Classic Driving News
Tokio Hotel beim Japan-Fan
Er schwimmt gegen den Strom, mit Pagode oder Nullzwei kann er nichts anfangen. Autos aus Japan sind Martins Passion - je skurriler, desto lieber.
Er jongliert schwerelos mit den internen Codes für Modellreihe und Motorversion, weiß alle Farbnamen samt zugehörigem Kürzel. Der erst 25 Jahre junge Martin Rammler kann selbst weit verzweigte Stammbäume wie den der Toyota Celica auswendig runterbeten. Ein solch wahnwitziges Detailwissen findet sich sonst nur bei Mercedes- und BMW-Fanatikern.
Streichelzoo für vom Aussterben bedrohte Japaner
Doch Martin ist anders, er schwärmt für japanische Autos. Für die skurrilen Toyota, Mazda, Nissan und Mitsubishi der achtziger Jahre - eine seltene, erfrischende Obsession. Es ruiniert einen nicht, das kleine Sammler-Glück. Der übliche Klassiker-Mainstream lässt ihn kalt. Pagode, Elfer, E-Type, Nullzwei, Strichacht, Ente, Käfer. Schön und gut. Doch die sind teuer, und darum kümmern sich schon so viele. Martin betreut, bis auf den in der Szene längst etablierten frühen Toyota MR 2, die seltenen Vögel.
Er pflegt in aller Bescheidenheit eine Art Streichelzoo für treue liebenswerte Hunde, die ihr hochbetagtes Herrchen verloren haben. Ob Mitsubishi Sapporo, Mazda 929 Coupé oder Toyota Tercel - über 80 waren sie alle, die Vorbesitzer, zwei brachten es sogar auf 90 Jahre. Dabei begann alles vor sechs Jahren so harmlos und normal mit dem spielzeughaften Mittelmotor-Sportler Toyota MR 2, Martins erstem Auto. "Typ AW 11, Baujahr 86, Farbe Super- Red 3E5, Vierventilmotor 4A-GE aus dem Corolla GT 16V, der als Hecktriebler im Rallyesport erfolgreich war", sprudelt es nur so aus ihm heraus. "Leider nicht ganz original, aber mit zeitgenössischem Karosseriekit von Styleauto und ARC-Alu-Rädern", ergänzt der zuvor noch reserviert wirkende Logistikfachmann eifrig.
Prospekte schmökern in der Werkstatt-Lounge
Jetzt ist er in seinem Element, holt die bei Ebay ersteigerten alten Japaner-Prospekte aus der Plastiktüte und verteilt sie sorgfältig auf dem hölzernen Couchtisch in der Werkstatt-Lounge hinter dem MR 2 und den beiden Toyota-Tercel, silber und gold. Die fette, fast amerikanisch wirkende Supra MA 71, ein Dreiliter-Turbo mit Automatik, wartet gerade aufgebockt auf ihre Wiederbelebung. Die Celica T16 nebenan wartet auf einen Käufer. Beide Autos gehören Martins Freunden, auch sie sind begeisterte Toyota-Fans und schrauben selbst. Martin putzt dafür leidenschaftlich gern. Dem Mitsubishi-Sapporo, dem aktuellen Neuzugang auf der ewigen, ja kokett vorgeschützten Suche nach einem praktikablen Alltagswagen parallel zum Sommersportler MR 2, hat er in 40 Stunden penibler Aufbereitung zum Jahreswagenzustand verholfen. "Der Farbton heißt Sophia-White, er hatte einen tief sitzenden Grauschleier, den ich schonend rauszwingen musste." Auch das Light Topas des 84er Schrägheck-Automatik von einer Oma aus der Südpfalz glänzte erst nach harter Arbeit so intensiv. Trotzdem kauft Martin seine Autos gern von alten Leuten. "Sie sind gut gewartet, wurden schonend gefahren und haben eine geringe Kilometerleistung. Meist ist eine Automatik an Bord, die ich als gelassener Cruiser sehr schätze."
Made in Japan ist ein Gütesiegel
Mitsubishi Sapporo, Mazda 929 Coupé und der silberne Stufenheck-Tercel posieren im sonnenhellen Atelier des Objektkünstlers Shohe Alexander Seiler. Der Kunstdozent mit dem japanischen Erstnamen - passt ja gut, schafft märchenhaft- dämonische Skupturen mit Technikbezug. Panzer und Kriegschiff werden mit klassizistischen Architekturelementen gekreuzt. Diese Archiskulpturen, wie Shohe sie bezeichnet, verwandeln die ehemalige AEG-Elektrolux-Fertigungshalle zu einem surrealen Showroom. Martin holt, nachdem er seinen MR 2 plakativ in den Vordergrund rangiert hat, zum leidenschaftlichen Plädoyer für seine Schützlinge aus. "Japanische Technik war spätestens ab den 80er Jahren keineswegs rückständig. Von wegen Starrachse, Blattfedern und Nockenwelle tief unten. Der Stufenheck-Tercel kam ab 79 als erster Fronttriebler von Toyota mit OHC-Längsmotor wie Audi und einer aufwendigen Schräglenkerachse" verkündet er stolz - und hat recht.
