Motorsphere
Twitternder Hybrid: Sinnlose Sensortechnik im CR-Z
Ein Honda CR-Z fährt die Küsten Europas ab und postet dabei alle fünf Kilometer ein Statusupdate mit Motorboxdaten auf Twitter. Dahinter liegt eine elegante Lösung für die Sensordaten von Langzeittestträgern.
Zunächst mal das Projekt: Der sympathische Honda-Hybridkompakte CR-Z rollt durch die Gegend, wobei er alle fünf Kilometer einen Tweet verschickt. Es ist eine herrlich sinnlose Lösung, ähnlich diesem Rezeptdrucker, in den jemand einen HTTP-Client gebaut hat, der vorbereitete Tweets holt, um sie dem Drucker zur Papierausgabe zu diktieren. Die Hardware im CR-Z holt sich die Daten aus der Motorbox sowie einem GPS-Knopf für die Position, sodass solche Tweets herauskommen (hier: der letzte):Mileage 14054km — Speed 25km/h — AvgSpeed 15km/h — CRZ-DriveMode ECON 1 Sport 0 Normal 0 — #ORI10K #CRZ #TwitterCar
Es ist ein ähnliches Projekt wie „AJ the Fiesta“, ein Ford, der aufgrund bestimmter Konditionen automatisch Textnachrichten wie „AJ needs food badly! (Fuel level is 19%)“ verschickt. In diesem Fall ist die Bedingung „Tankinhalt unter 20 Prozent“. Der Unterschied: AJs Software ist ein Projekt, an dem Studenten und Sponsoren der Universität von Michigan die Integration von Autotouren und sozialen Netzwerken im Internet untersuchen. Die Lösung im CR-Z hingegen ist eine ausgewachsene, schlüsselfertige Industrielösung der Firma Additive (www.additive-net.de), die eigentlich zur Langzeitüberwachung von Messwerten aus fahrenden Versuchsträgern gedacht ist.
Der Additive-Aufbau besteht fahrzeugseitig aus einem UMTS-Modul plus einem Datenlogger mit Echtzeitbetriebssystem (ein Echtzeit-Linux), der die Sensorkanäle aufnimmt und speichert. Der Datenlogger hat einiges an eigener Rechenkraft, er hat digitale Signalprozessoren (DSP), die zum Beispiel einen datenreichen Sensorkanal aufsummieren, integrieren und als einen deutlich datenreduzierten virtuellen Kanal auf den Flash-Speicher des Datenloggers schreiben. Dieser Massenspeicher ist nötig, weil in vielen extremen Einsatzgebieten die UMTS-Abdeckung bestenfalls dünn ist. In einem Getriebetest der Firma ZF in Afrika konnten die Testtrucks zum Beispiel nur einmal täglich beim Tankstop ihre Datenladung absetzen.
Die Sicherheit der Datenübertragung beginnt schon auf der Mobilfunkseite. Additive verwendet eigene, private Zugangspunkte (Access Point Names, APN), die nur die explizit daran zugelassenen SIM-Kennungen akzeptieren. Diese Lösung umgeht elegant eine ansonsten nötige, bandbreitenintensive Verschlüsselung der Mobilfunkdatenstrecke, wie sie bei den öffentlichen APN der entsprechenden Mobilfunkbetreiber nötig wären. Ein privater Netzzugangsserver kann auch jeder SIM eine fixe, eigene IP-Adresse zuteilen, was wiederum einige Vorgänge vereinfacht.
Von dort weiter tunneln die Daten breitbandig durch ein stark verschlüsseltes VPN (Virtual Private Network) in die „WebDevices“-Infrastruktur von Additive. Dort legt der Kunde für die jeweiligen Sensormodule über ein Web-Interface Aufgaben an. Immer, wenn das UMTS-Modul im Testfahrzeug online geht, führen die Additive-Server die dem Gerät zugeteilte Aufgabe aus. Im Falle des CR-Z lautete die Aufgabe vereinfacht gesagt: „Poste das hier als GPS-verortete Statusmeldung auf Twitter.“ Diese Aufgabe wurde während des gut 10.000 km und 50 Tage langen Road Trips (www.ori10k.net) dann mehr als 2000 Mal ausgeführt.
