Japan: Anklage gegen Ex-Nissan-Chef Ghosn
Staatsanwälte verlängern Ghosn-Haftbefehl
In Japan wurden die Ex-Nissan-Manager Carlos Ghosn und Greg Kelly nun gemeinsam mit Nissan von der Staatsanwaltschaft angeklagt. Hauptvorwurf: zu niedrige Gehaltsangaben.
Tokio - Seit rund drei Wochen sitzt Renault-Chef Carlos Ghosn in Tokio in Untersuchungshaft. Jetzt hat Japans Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Hauptvorwurf: Der 64-Jährige soll gegen Börsenauflagen des Landes verstoßen haben. Mitangeklagt ist seine frühere rechte Hand Greg Kelly, der ebenfalls in U-Haft sitzt. Sowie Nissan selbst. Man nehme die Situation "extrem ernst", hieß es in einer kurzen Stellungnahme des japanischen Autobauers, der sich zugleich entschuldigte. In der Renault-Zentrale wollte man dagegen keinen Kommentar abgeben.
Nach allem, was bisher bekannt wurde, geht es bei den Anschuldigungen um Ghosns Einkommen seit dem Geschäftsjahr 2010/2011. Über fünf Jahre soll nur die Hälfte seines Einkommens von zehn Milliarden Yen (78 Mio Euro) offiziell ausgewiesen worden sein. In den vergangenen drei Jahren, so heißt es nach jüngsten Berichten unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft, soll Ghosn in Komplizenschaft mit Kelly zudem nur rund 2,9 seines 7,2 Milliarden Yen hohen Einkommens angegeben haben.
Ghosn soll gegenüber der Staatsanwaltschaft eingeräumt haben, dass seine Einkommensansprüche nicht vollständig ausgewiesen waren. Das sei nicht nötig gewesen, da es sich um Gehaltszahlungen gehandelt habe, die erst nach seinem Ausscheiden bei Nissan hätten gezahlt werden sollen. Und das sei noch nicht festgezurrt gewesen.
Neuer Haftbefehl für Ghosn
Oder waren diese zukünftigen Zahlungszusagen - die Ansprüche sollen sich für die Geschäftsjahre 2010/2011 bis 2017/2018 auf rund neun Milliarden Yen summiert haben - doch hart genug, um sie vorab verpflichtend offenzulegen? Die Staatsanwaltschaft verfügt angeblich über von Ghosn unterzeichnete Unterlagen. Auch Nissan-Chef Hiroto Saikawa soll Papiere zu Zahlungsansprüchen nach dem Ausscheiden, die von Kelly erstellt worden seien, unterschrieben haben.
Japans Finanzaufsichtsbehörde stellte wegen der Vorwürfe am Montag Strafanzeige gegen Ghosn, Kelly und den Konzern. Zugleich erließ die Staatsanwaltschaft erneut Haftbefehl gegen Ghosn, der am 19. November festgenommen worden war, und Kelly. Damit könnte sich die U-Haft für den Renault-Chef noch bis zum Ende des Jahres hinziehen.
Das harte Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen Ghosn, der in den 1990er Jahren Nissan vor der Beinahe-Pleite gerettet hatte, hat zu Spekulationen über die Hintergründe geführt. Zum einen werden kulturelle Unterschiede vermutet, wozu die in Japan vorherrschende Abneigung gegen Spitzengehälter und gieriges Verhalten zählt. Im Vergleich zu dem, was Ghosn bei Nissan verdiente, erhalten japanische Unternehmenschefs deutlich weniger Salär.
Wollte Nissan Ghosn loswerden?
Eine weitere Theorie: Will Nissan den internationalen Einfluss abschütteln und per "Palastrevolution" das Unternehmen "re-japanisieren"? In Frankreich kam die Befürchtung auf, hinter der Ghosn-Affäre könnte die Absicht einer Destabilisierung der Renault-Nissan-Allianz stehen. In der Allianz ist Renault mächtiger, obwohl Nissan deutlich mehr Autos verkauft. Wollte Nissan Renault im Inneren des Verbundes gezielt schwächen?
Das "Wall Street Journal" will nun erfahren haben, dass Ghosn geplant hatte, Nissans Vorstandsvorsitzenden Saikawa von seinem Posten zu drängen, aus Unzufriedenheit über den schleppenden Absatz in den USA und wegen einer Serie von Qualitätsproblemen in Japan. Doch dann wurde Ghosn verhaftet. Direkt im Anschluss wurde er bei Nissan und Mitsubishi Motors als Vorsitzender des Verwaltungsrats abgesetzt.
Nun können Japans Staatsanwälte Ghosn und Kelly bis zu 20 weitere Tage langwierigen Verhören unterziehen - ohne Anwesenheit eines Anwalts. Zwar dürfen Verteidiger sowie Botschaftsmitarbeiter die beiden Angeklagten in der Haft besuchen. Während der Befragungen dürfen die Anwälte jedoch wie in Japan üblich nicht anwesend sein.
