50 Jahre Ford Taunus 17 M/20 M (P5)
Tornados, Hummer und ein bisschen Italien
Vor 50 Jahren brachte Ford den Taunus 17 M/20 M (P5) auf den Markt, mit leistungsstarken und laufruhigen V6-Motoren sowie jeder Menge Chrom. Ein Rückblick.
Köln - Mit der „Großen Wanne“ ist Ford 1964 nach langem Ringen endlich ein großer Wurf gelungen. Schon lange fehlte dem Autohersteller ein prestigeträchtiges Sechszylindermodell für die deutschen Kunden. Probeläufe mit vorübergehend ins Programm aufgenommenen internationalen Modellen wurden jedes Mal erfolglos abgebrochen. Dann kam der Taunus 17 M/20 M (P5) mit vier und sechs Zylindern.
Während das Vorgängermodell, die "Badewanne", noch auf der Linie der Vernunft fuhr, schlug die "Große Wanne" den Weg des Glamours ein und brachte leistungsstarke Motoren und amerikanisches Flair in die Mittelklasse. Das entsprach ganz dem Wirtschaftswunder-Motto des amtierenden Bundeskanzlers Ludwig Erhard: „Wohlstand für alle“.
Languste oder Hummer
Weil der P5 unbedingt Gewinn bringen musste, basierte er auf dem bewährten Ford-Baukasten der Mittelklasse: Der 17 M bekam V4-Motoren, der 20 M V6-Power und jede Menge Chrom. Damit signalisierte Ford Fortschritt, der schon auf der IAA 1965 gefeiert werden konnte: Fords Volkshelden schafften es auf Platz eins der Mittelklasse-Zulassungsstatistik.
Tatsächlich passte der Taunus P5 perfekt in jene Jahre, in denen allgemein nach mehr Leistung und Luxus verlangt wurde. Langusten und Hummer statt Hering hieß die Losung für die Festtagsküche. Übertragen auf das Automobilangebot stand der Hummer für feine V6-Kraft und die Langusten für volkstümlichere und dennoch innovative V4-Zylinder. So jedenfalls erklärte der damalige technische Direktor bei Ford, Jules A. Gutzeit, die internen Codenamen für die neuen Ford 20 M alias Hummer und 17 M alias Languste.
Ein Tornado greift nach den Sternen
Während der selbst entwickelte V-Vierzylinder (Bezeichnung Marathon) seine Qualitäten schon mit einem Weltrekord-Marathonlauf bewiesen hatte, sollten die in den USA entwickelten und in Köln
gebauten Tornado-V6 die gehobene Klasse durcheinander wirbeln. Das gelang besonders in der Kombiversion 20 M Turnier. Was vorher in Ansätzen nur die Borgward Isabella schaffte, vollendete nun der P5: Luxus und Lifestyle im Kombi. Bei Ford war er fortan stets mehr als nur ein Kasten für Lasten.Während die zwei- und viertürigen P-5-Limousinen mit 4,64 Meter Länge sogar stattlicher ausfielen als der spätere legendäre Granada, griffen die 20-M-Hardtop-Coupés mit rahmenlos versenkbaren Seitenscheiben ungeniert nach den automobilen Sternen: Nur Mercedes und Lancia hatten ebenfalls Faux-Cabrios mit Sechszylindern im Portfolio – forderten beim Preis jedoch ein Vielfaches.
Die V6-Coupés kosteten lediglich 8.950 Mark; kaum mehr als ein VW Karmann Ghia 1500 S mit Käfer-Technik. BMW brachte ein Jahr später das 2000 CS Coupé – das als Vierzylinder so viel kostete wie zwei 20 M. Sogar das Rüsselsheimer Opel Rekord Coupé-6 war teurer als der Taunus.
Wenn ein Ford zum Ferrari wird
Einmal auf den Geschmack gekommen, krönten die Kölner 1967/68 ihr Coupé-Programm völlig überraschend mit einem Sportler nach italienischem Vorbild. So mancher Porsche oder Mercedes-SL-Pilot hielt das von der italienischen Carrozzeria OSI entwickelte Coupé im Rückspiegel für einen Ferrari oder Maserati - zumindest, bis es an ihm vorbeifuhr.
Unter dem schnellen Gewand des OSI verbarg sich nämlich lediglich 20-M-Technik. Zunächst mit 2,0-Liter-V6 und 90 PS, ab Herbst 1967 auch mit dem 108 PS starken 2,3-Liter-V6 des neu vorgestellten Taunus 20 M TS (P 7a). Damit war der in Mailand montierte OSI gerade einmal 5 km/h schneller als konventionelle Taunus Coupés mit ihren 165 km/h.Doch der OSI verbreitete allenfalls einen Hauch von positiver Stimmung im wirtschaftlichen Tief des Jahres 1967. Genau wie der von Michael May entwickelte Abgasturbolader, der den Taunus-Sechszylinder auf 130 PS erstarken ließ, oder das in Kleinserie bei Karossier Karl Deutsch gebaute Cabriolet. Verkauft wurden sie alle nur selten.
