Volvo-Marketing: Online-Handel statt Messestand

Volvo: Keine IAA, dafür alle Autos im Online-Verkauf

Björn Tolksdorf

verfasst am Tue May 26 16:06:19 CEST 2015

Volvo will das Thema Marketing neu und digital denken: neue Online-Shops, neuer Konfigurator, neue Homepage. Messeauftritte streichen die Schweden dagegen großzügig.

Volvo-Marketingchef Alain Visser, hier 2014 auf der Detroit Auto Show. Künftig wird seine Marke nur noch selten auf Messen auftreten. Stattdessen wollen die Schweden im Netz mehr Autos verkaufen
Quelle: dpa/Picture Alliance

München - Die Marketing-Abteilung bei Volvo denkt neu über die Idee der Automobil-Vermarktung. Auf die kontinentaleuropäische Hatz nach Aufmerksamkeit schaut der nördlichste Pkw-Hersteller mit Distanz. Den Pflichttermin IAA 2015 spart sich Volvo, das gab man im Dezember 2014 bekannt.

Auf der Automobilwoche-Konferenz in München erläuterte Volvos Marketingchef Alain Visser noch einmal die Gründe: "Wir haben sehr viel Respekt vor der IAA. Aber was tun wir bei Volvo dort: Wir geben Millionen von Euros aus, um zu zeigen, dass andere Hersteller wie BMW oder Mercedes größer als wir sind." Darin sieht Visser keinen Sinn. Eine Messe pro Jahr und Kontinent müsse reichen. Volvo müsse ausbrechen aus dem „Meer der Gleichheit“ von ewig gleichen Messeständen, Hostessen, Reizüberflutung.

Online-Verkauf des SUV XC90 „First Edition“: Sieben Autos pro Minute

Viel Sinn sieht Visser dagegen in neuen Vertriebskanälen: Volvo werde ab 2016 die komplette Modellpalette im Internet anbieten und verkaufen. „Wir glauben, dass der digitale Verkauf kommt“, sagte Visser auf der Konferenz. DHL-Boten müssen deswegen nicht über größere Transporter nachdenken: Der eigentliche Verkauf und die Auslieferung sollen weiterhin klassisch über das Händlernetz erfolgen. Auch Mercedes oder Hyundai testen den Online-Handel – aber nur mit einer abgespeckten Modellpalette.

Im Volvo-Konfigurator startet der Interessent künftig nicht mehr mit einem "nackten Auto", sondern inklusive Metalliclack und Alufelgen
Quelle: Volvo via automobilwoche-konferenz.de
Volvo sammelte erste Erfahrungen mit der „First Edition“ des SUV XC90. Das gab es in limitierter Auflage (1.927 Fahrzeuge) nur online zu kaufen. Nach 47 Stunden waren die Autos verkauft, zur besten Zeit sieben Autos pro Minute. „Wir hätten diese 1.927 Einheiten auch in nur zwei Stunden verkaufen können, wenn wir nicht technische Probleme gehabt hätten", sagt Visser.

Sechs Prozent der Bestellungen seien vom Handy gekommen: „Es gab also Kunden, die ein mehr als 100.000 Euro teures Auto allein über ihr Mobiltelefon bestellt haben, ohne es jemals real zu Gesicht bekommen zu haben."

Schluss mit Mickey-Maus Felgen

Entscheidend für den Online-Verkauf von Autos ist, logisch, die Homepage. Der XC90-„First Edition“-Verkauf habe ein Jahr Vorbereitung benötigt. „Der Besuch einer Website muss so erlebnisreich und eindrucksvoll wie der Besuch eines Autohauses sein“, fordert Visser.

Das beginnt schon beim Konfigurator: "Wir wollen nicht länger mit einem grauen Auto mit Mickey-Maus-Felgen vor einem weißen Hintergrund starten. Künftig werden wir vorkonfigurierte Fahrzeuge zeigen.“ So soll das Auto sofort eine gute Figur machen. Wer sie nicht bezahlen mag, könne kostenpflichtige Extras wieder abwählen.

Alain Visser (51) ist belgischer Staatsbürger und arbeitet seit 2012 bei Volvo. Dem Marketing und Vertrieb steht er seit 2013 vor. In gleicher Position war er zuvor ab 2004 für Opel tätig, davor arbeitete Visser bei Volvos Ex-Mutterkonzern Ford. Sowohl GM als auch Ford investierten viel Geld im Fußballsponsoring. Für Visser unverständlich: "Für uns ist Fußball-Sponsoring Blödsinn." Volvo will sich im Sport künftig auf den „Volvo Ocean Race“ beschränken.

 

Quelle: automobilwoche