Classic Driving News
Vom Bat-Mobil zum Jaguar C-X75
Raketenautos üben seit jeher eine große Faszination aus. Batman fuhr mehr als einen, Disney-Tüftler Daniel Düsentrieb sowieso, Opel erlangte durch sie kurzzeitig Weltruhm und Chrysler baute sogar einmal eine Kleinserie. Jetzt lässt Jaguar mit der Studie des C-X75 die Träumereien rund um Raketenautos wieder aufleben. Bitte einsteigen, anschnallen und die Triebwerke starten.
Für George Barris ist das Raketenauto in seiner Sammlung von Filmautos die unangefochtene Nummer eins. Nicht, dass Hollywood-Legende Barris mit den hunderten von anderen Filmautos in den letzten fünf Jahrzehnten nicht noch andere heiße Eisen im Feuer hätte, aber das Batmobil der Generation eins ist bis heute unerreicht. Natürlich hatte der geheimnisvolle Zweisitzer im Fledermaus-Outfit ein futuristisches Raketentriebwerk.Mit dem Bat-Mobil gegen Bösewichter
Bekannt wurde George Barris mit dem schwarzen Raketenauto Mitte der 60er Jahre. Für den Ur-Streifen "Bat Man" mit dem dynamischem Duo Adam West und Burt Ward suchten die Produzenten jemanden, der innerhalb von drei Wochen ein charismatisches Raketenauto, das so genannte Batmobil kreieren konnte. Barris nickte ohne groß zu überlegen und arbeitete mit seinem Team Tag und Nacht an dem schwarzen Fledermaus-Renner. Heraus kam eines der extravagantesten Raketenautos der Filmgeschichte. Das über fünf Meter Batmobil auf Ford-Basis war der Schrecken aller Bösewichte. Catwoman, der Riddler oder der schnatternde Pinguin bissen sich an dem mit Raketenantrieb, Radar, Schleudersitz und Nebelmaschine ausgestattetem Fledermaus-Mobil die Zähne aus. Für viele Filmfans war das Filmauto, unter dessen Kunststoffkarosse ein Ford steckte, der eigentliche Star des Films und der später anlaufenden Fernsehserie.
Chrysler baut Raketenauto-Kleinserie
Was in den 60er Jahren die Bat-Fans verzückte, konnten ein paar Handvoll Autofans fast zeitgleich sogar in der Realität genießen. Chrysler hatte ebenso wie einige andere Autohersteller immer wieder mit einem Düsenantrieb als Motor für ein Auto der Zukunft herumexperimentiert. Als Anfang der 60er Jahre der Chrysler Turbine offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, hatte mit ihm für viele die automobile Zukunft begonnen.
Im Zeitalter des Kalten Kriegs, Mondlandungen und Raketenstarts war das Raketenauto, der sehenswerte Chrysler Turbine, das erste seiner Art. Leider blieb es für den 130 PS starken Viersitzer bei einer Kleinserie von gerade einmal 55 Fahrzeugen. Das sehenswerte Design des Raketenautos stammte aus dem Hause Ghia. Der hohe Verbrauch und gigantische Produktionskosten beließen es jedoch bei den Pool von Erprobungsfahrzeugen. Eines der wenigen fahrtüchtigen Modelle in privater Hand besitzt heute noch Auto-Maniac und US-Showmaster Jay Leno.
Raketenauto von Opel
Doch Autos mit Raketen- oder Turbinenantrieb machten nicht erst Mitte des vergangenen Jahrhunderts von sich reden. Opel erlangte durch die Raketenautos der so genannten RAK-Serie Weltruhm. Der Rüsselsheimer Autobauer zündete seine erste automobile Feststoffrakete im April des Jahres 1928. Auf der hauseigenen Teststrecke schrieb Ingenieur Kurt Volkhart mit der schwarzen Opel-Rakete über Nacht Automobilgeschichte. Der unerschrockene Testfahrer beschleunigte das Raketenauto RAK-1 von null auf Tempo 100 in unter acht Sekunden ? Ende der 20 Jahre nicht nur in der Automobilentwicklung eine wahre Sensation. Nur ein paar Wochen später raste der 29jährige Fritz von Opel in einem weiterentwickelten Raketenauto vom Typ RAK-2 auf der imageträchtigen Berliner Avus auf Tempo 238 km/h. 3.000 geladene Gäste waren begeistert.
Geschwindigkeitsrekorde mit Raketenautos
Seit den 70er Jahren sind gerade auf den Salzseen in den USA und Australien immer wieder Geschwindigkeitsrekorde mit Raketenautos gefahren worden. Stuntman Stan Barrett erreicht im Jahre 1979 erstmals mit einem Raketenfahrzeug die Schallgeschwindigkeit von 1.190 km/h ? wohlgemerkt in einem Auto. Offiziell wurde der Rekord jedoch nie anerkannt. Das Raketenauto hatte nur drei Räder und für eine offizielle Eintragung sind zwei Fahrten innerhalb einer Stunde nötig. Der aktuelle Geschwindigkeitsrekord für Raketenautos liegt bei knapp 1.230 km/h.
