VW Abgas Skandal 2015
VW räumt Betrug bei Abgastests in den USA ein
VW hat in den USA die Abgaswerte von Hunderttausenden Dieselfahrzeugen gefälscht. Nun droht dem Konzern eine Milliardenstrafe und ein nicht abzuschätzender Imageschaden.
Wolfsburg/Washington - Der zweitgrößte Automarkt der Welt ist für Europas größten Autohersteller ein Schandfleck. Seit Jahren hinkt VW in den USA dem Wettbewerb hinterher. Nach einer großen Produktoffensive und einem kurzen Aufwärtstrend ging es mit der Kernmarke im August wieder steil bergab.
Jetzt kommt ein noch viel größeres Problem hinzu: Volkswagen hat bei Abgastests betrogen. Die US-Umweltbehörde EPA beschuldigt VW, mit Hilfe einer Software die Resultate von Abgasuntersuchungen bei Dieselautos geschönt haben. "Die Manipulation an der eingesetzten Software hat es gegeben", sagte ein Sprecher des Konzerns am Sonntag in Wolfsburg.
Umfassende Aufklärung angekündigt
Nachdem Volkswagen sich zunächst nicht zu Details des Falls äußern wollte, drückte VW-Chef Martin Winterkorn am Sonntag in einer Erklärung sein Bedauern darüber aus, Vertrauen von Kunden und Öffentlichkeit enttäuscht zu haben. Direkt eingeräumt hatte der Konzernchef die Vorwürfe in der Erklärung noch nicht.
Winterkorn kündigte eine umfassende Aufklärung des Abgas-Skandals an. "Die Geschehnisse haben für uns im Vorstand und für mich ganz persönlich höchste Priorität", sagte der Konzernchef. "Wir arbeiten mit den zuständigen Behörden offen und umfassend zusammen, um den Sachverhalt schnell und transparent vollumfänglich zu klären."
VW stoppt Verkauf von Dieselautos in den USA
Am Montagmorgen zog VW bereits die Notbremse und stoppte den Verkauf von Dieselautos mit Vierzylinder-Motoren in den USA. Ein Sprecher des Konzerns bestätigte entsprechende Medienberichte. Betroffen seien aktuelle Modelle der Marken VW und Audi. Volkswagen werde bis auf Weiteres auch keine Gebrauchtwagen dieser Typen verkaufen. Parallel dazu brach am Montag die VW-Vorzugsaktie in Frankfurt um bis zu 19 Prozent ein. Analysten und Händler zeigten Unverständnis und Ungläubigkeit angesichts des Eingeständnisses von Volkswagen.
Laut der US-Umweltbehörde EPA hat VW gegen das Klimaschutzgesetz "Clean Air Act" verstoßen. Der Konzern habe mit Hilfe einer Software die Resultate von Abgasuntersuchungen geschönt, hatte die EPA am Freitag mitgeteilt. VW drohen deswegen schlimmstenfalls Strafzahlungen von mehr als 18 Milliarden Dollar und ein nicht abzuschätzender Imageschaden.
VW habe eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben. "Klar ist: Volkswagen duldet keine Regel- oder Gesetzesverstöße jedweder Art", sagte Winterkorn. Der Konzern werde alles daran setzen, Vertrauen, wiederzugewinnen.
Wie sieht es in Deutschland aus?
Die Grünen im Bundestag fordern nun Aufklärung über den Fall. Es müsse geklärt werden, ob so etwas auch in Deutschland stattfinde. "Die Aufklärung werden wir mit Nachdruck im Bundestag einfordern und auch schauen, ob deutsche Behörden bei diesen illegalen Aktivitäten durch aktives Wegschauen geholfen haben", sagte die Vorsitzende des Umweltausschusses, Bärbel Höhn, am Sonntag in Berlin. Es müsse auch geklärt werden, ob es ähnliche Fälle bei anderen Herstellern gebe.
Auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer fordert, die Praxis von Abgastests in Europa zu untersuchen. "Sicherlich müssen jetzt auch die EU-Kommission und das Bundesverkehrsministerium den Dingen nachgehen und klären, inwieweit diese Software auch in Europa und Deutschland eingesetzt wurde und falsche Abgaswerte vorgaukelt", sagte Dudenhöffer den Zeitungen der Funke Mediengruppe ("Berliner Morgenpost", "Hamburger Abendblatt", "Westdeutsche Allgemeine").
Daimler-Chef Dieter Zetsche sagte am Sonntag, es sei zu früh, um die Sache zu bewerten. "Ich weiß viel zu wenig über den Fall, um zunächst mal beurteilen zu können, wie gerechtfertigt der Vorwurf Volkswagen gegenüber ist und ob wir zu hundert Prozent und in jeder Betrachtungsweise davor völlig sicher sein können", sagte Zetsche.
