.
Da wird mit Vollgas von der Ampel weggeprügelt und auf total überhöhte Geschwindigkeiten beschleunigt.
Oder schön im 1. Gang durch den Ort gefahren damit ja jeder mitbekommt das man nen neuen Auspuff ohne DB-Killer dran hat.
Diesen Idioten sollte man den Führerschein für 1 Saison entziehen.
Von solchen Typen kommt nämlich dann das schlechte Image [sind eh alles Raser] unter dem die normalen Motorradfahrer mit verschärften Kontrollen, Streckensperrungen, etc. zu leiden haben.
Ich fahre selbst Motorrad, allerdings immer möglichst leise durch Ortschaften. Und man muss nicht nach jedem Ort [in niedrigen Gängen] voll beschleunigen und die Anwohner unnötig belästigen.
Etwas mehr Rücksicht auf die nicht motorradfahrende Gesellschaft wäre nicht verkehrt.
Gilt umgekehrt auch für Autofahrer die einen im Stau nicht vorbeilassen.
Die Linke zum Gruß
Der Gaswart
Wer obiges nicht weiss, wird das aber recht schnell merken 😊 !
Insgesamt ist der Fahrbahn zustand in D aber mittlerweile so erbärmlich, das man mit dem Motorrad bei Regen besser nicht mehr fährt o. wenn gerade vor Kurven etc. extrem vorsichtig ist.
Die Haftwerte ausgelutschter Asphaltdecken varieren dermassen unvorhersehbar das es fast schon Russischen Rulett gleichkommt zu fahren, dazu noch ein bisschen Treibstoff oder Öl.. keine Chance!
Nee, bei nasser Strasse zu fahren vermeide ich, wenn irgend möglich!
MfG Günter
P.S. Aber könnte es sein, das "unangepasste Geschwindigkeit" bei nasser Fahrbahn, bei Motorräder sowieso als Unfallursache nur eine untergeordnete rolle Spiel?
Bei uns sind die Straßen noch sehr gut erhalten. Wichtig sind natürlich halbwegs gute Reifen.
Ich fahre bei Regen aber generell sehr vorsichtig.
Wobei Regenfahrten auch echt Spaß machen, da Ich aber eh kein Auto habe, bleibt mir ohnehin keine andere Wahl 😆
Für ohne Auto hast Du irgendwie einen merkwürdigen Nick...
Vor 2 Jahren ist mir auf regennasser Fahrbahn trotz vorsichtiger Fahrweise bei etwa 35 das Motorrad quasi unterm Hintern weggezogen worden. Das war an der Stelle so glitschig, dass man selbst zu Fuss ins rutschen kam. Da hatte sich irgendwie der Schmodder der Oberfläche gesammelt.
Aber bei solchen Stürzen passiert auch i.d.R. nicht viel. Die größten Schäden sind am Ego...😉
Grundsätzlich sollte man ja davon ausgehen, dass alles, was in diesem Artikel steht, auch in der Fahrschule gelehrt wird.
Früher war das auch so, heutzutage scheinbar nicht mehr.
Die Tochter eines Bekannten hat sich kürzlich mit ihrer 125er beim Abbiegen auf die Nase gelegt, weil sie auf einem Gullideckel weggerutscht ist.
In der Fahrschule hat man ihr wohl gesagt, dass Fahrbahnmarkierungen bei Regen rutschig sind. Dass aber auch Gullideckel (insb. die aus Stahl) sehr glatt werden, hat ihr dort niemand gesagt..
Ok, da könnte man auch von allein drauf kommen. Aber zu einer guten Ausbildung gehört, dass das auch in der Fahrschule erwähnt wird.
Wichtig für Regenfahrten sind die richtigen Klamotten und vor allem der richtige Reifen.
Da moderne Reifen auf trockener Straße mittlerweile sehr nah zusammenliegen, schaue ich verstärkt auf die Testergebnisse bei Regen.
Aufrund dessen habe ich mir letztes Jahr für die GT den Michelin Pilot Road 4 gekauft, und was soll ich sagen? Fahrverhalten bei Regen fast wie bei trockener Straße. Unglaubliche Nasshaftung, was enorm viel Vertrauen vermittelt hat.
Vor diesem Reifen hatte ich bei Regen immer ein etwas mulmiges Gefühl. Seitdem ich den Reifen drauf habe ist das komplett verschwunden.
Als wir vor einigen Jahren mit den Bikes in Kroatien waren, haben wir fast jeden Pass in Ösiland bei strömenden Regen genommen. Und zwar auf der Hin- und Rückfahrt 😤
Jedoch hat sich nach einigen Stunden ein dermaßen gutes Gefühl für das Vorderrad eingestellt, dass auch ganz ordentliche Schräglagen bei Nässe möglich waren. Das Feeling dann etwas später auf trockener Straße lässt sich nur noch als extrem geil beschreiben.
Ich kann jeden Biker nur raten, auch mal bei ordentlich Nässe mal ne Tour zu machen. Der Sicherheitsgewinn durch das erhaltene Selbstvertrauen und das Vertrauen in die Maschine + Reifen sind sehr nützlich.
Das wollte ich auch erwähnen... der Artikel wäre eigentlich viel besser dazu geeignet mal ein paar Autofahrer zu sensibilisieren.