Porsches Le-Mans-Klassiker

Sieben Le-Mans-Sieger in Hockenheim

MOTOR-TALK

verfasst am Wed Oct 16 17:01:34 CEST 2013

16 Jahre startete kein Porsche in der Le-Mans-Königsklasse. 2014 ändert sich das. Am Hockenheim machte sich Porsche nun Mut und beschwor vergangene Siege.

Porsche nimmt seit 1951 am 24h-Rennen in Le Mans teil. Und gewann dort öfter als jeder andere Hersteller. Ergo gibt es nirgends mehr Le-Mans-Sieger als auf diesem Foto
Quelle: Frank Ratering

Von MOTOR-TALK-Reporter Fabian Hoberg

Le Mans - Porsche will gewinnen. Unbedingt. Immer. Im kommenden Jahr auch wieder in Le Mans, bei den 24 Stunden. 16 Jahre lang fuhr dort kein offiziell eingesetzter Porsche mit. Dabei ist Porsche selbst nach den 12 Audi-Siegen in den vergangenen Jahren immer noch die erfolgreichste Marke in Le Mans. 16 Mal gewannen hier Autos mit Zuffenhausener Ingenieurskunst.

Mit dem neuen Le-Mans-Rennwagen will Porsche die Audi-Dominanz brechen und an eigene Erfolge anknüpfen. Ein Limit, technischer oder finanzieller Art, gibt es nicht. Alle Ampeln stehen beim Vorstand auf Grün.

Die Schwaben wollen dem Konzern-Bruder aus Ingolstadt zeigen, wo die Auspuffrohre glühen. Und damit endlich wieder eine Macht im Motorsport werden. Denn bei den großen Rennen macht sich Porsche seit Jahren rar. Der alte Boss Wiedeking fand die Auftritte da stets zu kostspielig. Viel Geld verbrennen ohne zu gewinnen, das wollte sich Porsche damals nicht leisten.

Reglement erzwingt Hybrid-Antrieb

MT-Reporter Fabian Hoberg im Sieger-917 der 24 Stunden von 1971
Quelle: Frank Ratering
Mit dem Engagement in der Fia World Endurance Championchip (WEC) ändert sich das 2014. Bei der WEC gibt es insgesamt acht Langstreckenrennen. Sieben davon dauern länger als sechs, der Klassiker in Le Mans exakt 24 Stunden. Um in Le Mans zu siegen, investiert Porsche gewaltig. In neue Gebäude, ins Rennpersonal, das auf 200 Mitarbeiter aufgestockt wurde, und in Runden, die der neue Flitzer in Weissach bereits dreht.

Der Prototyp-Rennwagen der Klasse LMP1 setzt reglementskonform auf einen Hybrid-Antrieb. Mehr Power bei weniger Durst lautet die Aufgabe, besonders in Le Mans. Wie viel Leistung unter der leichten Verkleidung steckt, verrät Porsche noch nicht. „Wir stehen noch tief in der Entwicklungsphase, aber sind voll im Zeitplan“, sagt Alexander Hitzinger, technischer Direktor des LMP1-Projekts mit Blick auf das erste Rennen in Silverstone im April 2014.

Laut Reglement darf ein Renner der Königsklasse (LMP1) pro Runde (13,88 km) nicht mehr Energie als 4,42 Liter Benzin verbrauchen – auf 100 Kilometer entspricht das einem Verbrauch von 31,84 Liter. Kein schlechter Wert unter Dauervollgas. Für Porsche starten Timo Bernhard, Romain Dumas und Mark Webber. Bernhard und Dumas gewannen zuletzt 2010 das Rennen für Audi.

Die Legende: Porsche 917

Nach so viel Ausblick werfen wir einen Blick zurück. Denn ein großer Teil des sportlichen Porsche-Images basiert auf den Siegen von Le Mans. Porsche mischt seit 1951 als Werksteam mit, gewann mit dem 356 SL Coupé gleich in seiner Klasse. Die Stuttgarter leckten Benzin und wollten mehr.

Dieser 917 mit der Chassis-Nr. 917-001 steht sonst im Porsche-Museum. Das originale Siegerfahrzeug von 1970 befindet sich in Privatbesitz
Quelle: Frank Ratering
Legendär sind heute vor allem die Rennwagen 917 Kurzheck mit ihren bis zu 4,9 Liter großen V12-Motoren. Die 92 Zentimeter flachen Rennwagen leisteten mitunter 600 PS und erreichten maximal 360 km/h. Die Fahrer mussten sich ins enge Cockpit quetschen, wo es heiß wurde und stickig und gefährlich.

1969 verlor Hans Hermann das Rennen im 908 Langheck auf der Zielgeraden. Ein Jahr später machte er es im 917 besser und siegte zum ersten Mal für Porsche. Wie gefährlich und schnell die Rennen damals waren, dokumentiert der Spielfilm „Le Mans“ mit Steve McQueen. Hier wird wenig gequatscht, dafür viel gefahren.

Die Ära der 911er

Nach dem 917 kam ab 1974 die Zeit der Elfer-Derivate. Der erste 911 Turbo war der erste Porsche-Rennwagen mit Turbolader in Le Mans. Erst nach der Langstreckenprüfung fand die Technik Einzug in die Serie. Der 911 Carrera RSR Turbo 2.1 schöpft aus 2,1 Liter Hubraum rund 500 PS.

