VW Bulli T2C gegen Silberfisch: Fahrbericht
Wahre Liebe verträgt auch Wasserkühlung
Über das Ende des Brasilien-Bullis wurde viel geschrieben. Wir sind ihn gefahren und verglichen ihn, zusammen mit Bulli-Fan und MOTOR-TALKer Kai, mit dem Original.
Nauen - Das war unvermeidlich: Irgendwann landet MOTOR-TALKer Kai, wie jeder echte Bastler, auf dem Bauch und bestaunt die ausladende Abgasanlage des Bulli T2C. Es ist seine erste Begegnung mit dem brasilianischen VW-Bus, der letzten Version des T2, der soeben nach 56 Jahren Bauzeit das Zeitliche gesegnet hat. Vermutlich auch seine einzige Begegnung.
Es ist eigentlich ein Unding, dass sich reiche Sammler diese allerletzten Bullis in die Garagen stellen, und nicht Menschen wie Kai Fröhlich. Denn wo das VW-Marketing hart arbeiten muss, um den aktuellen, sachlich frontgetriebenen T5 in der Bulli-Ahnenreihe zu parken, hat der 49-jährige mit Authentizität überhaupt keine Probleme.
Er lebt Bulli: 1988 kaufte er den ersten T2, als damals ungeliebten Gebrauchten, für 300 Mark. Kurz darauf für ebenfalls überschaubare 1.200 Mark den zweiten. Seitdem werden die Schätzchen gehegt und gepflegt, und bald auch restauriert.
Silberfisch gegen '50 anos'
Heute fahren wir mit Kai in seiner Welt spazieren. In einem der letzten T2B-Bulli von 1979, danach, ein Zeitsprung von 40 Jahren, in einem brasilianischen VW „Kombi“ von 2007.Der Oldtimer stammt aus der „Final Edition“ des deutschen T2, ein so genannter „Silberfisch“. 70 PS, zwei Liter Hubraum, 125 km/h Spitze. Bei diesem 1.600-mal gebauten Sondermodell zog VW noch einmal alle Register. Kai registriert die reichhaltige Ausstattung: Schiebedach, gesteppte und gepolsterte Seitenverkleidung, Ölthermometer, Frischluftgebläse, getönte Scheiben, durchgehender Dachhimmel, viel Chrom.
Das Sammlerstück aus dem VW-Museum kann Kai nichts vormachen: Die Lenkung hat zu viel Spiel, der Silberfisch schwimmt mehr über die Straße, als dass er fährt. Schnell gefahrene Kurven enden auch beim erfahrenen T2-Fahrer in schwer kontrollierbaren Schlangenlinien. Der Techniker der Klassik-Abteilung von VW Nutzfahrzeuge nickt: Kai hat recht, die Teflonbuchse im Umlenkhebel ist gebrochen. Das sage er seit drei Jahren.
Der Weg als Ziel
Trotz solcher Schrullen hat uns der Bulli schnell im Griff. Sein Charme wirkt ungebrochen, trotz der nackten Lenksäule und des spartanischen Cockpits: „Ein Transporter mit diesem Fahrkomfort, das gab es damals nicht“, erklärt Kai.
Die Doppelgelenk-Achse, den damals üblichen Hoppel-Blattfedern hoch überlegen, wiegt uns bequem wie eh und je über die brandenburgischen Alleen. Erinnert uns an die Zeit, als man nicht verreiste, sondern reiste: Mit dem Weg als Ziel, der Fahrt als Ereignis. Im Bulli sind 80 Kilometer pro Stunde ein gutes Maß, mehr geht, aber muss nicht sein.Kai muss sich diese Gefühle nicht vorstellen, denn er hat sie erlebt. Fuhr mit seinen T2 etliche Alpentouren, mit einem Käfer bis nach Ägypten und zurück. „Da bekommt man einen anderen Blick“, sagt er. In Nordafrika sah er Bullis, da fuhren mehr Menschen mit als hierzulande in manchem Reisebus. Dort verschwendet niemand einen Gedanken an Kult und Nostalgie; fahren muss der Bulli, Platz muss er bieten.
Kai vermisst den Boxer-Sound
Eine ähnliche Rolle spielt der VW-Bus in Brasilien, wo kürzlich die letzten Exemplare vom Band liefen. Ein billiger Transporter mit simpelster Technik, dem gestiegene Sicherheitsanforderungen den Garaus machten. Anders als ich findet Kai beim Rangieren sofort den Rückwärtsgang. Das Getriebe hakelt, macht aber trotzdem einen besseren Eindruck als im Oldie – dort war jeder Gangwechsel ein Ritual.
Kai bestaunt den Exoten aus der 50-Jahre-Kombi-Edition: Das gleiche Armaturenbrett wie beim Oldtimer, nur mit wenig ansehnlichem Vollplastik-Instrument darin. Weniger Ausstattung als im Silberfisch: Der Dachhimmel reicht nur bis zu den vorderen Kopfstützen, die Türen sind mit Presspappe verkleidet, das klobige Lenkrad ist aus Plastik. Kai vermisst den Boxer-Sound, der 78-PS-Vierzylinder mit 1,4 Litern Hubraum klingt im direkten Vergleich langweilig. Trotzdem: „Der Durchzug ist besser“, muss der T2-Fan zugeben.