Japaner sind technisch innovativ
Auch der Toyota Tercel II zeigte sich modern mit einer Doppelquerlenker-Konstruktion. So hat sein MR 2 den ersten Vierventil-DOHC-Großserienmotor. Das Mazda 929 Coupé besticht mit serienmäßigen hinteren Scheibenbremsen und Einzelradaufhängung. Der Mitsubishi glänzt mit vorbildlicher Aerodynamik, großartigem Raumkomfort und einem bulligen, sparsamen Vierzylinder mit Ausgleichswellen. udem liebt Martin die kleinen Verspieltheiten an seinen Autos. Klappscheinwerfer und Enterprise-Cockpit beim Mazda, Bedienungssatelliten und rahmenlose Seitenscheiben beim Mitsubishi, den "chilligen" Innenraum beim Tercel. Das kleine Sammlerglück erzeugt hier eine bewunderswerte Form der Gelassenheit. Es ist frei von Zwang und Expansion. Und wenn wir sagen, einer geht noch, was wäre es dann? "Ein Nissan Laurel 2.8 Diesel, Typ C32, in Dunkelblau", antwortet er ohne zu zögern.
Quelle: Motor Klassik
Starker Artikel. Ja, das ist wirklich sympathisch. Ich finde, dass japanische Wagen der 80er-Jahre einen eigenwilligen Stil haben, aber einen guten, und daher entdecke auch ich in meinem Blog nun ein paar vergessene Youngtimer aus Nippon. Den Anfang haben jetzt Mitsubishi Tredia und Subaru L1800 gemacht, einige weitere folgen noch.
Martin ich will deine Halle!!! 😆
Coole Wagen. Der erste MR2 ist glaub ich sogar von Lotus mitentwickelt worden. Und wenn ich an den 300ZX oder den NSX denke - die sind zwar aus den 90ern, aber waren ihrer Zeit technisch weit voraus.
Von den gezeigten gefällt mir der Sapporo am besten. Der ist irgendwie cool. Aber auch sonst gibt es viele vernachlässigte Japaner aus den 1980ern (man muß es so sagen), die leider fast vollständig verschwunden sind.
Der Sapporo, basierend auf dem Galant E10, ist ein richtig feines Teil!
Klimaautomatik und elektrisch gesteuertes Fahrwerk schon 1987 😉
Leider wirklich sehr selten und Teile für den bekommen... das ist eine richtige Herausforderung.
Naja, japanische Autos sind Geschmacksache. Meinen Geschmack treffen sie jedenfalls nicht. Aber egal, jeder hat seine eigenen Vorlieben und Geschmäcker.
Meinen Respekt, solche Enthusiasten braucht die Szene dringend. Irgendwelche Hochpreis-Exoten wirst Du immer antreffen, aber japanische Alltagswagen sind akut vom Aussterben bedroht...
Martin Rammler.. lol... ich würd mich ernsthaft umbenennen. Martin Hase oder so. 😉
Hallo....
jedes, absolut JEDES Auto hat seine Darseinsberechtigung und von daher finde ich es liebenswert , dass es Leute gibt, die sich um wirklich rare Modelle kümmern,die sonst in die Vergessenheit abgedriftet wären.
Alle Porsche, Käfer und gängigen Klassiker in Ehren.....andere sind ebenso erhaltenswert...
The Moose
Du hast meine volle Zustimmung und Sympathie. 😉
lol Martin Rammler
Hallo Fans,
auch ich fahre als Oldtimer einen Toyota Corolla Baujahr 1980 in der so kultigen "Liftback" Ausführung
ich hatte erst ein bisschen Sorge wegen der Ersatzteile..aber hier bei mir in der Nachbarschaft steht ein eckiger Audi 80 zum Verkauf (Baujahr 1976) da ist der Kotflügel voller Blasen, ich habe mich umgehört
für diesen früher recht weit verbreiteten Wagen gibt es nichts, von neuen Kotflügeln ganz zu schweigen....
für meinen Corolla kriege ich ohne Probleme die gängigsten Verschleißteile, zur Not lasse ich sie aus Thailand schicken....oder aus den USA
da Corolla ausserdem ein Automatikgetriebe besitzt, ist er grad hier in der Stadt sehr schön zu fahren
also Daumen hoch für unsere alten Japaner
PS: Ich besitze noch eine Honda CB 250 aus dem gleichen Baujahr ( da hab ich damals den Klasse 1 drauf gemacht)
Gruß aus Kassel
Der Mann sollte nach Ost- oder Süd-Afrika ziehen - dort wird der Markt mit japanischen Gebrauchtautos überschwemmt.... und die 80/90er Tercels, Corollas, Sunnys und Co. verrichten noch täglich ihren Taxi-Dienst
Eines der skurilen Autos von Herrn Rammler war doch "erst letztens" in der Youngtimer (oder Auto Bild Youngtimer). Ich finds cool und freue mich über soviel Enthusiasmus. Die Erhaltung der Alltagsautos von damals halte ich für interessanter als den xten W123 zu besitzen...
Lustige Bemerkungen über einen Nachnahmen habe ich zuletzt im Kindergarten gehört. Aber gut, warum auch weiterentwickeln?
Grüße
zweter
Super Bericht! Vielen Dank! 😉
Und für mich herrlich, um in Erinnerungen zu schwelgen. An meinen Erstwagen.... einen 1987er Mitsubishi Colt. War damals was gaaanz besonderes für mich. Geputzt und gewienert... (für damalige Verhältnisse) geile Alufelgen drauf... ich war total happy.
Naja... Ende der Geschichte: Bei einem Opel-Händler für einen popeligen Opel Inzahlung gegeben, mit dem ich nur Ärger hatte. Und wenige Wochen später stand mein Colt beim Händler auf dem Hof... kaltverformt um nen Baum oder sowas. 🙁