Bernd Osterloh: Fähigkeiten Beschäftigter besser nutzen
VW-Betriebsrat erwartet Arbeitsplatz-Verlust
Die Autoindustrie verändert sich rapide. Mittendrin steckt VW in der Krise und muss sparen. Wie VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh die Zukunft sieht, lest ihr hier.
Wolfsburg/Berlin - Viele Arbeitsplätze werden sich verändern, andere werden wegfallen. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh will gegen den Verlust ankämpfen, indem die Fähigkeiten von Mitarbeitern besser genutzt werden. Gerade in den Verwaltungsbereichen wird sich nach seiner Einschätzungen in den kommenden fünf bis zehn Jahren viel tun, wie er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur sagte.
"Mit dem verstärkten Einzug selbstlernender Maschinen greift die Herausforderung der Automatisierung einfacher Tätigkeiten. Eine Entwicklung, die wir in der Produktion schon seit Jahrzehnten haben."
Osterloh betonte: "Das wird vermutlich sogar so weit gehen, dass Computerprogramme künftig selbstständig konstruieren können, wenn man die technischen Vorgaben setzt", sagte er. Zwar würde der Mensch weiterhin das letzte Wort behalten, aber Arbeitsschritte würden entfallen. "Hört sich an wie Raumschiff Enterprise, ist aber gar nicht so weit weg."
Der Schulabschluss wird unwichtiger
Volkswagen suche jetzt zum ersten Mal Mitarbeiter, bei denen nicht Formalqualifikationen wie Schulabschluss und Studium im Vordergrund stehen. "Sondern wir gucken: Was kann derjenige wirklich?" Es gebe etwa etliche Leute, die privat Apps entwickelten und ansonsten in der Drei-Schichten-Produktion arbeiteten. "Sie sollen in Teams integriert werden, um ihr Potenzial fürs Unternehmen voll zu nutzen."
Es gebe auch vielversprechendere Wege, als Leute mit Hochschulstudium ins Unternehmen zu holen, die dann trotzdem Sachbearbeiter bleiben. "Jemand, der in der Buchhaltung arbeitet, kann vielleicht auch ganz andere Dinge, worum man sich heute noch gar nicht kümmert. Das treiben wir als Betriebsrat voran", sagte Osterloh.
Wie die Mitarbeiter für künftige Aufgaben geschult werden könnten, will Osterloh in Arbeitsgruppen zwischen Betriebsrat und Unternehmen erforschen lassen. "Die Jobs, die in den kommenden Jahren wegen der Automatisierung auf der Kippe stehen, müssen wir analysieren. Und die Kolleginnen und Kollegen im Zweifel qualifizieren, damit sie andere Tätigkeiten übernehmen können", kündigte der VW-Aufsichtsrat an.
In der Verwaltung könnte jeder 10. Job wegfallen
Im Frühling waren Pläne bekanntgeworden, wonach bis Ende 2017 in der VW-Verwaltung jeder zehnte Job wegfallen könnte - gut 3.000 Stellen.
Probleme für die Belegschaft will der einflussreiche Betriebsratsboss abfedern. "Wir werden einen Wandel der Beschäftigung erleben, bei dem wir sicherlich nicht jeden Arbeitsplatz halten können. Aber ich mache mir erstmal keine Sorgen, weil wir den Riesenvorteil der Babyboomer haben", sagte er zu den geburtenstarken Jahrgängen vor und nach 1960.
"Die können über unsere Altersteilzeitregelung das Unternehmen eher verlassen. Darüber haben wir die Chance, einen Umbau in der Belegschaft vorzunehmen." Trotz aller Unsicherheiten versprach der 59-Jährige: "Solange ich Betriebsratsvorsitzender bin, wird hier keiner betriebsbedingt gekündigt. Dafür stehe ich."
Die Diesel-Krise schlägt auf die Stimmung
Osterloh ist seit 2005 Betriebsratsvorsitzender bei Volkswagen und sitzt auch im Aufsichtsrat des Konzerns. Der Autobauer hat weltweit gut 610.000 Mitarbeiter. Vor allem in der VW-Kernmarke will Markenchef Herbert Diess das Unternehmen auf mehr Effizienz trimmen, weil die Marge im Vergleich auch mit anderen Massenherstellern schwach ist. Osterloh lastet das auch den Entwicklungskosten an, die vor allem VW-Pkw betreffen. Entwicklungen etwa zu neuen Motoren kommen auch bei den Schwestermarken wie Seat und Skoda zum Einsatz.
