Harley Davidson Street Bob: Fahrbericht
Vertraut und doch fremd
Die Street Bob war zeitweise die meistverkaufte Harley der Dyna-Reihe. Nun bekommt sie einen neuen Hafen: Technisch überarbeitet macht sie die Softail-Reihe unsicher.
Barcelona - Zehn Jahre lang war die zur Dyna-Baureihe gehörende Street Bob stets unter den drei in Deutschland meistverkauften Modellen von Harley-Davidson, mehrfach war das schmächtigste der mit dem großen V2-Motor angebotenen Modelle sogar das am stärksten verkaufte. Dennoch wechselt die Street Bob mit dem halbhohen Apehanger-Lenker fürs Modelljahr 2018 ihre Identität: Nach dem Stopp der Dyna-Baureihe wird die Street Bob in die runderneuerte Softail-Baureihe integriert und dabei technisch grundlegend überarbeitet. Weiterhin ist sie die preisgünstigste Möglichkeit, eine Harley mit dem großen V2-Motor zu fahren.
Bis auf die Maße der Sitzhöhe (niedrige 68 Zentimeter), das Material des Rahmens (Stahl, schwarz lackiert) und das Bauprinzip des Motors (Zweizylinder-V mit 45 Grad Zylinderwinkel) ist so gut wie alles neu an der 2018er Street Bob. Für den größten jemals in diesem Modell möglichen Vortrieb sorgt der im vergangenen Jahr erstmals in den Touring-Modellen erhältliche Motor vom Typ Milwaukee-Eight. Vier Ventile pro Zylinder verbessern den Wirkungsgrad und erhöhen die Leistung auf 87 PS. Natürlich ist auch der Hubraum gewachsen, nämlich von 1.690 auf 1.745 Kubikzentimeter oder 107 Kubik-inch, weshalb das Triebwerk den Namen Milwaukee-Eight 107 trägt.
Die Street Bob schöpft stets aus dem Vollen
Der V2 schüttelt die gewünschte Leistung leicht aus dem Ärmel, wobei man das Schütteln nur insofern wörtlich nehmen sollte, als es sich um exakt definierte Lebensäußerungen handelt: Zwei zahnradgetriebene Ausgleichswellen begrenzen die mechanischen Störungen und machen es möglich, den V2 starr im Rahmen zu fixieren. Volle zehn Zentimeter beträgt nunmehr der Durchmesser von Zylindern und Kolben.
Um 20 Newtonmeter höher als beim alten Motor liegt das Drehmoment von 145 Newtonmetern. Der Street-Bob-Fahrer kann also stets aus dem Vollen schöpfen. Dies auch deshalb, weil die Street Bob sieben Kilogramm Masse eingebüßt hat. Zugleich wurde die Zuladung um 41 Kilogramm erhöht.
Optisch kommt die neue Street Bob ohne gefedertes Hinterrad daher; die bisherigen Federbeine gibt es nicht mehr. Stattdessen arbeitet, unterm Einzelsitz versteckt, ein gut abgestimmtes Zentralfederbein, dessen Vorspannung nach Abnehmen des Sitzes einstellbar ist. Geblieben sind der Street Bob die Speichenräder, doch ist der Hinterreifen nun schmaler und kleiner als bisher.
Einlenken in Kurven fällt mit den schmalen Reifen vorne und hinten leicht. Weil auch die Schräglagenfreiheit üppig erscheint, lässt sich die jüngste Street Bob nach einiger Eingewöhnung entspannt und zugleich flott über kurvenreiche Strecken treiben – vorausgesetzt, man mag den relativ hoch montierten Lenker, der eine etwas eigenartige Ergonomie mit sich bringt. Tadellos agieren die beiden Scheibenbremsen, das ABS wurde auf den jüngsten technischen Stand gebracht.
Vertraut und doch so fremd
Der 107er Motor sorgt insbesondere wegen seines massigen Drehmoments für reichlich Fahrdynamik, zudem hört er sich ausgesprochen schön an, ohne durch übertriebene Lautstärke zu nerven. Konzentrieren muss sich der Fahrer bei diesem Modell stärker als bei anderen neuen Softails beim Ausklappen des Seitenständers: das liegt an der spezifischen Lage der Fußraste.
Ungewöhnlich wirkt das Cockpit-Design der Street Bob: Das schmale Display für die inverse Digitalanzeige der Geschwindigkeit ist unmittelbar in die Lenkerklemmung integriert, die Kontrollleuchten sitzen in einen zweiten Display direkt unterhalb. Jede Wette, dass diese dezente Art der Cockpit-Gestaltung Nachahmer finden wird.
Es steckt viel Feinarbeit in der neuen Softail-Baureihe und damit auch in der Street Bob. Der vier Liter kleinere Tank lässt den Motor massiger erscheinen, der für dieses Modell spezifische LED-Scheinwerfer sowie die Faltenbälge an der Gabel prägen die Front, der Einzelsitz die Silhouette (ein zweites Sitzpolster plus Zusatz-Rasten gibt es auf Wunsch).
