Neues Urteil des Bundesgerichtshofs zur 130-Prozent-Regelung
Schluss mit Tricksereien bei Reparaturkosten
Soll man ein verunfalltes Auto reparieren oder besser ersetzen? Bei der Entscheidung hilft künftig der Bundesgerichtshof - und unterbindet Tricksereien.
Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof hat mit einem aktuellen Urteil rechtliche Schlupflöcher bei der Reparatur von Unfallwagen geschlossen. Mit ihrer Entscheidung unterstreichen die Richter die Bedeutung von Sachverständigengutachten und bestätigen die sogenannte 130-Prozent-Regelung. Sie besagt, dass die Reparaturkosten maximal 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert eines vergleichbaren Fahrzeugs liegen dürfen.
Die 130-Prozent-Regelung
Wird ein Fahrzeug bei einem Unfall so stark beschädigt, dass die Reparaturkosten laut Sachverständigengutachten höher sind als die Wiederbeschaffung eines vergleichbaren Fahrzeugs, liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden vor. Die Reparatur gilt als „wirtschaftlich unvernünftig“. Da für viele Besitzer ihr Auto einen ideellen Wert hat, gibt es die 130-Prozent-Regel. Wer sich darauf beruft, kann sein Auto trotzdem reparieren lassen. Die Regelung bedeutet: Wenn die Reparaturkosten maximal 30 Prozent über den Wiederbeschaffungskosten liegen, muss die Haftpflichtversicherung diese Reparaturkosten tragen.
Schlechte Idee: Reparaturkosten manipulieren
Das Urteil des BGH (2. Juni 2015 - VI ZR 387/14) bestätigt die bereits geltende 30-Prozent-Marke als Grenze für eine wirtschaftliche vernünftige Reparatur. Im verhandelten Fall hatte die Klägerin ihren verunfallten Mercedes Benz C 200 D reparieren lassen, obwohl im Gutachten die Reparaturkosten mit 2.973,49 € veranschlagt waren. Sie betrugen somit 186 Prozent des Wiederbeschaffungswertes von 1.600 Euro.Allerdings hatte die Klägerin den Schaden nicht gemäß des Gutachtens reparieren lassen. Sie ließ nur gebrauchte Ersatzteile einsetzen und verzichtete auf manche Teile komplett. So beliefen sich die tatsächlichen Reparaturkosten auf 2.079,79 Euro und lagen unter der Grenze von 130 Prozent.
Wiederbeschaffungswert versus Wiederbeschaffungskosten
Die Versicherung berief sich auf die Unwirtschaftlichkeit der kalkulierten Reparatur. Sie erstatte der Mercedes-Besitzerin nur 1.130 Euro für die Wiederbeschaffungskosten. Diese berechneten sich aus 1.600 Euro Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts des verunfallten Autos von 470 Euro. Die Frau wollte die Differenz von 949,79 Euro sowie Anwalts- und Mietwagenkosten einklagen.
Der Bundesgerichtshof wies die Klage ab. Mit der Begründung, die Instandsetzung sei auf Basis des Gutachtens unwirtschaftlich gewesen. Die tatsächlichen, niedrigeren Reparaturkosten hätten zwar die 130-Prozent-Grenze eingehalten, doch sei die Reparatur „nicht entsprechend den Vorgaben des Sachverständigen durchgeführt worden“.
Es ergebe sich eine Manipulationsgefahr durch versteckte Rabatte seitens der ausführenden Werkstatt und auf der Rechnung nicht ausgewiesene Positionen. Mit der Verwendung von Gebrauchtteilen in größerem Umfang könne die Verkehrssicherheit gefährdet sein.
Fazit
Nach Ansicht der BGH-Richter darf bei der Instandsetzung eines Unfallautos nicht von den Vorgaben des Sachverständigengutachtens abgewichen werden. Dem Gutachten kommt eine zentrale Bedeutung bei der Schadensregulierung zu. Es nachträglich infrage zu stellen, untergräbt seine Bedeutung. Die Klägerin muss nun allen Kosten selbst tragen, die den Wiederbeschaffungskosten von 1.130 Euro übersteigen.
