EU-Leitfaden gegen illegale Abschalteinrichtungen
Was genau ist ein "Defeat Device"?
Behörden wie das KBA tun sich schwer, Abschalteinrichtungen "verboten" zu nennen. Die Regularien sind zu unklar, heißt es. Das will die EU nun mit einem Leitfaden ändern.
Brüssel – Der VW-Skandal wurde in den USA aufgedeckt. Aber: So genannte „Defeat Devices“ sind in der Europäischen Union seit 1998 verboten. Wann ein Verhalten der Abgasreinigung unter die Definition einer „verbotenen Abschalteinrichtung“ fällt, scheint europaweit aber umstritten. Zwischen Autoherstellern und Prüfbehörden, zwischen der EU und einzelnen Mitgliedsstaaten.
In ihren Emissionstests nach den VW-Enthüllungen haben Deutschland und Frankreich offengelassen, ob sie das in Tests ermittelte Abgasverhalten einiger Fahrzeuge auf „illegale“ Abschalteinrichtungen zurückführen. Die Regelungen seien zu unklar.
Dagegen will die EU-Kommission nun mit einer „Entscheidungshilfe“ vorgehen. Das Dokument soll es Mitgliedsstaaten erleichtern, Abschalteinrichtungen als „unerlaubt“ zu bezeichnen. Anhand dieses Leitfadens sollen Behörden wie das Kraftfahrt-Bundesamt feststellen: Dient ein bestimmtes Verhalten der Motorsteuerung im Einzelfall dem Abgasbetrug oder ist es technisch gerechtfertigt?Beweislast liegt beim Hersteller
„Untersuchungen zum Emissions-Skandal haben gezeigt, dass viele Autohersteller Strategien anwenden, die außerhalb des Testzyklus Emissionen erhöhen“, lässt sich Europas Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska zitieren. Dies sei illegal, außer in technisch begründeten Einzelfällen. Die Beweislast liege beim Hersteller, „cheating“ könne nicht toleriert werden.
Künftig sollen die Hersteller zum Beispiel Fragen wie diese beantworten:
- Beschränkt sich der Anstieg der Emissionen auf das niedrigste mögliche Niveau?
- Gibt es bessere Technologien oder Auslegungen, die niedrigere Emissionen oder einen sichereren Betrieb des Motors ermöglichen würden?
- Kann das Risiko eines plötzlichen und irreparablen Motorschadens im Test bewiesen und dokumentiert werden?
Besonders achten sollen die Mitgliedsstaaten dabei auf Betriebssituationen wie höhere Emissionen beim Warm- als beim Kaltstart, den Einsatz so genannter „Thermofenster“ oder ein Emissionsverhalten, das sich mit der Betriebszeit oder Fahrgeschwindigkeit ändert. Darüber hinaus gibt die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten einen methodischen Leitfaden mit. Darin sind zum Beispiel marktbegleitende Stichproben vorgesehen sowie Vorschläge für die Auswahl der Fahrzeuge und der anzuwendenden Testverfahren.
Was bedeutet das?
Rechtlich bindend ist das 11-seitige Dokument nicht. In Brüssel glaubt man allerdings: Wenn die EU gegen zu „industriefreundliche“ Staaten vorgehen sollte, könnte es die fachliche Basis in möglichen Verfahren bilden. Das berichtet „Automotive News“. Das Papier entziehe vielen Ausreden die Grundlage und lege dar, wie die EU-Experten die geltenden Regeln auslegen.
VW hat als einziger Hersteller einen Betrug zugegeben. Mit dem Leitfaden könnte es bald weiteren Herstellern an die Abschalteinrichtung gehen. Es beschreibt genau die Abgasstrategien, die bei mehreren Herstellern festgestellt worden sind – und legt den Prüfbehörden nahe, diese als unzulässig zu bewerten. Der Hersteller muss glaubhaft machen, dass sein Auto so umweltfreundlich wie möglich ist - andernfalls läuft er Gefahr, keine Zulassung zu erhalten.Die Schlupflöcher im Abgasmesswesen werden damit vorerst nicht zwingend kleiner – solange der Katalog kein geltendes Recht darstellt. Aber Behörden können sie leichter schließen. Falls sie das nicht tun, besitzt Brüssel durchaus Drohpotenzial. Vertragsverletzungsverfahren gegen Staaten, die trotz "Schummelsoftware" Typzulassungen für Volkswagen ausgestellt haben, hat die EU bereits eingeleitet. Neben Deutschland betrifft diese Anschuldigung Luxemburg, Spanien und Großbritannien.
Interessant wäre es zu wissen, wie hoch die Abgasemission bei meinem Mazda 2 ist.
Wo kann man sich das weiße Teil zum prüfen holen?
Zitat :
...Rechtlich bindend ist das 11-seitige Dokument nicht.
Und daher, was soll das Papier bringen, es taucht ja nicht mal als Klopapier.
Und weiter im Text
"..Der Hersteller muss glaubhaft machen, dass sein Auto so umweltfreundlich wie möglich ist - andernfalls läuft er Gefahr, keine Zulassung zu erhalten.."
Da die Zulassung der Fahrzeuge in den entsprechenden "Heimatländern" der EU geschieht
ist das auch nur "Viel heiße" Luft.