Im 20 M in 40 Tagen um die Welt
Die Sechszylinder wurden als Meisterstück der Laufruhe und Elastizität gelobt. Damit konnte Ford nach ein paar anfänglichen Problemen sogar dem traditionellen Image „Opel, der Zuverlässige“ etwas entgegensetzen. Das gelang unter anderem durch eine noch nie dagewesenen Qualitätskontrolle für 17 M und 20 M.
Nach der Überwindung einiger Kinderkrankheiten machten die V6 mit sensationellen Langstreckentests Schlagzeilen: Etwa bei der sogenannten „Großen Wette“, die mit zwei Serien-20-M in 40 Tagen um die Welt führen sollte. Rallye-Star Joachim Springer und sein Co-Pilot brauchten zwar vier Tage länger für die 48.000-Kilometer-Härtetour, aber sie kamen zuverlässig ins Ziel.Der Weg alles Automobilen
Insgesamt 710.000 Taunus 17 M und 20 M der Generation P5 wurden bis Sommer 1967 gebaut. Dann legten sie den Beinamen Taunus ab und mutierten zur größeren, glücklosen Generation P 7 a, die nur ein Modelljahr überlebte.
Im Gegensatz zu ihr war der zeitlos schicke und langlebige Ford Taunus P5 noch in den 1970er-Jahren fester Bestandteil des Straßenbildes, bevor langsam auch seine letzten Vertreter zum Verwerter rollten.
Ich erinnere mich noch an meine Kindheit, der Nachbar unter uns fuhr so einen weißen P5 wie im großen Bild oben. Weißwandreifen und rote Ledersitze. Und wie damals üblich und erlaubt, wurde das Schmuckstück jeden Samstag von Hand auf dem Hof gewaschen.
Tolle, wunderschöne Autos!
Mein allerstes Auto im Jahre 1969, ein gebrauchte 17M in weiß mit rotem Dach, roten Stoffsitzen und einer Sitzbank vorne. Wer konnte sich damals schon als 18-jähriger solch eine Auto leisten. die anderen fuhren Käfer, DKW F12, Fiat 500, 600 oder 770 Jagst. evtl. noch einen Opal Kadett, aber dann hörte es schon auf. Mein17m war damals ein Prachtstück und jeder wollte mitfahren, manchmal waren 6 Mann im Auto. Was für ein toller Wagen :-)
Ein sehr schöner Bericht, vielen Dank dafür.
Eine nette Erinnerung an ein einzigartiges Auto.
Mit Starrachse und nur einer einzigen Blattfeder auf jeder Seite konnte man von Straßenlage nicht reden. Mehr Schein als Sein.
Der laufruhige V-Motor war so winzig. Da hätten gleich zwei unter die Haube gepasst.
Wohl der einzige direkte Konkurrent zum hier behandelten Opel Rekord A/B, der mir deutlich besser gefällt.
Die "primitive" Technik stammt aus England, die es damals grundsätzlich eher rustikal und simpel mochten.
Das hier dürfte die Basis gewesen sein:
http://classics.honestjohn.co.uk/reviews/ford/corsair/
Kommt selten vor, aber hier gefällt mir die britische Variante besser.
Der Osi-Ford ist natürlich bildhübsch, besonders die Front. Leider habe ich noch nie einen in "echt" gesehen.
Der Wagen war zäh und robust. Vorallem die Haltbarkeit des V4-Motors war legendär ( soweit ich weiß kam er auch im Saab 96 zum Einsatz) und man hatte ernorm Platz im Motorraum der V4 war ziemlich kompakt gebaut. Soweit ich weiß gibt es keine V4-Motoren in PKWs mehr. Ansonsten fand ich den Wagen gefällig vom Design und er machte durchaus was her, selbst als billiger Gebrauchter machte er noch eine gute Figur.
Selbst Brösel setzt ihm ein Denkmal in Gekotzt wird später. Jedoch lässt er den Taunus eine Panne erleiden 🙄😆
So einen osi würde ich gern in der Garage haben... Schwacher Motor? Egal! Das Teil sieht einfach genial aus!
