Vorschnelle Reparatur kann Versicherungsschutz kosten
Urteil: Kaskoschutz nach Unfall
Will die Versicherung nach einem Unfall selbst einen Gutachter bestellen, sollten Fahrzeughalter dies abwarten. Andernfalls riskieren sie den Versicherungsschutz.
Berlin - Lässt ein Fahrzeughalter seinen Wagen nach einem Unfall vorschnell reparieren, riskiert er den Schutz seiner Kaskoversicherung. Das berichtet die "Monatsschrift für Deutsches Recht" (Heft 7/2015) unter Berufung auf einen Beschluss des Berliner Kammergerichts.
Nach Auffassung des Gerichts muss die Versicherung nicht zahlen, wenn sie den Halter zuvor darauf hingewiesen hat, dass sie einen eigenen Sachverständigen mit einem Schadensgutachten beauftragen will. (Az.: 6 U 122/14)
Das Gericht wies die Zahlungsklage eines Fahrzeughalters gegen dessen Kaskoversicherung ab. Der Kläger hatte nach einem Unfall den Wagen reparieren lassen und nach Kasachstan verkauft. Laut Gericht kündigte die Versicherung zuvor an, dass ein von ihr beauftragter Sachverständiger den Fahrzeugschaden begutachten sollte.
Der Kläger setzte zwar selbst einen Gutachter ein. Doch laut Gericht hatte die Versicherung berechtigte Zweifel an seiner Objektivität.
Bei dieser Sachlage ist es doch klar , dass die Versicherung sich aus der Zahlung befreit ,denn sie kann doch die Schadenhöhe nicht zweifelsfrei feststellen . Sie hat doch evtl . schon Zweifel erkennen lassen , indem sie mitgeteilt hat einen Sachverständigen schicken zu wollen .
Giovanni.
Soviel zur freien Gutachterwahl auf der einen Seite.
Auf der anderen Seite, den Wagen vom Gutachter begucken lassen, zusammenzimmern lassen und nach Kasachstan verkaufen ist auch schon ne Numer für sich...
Freie Gutachterwahl hat man nur bei einem Haftpflichtschaden oberhalb der Bagatellgrenze, der durch Dritte verursacht wurde. Beim Vollkaskoschaden am eigenen Auto hat die Versicherung das Recht, einen Gutachter zu schicken.
Reparaturen macht man grundsätzlich erst nach der Freigabe der Versicherung, schon allein um auch sicher zu sein, dass man den Schaden beglichen bekommt. So helle sollte man schon sein. Denn erst wenn die Versicherung das schriftliche OK gibt, kann man das nötigenfalls auch einklagen...
Wer natürlich versucht, durch schnelle Abwicklung anderweitige Sachen zu vertuschen und damit Versicherungsbetrug begeht (was bei der Hintergrundgeschichte nicht nur ein feines Gschmäckle hat, sondern ein deftiges), darf zu Recht auf dem Schaden sitzenbleiben.
Was jetzt bei dem Gegengutachten rausgekommen wäre und ob es da überhaupt nennenswerte Unterschiede zum "frei gewählten" Gutachter gegeben hätte, man weiß es nicht. Wer nix zu verbergen hat, sollte da aber auch keine gravierenden Probleme bzw. Nachteile bekommen - und falls doch, kann er dann immer noch ein drittes Gutachten einklagen oder ähnliches.
Da hätte aber der RAW des Klägers schon von vornherein wissen können, wie der Prozess ausgeht.
Richtig, bei den Schadenssummen weiss der RA auch gleich, was an Gage für ihn bleibt.
Allein die Tatsache, daß der Versicherungsnehmer das Fahrzeug reparieren ließ und nach Kasachstan verkaufte, nachdem die Versicherung angekündigt hatte, einen eigenen Gutachter zu schicken, beweist doch, daß er wußte, was er tat (und natürlich auch warum). Da waren die Zweifel der Versicherung an Objektivität des 1. Gutachtens wohl berechtigt.