Bilder: Alexander Kahl, der Probefahrer
Quelle: Mojomag
sinnlose sensortechnik.
der nissan leaf hat eine komplette telemetrie an bord.
Fast jedes moderne Auto hat eine komplette Telemetrie an Bord. Man braucht nur die richtigen Tools zum Auslesen.
mag sein, aber der Leaf kommuniziert via web.
man kann so seine statiskit abrufen wieviel strom man verbraucht hat.
es gibt auch einene wettbewerb zwischen den fahrern.
der sparsamste fahrer bekommt einen pokal. das finde ich clever
Dann hätte man das Auto doch direkt Tweety benennen sollen 😆
Alpi82,
wir haben kurz über Tweety nachgedacht, er hieß dann in den fast 2 Moanten, die wir das Auto für unsere Tour hatten dann Sharky. Passte irgendwie besser 😊
Gandalf,
so sinnlos war die Sensorentechnik nicht. Als ich den LEAF im November in Lissabon probe gefahren bin, konnte ich die vernetzte Telemetrie leider noch nicht ausprobieren. Das Konzept dahinter ist aber wirklich klasse!
Der Grund, warum wir den CR-Z zum twittern gebracht haben, war zum einen um zu zeigen das es geht. Sozusagen eine Studie. Wie viele andere Studien mag das für die meisten sinnlos erscheinen, wir haben aus einer Kombination von mehreren Technologien (additive-net Messtechnik, Vodafones Mobilfunk, Twittermails Service Mails zu tweets umzuwandeln und Tweographys Service Tweets auf einer Google Map anzuzeigen) ein twitterndes Auto realisiert. Das war unser primäres Ziel
Der Sinn dahinter ist ganz einfach:
Wir haben mit twitternden Honda CR-Z einen Social Media Road Trip unternommen. Und genau dazu passte es eben perfekt, dass das Auto ein bisschen "mitarbeitet" 😊
Wir sind die europäische Küste entlang gefahren und haben täglich neue Menschen über Twitter und Facebook kennen gelernt, uns mit ihnen getroffen und mit ihnen natürlich auch über den Honda gesprochen.
Wenn Du mit Menschen - insbesondere mit Journalisten ins Gespräch kommen willst - ist es gut einen Aufhänger zu haben. Dieser Aufhänger war fast immer das twitternde Auto. Sei es bei Tageszeitungen in Bordeaux, beim asturishen TV in Nordspanien, bei einer portugiesischen TV Moderatorin oder der Social Media Managerin in Barcelona oder auf der größten Bloggerveranstaltung Italiens. Das Auto, das twittert hat immer interessiert.
Diesen Sinn und Zweck hat das twitternde Auto voll erfüllt.
Witzig ist, wie schnell die Technik fortschreitet. Wir haben mit unserer Lösung echt noch einige Schlachten zu schlagen gehabt.
Ein paar Monate später kam schon der Griffin CarTrip auf den Markt, mit dem sich der OBD Diagnosbus direkt auslesen und die Daten am in Echtzeit iPhone auswerten lassen.
Wir mussten da noch etwas mehr kämpfen 😊 Den ganzen Bericht zum Einbau könnt Ihr hier nachlesen.
Als wir die Technik bei additive-net im Taunus (also in der Region in Hessen, nicht in einen Ford Oldtimer) einbauen ließen, hatte David (mein Kontakt für das ORI10K-Projekt bei Honda) seinen frisch vor 3 Wochen gestarteten Auszubildenden Martin dabei. Der sollte mal aus dem Office raus und erleben, dass es auch mal etwas ausgefallenere Aufgaben zu lösen gibt.
Das so eine gleich heute auf ihn zukommen würde, hatte bestimmt auch nicht gedacht 😊
Die Jungs von additive-net verdrahten also das Auto und fangen an Daten auszulesen. Irgendwann kam dann die Frage nach einer bestimmten HerstellerDatei mit Codes, die sie bräuchten um die Daten vom OBD-Bus auszuwerten.
Tja. Das Auto war so neu, dass es diese Datei noch nicht gab und das Werk in Japan hatte Sommerferien. Da war niemand zu erreichen. Also flugs bei Honda in London angerufen. Die meinten dann "Ja wir haben da was. Wir faxen es mal eben rüber." Das Grinsen konnte man durchs Telefon wohl deutlichst hören: "Ob Ihr damit dann was anfangen könnt, müsst Ihr selber sehen *g*".
