Mercedes GLE und GLE Coupé: Erster Test

The Good, the Bad and the Diesel

Philipp

verfasst am Tue Jun 23 00:01:53 CEST 2015

So funktioniert Facelift. Mercedes macht den ML zum GLE. Mit neuem Namen, neuer Karosserieform und neuem Plug-in-Antrieb. Doch das Highlight bleibt etwas Altbewährtes.

MOTOR-TALK-Redakteur Philipp Monse testet den neuen Mercedes GLE auf einem Geländeparcours

Kitzbühel – Es gibt Dinge, die kann man kaum glauben. Dass die Amerikaner George W. zweimal zum US-Präsidenten gewählt haben und dass Kati Witt mal mit MacGyver (Richard Dean Anderson) zusammen war zum Beispiel. Oder, dass Mercedes ein Auto mit neuem Namen, neuer Coupé-Karosse (GLE Coupé) und neuen Antrieben auf den Markt bringt, unterm Blech aber im Grunde noch der Vorgänger steckt.

Während der Fahrt im GLE 500e lag die Höchstgeschwindigkeit nie über 80 km/h. Theoretisch wären rein elektrisch sogar Tempo 130 drin
Quelle: Daimler
Mit der Modellpflege wird der ML flugs zum GLE. Das ist gut, weil die alte Nomenklatur kein Mensch verstand. Noch besser ist, dass mit dem Namen neues Design, neuer Innenraum, Neungang-Automatik und vor allem eine Plug-in-Hybrid-Version das SUV deutlich verbessern.

Der Mercedes GLE bekommt einen Plug-in-Antrieb

Im besten Fall verbrauchte ein „alter“ ML mit Benzinmotor 8,5 Liter auf 100 Kilometern (ML 350 4Matic). Im Normalfall schluckte er meistens mehr. Beides will Mercedes mit dem GLE 500 e ändern. Den Antrieb, der das schaffen soll, kennen wir aus der S-Klasse. Unter der Haube steckt neben einem 333 PS starken 3,0-Liter-V6 auch ein 116 PS starker Elektromotor. Beide zusammen bringen den GLE auf eine Leistung von 442 PS und ein Drehmoment von 650 Newtonmetern. So fährt der Plug-in in 5,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Schneller können das nur die AMG-Versionen.

Am Heck hat Mercedes den ML - jetzt GLE - am deutlichsten überarbeitet
Quelle: Daimler
Anders als bei denen interessiert beim Mercedes-Plug-in aber nicht Performance, sondern Verbrauch. Nur 3,3 Liter soll der 500e auf 100 Kilometern trinken, die elektrische Reichweite beträgt laut Mercedes 30 Kilometer. Bei einer Testfahrt im Tiroler Bergland zeigt sich: Zu erreichen ist beides in der Realität kaum. Beim Start mit vollem Lithium-Ionen-Akku und dem festen Willen, die 30 Kilometer noch zu überbieten, ist bereits nach 23 Kilometern Schluss.

So kann die Testfahrt nur bestätigen, was der Verstand schon wusste. Öko auf 4,80 Meter Länge und im 2,5 Tonnenformat funktioniert auch bei Mercedes nur bedingt. Am Ende liegt der errechnete Durchschnittsverbrauch bei 6,7 Litern. Immerhin: von 55 gefahrenen Kilometern konnten 31 elektrisch zurückgelegt werden. Das ist für ein Auto dieser Größe sehr gut, realistisch ist es nicht. Wer die Leistung des schnellen Dicken ausschöpft, treibt den Verbrauch deutlich nach oben. Der Plug-in bleibt wie so oft ein Alibi-Antrieb für den Flottenverbrauch, oder eine extravagante Performance-Spritze. Zum großen GLE will er nicht so recht passen.

Der Böse: 585 PS im GLE 63 S Coupé

Szenen-, Auto- und Reifenwechsel. An den Achsen des neuen Mercedes GLE 63 S Coupé stecken die größten Felgen, die Mercedes im Lager hat. Auf die 22-Zöller schmiegen sich 325er-Schlappen, auf dem Kotflügel prangt ein dezentes „V8 Biturbo“. Dazu ein Heck, bei dessen Anblick selbst X6-Fahrer rot werden. Das prolligste GLE Coupé ist das Auto, für das sich der Plug-in-GLE und seine zukünftigen Besitzer entschuldigen müssen.

Die Top-AMG-Version des GLE Coupé leistet 585 PS - der BMW X6 M bringt es auf 575 PS
Quelle: Daimler
Der 5,5-Liter-V8 leistet 585 PS und 760 Newtonmeter Drehmoment. Das sind 28 PS mehr als beim Vorgänger ML 63 AMG. Es reicht, um die 2.350 Kilogramm Blech in 4,2 Sekunden auf 100 km/h zu beschleunigen. Zum Vergleich: Ein C63 AMG ist im besten Fall genau 0,1 Sekunde schneller.