Die Diesel-Krise und zuletzt auch der Lieferzwist bei Europas größtem Autobauer schlägt laut dem Chef der Arbeitnehmerseite durch auf die Stimmung der VW-Werker. 2Na klar sind die Leute traurig, die haben echt die Nase voll. Den Leuten fällt es irgendwann ein Stück weit schwer, nur Negatives über das Unternehmen in der Zeitung zu lesen", sagte Osterloh. "Die guten Seiten werden überhaupt nicht mehr gesehen. Und um dem gleich vorzubeugen: Volkswagen hat verstanden!"
Durch die Bank zeigten sich die Kollegen schockiert über den Abgas-Skandal und dass es den überhaupt geben konnte. "Aber trotzdem ist es den Menschen bei Volkswagen gegenüber nicht fair, dass die positiven Seiten des Einsatzes der Belegschaften gar nicht mehr vorkommen", meinte Osterloh.
Quelle: dpa
Mir kommt es mittlerweile so vor, als ob der BR hier zunehmend als Sprachrohr der Konzernführung agiert...
VW verkauft in Deutschland und Europa hauptsächlich über Image seine Autos. Die Qualität der Konkurrenz ist nicht schlechter, eher sogar besser. Dazu noch der Umstieg auf E-Antriebe, was dazu führt das weniger Teile und vor allem Verschleißteile gebraucht werden. VW hat alles getan um die Verkaufszahlen nach oben zu bringen. Auf legalen Wege wie auch illegalen Wegen. Nun gab es immer wieder kleine wie große Probleme mit den Autos. Das wird wohl dazu führen das die Verkaufszahlen letztlich sinken. Die Rabattaktionen der letzten Jahre lassen sich nicht unbegrenzt weiterführen.
selbst lernende und selbst programmierende Computer und Maschinen...
Werden die dann später mal VWs kaufen wenn der gewöhnliche Mensch von H4 lebt weil seine Arbeitskraft nicht mehr gefragt ist.
Also liebe VW-ler entwickelt auch gleich den Roboterkäufer der eure Fahrzeuge braucht.
Das liegt doch nicht an VW, dass die Welt sich halt weiterbewegt - das betrifft halt immer mehr Tätigkeiten früher oder später, sobald die Technologie diese einfach überflüssig macht.
Gibt es ein bezahlbares (KI-) System die eine bestimmte Tätigkeit besser macht ist das doch völlig egal ob diese bei VW, Bayer, der Dt Bank oder bei einem Mittelständler in einer Kleinstadt bisher von Menschen gemacht wurde - die wird dann überall ersetzt werden früher oder später.
Machine Learning eröffnet halt hier zum Teil sehr erstaunliche Möglichkeiten- auf die sicher auch kaum jemand verzichten will.
Jetzt sind wieder die hohen Entwicklungskosten an der Finanzmisere lt. dem Gewerksschaftsfunktionär schuld, natürlich nicht die hohen Lohnkosten bei VW, üppige Boni-Zahlungen, übertariflichen Leistungen, etc. - völlig blind auf diesem Auge.
Je teurer ein Arbeitsplatz wird, desto intensiver wird darüber nachgedacht, diesen durch Maschinen und Roboter zu ersetzen, insofern werden bei VW sicher noch viele Arbeitsplätze wegfallen.
Ein Vorteil für VW wäre auch, dass die Roboter noch nicht gewerkschaftlich organisiert sind. 😉
Zwei Punkte sind mir aufgefallen...
Wann geht der gute Mann denn selbst in Altersteilzeit? Mit 62? Dann sind das noch 3 Jahre. Immerhin. Wobei, auf dem Posten, den er innehat, da bleibt er wohl gerne bis er 75 ist. Würde ich auch so machen. 😉
Soll das heißen bei Seat und Skoda wäre die Marge höher, weil die "nur" die "fertigen" Motoren "einkaufen"? Dann muss man eben konzernintern die Motoren anders einpreisen, dann geht die Marge bei VW hoch - bei Seat und Skoda eben runter. 😮
Oder man entwickelt gar nichts neues mehr, das spart am meisten Kosten.
