1.000.000 Kilometer im Mercedes W124
Vom Werkswagen zum Millionär
Auf seinen Mercedes 200D lässt Michael Nickl nichts kommen. Der Daimler-Ingenieur fährt seinen W124 seit fast 25 Jahren und hat gerade die Million geknackt.
Stuttgart - Michael Nickl und sein Mercedes sind viel herumgekommen, aber diese Fahrt in den Norden wird der Mercedes-Entwickler so schnell nicht vergessen. Auf einem Feldweg in Friesland hat Nickl etwas gesehen, was nur wenige Autofahrer sehen: Bei seinem 25 Jahre alten Mercedes hat nach einer Million Kilometern der Tacho genullt. „Das ist ein Erlebnis, auf das ich jahrelang hingearbeitet habe“, sagt der 57-Jährige.
Stolz zeigt Nickl die Fotos von den sechs Neunen, die langsam hinter dem Ziffernblatt verschwinden. Den Wagen hat Nickl für diesen Moment gehegt und gepflegt, und dabei schon viele kleine Jubiläen gefeiert. „Seit der halben Million war das jedes Mal ein Fest“, sagt der Ingenieur und berichtet vom kleinen Umtrunk mit den Kollegen. Die sind schließlich mit Schuld, dass es überhaupt so weit gekommen ist.
Dabei hat die Mission „Millionär“ am 16. Juli 1992 ganz unspektakulär begonnen. Kaum hatte der junge Student aus Oberfranken „beim Daimler“ seinen Job, tauschte er seinen gebrauchten Golf gegen den ersten Werkswagen. Einen Mercedes W124, 200D mit 75 PS starkem Vierzylinder. Dunkelblau im Farbcode 904 lackiert, mit Stoffsitzen und einem Glasdach als einzigem Extra.
Weiterfahren wurde zum Sport
Wie bei solchen Wagen üblich, wollte er den Wagen nach einem Jahr verkaufen und sich mit dem Gewinn ein besseres Modell holen. Doch dann fand die Wissenschaft heraus, dass Diesel möglicherweise krebserregend sei. Danach haben Politiker auch noch die Zinsabschlagssteuer eingeführt. „So war mein Auto nicht nur beinahe unverkäuflich, sondern ich hätte darauf auch noch besonders viel Steuern zahlen müssen“, erinnert sich Nickl. „Deshalb habe ich ihn einfach behalten.“ Und weitergefahren. Und weitergefahren. Und weitergefahren.Als die Kollegen über die ersten Rostflecken zu frotzeln begannen, ist aus dem „weiterfahren“ ein Sport geworden. „Erst haben sie mich aufgefordert, mir mal ein neues Auto zu kaufen. Und dann haben sie angefangen, mir Wetten anzubieten, wie lange er denn halten würde“. So wurden erst die 500.000 zur Hürde und dann jeder weitere Hunderttausender.
Dass der 124er überhaupt so lange durchgehalten hat, wundert Nickl selbst am meisten. Schließlich hat er den Wagen nicht geschont. Er ist jeden Tag mit ihm 25 Kilometer zur Arbeit hin und wieder zurückgefahren. Hat ihn in den ersten Jahren nicht einmal in der Garage geparkt und hatte nur wenig Lust aufs samstägliche Autowaschen.
Aber die Technik hatte er im Griff. Keinen Ölwechsel hat er verpasst, immer gut geschmiert und lieber zweimal nach dem Luftdruck geschaut als einmal nach dem Lack. In all den Jahren ist dem Benz wenig passiert, und er ist nur ein einziges Mal liegen geblieben - ausgerechnet kurz vor der eigenen Haustür. Und ausgerechnet auf der Autobahn, erinnert sich der Kilometer-Millionär.
Verwohnt, aber TÜV ist kein Problem
Mittlerweile parkt Nickl in der Garage, und zumindest zu Kilometer-Jubiläen wird das Auto gründlich gewaschen. Doch die 25 Jahre haben Spuren hinterlassen: Der Lack ist stumpf geworden, der Stern auf der Haube hat seinen Glanz verloren, die Schalen hinter den Türgriffen wirken, als hätte Nickl sie mit Stahlwolle poliert. Unter der Motorhaube mit der zerfledderten Isolierung sieht es aus wie im Heizungskeller eines Mietshauses aus den Fünfzigern. Außerdem ist das Lenkrad abgegriffen, am Fahrersitz bricht so langsam das Polster auf, und bei vielen Schaltern kann man die Beschriftung längst nicht mehr lesen.
„Doch für den TÜV reicht es allemal“, sagt Nickl und sieht dem nächsten Termin im Jahr 2018 ganz gelassen entgegen. Was bis dahin zu reparieren sein sollte, erledigt er bei einem Freund auf der Hebebühne am liebsten selbst. Das ist sein größtes Hobby neben dem Schreibtischjob. Nickl ist sich sicher, dass der TÜV ihn und seinen Millionär auch im nächsten Jahr nicht scheiden werden.
Viel mehr Angst hat er da vor seiner Frau, die den alten Benz nicht so schätzt. Vor allem beim Auffahren auf die Autobahn komme der Diesel einfach nicht auf Touren. Und manchmal dürfe es auch etwas schneller sein als 100, 120 Kilometer pro Stunde, die Nickl dem 124er noch abringt.
