Nissan GT-R LM Nismo 2015: Frontantrieb erklärt
Und er zieht doch
Nissan will das 24h-Rennen in Le Mans mit Frontantrieb gewinnen. Experten vermuteten einen Helfer an der Hinterachse. Doch der Hersteller widerspricht.
Le Mans – Für viele Fans gehört Frontantrieb nicht in den Motorsport, schon gar nicht in die Le-Mans-Königsklasse. Er gilt als unsportlich. Die meisten Hersteller stimmen zu, schrauben den Motor vor die Hinterachse und treiben alle oder zumindest die Hinterräder an. Nur Nissan spielt in Le Mans den Hipster: Im LMP1-Renner GT-R LM Nismo treibt ein Front-Mittelmotor die Vorderachse an. Angeblich soll das sogar Vorteile haben.
Bei der Vorstellung des Rennwagens diskutierten viele MOTOR-TALKer über das Konzept. Einige Medien berichteten, dass nur der Verbrenner die Vorderachse antreibt. Ein KER-System an den Hinterrädern mache aus dem Nissan streng genommen einen Allrader. Nissan widerspricht, all diese Meldungen seien Spekulation. V6-Benziner und KERS treiben ausschließlich die 14 Zoll breiten Vorderräder an – mit insgesamt etwa 1.250 PS.
Nissans LMP1-Renner: Frontantrieb für die Aerodynamik
Jetzt erklärt Nissan das Antriebskonzept. Frontmittelmotor und Frontantrieb würden die Aerodynamik verbessern. In einem Video spricht ein Nissan-Rennfahrer über die Vorteile: Die Luftführung über die lange Motorhaube maximiere den Anpressdruck und ermögliche hohe Kurvengeschwindigkeiten. Zusammen mit einer Traktionskontrolle gebe es fast kein Untersteuern. Gleichzeitig ermögliche die Karosserieform eine hohe Endgeschwindigkeit. Die ist besonders in Le Mans wichtig – auf 75 Prozent der Strecke geben die Fahrer Vollgas. Audi tritt aus diesem Grund mit einem umgestalteten R18 an.Jason vom Youtube-Kanal „Engineering Explained” betrachtet den GT-R LM Nismo im Detail. Er erklärt, dass das LMP1-Reglement die Variationen von Heckspoiler und -diffusor stark einschränkt. Dadurch falle es schwer, genug Abtrieb über dem Schwerpunkt des Fahrzeugs zu erzeugen, wenn dieser hinter dem Cockpit sitzt. Das ist jedoch Voraussetzung für ein neutrales Fahrverhalten.
An der Fahrzeugfront hätten die Ingenieure mehr Möglichkeiten. Bei Nissan sitze der Schwerpunkt des Autos vor dem Cockpit. Der Hersteller könne den Abtrieb besser darüber positionieren. Zudem erlaube das Heck ohne Motor und mit schmalen Reifen eine bessere Luftführung. Die frontlastige Gewichtsverteilung verbessere außerdem die Effizienz des KER-Systems: Mit mehr Last auf der Vorderachse könne man besser rekuperieren.
Mehr Strom, weniger Kraftstoff
Morgen wird Nissan weitere Details zum GT-R LM Nismo bekanntgeben. An der Antriebsart soll sich nichts ändern. Aber der Hersteller verrät, in welcher Energieklasse der LMP1-Renner antreten wird. Zum Vergleich: Auf dem Wiener Motorensymposium sagte Porsche-Entwicklungschef Wolfgang Hatz, dass kein anderes Team in der Lage sei, acht Megajoule pro Runde zu rekuperieren. Audi fährt mit vier Megajoule pro Runde. Wir vermuten, dass Nissan sechs Megajoule zurückgewinnen will.
Das Langstrecken-Reglement lässt den Herstellern bei der Balance zwischen Verbrenner und Elektromotor viele Freiheiten. Mehr Strom im Antrieb bedeutet jedoch schärfere Verbrauchsgrenzen. Bildlich gesprochen: Wer viel rekuperiert, darf weniger verbrennen.