Bei mir im Heimatdorf kaufte sich ein Nachbar 1965 einen 20m mit dem "kleinen" V6 mit 90PS. Er fuhr ihn regelmäßig bis weit in die 80er Jahre. Der Wagen war auch in weiß mit rotem Interieur.
Dann bekam er sein Gnadenbrot und wurde komplett restauriert. Er lebt und fährt heute noch, zwar nicht mehr im harten Alltag, aber für Oldietreffen wird regelmäßig bewegt.
War ein schönes Auto. Damals (1965) fuhr mein Vater noch 500er und 770 Jagst und anschließend den Fiat 850, bevor er Mitte der 70er zum "Knudsen"-Taunus wechselte (der 1,6l mit 72PS).
Mfg
Andi
Auch bei mir Kindheitserinnerungen
Mein Opa fuhr so einen ( als 17m - Viertürer in weiß innen schwarz )
Tolles Auto
( Sehr schöne Bilder übrigens )
Wenn man will kann man natürlich immer ein Haar in der Suppe finden 🙄
Richtig! Starrachse + Blattfeder = unfahrbar! 🙄
Aber machen wir uns doch mal den Spass und schauen, was die Konkurrenz vor 50 Jahren so bot:
veraltetunmodern wie die luftgekühlten Boxer-Motoren. Durch die sich in Kurven verändernde Sturz und Spur lässt gerade die Pendelachse, auch wenn sie schon eine Einzelradaufhängung ist, das Fahrverhalten instabil werden.Folgt man der Argumentation von Oldie65, dann bot um 1964 kein deutsches Mittelklasse-Auto eine brauchbare Straßenlage und man muss sich schon wundern, dass die deutsche Automobilindustrie in den '60er Jahren nicht vollständig den Bach runter ging, sondern statt dessen ihre Hochzeit erlebte.
Jo – unglaublich winzig… –> Klick! <–
Ich schreibe nur über Autos, die ich selbst habe oder hatte.
Die VW mit Pendelachse waren eigentlich für das Fahren auf der Straße ungeeignet. Im Gelände aber unschlagbar. Ich bin viel im Gelände gefahren mit den VW. Da waren in den Vogesen Waldwege dabei, die nur noch ein einziges anderes deutsches Auto bewältigt hätte.
Die gleichen holprigen Straßenstrecken haben die VW besser bewältigt als der 20 M. Bei jedem einseitigen Einfedern der Starrachse machte das Auto eine Kurve. In einer Pflasterkurve hüpfte das Auto hinten weg. Damals waren viele Autobahn Ein- und Ausfahrten gepflastert.
Ich habe den V6 Motor gemeint.
Mein Onkel hatte sich ca. 1966 den 20M V6 geleistet, mein Vater hatte noch den Rekord P2 mit 50PS. Der Ford war richtig groß, richtig schnell und luxuriös im Vergleich. Dazu hatte er eine wirksame Entlüftung. Im Opel wurde mir als Kind schell übel, wenn der über die Straße wackelte, der Ford war dagegen Komfort und Luxus pur. Mein Vater hat dann den Opel bald verkauft, der war auch noch völlig durchgerostet und mit einem (gebrauchten) MB 200D Heckflosse sein Image wieder aufpoliert.
Wer heute sich über Starrachsen und Blattfedern lustig macht, sollte einfach mal auf den Boden zurückkommen. Unsere aktuellen 3 Fahrzeuge haben alle Starrachsen hinten, der Caddy von 2009, der Ranger von 2011 und der Navara von 2014 ebenso. Der Toyota HZJ von 2001 hatte sogar 2 Starrachsen, hinten mit Blatt- und vorne mit Schraubenfedern 😊
In den 60ern bis 80ern waren Starrachsen hinten sehr weit verbreitet, nicht nur bei US Straßenkreuzern, sondern auch bei europäischen Herstellern. Die Pendelachsen, egal ob vom VW Käfer oder Transporter oder die aufwändigere Variante von Mercedes waren vielleicht weniger trampelig, aber nicht unbedingt fahrsicherer.
@Rainbirds
Hatten die 17M/20M noch eine 6V Anlage? Das Foto lässt das vermuten.
@Oldie
Ein Wunder, dass Millionen VW Käfer und Transporter weltweit überwiegend auf Asphalt gefahren wurden und die Fahrer das in der Regel die Fahrten überlebt haben und über Jahre immer wieder wiederholt haben. Und weitere zig Millionen Fahrer anderer Starrachsenfahrzeuge. Vielleicht haben die beim Fahren einfach etwas besser aufgepasst, als die DAU heute, die ohne Assistenzsysteme sich und andere im Straßenverkehr in kürzester Zeit umbringen würden?
Bernhard
PS: DAU - Dümmster anzunehmender Autofahrer