Jaguar-Studie nur mit E-Antrieb
Jetzt lässt Jaguar zum Ausklang seines 75jährigen Firmenbestehens eine weithin sehenswerte Geburtstagsrakete starten. Die Studie des Jaguar C-X75 aus der Feder von Chefdesigner Ian Callum ist wahrhaft eine automobile Schönheit. Doch der Zweisitzer will weniger mit seinem Äußeren alle Aufmerksam auf sich ziehen, sondern mit seinem Antriebskonzept. Wie einst Batmobil, Opel-Raketenzigarre oder Chrysler Turbine sorgen Turbinen für das rechte Fortkommen. "Die beiden Gasturbinen laufen bei dem Prototypen allerdings nicht", trübt Nigel Taylor die Begeisterung, "dieses Showcar wird von einem kleinen Elektromotor angetrieben." Kein Raketenstart wie im Kennedy Space Center oder einst auf der Opel-Teststrecke. Keine 35.000 Liter Luft, die pro Minute durch die Düsen des Raketenautos rasen. Keine Erinnerungen an Fritz von Opel. Bis heute haben Raketenautos nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Und allein die Idee eines Düsenantriebs bringt das Blut vieler Autofans in Wallung. Dabei sind mehr als 40 km/h mit dem Prototypen des Jaguar C-X75 kaum drin. Trotzdem gibt einen Warnhinweis am Heck: "beware of blast".
"Normalerweise wird der Jaguar von Elektromotoren angetrieben, die in den Radnaben sitzen", erklärt Projektleiter Nigel Taylor, "die leisten 4 x 195 PS und ein maximales Drehmoment von bis zu 1.600 Nm." Sind die Akkus an der Steckdose aufgeladen, lassen sich elektrisch bis zu 110 Kilometer zurücklegen. Danach treiben zwei kleine Gasturbinen einen Range Extender an, der eine Fahrstrecke von bis zu 900 Kilometern ermöglichen soll. Die imaginären Fahrleistungen erscheinen in der Tat wie von einem anderen Planeten. 0 auf 100 km/h in 3,4 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 330 km/h.
Raketenauto von Jaguar fährt rein elektrisch
Fast so spektakulär wie die Opel-Raketenautos vor mehr als 80 Jahren. Dabei erfolgt der Antrieb beim Jaguar-Traum im Unterschied zu den realen und irrealen Ahnen von Batman, Opel und Chrysler rein elektrisch. Die Gasturbinen dienen lediglich als Generatoren, die sich mit allen erdenklichen Treibstoffen befeuern lassen. Nigel Taylor: "Wir prüfen ernsthaft den Serieneinsatz von kleinen Gasturbinen für die Zukunft. Das dürfte jedoch noch mindestens fünf Jahre dauern." Das wäre wieder einmal etwas für die automobilaffinen Briten. Sie haben in den letzten Jahren ihren Automobilstolz verloren.
Die Aushängeschilder Land Rover und Jaguar gingen an den Tata-Konzern. "Sicher würde uns ein echter Supersportwagen für das Image gut tun", so Chefdesigner Ian Callum, "aber erst einmal stehen andere Projekte im Vordergrund." Doch träumen darf erlaubt sein. Schließlich hat sich Firmeninhaber Ratan Tata vor einiger Zeit mit 25 Prozent an Bladon Jets beteiligt. Die britische Firma ist auf kleine Turbinen spezialisiert. Vielleicht wird ein Traum vom modernen Raketenauto irgendwann doch noch Realität.
Quelle: Motor Klassik
Oh Mann, war das daneben... 🙁 Wer immer das bei der Motorklassik verzapft hat, sollte sich doch mal beim Schwestermagazin "Flug Revue" über den Unterschied zwischen Raketen und Turbinen aufklären lassen, die außer einer Ausstoßdüse "hinten" nichts, aber auch gar nichts, gemeinsam haben.
Zur Klarstellung: der Opel war ein Raketenauto, das durch den Rückstoß seiner paarundzwanzig Feststoffraketen vorwärtsbewegt wurde. Gary Gabelichs "Blue Flame" arbeitete nach dem gleichen Prinzip, nur mit Flüssigtreibstoff.
Der Chrysler Turbine war ein Turbinenauto, in dem eine Zentrifugalturbine ihre Kraft mittels Wellen auf ein hydraulisches Getriebe überträgt, von dem aus dann wieder die Hinterräder angetrieben werden. Schade, dass das Konzept so viele Geburtsfehler hat, denn tatsächlich sind Turbinen im Grunde die einfachsten Wärmekraftmaschinen der Welt: kaum bewegliche Teile und verbrennen kann man alles, was auch nur entfernt brennbar ist. Dazu haben sie auch ein weit geringeres spezifisches Leistungsgewicht.
