VW E-Crafter (2018) im Test: Erste Fahrt im E-Lieferwagen
So fährt der elektrisierte Crafter
Nichts für die Langstrecke, sondern für die letzte Meile: Der rein elektrische VW Crafter ist ein Lieferwagen für die Stadt. Erste Fahrt im E-Crafter.
Hamburg – Für Lieferdienste sind Elektroautos mit schwachem Akku ein schreckliches Szenario. Wer liegenbleibt, versetzt seine Kunden. Noch schlimmer ist allerdings die Vorstellung von Verbrenner-Verboten in der Innenstadt: Wer nicht mehr fahren darf, kann generell nicht liefern – und bekommt keine Aufträge.
In Deutschland sind keine pauschalen Verbote für alle Verbrenner geplant. Aber die Luft in Städten soll sauberer werden. Dabei hilft jeder Lieferwagen, der nicht dieselt und rußt, sondern säuselt und rauscht. Mercedes hat den elektrischen Sprinter für das Frühjahr 2019 angekündigt. VW startet mit dem E-Crafter ein paar Monate früher. Im September 2018 soll es losgehen.
VW E-Crafter: elektrische Reichweite für das Stadtgebiet
Früher waren VW Crafter und Mercedes Sprinter Brüder im Blech. Jetzt sind sie Konkurrenten. Die Hersteller gehen nach ihrer Kooperation getrennte Wege und entwickeln gegeneinander. Dass die Autos trotzdem nah beieinander fahren, liegt an den Kunden. Die erwarten von einem elektrischen Lieferwagen allerdings andere Dinge als von einem E-Pkw.Denn eine spontane Urlaubsreise steht nicht zur Debatte. Langstreckentauglichkeit ist egal, darum kümmern sich andere Autos. Viele Fahrzeuge liefern nur innerorts aus und spulen am Tag keine langen Strecken ab. VW bietet für diesen Zweck 173 Kilometer Reichweite laut NEFZ. Im neueren WLTP-Zyklus bleiben 120 bis 130 Kilometer. Das müsste in der Regel für den Innenstadtbetrieb ausreichen. Zur Not laden die Akkus in 45 Minuten zu 80 Prozent.
Viel Kraft und niedrige Kosten pro Kilometer
Erstes Kennenlernen im dichten Hamburger Stadtverkehr. Hier ist das typische Revier eines solchen Autos, häufig mit dem Aufkleber von DHL, UPS, Hermes oder DPD. Und hier bringt der Strom klare Vorteile, allein beim Anfahren. Im E-Crafter stemmt sich kein Diesel gegen die Nutzlast – der Elektromotor spult munter ab der ersten Umdrehung los.
290 Newtonmeter Moment liegen sofort an. Ein klassisches Getriebe mit mehreren Gängen erübrigt sich, dem Crafter reicht eine feste Übersetzung. Rumstromern im Lieferwagen kann richtig Spaß machen, denn die Kraft spürt man ständig. Auch wenn VW keinen Wert für den Standardsprint angeben kann – der E-Crafter fährt nur 90 km/h schnell. Mehr braucht man in der Stadt allerdings auch ausgesprochen selten.
Andere wichtige Zahlen gibt es aber: 21,5 Kilowattstunden Stromverbrauch pro 100 Kilometer. Das entspricht ungefähr 2,1 Litern Diesel auf die gleiche Distanz, rechnet VW vor. Klingt gut, konventionelle Crafter trinken schließlich viel mehr. Aber ohne diesen Vorteil würde sich der E-Crafter nicht rechnen: Er kostet rund 20.000 Euro Aufpreis gegenüber einem Diesel-Modell.Hoher Basispreis, wenig Verschleiß
Zum Preis von fast 70.000 Euro ohne Steuern kommen noch die Kosten für die Installation einer Ladesäule. Trotzdem soll sich der Mehrpreis amortisieren. Entwicklungschef Axel Anders zählt auf: „Ein Elektrofahrzeug ist wartungsarm, kann auf zahlreiche Verschleißteile eines Verbrenner-Autos verzichten und ist zudem noch günstiger im Verbrauch. Da gibt es viel Einsparpotenzial für einen Unternehmer“.