Keine Auswirkungen auf Allianz
Ungeachtet des Dramas um Ghosn, der weiter bei Renault Chef ist, wollen Renault und die japanischen Partner Nissan und Mitsubishi Motors an ihrer Auto-Allianz festhalten. Einstimmig und mit Überzeugung bekräftigten die drei Unternehmen kürzlich ihre "tiefe Verbundenheit" für das Dreier-Bündnis.
"Ich wünsche nicht, dass es Änderungen gibt bei den Macht-Gleichgewichten zwischen Renault und Nissan", sagte der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire unlängst. Das hat in Paris Gewicht, denn der französische Staat ist zu 15 Prozent an Renault beteiligt. Renault wiederum hält 43,4 Prozent der Anteile an Nissan, die Japaner ihrerseits 34 Prozent an Mitsubishi. Nissan ist zu 15 Prozent an Renault beteiligt, hat aber dabei keine Stimmrechte.
Quelle: dpa
Sehr interessant aus dem japan. Rechtssystem mal zu erfahren, das man während Verhören kein Recht auf einen anwesenden anwaltlichen Beistand hat.
Für meine Begriffe eine arg asymmetrische Position ggü dem Beschuldigten/Verdächtigten.
Tja, deshalb bevorzugen manche auch das Schwert...;-)
Das war dem Täter sicherlich bewußt, als er sich auf die Sache eingelassen hat...
Verdächtig, noch nicht Täter....;-)
Find ich nicht angemessen, dass man in U-Haft kommt, nur weil "Einkommensansprüche nicht vollständig ausgewiesen" wurden.
Jedenfalls verstehe ich das so, dass alles versteuert war und nur Angaben gegenüber der Börsenaufsicht falsch waren.
Dass die Anschuldigungen jetzt so plötzlich für manche zum "richtigen" Zeitpunkt hochkochen, spricht schon sehr dafür, dass jemand von Nissan die Infos jetzt zum eigenen Vorteil durchgestochen hat.
Von daher bleibt da ein gewisses "Geschmäckle". Auch wegen den Qualitätsproblemen, die Ghosn aufgedeckt hat. Ich würde ja in dem Laden schnellstens mal nach dem Maulwurf suchen und prüfen, ob der nicht selber "Dreck am Stecken" hat.
Bilanzbetrug ist auch hierzulande ein Straftatbestand.
Im Artikel heißt es aber, das die Angabe
"nicht nötig gewesen sei, da es sich um Gehaltszahlungen gehandelt habe, die erst nach seinem Ausscheiden bei Nissan hätten gezahlt werden sollen. Und das sei noch nicht festgezurrt gewesen."
Wenn es noch nicht gezahlt und auch noch unsicher war, ob es in der Zukunft gezahlt wird, dann muss es doch auch nicht in die Bilanz.
Ich denke, des war eher so eine fehlende Angabe bzgl. Bonusansprüchen.
Gierhälse die nicht genug bekommen......man kennt das ja und Verantwortungsbewusstsein ist ein Fremdwort bei diesen Herrschaften bei uns läuft so einer rum der von allem nichts gewusst haben will....aber frei rum.....
Auch soll er als Privatmann Liegenschaften u.a. in Rio, Amsterdam, Beirut usw. gekauft haben. Das Geld dafür kam aber von Nissan, Unterhalt/Umbau/Verwaltung wurden über Nissan abgerechnet.
Unter solchen Umständen ist die Verlängerung der Untersuchungshaft nachvollziehbar - hier ist definitiv Fluchtgefahr anzunehmen.
aber wenn einer der unteren angestellten mal 50 cent mehr haben will
steht die firma kurz vor der pleite
wemm interesiert es ob die im knast sitzt
der krug geht so oft zum brunnen bis er bricht
Er hat sich wohl als "Master of the Universe" gefühlt und dabei nicht gemerkt, daß er den Bogen deutlich überspannt hat...
Obwohl es schon komisch ist, dass man ihm aus Angaben über mögliche, zukünftige Gehaltsbestandteile einen Strick drehen will. Steuerbetrug ist das schon einmal nicht (keine Zahlungen, keine Steuern). Details zu Prämien beim Ausscheiden aus einem Unternehmen werden woanders auch nicht zwingend veröffentlich. Eventuelle Unterschlagungen hat es wohl nicht gegeben (zumindest gibt es keine Beweise), sonst würde man ihn deswegen anklagen, tut man aber nicht.
Eventuell dauern die Ermittlungen dazu noch an. Folglich kann man ihn zum jetzigen Zeitpunkt dafür noch nicht anklagen.