Rund 482.000 Fahrzeuge betroffen
Konkret wirft die EPA VW vor, die Ermittlungen von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen manipuliert zu haben. Betroffen sind bisher rund 482.000 Fahrzeuge. Laut EPA soll das Programm ermöglichen, das Abgas-Kontrollsystem nur bei offiziellen Emissionstests zu aktivieren. Das würde bedeuten, dass die Luftverpestung im Normalbetrieb viel höher wäre. Bislang seien Fahrzeuge der Baujahre 2009 bis 2015 aufgefallen, darunter das für VW in den USA wichtigste Modell Jetta, aber auch der Golf, Beetle, der Passat und der Audi A3.
"Solche Mittel zu benutzen, um die Klimaschutzstandards zu umgehen, ist illegal und eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit", hatte EPA-Vertreterin Cynthia Giles gesagt. Ihre Behörde werde die Untersuchungen in diesem "sehr ernsten" Fall fortsetzen. Dabei sei nicht auszuschließen, dass weitere Verdachtsfälle ans Licht kämen.
Experte: Bärendienst für deutsche Dieseltechnologie
Der Autofachmann Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach sagte, bei VW müsse es strukturelle Änderungen geben. "Da ist etwas fundamental schiefgegangen bei VW", sagte Bratzel der Deutschen Presse-Agentur.
Wie andere Branchenkenner ist Bratzel entsetzt: "Das ist ein Bärendienst für die ganze deutsche Dieseltechnologie", sagt er. Hierdurch würde das Image von Dieselautos - in den USA ohnehin in einer Nische - schwer beschädigt. Auch BMW und Daimler seien dadurch indirekt betroffen. "Man versucht seit Jahren, die Dieseltechnologie zu etablieren in den USA - und jetzt das", sagte Bratzel.
Deutsche Umwelthilfe will Fahrverbot von Dieselautos
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will angesichts der Manipulationsvorwürfe gegen VW ein Fahrverbot von Dieselautos in Deutschland erreichen. Das Problem bestehe nicht nur in den USA, sondern in noch deutlich stärkerem Umfang in Europa vor allem bei den deutschen Herstellern, teilte die Organisation am Samstag in Berlin mit. Die DUH will nun vor deutschen Gerichten ein Fahrverbot für Diesel-Pkw erstreiten. Die Organisation wirft Autoherstellern seit Längerem vor, die Abgasbelastung durch Dieselantriebe zu schönen.
Außerdem fordert der Lobbyverband den Rücktritt von VW-Chef Martin Winterkorn. Tatsächlich gelten die Probleme auf dem US-Markt mit als Hauptgrund dafür, dass Ferdinand Piech seinem ehemaligen Schützling Winterkorn vor wenigen Monaten das Vertrauen entzog.
Hierzulande sind rund 13,8 Millionen Autos mit Dieselantrieb unterwegs, damit liegt der Anteil an der gesamten Pkw-Flotte in Deutschland bei rund 31 Prozent.
Hier findet Ihr weiter News zum Thema VW und Abgas-Skandal:
So wurden die Ergebnisse der VW-Abgastests manipuliert
Der VW-Skandal im Live-Ticker: Winterkorn ist zurückgetreten
Es bleibt ihm ja auch nichts anderes übrig, wenn der Image-Verlust und die Höhe der Strafzahlungen halbwegs in Grenzen gehalten werden soll.
Wie wäre es mit Rücktritt, Herr Winterkorn?
Denn es gibt nur zwei Möglichkeiten:
1) WiKo wusste Bescheid -> Rücktritt wegen Betrug
2) WiKo wusste nicht Bescheid (extrem unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich) -> Rücktritt wegen der Unfähigkeit ein Unternehmen zu führen, da er als Vorstand wissen muss, was im eigenen Unternehmen vor sich geht.
So oder so ein absolutes Debakel für den gesamten Konzern, mit Ausnahme der Fanboys und anderweitig Verblendeter wird diesem Laden (zu Recht!) niemand mehr Vertrauen entgegenbringen!
Mal sehen wieviel Führungskräfte ihren HUT nehmen müssen.
MfG aus Bremen
Täusche ich mich, oder habe ich noch nix über die gemessenen Werte bei einem leicht modifizierten NEFZ-Zyklus gesehen, sodass das eben nicht anspringt?
Meine, wenn das Auto in sehr vielen Praxis-Situation gut "vorausschauend" agiert was die Motorsteuerung angeht (wie es schon anhand von Kartendaten vorgestellt wurde), sollte sich das ja auch in der Praxis positiv auswirken.
notting
Volkswagen steht in den USA schon so nicht gut da. Jetzt noch dieser Skandal - da wird es für VW nicht unbedingt einfacher, neue Kunden zu gewinnen.
