Nach dem Nürburgring-Verkauf
Was wird jetzt aus dem Ring?
Lange war unklar, wie es am Nürburgring weitergeht. Seit gestern wissen wir mehr - und doch nichts Genaues.
Nürburg/Berlin – Wer gestern auf der Ring-Pressekonferenz in Koblenz war, vernahm ein deutliches Aufatmen, als der neue Herr des Nürburgrings verkündet wurde. Statt Meyrick Cox vom Finanzinvestor H.I.G.Capital betrat Robertino Wild die Bühne: sportlich-schlank, Ex-Rennfahrer, mit filigraner Brille, offenem Hemd und freundlichem Gesicht. Wie eine Heuschrecke sieht der Mann nicht aus. Aber wie will er den Ring wieder stark machen?
Wer soll das bezahlen?
Wild ist Geschäftsführer der Capricorn Automotive GmbH und (gemeinsam mit Adam Osieka von Motorsport-Dienstleister GetSpeed) auch Chef ihrer neugegründeten Tochter Capricorn Nürburgring GmbH.
Für 77 Millionen hat diese die Traditionsstrecke in der Eifel gekauft. Mit Strecken, Hotels, Achterbahn, einfach allem. Weitere 25 Millionen sollen investiert werden. Von der Tochter einer Firma, die gerade mal 350 Mitarbeiter beschäftigt – rund 60 davon in einer Carbon-Schmiede im ringnahen Meuspather Gewerbegebiet.Capricorn gab im Bieterverfahren das höchste Gebot ab – und den attraktivsten Renovierungsplan: Der Ring bleibt öffentlich zugänglich, der millionenschwere Freizeitschrott kommt weg, dafür wird an der Rennstrecke alles auf Motorsport und Technologie ausgerichtet. Das soll auch neue Arbeitsplätze schaffen.
Hehre Ziele für ein mittelständisches Unternehmen, das auf dem Papier selbst „nur“ 17 Millionen Euro schwer ist und in seinem Jahresabschluss für 2012 einen Gewinn von 203.000 Euro auswies. 2011 war es noch ein Verlust von 290.000 Euro.
Nürburgring erstmals in privater Hand
Wo das Geld für den Kauf herkommt, sagen die Capricorn-Sprecher nicht. „Zu Details geben wir aus Gründen der vereinbarten Vertraulichkeit keinen Kommentar“, hieß es auf Anfrage von MOTOR-TALK.
Fakt ist, dass das Geld irgendwo herkommen muss. Vehemente Gegner des Deals befürchten immer noch, dass ein privater Käufer die Tore zur Strecke schließt und Motorsportbegeisterte künftig in der Eifel in die Röhre gucken. Solche Ängste wollte Wild gleich bei seinem ersten großen Auftritt vom Tisch wischen: "Der Nürburgring wird öffentlich zugänglich bleiben", sagte er bei der Pressekonferenz.
Einer, der sich davon nicht beeindrucken lässt, ist Ring-Experte Mike Frison. „Der neue Düsseldorfer will Richters Kulissenbaracken abreissen, die Achterbahn auch und die Ringcard abschaffen. Da rufen natürlich alle “Hurra” und klatschen Beifall - und schon ist alles super. Woher die 100 Millionen kommen und wie sie sich refinanzieren sollen, gerät dann schnell in den Hintergrund“, schreibt er in seinem Blog und macht eine unangenehme Rechnung auf: bei 5 Prozent Rendite und vier Prozent Zinsen kommen bereits neun Millionen Euro zusätzliche Kosten auf die Betreiber zu. Und das bei einer Anlage, die als ausgebucht (Rennstrecken) gilt und hohe Instandhaltungskosten fordert.Der ebenfalls sehr am Ring engagierte Journalist und Buchautor Wilhelm Hahne soll es laut Auto Motor Sport mit folgenden Worten auf den Punkt gebracht haben: "Für mich haben wir heute den Start in eine neue Insolvenz erlebt."