Hört sich schon nach richtigen Argumenten an und nicht nach "Hauptsache anders". Immerhin ist LeMans kein 400m Rennen, bei dem die dynamische Achslastverteilung beim Start und niedrigen Geschwindigkeiten mit Frontantrieb so seine Tücken hat.
Aber die Reifen entscheiden über das Konzept. Bei einem Hecktriebler oder Allrad teilen sich alle 4 Pneus die Aufgabe das Auto durch die Kurve zu tragen, zu beschleunigen und bremsen. Beim Nissan übernehmen die Vorderräder restlos alle Aufgaben. Von ein bisschen Querbeschleunigung und Bremsen an der Hinterachse mal abgesehen. Wenn das Auto dadurch deutlich öfter in die Box muss weil die Vorderräder aufgeben lohnt es natürlich nicht.
Den Effekt kennt wirklich jeder der ordentlich Leistung auf der Vorderachse hat und bisweilen sportlich fährt. Ganz schlimm ist es bei temperatursensiblen Reifen habe ich erfahren. Vorne klebt alles sofort und man hat bisweilen seine liebe Not Übersteuern zu verhindern, weil die Hilfsräder hinten überhaupt nicht warm werden und wie eine Sackkarre hinterher schluren oder beim Bremsen blockieren (kein ABS). Auf der Rennstrecke wohl gemerkt, bei 0815 Landstraßengondeln ist das absolut egal.
Wir werden sehen ich bin gespannt.
Dito... Warum eigentlich nicht? Einfach mal was neues (altes) belebt das Geschäft...
Eben die Argumentation von Nissan klingt schlüssig. Obse so umsetzbar ist wird sich zeigen
Totgeburt
Das wird bestimmt wieder Diskussionen entflammen lassen wie damals beim Diesel, als alle meinten Diesel wäre nicht sportlich und nur durch Bevorzugung im Reglement konkurenzfähig pi pa po. Ich finde den Ansatz gut und interessant und bin auf die sportlichen Ergebnisse des "Frontkratzers" gespannt.
Motorsport wird immer lächerlicher, passt also mittlerweile zu Le Mans.
Die Idee ist irgendwie für LeMans gut. Müsste sich nur Entwickeln.
Leider hat Nissan schon gesagt, dass sie nur zwei Jahre fahren wollen. Von daher ist ankommen schon ein Erfolg. Selbst mit einem Konventionellen und erprobten Konzept hätten die bei nur zwei Jahren keine Möglichkeit eins der anderen Werksteams zu schlagen...
Falls die mit den privaten LMP1 mithalten könnten wäre ich positiv überrascht. Leider nimmt die Marketingabteilung den Mund zu voll.
Ich frage mich wie sie den hohen Reifenverschleiß vorne in den Griff bekommen. Bei Frontantrieb läuft ja fast alles über die vorderen Reifen. (Beschleunigen, Bremsen und Lenken)
Gewichtsverteilung und Reifenbreite.
Das ist ja kein Quermotor wo 70% auf der VA liegen? 😊
Wenn ein Frontkratzer gut gemacht ist, spricht doch mMn nichts dagegen...
Die haben Andere schon mit Heckantrieb konstruiert.
So what? 😱
Für die ewig Gestrigen gibt's dann ja das Race of Legends im Vorfeld des Hauptrennens... 😊
Finde die technische Vielfalt - schon bei den großen Drei Toyota, Audi und Porsche sind die Konzepte ja sehr unterschiedlich - in der WEC einfach toll. Und mit Nissan kommt nun noch mehr Vielfalt dazu, auch wenn man wohl nicht gleich ganz vorne mitfahren wird. Die WEC ist für mich derzeit die spannendste Serie, da werde ich mir im Juni wieder viereckige Augen holen... 😆
Sollte Nissan gewinnen stellen sie eine Hardcore-Weltanschauung auf dem Kopf 😆
Wenn man recht überlegt müßte nur verhindert werden das beim starken Beschleunigen/Anfahren das Fahrzeug vorne entlastet, was das Hauptproblem bei der Kombi FWD/viel Power ist
Einige FWD haben mit ihren Nürburgring-Zeiten schon gezeigt das ein FWD auch verdammt sportlich sein kann