Bochumer Betriebsrat bringt Opel vor Gericht
Verhandlung am Dienstag
Opel stellt zum Jahresende die Autofertigung in Bochum ein. Betriebsrat Rainer Einenkel klagte wegen Formfehlern. Am Dienstag wird seine Klage in Darmstadt verhandelt.
Darmstadt/Bochum - Der Streit um das Ende der Autoproduktion im Opel-Werk Bochum Ende 2014 wird vor Gericht fortgesetzt. Das Landgericht Darmstadt befasst sich am Dienstag (27. Mai) mit der Klage des Bochumer Betriebsratschefs Rainer Einenkel gegen Opel.
Das Aufsichtsratsmitglied wirft der Adam Opel AG vor, das Kontrollgremium im Frühjahr 2013 nicht korrekt über Pläne informiert zu haben, die Produktion des Zafira Ende 2014 vom Ruhrgebiet ins Stammwerk nach Rüsselsheim zu verlagern.
Opel will an dem traditionsreichen Standort auf einem ehemaligen Zechengelände nur ein Warenverteilzentrum erhalten. Von rund 3.300 Jobs bleiben 700 im Ruhrgebiet erhalten.
“Besonders gravierend ist, dass die Begründung für den Beschluss nicht stichhaltig ist“, sagt Einenkel. Der Vorstand habe verschiedene Untersuchungen zu Kosten, Produktivität und Wirtschaftlichkeit der europäischen Werke vorgelegt, die Bochum jeweils am schlechtesten bewertet hätten. Doch das sei nachweislich falsch und könne vom Unternehmen nicht bewiesen werden, erklärt der Betriebsrat.
Einenkel ist überzeugt: Das Werk Bochum sei aus politischen Gründen bewusst benachteiligt worden. „Wirtschaftliche Gründe gibt es nicht. Deshalb bin ich als Aufsichtsrat verpflichtet, gegen den Beschluss vorzugehen“, betont er.Bochum lehnte Sainierungsvertrag ab
Sowohl Einenkel als auch Vertreter der Adam Opel AG sollen zur Verhandlung erscheinen. Gibt es keine gütliche Einigung, wird die Entscheidung des Gerichts zu einem späteren Zeitpunkt verkündet.
Als einzige deutsches Werk hatte Bochum einen Sanierungstarifvertrag im Frühjahr 2013 abgelehnt. Dieser sah vor, dass in Bochum noch bis Ende 2016 Autos gebaut werden und eine neue Komponentenfertigung am Standort entsteht. Doch Einenkel traute der Firmenleitung nicht. „Es gab Ausstiegsklauseln im Vertrag, und zwar nur für den Standort Bochum“, betont er. Deshalb riet Einenkel der Belegschaft zur Ablehnung.
Das Unternehmen zog frühere Zusagen daraufhin zurück. Zum Jahreswechsel läuft die Produktion des Zafira in Bochum nun aus, danach rollt das Modell vorübergehend in Rüsselsheim vom Band.
Daran hatte Einenkel nie geglaubt, wegen der angenommenen hohen Kosten für die Verlagerung von rund 50 Millionen Euro. Nun setzt er auf das Gericht: „Ich habe die Hoffnung, dass es zu einer klugen Lösung kommt, was mit den Menschen in der Region und dem Werk geschieht.“
Opel: Keine Formfehler
Aus Konzernkreisen verlautet: Opel macht sich keine großen Sorgen wegen dem Verfahren. Der Opel-Aufsichtsrat habe seine Entscheidung im Einklang mit allen geltenden Regeln getroffen. Es gebe keine Formfehler und die Information des Aufsichtsrats sei ausreichend im Sinne der ständigen Rechtsprechung gewesen.
Beobachter werfen Einenkel reinen Aktionismus vor, der niemandem nutze. Selbst wenn das Gericht wider Erwarten einen Formfehler erkennen sollte, für das Unternehmen steht fest: Die Entscheidung, die Autofertigung in Bochum zu schließen, ist endgültig.
