Abgas-Skandal: Zusammenfassung
VW droht Ärger von allen Seiten
VW kommt nicht zur Ruhe. In Mexiko werden Sonderschichten gestrichen, diverse Gerichtsverfahren drohen. Immerhin können Kunden nun checken, ob Ihr Auto betroffen ist.
Wolfsburg - Rund zwei Wochen nach dem Bekanntwerden des weltweiten Abgas-Skandals kommt Europas größter Autobauer Volkswagen nicht zur Ruhe. In Frankreich und Deutschland drohen wegen der Manipulationen bei Diesel-Fahrzeugen weitere Prozesse, Kanzleien suchen im Heimatmarkt der Wolfsburger nach Geschädigten für Sammelklagen, in Mexiko stehen am Samstag die Bänder still.
Die kommende Woche dürfte kaum ruhiger werden. Am Dienstag spricht der neue VW-Chef Matthias Müller in Wolfsburg erstmals zu den Beschäftigten, tags darauf steht schon die nächste Krisensitzung des Aufsichtsrates auf dem Programm. Als genüge dies nicht, muss am Donnerstag der US-Chef von VW, Michael Horn, im amerikanischen Kongress Rede und Antwort stehen.
Mittlerweile klar ist die Zahlen der betroffenen Fahrzeuge:
- Deutschland: mindestens 2,8 Millionen
- Großbritannien: 1,2 Millionen
- Frankreich: 950.000
- Spanien: 680.000
- Italien: 650.000
- Belgien: 500.000
- USA: 482.000
- Österreich: 363.000
- Mexiko: 32.000
Privatanleger fordert Entschädigung
Initiator für den neuen Ärger in Deutschland ist ein Privataktionär aus Baden-Württemberg, der am Freitag beim Landgericht Braunschweig eine Schadenersatz-Klage eingereicht hat, wie ein Gerichtssprecher bestätigte. Der Mann hatte im April und Juli VW-Vorzugsaktien gekauft und möchte diese Transaktion nun rückabwickeln, teilte seine Kanzlei mit. Laut seiner Anwälte habe der Kläger rund 20.000 Euro verloren.
Die Anwälte argumentieren, dass sich VW wegen einer Reihe von unterlassenen sowie unvollständigen Kapitalmarkt-Informationen gegenüber seinen Aktionären schadenersatzpflichtig gemacht habe. Volkswagen wollte den Fall nicht kommentieren; der Vorgang sei ihm nicht bekannt, sagte ein Sprecher. Die Klage wurde den Angaben des Gerichts zufolge noch nicht an den Konzern zugestellt.In die gleiche Kerbe schlagen auch mehrere deutsche Kanzleien, die Gemeinschaftsklagen vorbereiten. Auch in den USA arbeiten Rechtsanwälte an Sammelklagen enttäuschter VW-Kunden, unabhängig davon drohen VW zudem Milliardenstrafen der Behörden.
Müller verspricht Antworten
"Mir ist bewusst, dass Sie als Aktionäre des Konzerns viele Fragen haben, auf die Sie gern eine Antwort hätten", heißt es derweil in einem auf der VW-Internetseite veröffentlichten Brief von Konzernchef Müller an die Aktionäre. "Ich versichere Ihnen, dass ich Ihnen Antworten geben werde". Dafür bat Müller aber um Zeit.
In Frankreich sind rund 950.000 Autos von den Manipulationen mit der Abgas-Software betroffen. Die Regierung kündigte als Reaktion Stichproben der Abgaswerte von 100 Fahrzeugen an und erwägt auch, Fördergelder für umweltfreundliche Autos von VW zurückzufordern.
Erneutes Krisentreffen
Der Skandal wird nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch den VW-Aufsichtsrat erneut beschäftigen. Am Mittwoch wird das 20-köpfige Kontrollgremium abermals zu einer Krisensitzung in Wolfsburg zusammenkommen. Dabei soll nach dpa-Informationen auch der Präsidiumsbeschluss zur Wahl des bisherigen VW-Finanzchefs Hans Dieter Pötsch in den Aufsichtsrat abgesegnet werden. Anschließend soll Pötsch vom Amtsgericht Braunschweig als Aufsichtsrat bestellt werden, um dann dessen Vorsitzender zu werden. Seitens der IG Metall gibt es aber immer noch Kritik an der Personalie.
Am Freitag wurde zudem bekannt, dass die EPA auch BMW-Fahrzeuge unter die Lupe nehmen wird. Entsprechende Pläne seien dem Unternehmen bekannt, sagte ein BMW-Sprecher und bestätigte damit entsprechende Informationen der "Financial Times". "Nachdem wir uns immer an Vorschriften und Regeln gehalten haben, gehen wir davon aus, dass uns keine negativen Überraschungen erwarten."
Unklar blieb zunächst, ob auch andere Hersteller genauer geprüft werden. Ein Daimler-Sprecher sagte, eine offizielle Anfrage sei den Stuttgartern noch nicht bekannt. "Aber natürlich werden wir die Behörden jederzeit vollumfänglich unterstützen." Die Behörden führten ohnehin regelmäßige Überprüfungen durch.Mexiko streicht Sonderschichten
Im weltweit zweitgrößten VW-Werk im mexikanischen Puebla wurden unterdessen die ursprünglich für Samstag geplanten Sonderschichten gestrichen. In dem Werk werden mehr als 500.000 Fahrzeuge pro Jahr gefertigt. Ein Großteil ist für den Export in die USA bestimmt.