Die sollten lieber klare und bindende Regeln / Gesetze einführen..
Grüße
Wenn ich mir da so ansehe, wer heute aller Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen im Alltag oder wie und wo auch immer, verletzt oder überhaupt mißachtet, dann ist mir diese leidige Emissionssache schon echt wurscht. Unsere Exekutive hinkt leider gewaltig hinter der Legislative nach, Tatsache. Leider.
" So umweltfreundlich wie möglich" ein sehr dehnbarer Begriff.
"Kann das Risiko eines plötzlichen und irreparablen Motorschadens im Test bewiesen und dokumentiert werden?"
Plötzlich UND irreparabel. Heißt also:
- nicht plötzlich (z.b. 5000km) und irreparabel muß aktzeptiert werden.
-plötzlich und reparabel wäre demnach auch akzeptabel.
-nicht plötzlich und reparabel demnach genauso.
Da hat wohl irgendjemand zu viele Drogen genommen?
Sehr gut, damit wird endlich verhindert, dass veraltete und billige Motorentechnik als sauber verkauft werden kann. Das ist nämlich das Hauptproblem. Die Industrie wird sturmlaufen, da sich natürlich die Produktionskosten erhöhen werden.
Finde ich gut, damit werden die Hersteller gezwungen aktuelle Technik zu verbauen. Beim Diesel ist das die Niederdruck AGR. Die verursacht keine Schäden, selbst wenn sie immer voll verwendet wird. Hochdruck AGR ist ein billiger Kompromiss, der unter recht vielen Bedingungen dem Motor und seinen Anbauteilen schadet, darum existieren die Thermofenster. Sowas ist nicht notwendig und geht technisch besser.
Ob das wohl alle Beteiligten wirklich komplett so durchblicken und
ob das wirklich in jedem Fall so unschädlich ist?
Es ist jedenfalls möglich Motoren zu bauen die auch auf der Straße sauberer sind und trotzdem nicht deshalb kaputt gehen. Thermofenster und Abschaltungen nach gewisser Zeit sind nur notwendig wenn günstige Techik verbaut wurde, dient also nur der Gewinnmaximierung der Konzerne, sonst für nichts.
Interessant. Hast du beruflich damit zu tun?
Nein habe ich nicht aber ich habe meine Quellen. Ich studiere Maschinenbau und habe Interesse im Bereich Antriebstechnik. Grundsätzlich wird sich laut einem AVL List (weltweiter Marktführer im Bereich Entwicklungsdienstleistungen bei Fahrzeugantrieben) Vortrag aufgrund des Abgasskandals beim Thema Autoantriebe in der EU einiges ändern. Die Gesetzgebung hat das Vertrauen in die Industrie verloren, bzw. ist aus ihrem Dornröschenschlaf aufgewacht. Ab 2020 wird schummeln und trixen nicht mehr gehen. Dann können die Ingenieure endlich mal ihre Kreativität ausspielen und werden nicht mehr von den Controllern gebremst.
Dann wird einfach mehr Druck ausgeübt. So lange ein kaufmännischer Lehrling aus dem Einkauf einem studierten Ingenieur ein unumstößliches "geht nicht" vorschreiben kann, wird sich an den Bleistiftspitzern nichts ändern. Bestenfalls deren Methoden.
Und was machen unsere lieben Politiker? Sie wollen immer mehrneuere Gesetze erfinden, um Handeln vorzutäuschen.
Eigentlich ist die aktuelle Regelung eindeutig: https://www.bundestag.de/.../pe-6-008-16-pdf-data.pdf
Die Verwendung einer Abschalteinrichtung ist nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht unzulässig, wenn die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung
oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten; wenn die
Einrichtung nicht länger arbeitet, als es zum Anlassen des Motors erforderlich ist oder wenn die
Bedingungen in den Verfahren zur Prüfung der Verdunstungsemissionen und der durchschnittli-
chen Auspuffemissionen im Wesentlichen enthalten sind.
Und §4 Absatz 2 sagt: "Die von dem Hersteller ergriffenen technischen Maßnahmen müssen außerdem sicherstellen, dass die Auspuff- und Verdunstungsemissionen während der gesamten normalen Lebensdauer eines Fahrzeuges bei normalen Nutzungsbedingungen entsprechend dieser Verordnung wirkungsvoll begrenzt werden. "
Aha. Wirkungsvoll also mit abgeschaltetem AGr und normaler Fahrt. Also bleibt im laufenden Betrieb der RDE Messungen mit weit jenseits 500 mg/km nur "Schutz vor Beschädigung oder Unfall" über. Die scheinen Motoren aus Pappe zu bauen, dass diese unter 18 Grad Abgasrückführungen abschalten (Mercedes/Opel/Ford) bzw. bei Fiat nach 22 Minuten und dem Ende des NEFZ kapitale Motorschäden fürchten ....
PS: Wer Sarkasmus findet...
@Fischbrezel:
Das weiße Teil zum Prüfen kostet voll ausgestattet mehr als (vorsichtige Schätzung auf Neuwagenpreise) 50% der Fahrzeuge an die es geschnallt wird. Das kann man sich nicht mal eben irgendwo holen ^^...