Manchmal fragt man sich, ob die Betriebsräte... nunja... in meiner Firma gibt´s keinen, ich kenne nur den vom Kunden. Blabla... 100 € mehr Weihnachtsgeld, hart ausgehandelt, alles gegeben, alle Mitarbeiter schreihen: "JUHU!!!!"
Und nebenbei deutlich über 5 % Dividende für die Aktionäre ausschütten (wobei es natürlich jedem Mitarbeiter frei steht, auch Aktien vom eigenen Unternehmen zu kaufen, wenn ihm vom Lohn noch etwas Geld übrigbleibt und er der eigenen firma trauen kann).
So ist sie... unsere Wirtschaft. Ich sag nur Krankenkassenzusatzbeitrag und verweise auf die Milliardengewinne unserer Großkonzerne. Mal von ein paar Banken abgesehen, die sich verzockt haben oder einem Automobilhersteller, der Milliardenstrafen zahlen muss - operativ aber einen riesigen Gewinn einfährt, weil die MITARBEITER (intern und EXTERN) ihr Bestes geben. Zählt nur leider nix, die müssen nun reduziert werden, damit die Rendite passt.
die Geschichte zeigt:
Je teurer der "Arbeitsplatz", umso mehr muss sich ein Land bzw. deren Gesellschaft anstrengen, um diese Kosten zu kompensieren.
Dies als Chance für die Gesellschaft UND deren arbeitende Bevölkerung!
Siehe Dampfmaschine, Webstühle, Eisenbahn, Mähdrescher, Fließband bei Fords T-Model, Automaten/Roboter...
Alles nur, weil Arbeitskräfte zu teurer waren.
Genau diesen Ländern ging es danach sehr gut (inkl. deren Bevölkerung --> England, USA, Frankreich, Deutschland usw.).
Es haben sich neue Betätigungsfelder entwickelt. In der Regel, bessere und sicherere Arbeitsplätze.
Dabei haben damals die Gewerkschaften auch eine wichtige, fördernde und unerlässliche Rolle gespielt.
Ich habe bisher noch nicht mitbekommen, dass es Gesellschaften nur durch Billiglohn wirklich gut geht (Bangladesch, Rumänien, Ägypten usw.)
Klar, einfach ist dies nicht. Und zudem ungewiss.
Aber sich rechtzeitig Gedanken machen, ist der erst Weg.
Und dies finde ich hier eher positiv von diesem Betriebsrat.
Ich würde mir wünschen, wenn viel mehr Arbeitnehmer-Vertreter dies auch so tun würden.
Damit meine ich nicht markige Worte oder Sprüche kurz vor BR-Wahlen, sondern rechtzeitig zielgerichtet Vorschläge und Aktivitäten.
Von den Investoren kann man dies bedingt erwarten. Deren Interessen waren und sind hauptsächlich der mittelbare Gewinn. Die wird sich auch nicht wirklich ändern.
Schönen Sonntag noch...
Sommer57
Deutschland schrumpft ja IIRC immernoch wg. Sterbe- > Geburtenrate. Insofern IMHO kein Problem, außer wenn die Automatisierung zu schnell fortschreitet.
notting
Einerseits finde ich es gut, dass man versucht die Leute anderweitig im Unternehmen unterzubringen statt Arschtritt und weg bist du. Andererseits glaube ich nicht, dass es bei VW soviele z. B. Drs. gibt, die lieber am Fließband (mehr?) verdienen als in Jobs für die sie mal ausgebildet wurden. Außerdem: Wer in seiner Freizeit Apps entwickelt, strukturiert seine Programme nicht zwangsläufig sinnvoll oder kann nicht unbedingt was mit Softwareentwicklungsprozessen/Softwareversionsverwaltungs-/Bugtracking-System & Co. was anfangen. Von versch. Programmiersprachen/Frameworks für versch. Zielplattformen mal ganz zu schweigen.