Als „unbezahlbar“ bezeichnet Anders aber den Vorteil, dass sich der Fahrer eines E-Autos nicht um künftig drohende Fahrverbote oder Sperrzonen kümmern muss. „Da geht dem Besitzer kein Geschäft verloren“.
Probleme mit der Reichweite sollte es nicht geben. Produktmanager Mark Leonhard hat vor allem die Lieferdienste im Visier und rechnet vor: „Diese Kunden fahren sechs Tage die Woche vor allem im Stadtgebiet, stoppen bis zu 100 Mal täglich und haben abends einen festen Parkplatz auf dem Betriebsgelände, wo die Fahrzeuge dann an die Steckdose kommen“. Zumindest eine Wallbox mit 7,2 Kilowatt Ladeleistung sollte vorhanden sein. Dort dauert eine Akkuladung etwas mehr als fünf Stunden.
Laderaum wie der Verbrenner
Abgesehen vom Antrieb unterscheidet sich der E-Crafter kaum von der Verbrenner-Version. Die Akkus verstecken sich im Unterboden der bekannten Karosserie. Wo normalerweise ein Diesel sitzt, steckt ein Elektromotor mit 100 kW (136 PS) Leistung. VW hat die aktuelle Generation komplett neu entwickelt und die Elektro-Option dabei bereits eingeplant.Dank der Batterie-Unterbringung im Kellergeschoß kann der Hochdach-Kastenwagen (2,59 Meter) mit 10,7 Kubikmeter das gleiche Laderaumvolumen nutzen wie ein gleichgroßer Crafter mit Dieselmotor. Vier Europaletten passen auf den Ladeboden, je nach Version können bis zu 1,72 Tonnen Fracht mitgeschleppt werden.
Die Nutzlast bleibt Kernargument in dieser Klasse. Denn Lieferdienste kaufen nicht nach Geschmack, sondern nach Praktikabilität und Nutzen. Hier muss sich VW gegen Mercedes, Renault und Iveco durchsetzen. Da kann die gute Serienausstattung helfen: Navigationssystem, Standheizung, Wärmepumpe für die normale Heizung, Spurhalte-Assistent und vieles sind mehr beim E-Crafter immer an Bord.
Den ehemaligen Bruder überbietet er: Der elektrische Sprinter lädt nur etwas mehr als eine Tonne zu, mit größerem Akku nur noch 900 Kilogramm. Mehr Reichweite gibt es bei VW aber nicht für Geld und gute Worte.
Quelle: SP-X
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Wäre interessant mit einem bahnseitigen Ausbau des Güterfernverkehrs, aber so...? Für den reinen innerstädtischen Lieferverkehr aber sicher nicht die schlechteste Alternative - für die Bewohner.
Nur sind 70.000 Euro plus Steuer (neutral) für die Branche überhaupt realistisch? Hier wird über die Vorteile des geringeren Verschleißes fabuliert, aber Ölwechsel und übliche Servicearbeiten machen das Kraut auch nicht fett, Reifen und Bremsen braucht der Elektrostromer zumindest auch. Motor- und Getriebeschäden sind wohl eher nicht an der Tagesordnung.
Und nur darf jeder rätseln warum der E-Crafter ohne teuren Diesel Verbenner, Abgasanlage, Nox SCR kat und Schaltgetriebe mehr kosten soll.
Diese Komponenten dürften deutlich mehr wie 4000€ kosten!
Der Akku mit 21kWh liegt Preislich bei entspannten 21*200€/kwh=4200€ wohl ehr bei 150*21=3200€.
Für mich Klare Sache der E-Crafter kostet in der Herstellung mindestens 10% weniger als der Diesel Crafter.
Wahrscheinlich zahlt man im Voraus die entgangenen hohen Gewinne aus dem Ölverkauf und der Ölgewinnung (Diesel, Ölwechsel, Raffinerie, Kriege usw.)
Den Eigentümer bei Daimler ist die Ölindustrie!
@NeoNeo28
"Motor- und Getriebeschäden sind wohl eher nicht an der Tagesordnung."