Ja, das kleine 1x1 bzw. die üblichen Worthülsen des Krisenmanagements...in Wolfsburg haben heute ein paar Leute einen verdammt ungemütlichen Sonntag.
Jetzt liegt der Ball erstmal wieder im Feld der EPA...kommt darauf an, ob's nur ein paar auf die Finger gibt, oder ob sie das Schwein schlachten wollen.
Ich tippe ja auf zweiteres.
Da sowohl VW als auch Audi betroffen sind muss es ja auf oberster Ebene entschieden worden sein oder es war aus irgendeinem Grund eine logische Entscheidung warum beide zum gleichen Ergebnis gekommen sind, vielleicht machen es alle Hersteller so.
Ich frage mich auch ob das 2016 Model betroffen ist und wenn nicht warum nicht. Wenn man auf beiden US Seiten guckt kann man nach wie vor TDIs auswählen, aber ist vielleicht auch nur Frage der Zeit.
Ich frage mich auch ob Mercedes und BMW und evtl. auch Chevy betroffen sind, man hier aber noch nicht geguckt hat. Weil der VW Konzern die meisten Diesel in den USA verkaufen war er vielleicht als erster dran.
Fragen über Fragen, eine sehr spannende Geschichte, mal sehen ob die Medien das weiter verfolgen.
Nun optimierte Abgas und verbeauchstests ist halt mm Arbeit - ein bisschen zuviel "optimert" und man ist vom gerade noch irgendwie vertretbare legalen tricksen u.U. auf dem Bereich des vorsätzlichen Betrugs.
Dass es VW erwischt ist wahrscheinlich halt Zufall sonst hätte halt ein anderer Hersteller irgendwann die Grenze früher oder später mit seinen Optimierungen überschritten.
Das doch immer so wenn alle im absoluten Grenzbereich optimieren einer fällt dabei halt immer mal über die Klippe 😆
na da werden wohl ein paar Köpfe rollen😤😤😤😤und die Gewinne der letzten Jahre sind beim Teufel,wer wird es wieder ausbaden dürfen,sind die Mitarbeiter.....wer hoch hinaus will kann tief fallen....so bringt man eine marke in Verruf....da werden wohl ein paar Millarden den besitzer wechseln...........
hihi - richtig so! Nur wir Europäer lassen uns dauerhaft verar.... mit NEFZ und im Ansatz schon schwachsinnigen Messverfahren für Verbrauch und Schadstoffverhalten bei unterschiedlichen Fahrzuständen.
Das alles ohne Konsequenzen, abgesegnet von hohlen und korrumpierten EU-Beamten. Für die drücken wir auch noch ordentlich Steuern ab, widerlich!
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, das sowas ohne das Wissen des Vorstands läuft - ziemlich sicher wird der ein oder andere den Hut nehmen müssen. Glaube nicht das es letztlich 18 Mrd. € werden, aber wenn man den zu erwartenden Imageschaden mit einkalkuliert ist die VAG gestraft genug.
Andererseits: Die Branche IST so, ziemlich sicher braucht sich auch kaum ein anderer Hersteller in den USA hinstellen und behaupten, sündenfrei zu sein. Gerade Abgastests, da gibt es sicher viele Lücken und "Interpretationsspielraum", da tricksen auch andere.
Schönes Beispiel für die alles andere als sündenfreie Branche ist ja GM, da wurden auch mal (90er Jahre?) recht zynische Rechnungen publik, in denen abgewogen wurde das die zu erwartenden Entschädigungszahlungen an Unfallopfer-Angehörige deutlich geringer ausfielen als die Kosten für einen Rückruf wegen eines fehlerhaften Gurtschlosses. 🙄
Ich frage mich, warum VW es nicht mit dem Allheilmittel versucht: der EPA zu vermitteln, es handle sich bei der Manipulation um den "Stand der Technik" oder lediglich um "Komfortmängel". Funktioniert bei den Kunden, die innerhalb der Garantiephase die Vertragswerkstätten aufsuchen und ihr Fahrzeug bemängeln, doch auch immer ... habe ich selbst erlebt.
Persönlich muß ich sagen, dass ich dem VW-Konzern nach meinen persönlichen Erlebnissen die drohende Strafe von ganzem Herzen gönne.
Wer mit Arroganz hoch fliegt, fällt tief und hart.
Und ob sich das angepeilte Ziel, Toyota auf dem Weltmarkt zu überholen, jetzt noch realisieren läßt ...
VW hat doch Glück dass das vor Inkrafttreten von TTIP rauskommt.
Dumm gelaufen - aber hätte doch noch viel schlimmer kommen können.
Das machen die nicht, weil sie wissen, daß das nur bei den Kunden funktioniert.