Quelle: dpa
Er hat da sicher nicht unrecht, keine Frage. Ich weiß auch was das für die Beschäftigten und deren Familien heißt, weil ich das selber schon miterlebt habe. Aber die Politik hält das Werk nun schon seit mehr als drei Jahrzehnten am Leben. Immer wieder gab es Zugeständnisse. Und ich bin überzeugt, dass sowohl die Landes- als auch die Bundesregierung über die Pläne das Werk zu schließen bescheid wussten. Was bleibt sind Millionen an Steuerngeldern, die GM in den Rachen geschoben wurden, damit das Werk in Bochum noch eine Weile bestehen bleiben darf.
Und nun eine sinnlose Klage einreichen? Der Wille im Unternehmen und in der Politik sind nicht mehr da.
Die werden schon Mittel und Wege finden das Werk aufzugeben.
Wieso den Todeskampf noch weiter fortführen? Die Arbeitnehmer haben gute Abfindungsregelungen erhalten, sowie Jobangebote in anderen Werken.
In goldenen Zeiten waren mal 20.000 Arbeiter in Bochum beschäftigt. Geblieben sind 3.300. Es war absehbar, dass es soweit kommt.
Aber nicht nur bei Opel Bochum. Auch andere Marken Speziell BMW oder Porsche haben nur noch wenig Stammpersonal. Die meisten sind fast alle Leiharbeiter und das ist halt der Stand der dinge.Opel muss halt mitziehen und halt ein Werk schließen und wo anderes (z.B. im Osten) Billiger Produzieren, damit man Wettbewerbs fähig bleiben kann. (Ein großer Argument ist hier bestimmt der Stundenlohn, der ja bei der arbeitern in Bochum hoch sein soll, im vergleich zu anderen.)
Nur der Herr Rainer Einenkel kapiert es halt nicht und schadet meiner Ansicht nach der Marke Opel nur, wenn er wegen sowas immer wieder in der Schlagzeilen will. Betriebsratschef hin oder her er muss nun mal in der Realität bleiben und aufhören mit dem gemeckere.
Man muss dabei aber auch bedenken:
Grundlage für die Schließung ist eine Überkapazität. Alle Marken aus den USA (Opel zähle ich durch den GM Pakt dazu) haben in Europa Überkapazitäten abgebaut. Und Opel steht jetzt davor. HÄTTE (ich weiß, hätte hätte Fahrradkette) man dem Sanierungsplan/Sanierungsvertrag doch zugestimmt, wäre zwar die "Schonfrist" nur 2 Jahre länger, aber in 2 Jahren kann eine ganze Menge passieren. Und selbst wenn die Autoproduktion abgegeben wurden wäre, wäre die Komponentenfertigung EVTL. drin gewesen.
Man muss sich das einfach mal überlegen: ein Betriebsrat wittert gegen der Belegschaft. Lehnt mögliche Rettungsvorschläge ab. Klar, wenn das Werk sowieso immer am miesesten abschneidet (traue keiner Statistik die du nicht selbst gefälscht hast), wäre zumindest die KFZ Fertigung abgegeben worden - zwangsweise. Aber man hätte - auch hier - wieder 2 Jahre Zeit gehabt zu beweisen "wir bekommen es doch hin".
Jetzt noch eine Klage hinterher schieben im Sinne von "die haben uns gar nicht gesagt was Sache war" ist kindisch und falsch. Klar, die Gerichte müssen auch diese Klage bearbeiten aber dennoch. Es ist einfach sinnlos. Wenn man schon sagt "Entweder sanieren wir den Standort ODER wir müssen den schließen" kann man sich doch denken, dass die Schließung im Falle der Ablehung der Sanierung erfolgen wird... Daher wird die Klage nur Richter, Anwälte und Ämter Geld und Zeit kosten um dann wieder "abgewiesen" zu werden...