Unser Rat zur 130-Prozent-Regel
Unser Rat an diejeinigen, für die ein verunfalltes Auto zur Familie gehört und die es deshalb reparieren lassen wollen:
- Sucht Euch einen freien Sachverständigen. Er berät, ob die 30-Prozent-Grenze realistisch eingehalten werden kann und kalkuliert genau. Sein Gutachten ist verbindlich - siehe Urteil.
- Ist der Schadenswert höher als im genannten Fall, sollte unbedingt ein Anwalt für Verkehrsrecht hinzugezogen werden. Bei einem Haftpflichtschaden bezahlt den die gegnerische Versicherung.
- Vorsicht vor Gutachtern, die von der gegnerischen Versicherung gestellt werden. Hier wird der verunfallte Wagen 'totgerechnet'. Die 30-Prozent-Grenze wird schnell überschritten. Die Reparatur wäre somit wirtschaftlich unvernünftig.
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Quelle: Mit Material von dpa
Manchmal kann man nur staunen über die Dreistigkeit, mit der manche Fahrzeugbesitzer versuchen, die Versicherten-Gemeinschaft zu schröpfen... 😤
Mein Rat an die Bekloppten, die einen Blechaufen als Familienmitglied sehen: Unbedingt mal zu Arzt gehen.
Also ich würde mein erstes Auto auch wenn es unrentabel wäre wieder aufbauen lassen (mindestens bis zum ca. 5-fachen des Wiederbeschaffungswertes).
Leider werden ältere Autos eben schnell als "Schrott" eingestuft, wenn mal ein kleiner Schaden vorliegt. 2000-3000 € sind mit einer Delle in der Seitenwand, einem abgefahrenen Rückspiegel, Kratzern in der Stoßstange und dem Kotflügel schnell erreicht.
Ich spreche da aus eigener Erfahrung, nachdem mein Cuore von einem 80-jährigen Rentner geschrammt wurde (der seit zig Jahren unfallfrei war und 200 € Versicherung zahlte... sein Golf 5 GTI war nur ringsherum völlig zerschrammt - ich will nicht wissen, wie viele von dem geschädigt wurden und bei denen er seinen Fehler nicht bemerkt hat). Aufgrund der guten Pflege (Rostvorsorge etc.) war die Reparatur mit der 130 % Regelung gerade noch möglich. Der Restwert eines fast völlig funktionsfähigen Autos (nur der Rückspiegel hätte für die Verkehrssicherheit erneuert werden müssen) lag je nach Anbieter dagegen bei 50-250 €.
Insofern hätte ich der Frau - sie wird ja wohl an dem Wagen hängen - die 2000 € zugesprochen. Sie hat sich extra bemüht, die Kosten in den 130 % Rahmen zu bekommen und will lediglich die Reparaturkosten ersetzt haben, wie ich es der Geschichte hier entnehme, und sich nicht bereichern. Wie kann man da von Dreistigkeit sprechen? Wie viele Autos werden von gegnerischen Versicherungen totgerechnet und damit die Besitzer verarscht?
Ich habe den entscheidenden Punkt in der ganzen Sache noch einmal als Zitat herausgezogen.
hier steht wieder viel aus dem zusammenhang gerissener Blödsinn.
exemplarisch:
so allein falsch.
im Urteil steht:
quelle
also mal wieder schlecht recherchiertes Blödzeitungsniveau.
und was heißt abzocken?
ich kann es jedem nachfühlen, wenn er sein jahrelang gehegtes 'Schätzchen' nicht wegen der Dämlichkeit anderer abschreiben will; bei dem Wagen weiß er, was er hat.
Ganz abgesehen davon ist eine Reparatur ökonomischer als das schmeiß-weg-gehabe der heutigen Gesellschaft.
Gruß Anja
Wenn der Einsatz von Gebrauchtteilen bei Unfallreparaturen laut höchstrichterlichem Urteil nicht durch die Versicherung des Unfallverursachers gedeckt ist / bezahlt wird, dürfte das den Tod nahezu aller Young- und Oldtimer bedeuten, die in einen Unfall verwickelt werden und die nicht extrem hochpreisig sind.
Danke BGH!
Link zum vollständigen Urteil als PDF
In meinem Blog habe ich die Unfallreparatur meines Autos genau beschrieben. Wiederbeschaffungswert etwa 2.800 €, geschätzte Reparaturkosten etwa 5.500 €, Restwert 300 €.
