Motorrad News
Sie nannten sie Mammut
Eine Münch ist mehr als nur ein Motorrad - sie ist vor allem ein Ereignis: die faszinierende Synthese aus einem potenten Automotor und genialer Ingenieurskunst bescherte der Welt lange Zeit das stärkste Zweirad überhaupt.
An der Münch-4 TTS-E zeigt sich: Manchmal drohen große Träume an fürchterlich banalen Dingen zu scheitern: Eine Münch lässt sich nicht einfach so vom Hauptständer hebeln. Rund 300 Kilo, und ein gefühlter Schwerpunkt, als ob der riesige Tank zusätzlich mit Blei ausgegossen wäre. Vielleicht doch besser nur Motorrad schauen und die lang ersehnte Ausfahrt einfach vergessen?
Superlativ mit Automotor und Elektronguss-Rädern
Zu entdecken gäbe es bei der Münch-4 TTS-E genug. Ein Vierzylinder-Automotor mit offenen Ansaugtrichtern, Felgen und Schwinge aus damals sündhaft teurem Elektronguss und ein Kupplungsgehäuse, so groß wie ein Wascheimer. Einmal in den Siebzigern in natura erlebt, glaubte ich, so etwas müsste die ultimative Erfüllung sein. 100 PS und über 200 Sachen schnell - die Münch-4 TTS-E gilt in ihrer Zeit unbestritten als die Nummer eins im Orbit der Zweiradszene. Und dann erst dieser einmalige Sound. Heiser und aggressiv. Bis heute unvergessen.
Jetzt aber. Allen Mut zusammengefasst und mit kräftigem Ruck dieses schwarze Biest, die Münch-4 TTS-E mit der Seriennummer 228, auf die Räder gestellt. "Nur nicht zimperlich sein", empfiehlt Besitzer Thomas Petsch. Der Unternehmer aus Würzburg ist mit Haut und Haaren Münch-Fan. Bereits als Schüler hängt er ein zurecht geschnittenes Stück Pappe in den Rahmen seines Fahrrads, worauf er zuvor das Münch-Emblem gezeichnet hatte. Vor elf Jahren präsentiert Petsch mit der 260 PS starken Münch 2000 schließlich eine technisch beeindruckende Neuauflage seines einstigen Traummotorrads, muss von einer geplanten Kleinserie jedoch absehen.
Münch: Technisch um Jahre voraus
Die 15 gebauten Exemplare dieser Münch der Neuzeit befinden sich heute jedoch in ebenso festen Sammlerhänden wie das legendäre Original. Und das will erst einmal zum Leben erweckt werden. Benzinhähne öffnen, den Chokehebel am linken Lenkerende der Münch-4 TTS-E nach vorn schieben und den Zündschlüssel, der sich unter dem linken Schenkel im Seitendeckel befindet, in die erste Rasterposition drehen. Sofort meldet sich mit einem Summen die Benzinpumpe zur Stelle. Und nach nur einem Druck auf den Anlasser gleich darauf auch der NSU-Motor, der willig die ersten, noch zaghaften Gasbefehle annimmt und dabei gleichermaßen fauchend Luft in sich hineinsaugt, wie er sie durch die Vier-in-zwei-Anlage wieder ausstößt. Die Münch-4 TTS-E stellt bereits im Stand unmissverständlich klar, wer der Chef im Ring ist.
Genau so muss sich das Friedel Münch vorgestellt haben, als er einen Vierzylinder-Automotor in einen selbst gefertigten Rohrrahmen gehängt und ohne Rücksicht auf Kosten Gabel, Räder, Schwinge und viele weitere Teile konstruiert und gebaut hat. Mitte der sechziger Jahre genügen dem Mechanikermeister aus dem hessischen Nieder-Florstadt knapp 55 PS aus einem Liter Hubraum, um mit seiner Münch sämtlicher Konkurrenz auf und davon zu fahren.
Die Münch-4 TTS ist 1966 die Sensation der IFMA
Und nicht nur das, die Münch ist vor allem technisch ihrer Zeit um Jahre voraus. Die Szene spricht fortan nur noch respektvoll von der Mammut, obwohl dieser Begriff rechtlich nie in Verbindung mit diesem Motorrad gebracht werden darf. Egal. Friedel Münch rüstet sein Lebenswerk kontinuierlich weiter auf, zündet trotz großer finanzieller Probleme Ende 1972 quasi die letzte ernsthafte Ausbaustufe, indem er die bis dahin verwendeten Weber-Vergaser gegen eine mechanische Einspritzpumpe von Kugelfischer austauscht - einmalig in der Zweiradwelt.
Dennoch beginnt der Stern der Marke Münch allmählich zu sinken. Die neue, 100 PS starke Münch TTS-E ist vielen zu schwer, optisch zu altmodisch und mit zirka 18.000 Mark vor allem zu teuer. Aber noch immer kann ihr kein anderes Serienmotorrad in Sachen Leistung das Wasser reichen. Das stärkste Bike der Welt.
Während ich den Helm aufsetze und die Handschuhe anziehe, erklärt Petsch die Besonderheiten seiner 1972 gebauten Münch. Ursprünglich ein Vergaser-Modell, habe es Friedel Münch nachträglich mit der Einspritzanlage versehen. Im gleichen Atemzug erhielt das Motorrad eine zeitgenössische Marzocchi-Gabel mit Brembo-Scheibenbremsen sowie zwei Monroe-Federbeine an Stelle der serienmäßigen Konis. Ebenfalls nachträglich montiert: der erst später lieferbare Rundscheinwerfer anstatt des markanten NSU-Doppelscheinwerfers.