Die Hersteller ganz sicher auch hier eine Lösung finden 😊
Innerstädtisch sicher brauchbar. Die 20t€ Aufpreis zzgl. Ladeinfrastruktur werden sich aber niemals rechnen.
Um die 70t€ kann man sich einen Chevy Van aus den Staaten Importieren und kann denn 4.3l V6 lange Zeit betreiben. 28tUSD + import, zoll usw. ca. 35-40t€. Bleiben also 30t€ für Sprit über. Reicht bei einem Verbrauch von 15l (was im Stadtverkehr realistisch ist) für 130tkm.
Noch Fragen? Wozu ein Elektroauto?
mit dem Preis der Zellen hast du aber leider noch keine gekühlt/beheizte crashfeste Batterie. Da fehlt noch einiges.
Zudem darfst du das Getrie nicht ganz rausrechnen, im E-Fahrzeug ist ja trotzdem ein 2-Gang Getrieb an Bord 😉
@Tabaluga27
Das Getriebe hat keine 2 Gänge. Der E-Motor dreht vor und rückwärts.
Die 200€ pro Kwh sind für den Akkupack mit Kühlung. Da hier nur 10% Verlustleistung gekühlt werden ist das ein Spass im Vergleich zum Diesel mit 70% Verlustleistung.
Den kleinen Akku sehe ich jetzt als unnötige Beschränkung. Der Crafter hätte doch problemlos Platz für einen mittelgroßen Akku (40 kWh). Soo viel teurer wäre der doch auch nicht gekommen. Oder ist die kurze Reichweite tatsächlich kein Problem?
j.
Dann sinkt aber die Zuladung! Ist bei der Post vermutlich ned so wichtig da die eh vorwiegend luftgefüllte Pakete von Amazon transportiert aber für echte Lieferanten eventuell ein Problem.
Nur das der Crafter eine VW Entwicklung ist und damit mit Daimler nix am Hut mehr hat.
Die Frage ist nicht was die Komponenten kosten, sonder das Gesammtpaket. Werden die E-Crafter von Hand umgerüstet und nicht auf dem Band gebaut wie ihre Verbrennerkollegen macht es sie teuer.
Ein bisschen. Das dürfte doch kein Problem sein. Der 35 kWh-Akku des eGolfs wiegt 320 kg, soweit ich weiß. Es wären dann halt ~100 kg weniger Zuladung. Oder man macht die Federn härter.
Nur sollte man es auch mal realistisch sehen... Oft sind die von den Versanddienstleistern beauftragten Subunternehmen nur kleine Miniunternehmen mit 1 oder 2 Fahrzeugen, mittlerweile verstärkt auch aus dem benachbarten Ausland. Der Verdienst / Gewinn ist zudem so marginal, dass so ein E-Crafter schon preislich nicht mal ansatzweise in Frage kommt. Nachhaltige Änderungen im innerstädtischem Transportwesen sind da schlicht und einfach nicht zuerwarten, auch wenn es ein durchaus interessanter Ansatz ist.
Großunternehmen wie Hermes, DPD & Co werden schon ein paar anschaffen, des öffentlichen Auftritts wegen (Post hat ja eigene), aber ob das so viel bringt? Bleiben also noch die Handwerker, wahrscheinlich eher passende Zielgruppe des Ganzen...
Renault gibt 10000€ für 30kwh an. 6-7000€ sind für den Crafter wohl zu veranschlagen.
Dass der Diesel teurer in der Herstellung ist halte ich für eine gewagte Theorie.
Und für die 6000€ hast du auch noch keinen 100kW eMotor gekauft.
Und es geht weniger ums amortisieren. Viele Unternehmen wollen auch mittlerweile mit einer guten Öko Bilanz Werbung machen. Da passt ein E-Lieferwagen gut ins Bild
Und nochmal. Im Bericht steht die Akkukapazität nicht. Er bekommt wohl den 36kwh Akku des eGolf. Also liegt man mit 10000€ fürs Akkupack wohl nicht so schlecht
https://www.streetscooter.eu/produkte/work-l-2