Abgasskandal: Gericht spricht Autofahrer neuen Alhambra zu

Tausche Skandal-Diesel gegen fabrikneuen Alhambra

Heiko Dilk

verfasst am Wed Jan 04 18:18:31 CET 2017

Update: Das Landgericht Regensburg spricht dem Fahrer eines vom Dieselskandal betroffenen Seat ein brandneues Modell zu. Für Volkswagen ein "rechtsfehlerhaftes" Urteil.

Im Juli 2015 liftete Seat den Alhambra, einen solchen Post-Facelift bekam nun ein Kläger statt seines Skandal-Diesels nachgeliefert
Quelle: Seat

Regensburg - Das Landgericht Regensburg hat ein ungewöhnliches Urteil im VW-Abgasskandal gefällt. Dem Fahrer eines Seat Alhambra, der mit dem Skandal-Diesel EA189 unterwegs war, sprach es einen brandneuen Alhambra aus der laufenden Produktion zu. Zudem muss der Kläger für die Nutzung des alten Seat keine Nutzungsentschädigung zahlen. Das teilt die Rechtsanwaltskanzlei Stoll & Sauer mit, die sich seit geraumer Zeit intensiv um Betroffene des Abgasskandals als Klienten bemüht. Nach eigenen Angaben reichte die Kanzlei Ende 2016 die 1.000. Klage im Abgasskandal ein.

Laut der Kanzlei hatte der Seat-Fahrer seinen Alhambra im März 2015 gekauft. Nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals klagte er gegen den Verkäufer. Anders als in den bisher bekannt gewordenen Fällen wollte er den Kaufvertrag aber nicht rückgängig machen. Stattdessen klagte er auf "Nacherfüllung". Er wollte also den alten Alhambra zurückgeben und verlangte einen neuen mit "sauberem" Diesel.

Kein Nutzungsentgelt bei Nachlieferung des Alhambra

In einem solchen Fall muss der Käufer keine Entschädigung für die Nutzung des Autos zahlen, wenn er es als Privatmann von einem Unternehmer gekauft hat. Wird der Kaufvertrag hingegen rückgängig gemacht, kann der Käufer das Auto zwar zurückgeben und bekommt den Kaufpreis erstattet, aber nur abzüglich einer Nutzungsgebühr.

Üblicherweise kann der Verkäufer allerdings statt der Nachlieferung zunächst versuchen, nachzubessern. Und zwar dann, wenn die Nachbesserung erheblich kostengünstiger sei als die Lieferung eines komplett neuen Gegenstands.

Das dürfte hier zwar der Fall sein, das LG Regensburg entschied aber anders. Der Händler konnte sich laut der Kanzlei nicht darauf berufen, dass die Nachbesserung erheblich kostengünstiger sei als die Lieferung eines neuen Fahrzeuges. Sie sei mit zu großen Nachteilen für den Kläger verbunden. Schließlich sei noch unklar, ob das Update nachteilige Folgen haben würde oder wie der Wiederverkaufswert des Autos beeinträchtigt würde. Ob das Urteil Bestand haben wird, muss sich zeigen. Noch ist es nicht rechtskräftig.

Update: VW erachtet Urteil als rechtsfehlerhaft

Volkswagen hat sich inzwischen zu dem Regensburger Urteil geäußert und erachtet es als "rechtsfehlerhaft". Es stehe im Gegensatz zur "ganz überwiegenden Rechtsprechung", erklärt der Konzern in einer Stellungnahme:

Zitat:

Das Urteil steht in Widerspruch zu sämtlichen in vergleichbaren Nachlieferungsfällen bislang ergangenen Urteilen. So haben beispielsweise die Landgerichte Bayreuth (Urteil vom 20. Dezember 2016, Az. 21 O 34/16), Münster (Urteil vom 4. Oktober 2016, Az. 02 O 1/16), Hagen (Urteil vom 7. Oktober 2016, Az. 9 O 58/16), Bamberg (Urteil vom 24. Oktober 2016, Az. 2 O 21/16) und Dortmund (Urteil vom 31. Oktober 2016, Az. 7 O 349/15) in Parallelverfahren Klagen gerichtet auf Nachlieferung eines Fahrzeugs abgewiesen.

In den genannten Fällen hätten die Gerichte jeweils den Anspruch auf Nachlieferung eines Autos aus der aktuellen Produktion verneint, so Volkswagen. Zumindest aber hätten sie die Lieferung eines neuen Autos als unverhältnismäßig im Vergleich zum Update eingestuft. VW geht davon aus, dass das Urteil in der Berufungsinstanz korrigiert wird.

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