Die Münch ist handlicher als erwartet
Erster Gang und raus aus der Halle. Ich liege förmlich in der Münch-4 TTS-E, die Arme maximal nach vorn gestreckt und die Beine extrem nach hinten angewinkelt. Bequem ist anders, und mit 1,72 dürfte ich gerade so eben über die erforderliche Mindestgröße eines Münch-Piloten verfügen. Dennoch - die schwere Münch zeigt sich handlicher als erwartet, was an den schmalen Reifen liegen dürfte. Eindruck Nummer zwei: Dieser Motor ist noch immer eine Wucht. Brummt bis 2.000 Touren tief vor sich hin und nimmt sauber Gas an. Doch wehe, wenn die rechte Hand Attacke befiehlt. Dann marschiert dieser Brocken katapultartig los, untermalt von einem fast schon infernalischen Grollen.
Ein Fest für die Sinne - zumindest bis zur nächsten Kurve, weil Fahrwerk und Bremsen so ein Tempo nicht mitgehen können. Dieses Problem hat die Münch mit vielen Big Bikes der Siebziger gemein. Egal. Wir arrangieren uns, und ich freue mich klammheimlich darüber, dass dieses Motorrad auch über einen Seitenständer verfügt.
Quelle: Motor Klassik
Motorradromantik im Januar? Nein Danke.
Zu beachten ist auch der etwas seltsame, aber trotzdem definitiv sehenswerte Film "Mammuth", in dem Gérard Depardieu (neben der Münch) die Hauptrolle spielt und das Motorrad recht schön in Szene gesetzt wird.
Sicher ein älterer Film, denn ich könnte mir vorstellen, daß eine Münch neben Gérard Depardieu heute wie ein Pocket-Bike wirken würde 😆
Nö, von 2010!😆
war damals ein echter Traum und als Kind hat man mit großen Augen davor gestanden...😉
mfg Andy
Als Kind gab's für mich nur Simson, MZ, Jawa und mit viel Glück vielleicht BK oder AWO. Kawa, Münch und Zündapp kannte ich nur von den "meine hat 75 PS... und Deine?"-Kartenspielen.
In unserer Strasse wohnte ein Motorradfan der unter anderem die Münch hatte....😉
Schon als Kind der 60 er Jahre wusste ich was eine Münch ist und die warvfür die damalige Zeit ein enormer Brocken....dem Motorrad konnte man schon optisch ansehen,die ist nicht von der Stange😎
MfG Andy
In diesem Video ist Herr Münch noch einmal zu sehen 😊
http://www.youtube.com/watch?v=A7VRHXMZbO0&feature=related
wow 260PS ein Traum ... sehr geiler Bericht!
hier werden die tollsten Sachen über dieses Motorrad geschrieben aber bei genauerem Hinsehen war außer der äußerst seltenen Erscheinung und dem Übergewicht im Fahrbetrieb nur negatives zu berichten.Alle paar tausend Kilometer war der Steuerriemen gerissen,die Kupplung ließ sich nur von geübten Fahrern bedienen z.B. in Frisco an den hügligen Straßenkreuzungen an den Ampeln anfahren eine Katastrophe und die 200Km/h sind auch Wunschvorstellungen,nach meinen Erfahrungen war bei 180Km/h Schluß.Den großen Tank gabs auch nicht von ungefähr,der war bitter nötig bei Verbrauchswerten von 11-15 Liter.Das wohlwollende Grollen des Motors stellte sich nur beim Dahingleiten ein beim Abfordern der vollen Leistung ging es in kreischendes Getöse über von dem man als Vorausfahrender beim Überholen fast vor Schreck aus dem Sattel geholt wurde.Der Wartungsaufwand an solch einem Gefährt ist enorm und nur von versierten Leuten zu bewältigen.Und trotz Alledem ist natürlich die enorme Leistung des Friedel Münch höchste Anerkennung wert (hatte mal das Vergnügen ihn anlässlich eines Kupplungsdefekts an der TTS-E kennenzulernen)
Einer der 12 Jahre mit einer Harley einen Münchfahrer begleitete.
Na, mal nicht alles schlecht machen.
Die Münch war damals auch mein Traum, aber das Geld fehlte.
Ne, Harley war bestimmt nicht haltbarer. Ich möchte keine geschenkt haben. Würde die sofort wieder verkaufen.
Gruß
Siegi
Wie zuverlässig bzw anfällig waren denn zur Zeit der Mammut die Harleys? 😆 😆
Wie kann ein Zahnriemen reissen, wenn der Motor eine Steuerkette hat?
In der Mammut war die Kette keinem grösseren oder niedrigeren Verschleiss ausgesetzt als in den TTs und TTSs
Also ich kenne Friedel Münch persönlich recht gut und "verfolge" ihn seit meiner Kindheit, da ich in der Nähe seiner ersten Werkstatt aufgewachsen bin. Die heutige Stadt Florstadt hat ihn auch zum Ehrenbürger ernannt.
Fakt ist: Die Münch war den anderen Moppeds ihrer Zeit um Jahre voraus - und dies in vielerlei Hinsicht. Fragt doch mal: Wer hot es erfundden ? Vieles Friedel, auch wenn er damit nicht reich werden konnte.
Aber immerhin hat Florstadt ihm eine Ecke (mit einer echten "Mammut") im städt. Museum eingerichtet und vor 2 Jahren fand dort ein riesiges Münchtreffen mit Friedel, seiner Familie und zig Mammuts aus der ganzen Welt statt. Es war einfach genial. Leider ist Friedel schon lange nicht mehr gesund und lebt seit kurzem mit seiner Frau im Pflegeheim.
Die Linke zum Gruß
Magnum-Five