Gefühlt bewegt sich das Auto geradeaus wie jener C63. In der Hand liegt ein abgeflachtes Sportlenkrad mit Alcantara-Bezug und Mittenmarkierung. Leider hilft die bei Spurrillen nicht, den Blechbullen in der Bahn zu halten. Die großen Reifen folgen auffallend jeder Rille. Dazu macht die schiere Größe (2,13 Meter Breite mit Außenspiegeln) des Coupés eine flotte Fahrt über die engen Bergstraßen selbst für geübte Fahrer spannend. Mag sein, dass der GLE 63 auch auf der Rennstrecke funktioniert, gemacht wurde er für die (freie) Autobahn.

Mercedes GLE Coupé: Der neue Blechbulle auf BMWs grüner SUV-Wiese
Quelle: Daimler
Luftfederung und adaptives Dämpfungssystem geben ihr Bestes, den Koloss schnell um die Kurve zu bringen. Im Sport-Plus-Modus senkt sich das Auto um 2,5 Zentimeter ab, Wankbewegungen werden reduziert und die Lenkung wird so direkt, wie es vielen Sportwagen gut stände. Trotzdem zerbröselt die Illusion vom SUV-Sportler in der nächsten Kehre. Zu schwer, zu träge, vor allem, wenn hart gebremst werden muss. Dazu erfüllt den Innenraum beim Herunterschalten ein Zwischengasstoß mit zwei (!) künstlichen Fehlzündungen. Mercedes dringt mit dem GLE Coupé in eine Nische vor, die kaum zur Marke passt. Aber ins nächste Bushido-Video.

Das Fazit, der Diesel: GLE 350 d 4Matic

GLE 500e und GLE 63 S Coupé sind Experimente am Rande der GLE-Reihe. Aber aus einem Blechberg macht auch Mercedes weder einen Öko noch einen Sportler. Das kann keiner. Was Mercedes dafür richtig gut kann, ist ein stimmiges SUV bauen – mit dem 350d 4Matic.

Der 3,0-Liter-V6-Turbodiesel beschleunigt den GLE flott auf Landstraßentempo (0 bis 100 km/h in 7,1 Sekunden) und auf ausreichende 225 km/h. Der Verbrauch des GLE sinkt dank der neuen Neungang-Automatik im Vergleich zum Vorgänger um bis zu 9 Prozent auf einen Normwert von 6,4 Litern pro 100 Kilometern. Das maximale Kofferraumvolumen wächst um 90 Liter auf 2.100 (regulär 690 Liter). Im Plug-in dagegen schrumpft es durch die Batterie auf 1.800 Liter (regulär 480).

Hier stimmt alles: Der Mercedes GLE 350d zeigt sich bei der ersten Fahrt am ausgewogensten
Quelle: Daimler
Die häufigen Gangwechsel der neuen Automatik spürt der Fahrer kaum, dafür wirkt der Motor jetzt deutlich leiser. Am Ende einer sehr flotten Testfahrt über Berge und Autobahn steht ein Verbrauch von 9,6 Litern im Bordcomputer. Mit sanftem Gasfuß wäre deutlich weniger drin gewesen. Der große und im Grunde bekannte Diesel (neu ist auch ein 204-PS-Vierzylinder als 250d) wirkt so komfortabel und souverän, dass er zum Highlight der GLE-Reihe wird. Auch wenn das jetzt wieder unglaublich klingt.

Der neue Mercedes GLE ist ab August erhältlich. Die Preise beginnen bei 53.966 Euro für den Mercedes GLE 250d mit 204 PS und Heckantrieb (erstmalig).

 