Aber auch das hat Nickl im Griff, indem er seiner Frau vor ein paar Jahren einen SLK gekauft hat. Ein neues Auto kommt ihm selbst vor der Rente ganz sicher nicht auf den Hof. Erstens, weil er seinen Kollegen keinen Triumph gönnen möchte. Und zweitens, weil er den aktuellen Modellen keine solchen Laufleistungen mehr zutraut: „Die Zeiten der Kilometer-Millionäre sind wahrscheinlich für immer vorbei“, sagt der Daimler-Mann.
Weiterlesen: Zu Besuch beim W124-Experten in Berlin
Quelle: SP-X
Glückwunsch zur Million.
Ich hätte es nicht durchgehalten. 10 Jahre und nahe der 200.000 km werde ich immer nervös, ob die Autos noch hatten. Dann dürfen sie weg. Zeit für was Neues.
Wat fürn Schmarn.....
Und genau deshalb, wird er sich demnächst was anderes zulegen.
Jahrelang mit der "Gurke" abgemüht und Verzicht geübt. Er wäre nicht der erste, der nach der Million sich was Neues zulegt. Der Millionär bleibt dann vllt. sogar noch auf dem Hof.
Wow, war nicht letztens erst (nach dem Bericht über den im Hinterhof an Mercedes schraubenden Rentner) die Diskussion entflammt, der W124 sei gar nicht so toll gewesen, wie die Liebhaber immer sagen? 😆
Stolze Leistung, vor allem auch, dass er das Auto trotz der doch spätestens in diesem Jahrhundert alles andere als standesgemäßen Motorisierung nicht verflucht 😉
Der Schaltknauf sieht aber erstaunlich gut erhalten aus... Bei meinem 190er war ab 150.000km die Kulisse abgenutzt.
Gratulation!
Artgerecht gehalten, zwei Mal 25 km am Tag lassen ihn warm werden, regelmäßig Öl wechseln, fertig!
Ein wunderbar politisch unkorrekter Stinkediesel mit jeder Menge Grobstaub, herrlich! 😆
Mithilfe der Mercedes-Spezialisten bekommt man selbst einen "Vaneo" auf eine Mio km!
Das ist gutes Marketing!!
Glückwunsch an den Benz-Millionär.
Irgendwie hat man ein deja-vu, er hat den Wagen behalten, weil damals ein Diesel fast unverkäuflich war😱
Damals kam man noch mit einem "200D mit 75 PS starkem Vierzylinder" vorwärts, da sieht man mal wieder wie die Zeit an uns vorbeigerauscht ist 😊
Das das Lenkrad abgegriffen ist, passiert bei meiner Hausmarke auch, siehe Anlage.
Weiterhin gute Fahrt!
Ich les nur 75PS Saugdiesel 0 Ausstattung und das ganze seit 25 Jahren und 1 000 000 km mein Beileid.
Wenn man dieses eine Exemplar nun als Beweis für die Qualität der Baureihe nimmt, so kann man Helmut Schmidt als Beweis dafür nehmen, dass Rauchen unschädlich ist.
Ich bin gespannt, wenn die allseits bekannten Benutzer hier auftauchen und diese Geschichte zum Aufhänger nehmen, um zu erklären das du alte Fahrzeuge qualitativ überzeugen können und jede Neuerung im Fahrzeug absolut unnötig sei und man sie verbieten müsse.
Wenn er etwas moderneres möchte, was genauso lange hält und auch die Umwelt nicht so stark belastet, kann er auf Prius umsteigen.
http://www.taxi-heute.de/.../Prius-Taxi-knackt-die-Millionenmarke
Das war der letzte wirklich gute Benz ! Mein Dad hat den gleichen \o/
Ich weiß nicht, aber 75 PS sind doch ok. Habe selber Mal einen 200er Automatik einige Monate bewegen dürfen, war für mich vollkommen ausreichend. Und damals war ich 18. Während die anderen Jungspunde jeden Monat zu Mama und Papa betteln gingen, weil die Motorbezogene Steuer beim GTI oder was auch immer so hoch war hab ich mir einen Ast gelacht. Schön wars...
der 124er hatte massive Probleme fast aller Art beim Serienanlauf, die betreffeneden Fahrzeuge sollten nach über 30 JAhren aber durchrepariert sein. Was bleibt ist der Rost, der bei Mercedes gerne mal etwas heftiger nagt. Aber für Extrem-Vielfahrer gibt es zum 124er Diesel praktisch keine Alternative. Der km-Stand ist gar nicht mal ungewöhnlich, eigentlich nur bei Kurzstreckenautos oder durch schlechte Pflege zu verhindern oder wenn die Blechreparaturen einem über den Kopf wachsen. Dafür entschädigt die unkaputtbare Technik, die günstigen Verschleißteilepreise und der niedrige Verbrauch. Und der 124er hat auch eine Größe, dass man es überhaupt auch so lange da drin aushält.
Die Motorleistung reicht völlig. Das Gerücht vom langsamen Mercedes-Diesel stammt von den Vorgänger-Baureihen. Natürlich kann man mit dem 200D keine Rennen fahren, aber um im Verkehr mitzuhalten, reicht es. Ich habe den gleichen Motor im Transporter, nur ein paar PS und ccm mehr, dafür aber auch das Doppelte an Volumen. Und wenn man den nicht gerade bis an die Obergrenze vollpackt, wundere ich mich immer, wie gut der läuft.
Da hat er wenigstens noch ein Fahrzeug was sein Geld wert ist!
Glasdach als Extra?? Damals gabs nur die SA 41/2 "Schiebe-Hebe-Dach". Hat der Ing. etwa so ein Glaskippdach nachträglich verbaut? Grausam beim 124😱.