Mein Mitgefühl gilt den nun vom Betriebsrat in Stich gelassenen Mitarbeitern. Ich hoffe diese finden schnell eine neue Beschäftigung!
Zuallererst wurden die Beschäftigten vom GM Opel Missmanagement im Stich gelassen, sonst wäre die Auslastung des Werks dank kluger Modellpolitik usw. gegeben!
Ansonsten ist der Betriebsratsvorsitzende von der Mehrheit der Beschäftigten gewählt und ebenso hat sich diese Mehrheit gegen den Sanierungsplan entschieden, weil man dem GM Management nicht getraut hat. Bei dem chaotischen bis erpresserischen GM Opel Management auch absolut verständlich!
Das man jetzt noch die Entscheidung gerichtlich klären lässt, ist das Normalste der Welt in einem angeblichen Rechtsstaat, insbesondere wenn es um Arbeitsplätze geht! Die Arbeitsgerichte werden auch noch zu tun bekommen. Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!
Jeder "Gier macht blind & blöd" Anleger bei irgendeiner dubiosen Briefkastenfirma mit Totalverlust rennt anschließend zum Gericht wegen angeblicher Prospekthaftung...
Wenn dieser Formfehler wirklich vorliegt und man ihn nicht juristisch aufarbeiten würde, wäre dies ein vollkommen falsches Signal an die Arbeitgeberseite.
lordberti: Du redest davon, dass speziell BMW und Porsche kaum noch Stammpersonal haben und fast nur noch mit Leiharbeitern arbeiten. Da würden mich konkrete und aktuelle Zahlen aber mal sehr interessieren.
ich bin zwar nicht der lordberti, aber BMW Werk Leipzig hatte in "besten" Zeiten bis 30% Zeitarbeitssklaven dauerhaft beschäftigt, dies ist dank (abgewiesener) Gewerkschaftsklage gerichtsbekannt offiziell. Solche Zahlen sind sonst streng vertraulich.
Aber Zeitarbeit ist für den cleveren Personalmanager sowieso uninteressant, da dank Branchenmindestlohn und Entwicklungsstufen zum IG Metall Tarif viel zu teuer geworden. Aktuell ist Missbrauch von Werkverträgen (die Politik betreibt erst mal zum Studien zum Phänomen), und demnächst wohl nur noch Scheinselbständige am Band...
Christina He: Ich habe selbst vor einigen Jahren bei beiden Werken gearbeitet als Leiharbeiter. Dort musstest du wirklich suchen das du irgendeinen vom Stammpersonal findest. Natürlich verschweigen die die genauen Zahlen, nur hier in der Gegend sind beide Werke schon bekannt für niedrig Lohn zu arbeiten und nur mit Leiharbeitern, die nutzen richtig die Gegend aus.
Hier ist ein Bericht von der Zeit zu BMW Leipzig:
http://www.zeit.de/2013/48/werkvertraege-bmw-leipzig-autoindustrie
Die genannten 10 € für Leiharbeiter in der Stunde ist eine Lücke. Ich habe selbst dort gearbeitet und habe gerade mal 8 Euro Brutto bekommen.
Ich war im Februar oder März 2011 mal beruflich mit einem Kollegen im BMW-Werk Dingolfing. Der BMW-Mitarbeiter, mit dem ich dort zu tun hatte, sagte mir was von ca. 18.500 arbeitenden Personen, aber davon ca. 7.500 Leiharbeiter und der Rest feste BMW-Mitarbeiter. Ich finde das ganz schön krass, wie dort der Grundgedanke vom Personalservice ausgenutzt wird.
Aber bei Porsche in Leipzig habe ich das auch mitbekommen, da ich ungefähr zur gleichen Zeit auch einmal im Leipziger Porsche-Werk war. Nur hat der dortige Mitarbeiter keine Zahlen genannt (er war selbst auch nicht direkt bei Porsche in Leipzig angestellt, sondern bei einem beauftragten Dienstleister).