Zumindest für die Besitzer von möglicherweise betroffenen Dieselautos gibt es aber einen kleinen Lichtblick: Nach Audi hat auch VW eine spezielle Internetseite einrichten, in der über die Fahrgestell-Nummern überprüft werden kann, ob ein Wagen von den Manipulationen betroffen ist, sagte ein VW-Sprecher.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf, einen Runden Tisch "Verantwortung im Automobilmarkt" einzurichten. Ziel müsse es sein, für mehr Markttransparenz, bessere Regulierung und ausreichende Kontrolle zu sorgen. So ließe sich auch das Vertrauen der Verbraucher in die Autobranche zurückgewinnen, sagte vzbv-Chef Klaus Müller.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) betonte, die VW-Mitarbeiter dürften nicht zu den Leidtragenden der Affäre werden. Niemand, der bei VW arbeite, dürfe dafür büßen müssen, dass sich einige im Management kriminell verhalten hätten.
Die VW-Aktie findet indes weiterhin keinen Halt. Am Freitag rutschten die Vorzugspapiere an der Frankfurter Börse nochmals ab - zwischenzeitlich so tief wie seit Oktober 2011 nicht mehr. Seit dem Bekanntwerden des Abgas-Skandals brachen sie um rund 43 Prozent ein.
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Licht am Ende des Tunnels ist weiterhin nicht zu sehen...
Weshalb sollten die nicht büßen? Die haben doch ebenfalls jahrelang von dem Betrug profitiert, während von anderen Herstellern ganze Werke geschlossen wurden.
Doch, doch! But it is the oncoming train! 😉
Pete
Also so ganz langsam...
Auf der "aktuelle News"-Seite stehen heute 11 Berichte und 6 davon handeln vom Abgas-Skandal! Gehts eigentlich noch???
Die VW-Mitarbeiter haben doch mit satten Erfolgsprämien in den letzten Jahren durchaus von der Expansionspolitik von VW lukrativ profitiert, jetzt ist halt mal Zapfenstreich.
Bei anderen Herstellern wurden ganze Werke dicht gemacht, da wurde auch keiner nach seinen Befindlichkeiten gefragt.
Daß die fetten Jahre im Konzern jetzt erst einmal vorbei sind, sollte eigentlich jedem Zeitgenossen bewußt sein. Ganz unabhängig davon, wo die Schuldigen ausfindig gemacht werden und welche Strafen letztlich verhängt werden.
Mal sehen....
Wie war das 2009 mit GM?
Neugegründet mit staatlicher Beteiligung. Ob es so geht?
Vermutlich wird die Firma systemrelevant sein und somit verteilen sich die Rettungskosten bei allen.
Sollen sie mal schauen was die anderen Hersteller so machen;
evtl. kommt mal einer auf die Idee das es alles Augenwischerei ist-(Um)Weltrettung indem man ein Auto gegen 2 tauscht (überspitzt, aber im Prinzip ist das was passiert-es werden weltweit immer mehr Autos) echte Alternativen wären doch was,
auf der IAA standen ja auch diesmal wieder zahlreiche Alternativen.
LG
"Leicht genervt" MV12
Wenn der Abgasskandal jetzt noch Wellen in China schlägt wird es richtig happig. Dort bekommt man es dann nicht mehr nur mit Anwälten, sondern mit dem Staat direkt zu tun, und der kann auch mal schnell Werke schließen lassen...
http://www.ardmediathek.de/.../Video?...
Kein Kommentar!!!
Sehr gute Reportage .... alle denen immer noch nicht klar ist warum und weshalb daraus so ein Skandal wurde, sollten sich das ansehen!
Da prüfen im Hintergrund sicher viele was jetzt los ist.
Spanien fordert ja auch für 400.000 Autos 1000 EUR an Förderungen zurück.
Klagen werden kommen. Mehr und mehr.
Nur was macht VW dann. Die Marke insolvent gehen lassen? Den Konzern zerschlagen in seine Marken - und die eigenständig werden lassen?
Quasi nur mehr Audi, Skoda, Seat und Co und statt VW wird eine neue "Kernmarke" gegründet und die alte geht Pleite?
Sehr schön zusammengefasst! Danke!
@Barbarti,@Pedro Rasanto: Einen Tag bevor der Skandal öffentlich wurde, das Geld für einen Clean Diesel bar auf den Tisch gelegt, diese Frau Bergrud kann einem Leid tun. Ihr Zorn/Enttäuschung ist mehr als verständlich. Gute Reportage-aber natürlich nicht um 20:15 gesendet..😊
Ja, 20.15 hätten das ja viel mehr Leute gesehen ...
Naja selbst wenn das mit der Frau Bergrud etwas geflunkert sein sollte (ist halt schon sehr krass wenn sie wirklich einen Tag vorher Bar bezahlt hat), ist das was VW sich da geleistet hat mehr als nur nen starkes Stück und eine klare Wettbewerbsverzehrung...