Vom Fahrkomfort kann man das nicht sagen. Der brasilianische Bulli federt straff, lenkt besser als der defekte Silberfisch, aber weit entfernt von gut - der Gedanke an eine weite Reise lässt uns erstaunlich kalt, trotz des modernen, zweifach verstellbaren Gestühls. Übler Lösungsmittelgeruch beißt in der Nase, bevor Kai die Frischluftzufuhr einschaltet.Zwei Tanks und erster Rost
Ein kurzer Stopp in Ketzin an der Havel, Kai inspiziert den Unterboden. Findet an der Vorderachse bereits Rost, obwohl dieses Exemplar sicher noch keinen Winter im Freien verbracht hat. Angetan hat es ihm der Auspuff: Der geht vom komplett unverkleideten Heckmotor nach vorn bis vors Getriebe und wieder zurück. Auch die zwei Tanks der „Total Flex“ Ausführung, für Benzin und Ethanol, überraschen den Oldtimer-Fan.
Für Kai Fröhlich ist klar: „Es haben ja maximal ein paar Hundert Autos den Sprung über den Teich geschafft, so einen sehe ich wohl nicht wieder“. Tauschen, sagt Kai, würde er nicht. Aber er glaubt: Der T2C wäre eine gute Wertanlage. Man müsse ihn nur lange genug wegstellen, dann seien die neuen Bulli irgendwann, mit Raritäten-Bonus und ohne verschlissene Technik, wertvoller als die deutschen Modelle.
Wir trennen uns an der Anschlussstelle Wustermark. Für Kai Fröhlich geht es zurück zu seinen T2, zurück zum Alltag: Die Tür muss komplett zerlegt werden. Anders, sagt Kai, bekommt er das Fensterglas nicht gewechselt.
Ach ja der Bulli
Leider sind gut erhaltene unbezahlbar geworden und für das restaurieren habe ich keine werkstatt.
schöner artikel.
mir würde auch der "neue" reichen. als E85 tanker wäre das schon das perfekte festival und camping fahrzeug. und ja die reise gehört beim bulli schon dazu. nicht auf der linken spur mit 250 km/h den vorderman wegdrängeln sondern fahren.
Viel Spass im Winter im T3c ohne jegliche Heizung ab Werk 😉
Wobei auch mein T2b damals bei -20°C drinnen nicht über den Gefrierpunkt auftaute - trotz großer Warmluft-Standheizung, die aber immer nur 5 Minuten lief und sich dann 15 Min. Abkühlpase gönnte.
Richtig, die optimale T2b Reisegeschwindigkeit (mit einem 44PS 1500er Motor aus einem T2a) war im Lkw-Windschatten bei knapp 90 km/h, da hielt sich dann der Verbrauch auch mit 11l/100km in Grenzen, bei Vmax 105 soff er 14l/100km.
Wer allerdings die Bulli Strassenlage (vor allem beladen) als "schlecht und schwammig" bezeichnet, der ist noch keinen Käfer wirklich schnell gefahren 😉 - dagegen lag mein T2b echt neutral, vielleicht auch dank neuwertiger Vorderachse.
zu Bild 19: Total Flex bedeutet mitnichten zwei Tanköffungen für Ethanol und Benzin, sondern dass man die beiden Sprits beliebig tanken und mixen kann. Der Motor stellt Einspritzung und Zündung automatisch darauf ein.
Etwas was man heute von eigentlich allen Autos erwarten könnte. Dazu ist aber die Autoindustrie zu stark mit den Erdölkonzernen verstrickt. Ist einfach nicht gewollt.
Im Prinzip hast Du Recht. Nun hat der T2C aber nun mal zwei Tanks, einen für Benzin und einen für Alkohol. Eine technische Erklärung dafür habe ich hier gefunden. Das Benzin hatte demnach den Zweck, den Motorstart sicherzustellen. Seit 2009 baut VW Brasilien Flexfuel-Fahrzeuge, die mit einem Tank auskommen; dieser Bulli ist aber von 2007.
Ich habe etliche Verwandte und Freunde in Brasilien. Deren Meinung: Flexmotoren sind Mist, die saufen wesenlich mehr als reine Benziner, und der billigere Sprit wird durch den Mehrverbrauch auch bei Flex meist mehr als aufgefressen
Ja, so einen alten Alkohol-Gol mit Starttank bin ich auch mal gefahren. Schreckliche Karre, brauchte ewig, bis er mit Alkohol sauber ohne Spucken lief. Dann war aber der Kombi einer der letzte, die noch den Starttank hatten. Aber Alkohol im Kombi war auch bisher schon uninteressant, mein Schwager hatte in seinem (noch mit den seitlichen Klapptüren!) einen Tank für Erdgas.
Wo ist denn das Bild von der Auspuffanlage?
Lieb Gruss
Oli
einen t2 muss man nicht mehr haben.
Als Alltagsauto eh nicht brauchbar und für nur in die Garage stellen...fast zu schade.
Da lieber noch einen gescheiten T3 mit 4-Zyllnder Reihenmotor m. 2 Liter /Benziner.
Der hat dann eine gescheite Heizung wenn es mal kälter wird, ist gescheit motorisiert, hat Plakette grün,
schluckt nicht so viel ab wie ein WBX und lässt sich anständig auf der Autobahn fahren.
DAS habe ich beim Durchklicken der Bilder auch vermisst 😆
Bitte "50 anos" in "50 años" ändern. Die aktuelle Bedeutung ist sicherlich ungewollt komisch.
Wieso? Guck mal Bild 23!
Edit: Spanisch mit Portugiesisch verwechselt? 😉
Die aufmerksamen Leser unter sich. 😆 Im Autoblog kann man doch erwarten, dass der Wagen eine Hebebühne findet, oder nicht?
Lieb Gruss
Oli
Jepp. Ich habe jetzt gar nicht auf geographische Angaben geachtet und war gedanklich noch im letzten Urlaub. 😆