Und wo ist das Problem? Wäre es besser für dich gewesen wenn BMW wie z. B. Mercedes ein Werk in Ungarn errichtet hätte? Oder wie jetzt VW für den Nachfolger des Crafter in Polen? Dann hättest du gar nicht arbeiten können ....
Wie allgemein bekannt ist die deutsche Autoindustrie stark exportlastig. Selbst die Gewerkschaften segnen diese hohen Leiharbeiterquoten ab, Andernfalls wäre das BMW Werk nicht in Leipzig entstanden, sondern alternativ in Osteuropa. Zur Zeit arbeiten über 6.000 Menschen für BMW in Leipzig, rundherum beschäftigen Zulieferer und Dienstleister (wie wahrscheinlich auch deine Leiharbeiter Firma) nochmal ca. das dreifache (ca 18.000 Mitarbeiter).
Ist das nicht lobenswert, dass ein Hersteller wie BMW mittlerweile gute 2 Milliarden EUR in Leipzig/Deutschland investiert hat?
Ganz abgesehen davon finde ich 8 EUR einen wirklich sehr niedrigen Stundenlohn...wäre mal interessant zu erfahren was BMW an die Leiharbeitsfirma pro Stunde bezahlt hat. Auf der anderen Seite habe ich einen Bericht über einen Leiharbeiter bei BMW in Leipzig gesehen, der um die 14 EUR die Stunde verdient hat ....für den Einbau von Autobatterien. Das soll jetzt wirklich nicht abwertend klingen (ich weiss nicht welche Art von Beschäftigung du bei BMW nachgegangen bist), aber für so eine Art von Arbeit kann man auch kein Vermögen erwarten.
Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod! ;-)
"Opel macht sich keine großen Sorgen wegen dem Verfahren." ....des....wegen DES VerfahrenS...
Sorry, ich kann sowas einfach nicht mehr sehen tun. 😆
Aber zum Thema: Nunja, ist halt schwierig. Ich frage mich, und das wird im Artikel nirgends deutlich, warum denn nun Bochum doch wirtschaftlich ist? "Nachweislich falsch." Aha. Und warum wird das dort nicht genannt?
Das sehe ich ähnlich.
Ich fand seine Haltung schon während der Verhandlungen eher fragwürdig.
Was er jetzt abzieht schadet in meinen Augen nicht nur seinem Image, sondern vor allem auch Opel.
Und die betroffenen Angestellten werden dadurch, wenn überhaupt, auch nur kurzfristig profitieren.
Das Werk Bochum wird definitiv geschlossen. Daran wird auch ein Gerichtsurteil in dieser Sache nichts ändern.
Allerdings könnten dann mitunter bisher getroffene Abfindungsregelungen hinfällig werden.
Im Zweifel kommt es für die verbliebenen Arbeitnehmer also noch schlimmer, als es ohnehin schon passiert ist.
Da frage ich mich ganz ehrlich: Warum das Ganze?
Das ist doch Käse! Mit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 ging der Absatz doch bei allen Massenherstellern nach unten! Erst heute im Jahr 2014 geht es wieder langsam aufwärts! Möchtest du denen allen Missmanagement vorwerfen?
Überkapazitäten müssen nun mal abgebaut werden, übrigens ebenfalls auch bei anderen Herstellern, auch Ford z.B. hat Werke geschlossen.
Im vergleich zu denen hatte das Werk Bochum sogar noch eine echte Chance, die aber genau von diesen Herren der Gewerkschaft bzw. durch deren Ablehnungsempfehlung an die Beschäftigten abgelehnt und zu Nichte gemacht wurde!
Und DIE wollen jetzt durch einen angeblichen "Formfehler" das Ganze rückgängig machen lassen? In welcher Welt leben die eigentlich? Da fehlen mir echt die Worte! 🙄
Danke euch für die Ausführungen zur Leiharbeit.
Wirklich interessant.