Repariert für 2.500 € in einer Fachwerkstatt. Ergebnis ist gut, aber nicht perfekt und ich konnte die ganzen in den Wagen gesteckten Verschleißteile weitere 3 Jahre nutzen, also war es für mich das wirtschaftlichste Ergebnis.
Mir leuchtet nicht ein, warum Gebrauchtteile der Schadfreistellung durch die Versicherung im Wege stehen. Eine gebrauchte Tür muss doch nur gegen eine gut erhaltene gebrauchte Tür ohne Schaden ersetzt werden, sodass der Wagen danach wieder wie vorher ist. Eine neue Tür wäre eine deutliche Werterhöhung, die nur sinnlos der Versicherung Geld kostet.
Bei einem fast neuen Auto wäre das ok, aber bei einem über 10 Jahre alten Fahrzeug muss keine "so gut wie neu"-Reparatur erfolgen, denn dann stünde das Unfallopfer nach dem Unfall besser da als vorher.
Wenn es hier z.B. um den Ersatz einer beschädigten Tür durch eine gebrauchte Tür ging (also nicht neu, aber vermutlich auch nicht völlig verrostet oder schonmal nach einem schweren Unfall instandgesetzt), ist das doch völlig in Ordnung. Wenn mir ein Sachverständiger das Auto mit Neuteilen totrechnen würde, auch wenn diese nicht notwendig wären, dann würde ich den schon fragen, ob nicht auch eine zeitwertgerechte Reparatur in Frage kommen würde.
Mit ein bisschen Geld (Wiederbeschaffungswert - Restwert) würde ich mich von der Versicherung nur abspeisen lassen, wenn es garnicht anders geht. Am Ende bleibt der Ärger, der Stress und die Arbeit sowieso noch am Geschädigten hängen.
Was soll daran dreist sein wenn die Frau ihr Fahrzeug günstiger reparieren läßt und nur diese Kosten erstattet haben will. Haupsache mal wieder geblubbert um den Schnitt zu halten. 🙄
Ich will gar nicht wissen wie die Versicherungen die hohen Kosten durch geklaute und zerdepperte Neuwagen auch auf die "kleinen" umverteilen.
Da sind 20.000 € oder 100.000 € plötzlich gar kein Problem (auch wenn´s doch irgendwie klar ist, dass die Karren geklaut werden wie nochmal was (weil der Hersteller am Diebstahlschutz spart) und kaputtgefahren, fahrlässig), aber bei 1.600 € Streitwert und einer Geschädigten, die sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, außer dass sie ihren Schaden ersetzt haben wollte, da wird bis vor den Bundesgerichtshof gezogen. Wegen nichtmal 500 €!
Na, da können wir stolz auf unsere Versicherungen sein. 😊 🙄
Darum geht es doch garnicht. 🙄
Hier wurde ein Gutachten auf der Basis von Neuteilen erstellt, aber anschließend Gebrauchtteile verbaut.
Wenn schon geplant ist, daß Fahrzeug mit Gebrauchtteilen aufzubauen, dann muß dies auch bei der Erstellung des Gutachtens berücksichtigt und entsprechend in Auftrag gegeben werden.
War bei Erstellung des Gutachtens bereits bekannt, dass der Wagen letztendlich teilweise mit Gebrauchtteilen repariert werden soll? Du verlangst sonst auch bei jeder möglichen Gelegenheiten nach belegbaren Quellen für von anderen gemachte Aussagen, kannst Du zu Deiner auch eine bringen?
Dieses Detail verrät uns der Eröffnungsbeitrag leider nicht.
Die Kernaussage des BGH-Urteils habe ich aber schon als Zitat herausgestellt.
Da gibt es eigentlich nur 2 Alternativen:
1. Gutachten vor der Reparatur entsprechend ergänzen/abändern lassen.
2. Fiktiv abrechnen - dann ist der VN in seiner Reparaturentscheidung vollkommen frei.
So wie es in dem verhandelten Fall gehandhabt wurde, geht es jedenfalls nicht, das sollte eigentlich klar geworden sein.
wellner halt...🙄
gibt gut bezahlte 'seminare' zum versicherungsrecht bei versicherungen.
seite 5 des pdf...
mag sich jeder denken, was er will😎