Auch wenn nur eine Handvoll Teile mit dem Vormodell identisch sind, so wirkt die Street Bob im Grunde auf Anhieb vertraut. Insofern haben die Entwickler in Milwaukee ein Kunststück vollbracht, denn die DNA ist spürbar, obwohl sich die 2018er Street Bob leichter, dynamischer, stabiler und damit insgesamt entspannter fährt als ihre Vorgängerin gleichen Namens.
Technische Daten
- Modell: Harley-Davidson Street Bob
- Motor: Luft- und flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Viertakt-V-Motor, vier Ventile pro Zylinder
- Leistung: 87 PS bei 5.020 U/min.
- Drehmoment: 145 Nm bei 3.000 U/min
- Vmax: 190 km/h
- Getriebe: 6 Gänge
- Fahrwerk: Stahl-Doppelschleifenrahmen; 49 mm Telegabel vorne, 13 cm Federweg; Stahl-Dreiecksschwinge und Zentralfederbein hinten
- Bremsen: 30 cm Einscheibenbremse vorne, 29,2 cm Einscheibenbremse hinten
- Assistenzsysteme: , Security System (Wegfahrsperre u. Alarmanlage mit Keyless-Fernbedienung)
- Maße: Radstand 1,63 m, Sitzhöhe 68 cm
- Gewichte: fahrfertig 297 kg, Zuladung 229 kg
- Tankinhalt: 13,2 l.
- Preis: ab 14.495 Euro
Quelle: SP-X
Im Grunde finde ich sie ansprechend.
Im Grunde finde ich es eine Frechheit,
zu den Dynamodellen eindeutig vom Konzept her abweichende Modelle wieder mit den alten Namen zu belegen!
Die neuen "Softail"-Modelle sind keine "Streetbob", und auch keine "Fatbob" mehr (und die "Fatboy" ist ein extrem schlechter Witz, verglichen mit dem Original).
Schade, das die Amis offensichtlich äußerst einfallslos sind, was die Bennenung der Mopeds angeht.
Vergleichsweise:
Ich würde keine "Cobra" noch "Cobra" nennen, wenn sie, nach Neuauflage, grad mal wie'n Nissan 240Z aussieht (ein geiler Wagen, bloß eben keine "Cobra").
Und der technische u. optische Unterschied der Fatxxx- und Streetmodelle zu ihren Vorgängern ist größer, als der Unterschied einer Cobra zum 240Z.
Grüße
Uli
Dieser Tacho in der Lenkerklemme, auch die vordere Lampe , fürchterlich , passt eher zu einer Hyosong oder wie diese Billigdinger heißen .
Ich schreib´s mal so: Nette Basis für (optische / technische) Umbauten.
Autsch !!! Was ist aus Harley geworden !? Wenn ich bedenke, was die Factory einst für tolle Bikes gebaut hat...
Mir gefällt die Triumph eigentlich besser. Über Geschmack lässt sich aber bekanntlich streiten. 😆
(Zu wenig Schräglagenfreiheit vermute ich, aber das ist der Gattung wohl eigen.)
Na, wenigstens haben die Dinger jetzt anständig Leistung und werden beim Gas geben dann hoffentlich auch schneller und nicht nur lauter.
Hi!
Das Ding sieht doch nicht schlecht aus. Egal wie es heissen mag.
Wer Harley nicht mag, muss diesen Artikel ja nicht kommentieren.
Mit persönlich sind die neuen Harleys ein wenig zu brav. Eigentlich wie früher die Suzuki VS 1400 Intruder. Die konnte eigentlich alles besser als die Harleys, sogar der Motor war schöner als der der TCs. Aber dennoch lief sie zu "glatt". EIne Harley, die sich nicht schüttelt? Nein, danke. Da würde ich dann, sollte ich mich irgendwann mal für ein nagelneues Bike interessieren, wohl eher eine Triumph kaufen.
Dieses Problem wird mich allerdings höchstwahrscheinlich nicht mehr treffen, denn meine Harley ist 37 Jahre alt und wird, da ohnehin immer was zu basteln ist, wohl auch nochmal so lange halten. Viel zum Fahren komme ich deswegen ja nicht...
Angesichts der Mondpreise bei BMW und Triumph schätze ich wird die Streetbob für 15.000 Eur nach wie vor einige Fans finden. Aber insgesamt wird die Zahl der Biker wohl stark abnehmen in den nächsten 15 Jahren. Die Alten hören auf, die Jungen haben das Geld nicht oder schlicht kein interesse, weil sie an Elektronik interessiert sind und nicht am Mofabasteln und später Motorradfahren.
Die zunehmende Zahl an altersblinden, gefährlichen Autofahrern tut dann ihr Übriges.
Schade.
HC