Die wissen was sie tun
Jan Erren, Pressesprecher von Manthey hingegen beunruhigen die Rechenspiele nicht: „Wer glaubt, dass sich die Capricorn-Verantwortlichen darüber keine Gedanken gemacht haben, denkt sicher zu kurz. Robertino Wild ist keiner, der den Ring kauft, nur um ihn zu besitzen. Der Mann ist Kaufmann und Unternehmer, er hat mit seinem Team in gut zehn Jahren einen anerkannten Automobil-Zulieferer aufgebaut, der namenhafte Hersteller beliefert. Ich glaube, er weiß, was er tut“, sagt Erren zu MOTOR-TALK.
Der Manthey-Sprecher ist einer, der die Capricorn Automotive GmbH schon kannte, bevor sie sich für den Ring interessierte. Das nachbarschaftliche Verhältnis ist gut. Der Porsche-Spezialist Manthey ist wie die Capricorn Composite GmbH (die Carbon-Schmiede) im Meuspather Gewerbegebiet ansässig.Erren sieht die neuste Entwicklung am Ring positiv: „Zunächst einmal ist es gut, dass nach zwei Jahren Hin und Her endlich Klarheit herrscht. Capricorn ist kein unbeschriebenes Blatt. Die Firma steht für eine hohe Expertise u. a. im Bereich Composite. Und Geschäftsführer Robertino Wild ist als Motorsport-Fan und Ring-Liebhaber bekannt. Dass er als Unternehmer trotzdem auf die Kosten schauen wird, darf man ihm unterstellen.“
Was wird?
Erneute Pleite oder schlaue Motorsport-Wirtschaft. Wie sich die Geschicke am Nürburgring entwickeln, wird sich in den nächsten fünf Jahren zeigen. Erstmal bleibt eine andere Frage spannend: Wird die EU-Kommission die Zahlungen des Landes Rheinland-Pfalz am Nürburgring in Höhe von insgesamt einer halben Milliarde Euro als illegale Beihilfen werten? Falls ja, geht es auch darum, in welcher Höhe diese geflossen sind - und ob den Ring-Käufer Rückforderungen treffen. In diesem Fall würde der bereits unterschriebene Kaufvertrag ungültig. Der Ring fiele wieder in die Ungewissheit.
Quellen: MOTOR-TALK, Auto Motor Sport, mit Material von dpa
Wenn ich schon lese, dass man "die Königsklasse halten will"!
Das bedeutet, dass hier keine seriösen Geschäftsleute am Werk sind. Man kann davon ausgehen, dass Capricorn sehr wohl weiß, dass Ecclestone nie einen Vertrag unterschreiben würde, bei dem er selbst das Risiko eines Verlustes tragen müßte.
Laufen die Geschäfte bei dem Autozulieferer so gut, dass man solche Verluste gerne selber trägt, oder schielt man auf eine andere Lösung?
Auch erstaunt es doch einigermaßen, woher bei diesem Mittelständler eigentlich das Geld für den Kauf herkommt. Gibt es möglicherweise Verflechtungen zu anderen Firmen, die uns nicht bekannt sind?
Ich weiß, dass das hier viele anders sehen, aber ich halte Capricorn für einen Blender. Aber es wird nicht lange dauern, dann sind wir alle schlauer.
Höchstwahrscheinlich von den (Haus-)Banken. Der Ring dürfte da als Sicherheit für eine Hypothek ausreichen.
Original geschrieben von Drahkke
Ich bin nicht sicher, ob das reichen würde. Man muß davon ausgehen, dass, wenn eine erneute Insolvenz anstehen würde, die Banken nicht mehr die 77 Mio. plus 25 Mio. für die Anlage bekämen, die man jetzt bezahlen wird.
Zudem wollen die Banken einen festen Rückzahlungsplan. Wie sollte der bei über 100 Millionen aussehen? Selbst wenn Capricon die Hälfte aus eigenen Mittel aufbringen könnte (was eher unwahrscheinlich ist), wäre das für einen Mittelständler immer noch ein stolzer Kreditrahmen, den man dann bräuchte.
Das müßte alles über erwirtschafteten Gewinn zurückgezahlt werden. Den Verlustbringer Formel 1 will man zudem ja auch noch behalten. Und zur Zeit sehen die Banken sehr genau hin, bevor sie überhaupt einen Kredit vergeben, erst recht bei so einer Höhe.
Vielleicht irre ich, aber das sieht mir eher nach einem Geldgeber im Hintergrund aus.
Da kommt jemand mit der Spitzhacke und haut den ganzen Trullala-Mist weg.