Technische Daten – Mercedes GLE und GLE Coupé

  • Modell: Mercedes-Benz GLE 500e 4Matic
  • Motor: 3,0-Liter-V6-Biturbo (333 PS, 480 Nm) und Elektromotor (116 PS, 340 Nm)
  • Getriebe: Siebengang-Automatik
  • System-Leistung: 442 PS, 325 kW
  • Drehmoment: 650 Nm
  • 0 - 100 km/h: 5,3 Sekunden
  • Vmax: 245 km/h
  • Länge x Breite x Höhe in Metern: 4,82 x 1,94 x 1,80
  • Verbrauch: 3,3 Liter/100 km
  • CO2: 78 g/km
  • elektr. Reichweite: 30 km
  • Kofferraumvolumen: 480 – 1.800 Liter
  • EG-Leergewicht: 2.465 kg
  • Preis: ab 73.899,00 Euro
  • Modell: Mercedes-AMG GLE 63 S 4Matic Coupé
  • Motor: 5,5-Liter-V8-Biturbo
  • Getriebe: Siebengang-Automatik
  • Leistung: 585 PS, 430 kW
  • Drehmoment: 760 Nm
  • 0 - 100 km/h: 4,2 Sekunden
  • Vmax: 250 km/h (elektronische begrenzt)
  • Länge x Breite x Höhe in Metern: 4,92 x 2,00 x 1,72
  • Verbrauch: 11,9 Liter/100 km
  • CO2: 278 g/km
  • Kofferraumvolumen: 650 – 1.720 Liter
  • EG-Leergewicht: 2.350 kg
  • Preis: ab 125.485,50 Euro
  • Modell: Mercedes-Benz GLE 350d 4Matic
  • Motor: 3,0-Liter-V6-Turbo
  • Getriebe: Neungang-Automatik
  • Leistung: 258 PS, 190 kW
  • Drehmoment: 620 Nm
  • 0 - 100 km/h: 7,1 Sekunden
  • Vmax: 225 km/h
  • Länge x Breite x Höhe in Metern: 4,82 x 1,94 x 1,80
  • Verbrauch: 6,4 Liter/100 km
  • CO2: 169 g/km
  • Kofferraumvolumen: 690 – 2.100 Liter
  • EG-Leergewicht: 2.175 kg
  • Preis: ab 60.749,50 Euro
Der GLE Plug-in fährt elektrisch, leise und sparsam, aber vor allem sehr schnell
Quelle: Daimler
An der Haushaltssteckdose dauert das Laden der Lithium-Ionen-Batterie von 20 bis 100 Prozent rund vier Stunden
Quelle: Daimler
Während der Fahrt im GLE 500e lag die Höchstgeschwindigkeit nie über 80 km/h. Theoretisch wären rein elektrisch sogar Tempo 130 drin
Quelle: Daimler
Am Heck hat Mercedes den ML - jetzt GLE - am deutlichsten überarbeitet
Quelle: Daimler
Die Bedienung des Hybridsystems funktioniert kinderleicht. Im E-Mode rollt der Benz elektrisch, im Hybrid-Modus teilen sich Verbrenner und E-Motor die Arbeit, der E-Save-Modus spart den Strom für später und im Charge-Modus lädt der Verbrenner den Akku
Quelle: Daimler
Mercedes überarbeitet den Innenraum für den GLE deutlich. Leider stammen die Schalter für Radio, Navi und Klimaanlage noch aus dem ML
Quelle: Daimler
Mercedes GLE 500e - Detail
Quelle: Daimler
Die Ladebuchse des Plug-in befindet sich im Heckstoßfänger
Quelle: Daimler
Mercedes GLE 500e - Detail
Quelle: Daimler
Hier stimmt alles: Der Mercedes GLE 350d zeigt sich bei der ersten Fahrt am ausgewogensten
Quelle: Daimler
Mercedes GLE 350d: Der 3,0-Liter-V6-Turbo leistet 258 PS
Quelle: Daimler
Mit Geländepaket erleichtern Geländeuntersetzung und Mittendifferentialsperre die Fahrt abseits der Straße
Quelle: Daimler
Mercedes GLE: Erste Fahrt
Quelle: Daimler
Mercedes GLE: Erste Fahrt
Quelle: Daimler
Mercedes GLE: Erste Fahrt
Quelle: Daimler
Mercedes GLE: Erste Fahrt
Quelle: Daimler
Mit der Modellpflege bietet Mercedes im GLE auch die Neungang-Automatik an
Quelle: Daimler
Die Top-AMG-Version des GLE Coupé leistet 585 PS - der BMW X6 M bringt es auf 575 PS
Quelle: Daimler
Abseits der Straße informiert der Bildschirm in der Mittelkonsole den Fahrer über Werte wie Neigungen, Bremskraft, Gasstellung und Fahrzeughöhe
Quelle: Daimler
Im Sport-Plus-Modus wird die Lenkung des AMG-GLE sehr direkt
Quelle: Daimler
Die Sportanzeigen im GLE 63 S
Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLE 63 S Coupé
Quelle: Daimler
Mercedes GLE Coupé: Der neue Blechbulle auf BMWs grüner SUV-Wiese
Quelle: Daimler
Der reguläre Kofferraum schrumpft beim Coupé auf 650 Liter (GLE 690 Liter). Mit umgelegten Sitzen fasst das Coupé 1.720 Liter (GLE 2.100 Liter)
Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLE 63 S Coupé - Detail
Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLE 63 S Coupé - Detail
Quelle: Daimler
Die Kopffreiheit im Coupé reicht auch für größere Personen aus
Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLE 63 S Coupé - Detail
Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLE 63 S Coupé - Kofferraum
Quelle: Daimler
Mercedes-AMG GLE 63 S Coupé: Der 5,5-Liter-V8-Biturbo
Quelle: Daimler