Okeee. Wir warten also aufs Fax.
Dann kommt eine Tabelle mit den Codes die wir brauchen und entsprechenden Beschreibungen dabei. Auf japanisch.
Na toll.
David kuckt seinen Azubi an. "Sag mal, Deine Mama kommt doch aus Japan und Du warst mal ein Jahr drüben oder? kannst Du das hier übersetzen?"
Martin schnappt sich also den Zettel und hockt sich mit seinem Übersetzungscomputer auf die Treppe und sucht nach verwertbaren Informationen in der Tabelle 😊
Viel war leider nicht dabei. Aber wir haben unser Ziel mit einiger Tüftelei und Ausprobiererei dann doch erreicht.
So oder so glaube ich, dass Autos, die Ihre Daten auf welchem Weg auch immer zur Verfügung stellen, in Zukunft die Regel sein werden.
Unser Sharky hat seinen Zweck jedenfalls prächtig erfüllt und eine hübsche Europakarte zusammen getwittert.
Ich frage mich, was die Wertung "sinnlos" in diesem Bericht verloren hat.
Wenn ein deutscher Automobilhersteller sein Navi im Auto mit dem Internet vernetzt, wird diese (technisch übrigens vollkommen triviale) Lösung von der Fachpresse phrenetisch gefeiert, aber wenn Nissan sein Fahrzeug mit sozialen Netzwerken koppelt, wird das als "sinnlos" abgekanzelt?
Wieder mal das übliche Messen mit zweierlei Maß, wenn es um japanische Autohersteller geht 🙄
aber nur, wenn heute und gestern bei dir "Zukunft" bedeuten 😊.
sinnlose sensoren, sinnloses auto und sinnloser thread...
Du hast sinnloser Kommentar vergessen 😊
Mileage 14151km — Speed 0 km/h — AvgSpeed 0km/h — CRZ-DriveMode ECON 0 Sport 0 Normal 0 — #ORI10K Haevy vertical and horizontal Moves #CRZ # TwitterCar
ahja
Manchmal frage ich mich, wie wir ohne den ganzen Elektronikkram bisher überhaupt Auto fahren konnten. Es gibt so "wichtige" Erfindungen wie Side-Assistent, Abstandsradar, Tagfahrleuchten, Internet und so weiter im Auto - und jetzt auch noch Twitterdaten. Glückwunsch! Mich würde es auch stolz machen, tausende Internetnutzer mit meinen Bewegungsdaten zu beglücken 🙄
Tja, und trotz aller Elektronikgimmicks fehlt das wichtigste immer noch: Der Rechtsfahrgeboteinhalteassistent 😆
ich finde das ist ein ganz schön merkwürdige entwicklung. mittlerweile ist es wichtiger im auto alle möglichen technikspielereien zu haben, anstatt mal ein mechanisch ausgereiftes und vor allem technisch fortschrittliches fahrzeug zu entwickeln. würde nur die hälfte der menschen, die sich mit twitter und iphone (und, und, und) im auto beschäftigen, ihren erfindungsreichtum darauf lenken, einen neuen antrieb zu entwickeln würden die fahrzeuge wahrscheinlich schon fliegen. 🙄
diese entwicklung zeigt sich seit vielen jahren und äußert sich vor allem darin, dass es immer weniger menschen gibt, die wirklich ahnung von der kraftfahrzeugtechnik haben... immer häufiger hört man: "wir wissen nicht was defekt ist, es wurde kein fehler gespeichert." und damit ist das fahrzeug dann ja auch häufig außerhalb jeglicher garantieansprüche...
und zum iphone-obdII-interface: ich glaube kaum, dass wesentlich mehr als 5% der iphone-nutzer die informationen überhaupt verwerten können, die per obdII ausgespuckt werden.
@ probefahrer.alex: schön, dass ihr es geschafft habt ein paar strippen in den kasten zu ziehen. da kann man echt stolz drauf sein. 🙄 im prinzip habt ihr nur vorhandene technologien vernetzt. das macht auch jeder endverbraucher, der an seine glotze ein heimkinosystem anschließt...
in den usa testen sie die vernetzung von autos mit sozialen netzwerken, in deutschland forschen sie an einem 1-liter auto.... tja....