Analog z. B. Hobby-Elektronik-Entwickler, denen CE, EMV & Co. meist am Arsch vorbeigehen, aber eine Firma ganz schnell Probleme kriegen kann wenn sie es nicht beachtet.
notting
Es ist doch bekannt, dass die Marke VW die Schwestern Seat und Skoda in Bezug auf die Entwicklungskosten subventioniert, nicht nur bei den Motoren. In vielen Fällen läuft es so ab: Es wird eine Komponente X entwickelt, die zunächst einmal grundsätzlich kompatibel zu allen drei Marken ist. Bei VW geht man dann dran und optimiert diese für den Einsatz im VW A, B und C. Bei Skoda und Seat wird darauf hingegen verzichtet, da man ja sonst Geld in die Hand nehmen müsste. Im Prinzip hat die Komponente im VW-Modell dann 100 %, im Seat- und Skoda-Gegenstück 90 bis 95 % der Qualität/Funktionen.
Es ist doch bekannt, dass die Marke VW die Schwestern Seat und Skoda in Bezug auf die Entwicklungskosten subventioniert, nicht nur bei den Motoren. In vielen Fällen läuft es so ab: Es wird eine Komponente X entwickelt, die zunächst einmal grundsätzlich kompatibel zu allen drei Marken ist. Bei VW geht man dann dran und optimiert diese für den Einsatz im VW A, B und C. Bei Skoda und Seat wird darauf hingegen verzichtet, da man ja sonst Geld in die Hand nehmen müsste. Im Prinzip hat die Komponente im VW-Modell dann 100 %, im Seat- und Skoda-Gegenstück 90 bis 95 % der Qualität/Funktionen.
...und was ist daran falsch? Klingt doch vernünftig.
"DER SCHULABSCHLUSS WIRD UNWICHTIGER
Volkswagen suche jetzt zum ersten Mal Mitarbeiter, bei denen nicht Formalqualifikationen wie Schulabschluss und Studium im Vordergrund stehen. "Sondern wir gucken: Was kann derjenige wirklich?" Es gebe etwa etliche Leute, die privat Apps entwickelten und ansonsten in der Drei-Schichten-Produktion arbeiteten. "Sie sollen in Teams integriert werden, um ihr Potenzial fürs Unternehmen voll zu nutzen."
Es gebe auch vielversprechendere Wege, als Leute mit Hochschulstudium ins Unternehmen zu holen, "
Prima 😜. Statt Ingenieuren stellt man künftig für Forschung, Entwicklung und Konstruktion Hauptschulabsolventen ein, das bißchen Restwissen bringen Maschinen mit.
Besser kann man Personalkosten nicht einsparen. Und ob die Fahrzeuge damit qualitativ schlechter werden als bisher ohnehin, sei mal dahingestellt 😉
Natürlich klingt das zunächst vernünftig. Es gibt aber zwei große „Aber": Zum einen zahlt der Kunden in vielen Fällen für die Komponente im Seat- oder Skoda-Modell aber nicht nur 90 oder 95 % des Preises im Vergleich zum VW-Pendant, zum anderen darf VW (Konzern) am Ende nicht über die geringe Marge der Marke VW jammern.
Bei der Industrialisierung damals wurden entscheidene Fehler gemacht,die
Investitionen in Maschinen und Roboter wurden staatlich subventioniert,
für die wegrationalisierten Arbeitsplätze, aber keine Maschinensteuer einge-
führt, darum werden entfallende Arbeitsplätze auch nicht gegenfinanziert,
wie Politiker gerne sagen.
Dieses Menschenfeindliche Gebahren, wird so immer weiter betrieben.
Neue Maschinen kommen, immer mehr Menschen müssen dafür gehen.
So macht es sich die Industrie leicht, spart aber immer mehr Menschen
dabei ein, ohne das eine "Gegenfinanzierung" für die Menschen erfolgt.
Solange Dies nicht geändert wird, werden wir Menschen, für immer mehr
entlassende Menschen zahlen müssen. Die Industrie erhöht mit neuen
Maschinen derweil, ihre Gewinne,während wir für immer mehr Menschen
zahlen müssen.
Nun bin ich gespannt, entweder Ihr zerreißt mich in der Luft oder Ihr
ignoriert mich als Spinner, na`dann schaun wir mal................