Ihr Nachteil: sie werden wirtschaftlich erst ab einer gewissen Leistung und brauchbares Drehmoment erzielen sie erst bei hohen Drehzahlen. Heute hat man diese Grenze zwar schon weit nach unten verschoben, was ihren Einsatz in Kleinst-Düsenflugzeugen ("Drohnen") gestattet. Ob das aber für Autos schon ausreicht?
Hinzu kommt, dass sie ein Flugzeug durch ihren Rückstoß vorwärtstreiben, im Auto geht das nicht, weil dazu der Abgasstrahl ungehindert nach hinten austreten können muss. Man stelle sich vor, man wäre ein Fußgänger, der hinter einem solcherart losfahrenden Gasturbinenauto die Straße überquert. Da fliegt einem nicht nur der Draht aus der Mütze 😆
Der Chrysler Turbine hatte also große Abgasschächte, die das heiße Gas nach unten leiteten. Wenn man mal länger irgendwo stand, schmolz man den Asphalt unter sich. In diesem Winter könnte das an der einen oder anderen Stelle von Vorteil sein, sonst eher nicht.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Anlassvorgang einer Turbine etwas komplizierter ist als bei einem Hubkolbenmotor: während hier schon bei der ersten Umdrehung der volle Druck in den Zylindern herrscht (und das Starten somit möglich ist) muss sich der Druck in der Brennkammer erst aufbauen - was den Anlassvorgang deutlich in die Länge zieht und den Fahrer wohl eher dazu veranlassen wird, das Triebwerk im Zweifelsfall im Leerlauf dahinsingen zu lassen. Nix mit "Start-Stop-Technologie"...
Die Jaguar-Idee klingt schon interessant: turbinenelektrische Antriebe sind im Lokomotivbau schon versucht worden und haben funktioniert. Letztlich sind sie aber allesamt vor allem an Wirtschaftlichkeitsfragen gescheitert. Der Verbrauch von Gasturbinen verlangt nach billigsten Treibstoffen (z.B. dem teerähnlichen "Bunker-C"-Öl, einem Abfallprodukt aus der Dieselgewinnung) die aber mit fortschreitender Raffinierungstechnik immer weniger zur Verfügung standen. Als in den Achtziger Jahren Verfahren aufkamen, mit denen selbst bitumenhaltige Reststoffe der Ölraffinierung "gecrackt" werden konnten, war es vorbei damit. (Die Union Pacific stellte ihre "Turbines" - riesige Loks mit 6000 PS und einem Tender für den Brennstoff - mangels 'Bunker-C' schon in den Siebzigern wieder ab.)
Nun ja - ein Jaguar ist keine Lokomotive, und knapp 800 PS sind natürlich ein Wort. Wer sich so ein Spielzeug leisten kann, den wird der Heizölverbrauch nicht stören. Ob man so ein Ding in Zeiten gesteigerten Umweltbewusstseins auf die Straße lässt, darf trotzdem bezweifelt werden.
Grüße
Tomcat
Hoffentlich geht in den irgendwann so etwas ähliches wie der C-X75 in Serie! Der XJ 220 ist ja immerhin auch schon einige Zeit Vergangenheit. 🙁 Doch der neue Jag sieht meiner Meinung nach einfach nur genial aus und mit der Technik wärs ja wirklich eine Sensation!
Bei den Turbinenfahrzeugen wurde übrigens noch auf die wichtigsten Vergessen: Die Rover Gasturbinenfahrzeuge aus den 50ern!
In der Tat - wen's interessiert, der kann hier über die Turbinenautos von Rover nachlesen. Letztendlich scheiterten sie an den selben Gründen wie Chryslers Turbine Car.
Wie gesagt, "direkt" antreibende Turbinen sind nicht wirklich sinnvoll im Autobau einzusetzen. (Auch der M1-Kampfpanzer der US-Armee verbraucht zu viel und ist zu laut.) Turbinen spielen dort ihre Stärken aus, wo es um gleichmäßige Leistungsabgabe über einen längeren Zeitraum geht - Flugzeuge, Schiffe, Lokomotiven. Im Straßenverkehr, wo man ständig wieder beschleunigen und bremsen muss, kommen sie weniger gut.
Anders sieht die Sache natürlich bei elektrischer Kraftübertragung aus - hier kann eine Turbine auf eine bestimmte Nennleistung optimiert werden, lädt damit bspw. Akkus auf, die dann mit Einzelradantrieben den eigentlichen Vortrieb übernehmen. Wenn man die Turbinen also geräusch- und abgasmäßig in den Griff bekäme, wäre der Jaguar-Vorschlag durchaus umsetzbar.
Man wird sehen...
Grüße
Tomcat