Bis zu 300 km/h fährt der Elfer mit der Martini-Beklebung und dem zwei Meter breiten Heck. Der Wagen schaffte 1974 Platz zwei. Der offene 936/77 kommt mit 2,2 Liter Hubraum und Turbolader auf 540 PS und gewann 1977 - wie auch sein 20 PS schwächerer Vorgänger im Jahr davor.

Der alte Marketingspruch „Win on sunday, sell on monday“ gilt vor allem, wenn die Rennwagen seriennah sind. Porsche legte dafür den 935 auf. Der Renner baut auf dem 911 auf und sieht auch so aus. Mit bis zu 630 Turbo-PS dominierte Porsche nicht nur die Klasse Gruppe 5, sondern wurde 1979 Gesamtsieger. Traurige Berühmtheit erlangte das Modell, als der deutsche Rennfahrer Rolf Stommelen damit 1983 auf der Rennstrecke Riverside in Kalifornien tödlich verunglückte.

Ab 1982: Porsche 956

Völlig neue Wege gehen die Ingenieure 1982 mit dem 956. Der Zweisitzer ist für die Gruppe C bei der Langstrecken-Weltmeisterschaft homologiert. Sein Ground-Effekt saugt ihn an den Asphalt und lässt in Kurven die Konkurrenz weit hinter sich. Mit 620 PS rennt die Flunder bis zu 360 km/h schnell. Insgesamt sieben Mal gewannen 956 und sein Nachfolger 962 zwischen 1982 und 1994 den Klassiker in Le Mans.

Dieser Porsche 911 GT1 gewann 1998 die 24 Stunden von Le Mans
Quelle: Frank Ratering
Beim 962 C sorgt ein Sechszylinder-Boxer mit drei Liter Hubraum und 700 PS für ausreichend Siegeswillen. Der Antrieb wird auch im Porsche Joest WSC Spyder 1996 erfolgreich eingesetzt, wenn auch nur mit 540 PS. Die reichten aber, um den neu entwickelten GT1 zu schlagen. Zumindest in diesem Jahr. Denn 1998 war der 550 PS starke neue Rennwagen die Macht in Le Mans.

Das freute die Piloten, und ein paar wenige Kunden. Porsche stellte von dem Rennwagen eine Kleinserie mit Straßenzulassung auf die Räder, 21 Exemplare zum Stückpreis von 1,55 Millionen Mark. Ein Schnäppchen im Vergleich zum aktuellen Rennwagen. Für den nennt der Stuttgarter Autobauer zwar keinen Preis, aber mehr als eine Millionen Euro dürfte der Renner wohl kosten.

Die Geschichte von Le Mans

Der Langstreckenklassiker in Frankreich wurde erstmals 1923 ausgetragen, nach dem Krieg startete er 1949 neu. Im Gegensatz zu anderen 24-Stunden-Rennen fahren die Rennautos zum Teil auf Streckenabschnitten, die sonst als Landstraßen benutzt werden.

Berühmt ist die lange Gerade Mulsanne Straight, die früher mit bis zu 400 km/h genommen werden konnte. Seit 1990 sind aber zwei Schikanen verbaut, so dass der Topspeed „nur“ noch bei 340 km/h liegt.

Zum größten Unglück im Motorsport kam es 1955, als ein Mercedes 300 SLR in eine Zuschauertribüne flog. 84 Menschen kamen dabei ums Leben. Ein Mercedes war auch bei einem spektakulären Unfall beteiligt: Bei dem extrem flachen 99er CLR riss auf einer Kuppe beim Überholen der Anpressdruck ab. Der Rennwagen flog nach ein paar Überschlägen in eine Birkenschonung neben der Strecke. Der Fahrer Peter Dumbreck erlitt nur Prellungen, Mercedes erklärte danach, nie wieder in Le Mans anzutreten.

Gestartet wird am 5. Juli 2014 aktuell in vier Klassen. Le Mans Prototype 1 (LMP1), LMP2, GTE Pro und GTE Am.

Klassiker unter sich: Die 935 von 1977 ("Baby") und 1978 ("Moby Dick"). Im Hintergrund ein 917
Quelle: Frank Ratering
Dieser 917 mit der Chassis-Nr. 917-001 steht sonst im Porsche-Museum. Das originale Siegerfahrzeug von 1970 befindet sich in Privatbesitz
Quelle: Frank Ratering
Porsche 935 von 1976: Eng, aber nicht beengt- zumindest nicht bei der Sitzprobe von MT-Reporter Fabian Hoberg
Quelle: Frank Ratering
MT-Reporter Fabian Hoberg im Sieger-917 der 24 Stunden von 1971
Quelle: Frank Ratering
Viel Technik umgibt den Piloten - Komfort spielt keine Rolle
Quelle: Frank Ratering
Fabian auf dem gleichen Sitz, auf dem Jacky Ickx 1977 im Porsche 936 die 24 heures gewann
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Dieser Porsche 911 GT1 gewann 1998 die 24 Stunden von Le Mans
Quelle: Frank Ratering