Allein dafür gebührt ihm das Bundesverdienstkreuz.
Soll er im Fall des Falles mit der Büchse sammeln gehen. Ich werf was ein!
Begeistert!
T.O.
http://www.youtube.com/watch?v=82YhPx0_wWY
vllt kann er die Abrisskosten auch geringer halten wenn er die dafür verantwortlichen Politiker zur Mitarbeit einlädt!
Die können für ihren Größenwahnsinn gerne mithelfen.
Hier die Antwort...
http://www.wdr2.de/panorama/interviewnuerburgring101.html
Danke für den Link!
Darin heißt es: " ..... die Deutsche Bank, die an der Finanzierung beteiligt ist"
Wer ist denn sonst noch beteiligt? Darüber gibt auch die Wirtschaftswoche, die im übrigen nur die offizielle Version wiedergibt, keine Auskunft.
Bei der Achterbahn dürfte eine Demontage mehr Sinn machen. Für das Teil läßt sich sicherlich noch ein Abnehmer finden bei dem doch recht geringen Alter der Anlage.
Dass die Deutsche Bank an der Finanzierung "nur" beteiligt ist, ist doch wohl klar.
Keine Bank wird diese Investition zu 100% übernehmen. Nichtmal zu 50%. Man kennt ja jetzt aus jüngster Vergangenheit die übrigen Angebote und weiß somit, was der Marktpreis des Ringes ist.
Für die Bank steht die Risikominimierung im Focus.
Das heißt somit, dass es noch weitere Finanzierer gibt. Wer kommt in Frage?
Als Erstes natürlich der Käufer mit passendem Eigenkapital.
Als nächstes Gesellschafter der Käuferfirma.
Als weiteres Nutzer des Ringes und ggfs. sogar Bürgschaften und/oder Kredite des Landes über die Förder- bzw. Investitionsbanken. Keine Ahnung wie die dort heißen und wer da gerade für zuständig ist.
Als letztes weitere Banken, private Finanzierer ggfs. auch nur über Bürgschaften.
@ PIPD black
Dass die Finanzierung in diesem Fall so harmlos ist, wie von Ihnen vermutet wird, das glaube wer will.
Hier ist schon (zu Recht) diskutiert worden, ob ein einzelner Automobilhersteller in der Lage wäre, die Aufgabe Nürburgring zu stemmen. Und jetzt soll es ein mittelständisches Unternehmen, ausgestattet mit üppigen Krediten, hinbekommen?
Capricorn selbst SCHWEIGT zu den Fragen der Finanzierung. Man könnte jetzt sagen: "Ist doch egal, Hauptsache sie bekommen das Geld irgendwie zusammen."
Aber wer bezahlt, bestimmt die Musik. Und ich wüßte gerne, wer das in diesem Fall ist, und was er noch so vorhat. Gerüchte in Richtung Formel 1 gibt es schon (allerdings ist nicht Bernie gemeint!).
Wenn ich Recht habe, und Capricorn nur vorgeschoben wurde, um die wahren Besitzverhältnisse am Ring zu verschleiern, muß es dafür einen Grund geben.
Von harmlos hab ich nichts geschrieben.
Denn wer und wie bzw. mit wieviel an einem (mittelständischen) Unternehmen beteiligt ist, weiß i. d. R. kein Außenstehender.
Wir werden es irgendwann erfahren, was bzw. wer dahinter steht.
Dann nehme ich das "harmlos" ausdrücklich zurück!
Wir werden es mal erfahren, ja. Schade nur, dass diese Unsicherheit und die damit verbundenen Befürchtungen einem die ganze Freude über den bevorstehenden Abriß der Kafitz-Schrottimmobilien trüben!
Eine Schrottimmobilie als Sicherheit für ein Finanzierungskonzept?
F1-Bernie hat schon in der Vergangengheit für ihn nicht übliche Zugständnisse gemacht. Er kommt trotzdem auf seine Kosten, das Event insgesamt ist ein Zuschussgeschäft! Afalls der gesamtwirtschaftliche Nutzen kann noch als Argument herhalten, ist aber nicht mit Zahlen hinterlegt.
Spinner aus Wirtschaft und Politik haben den Ring und siene Atmosphäre unwiederbringlich kaputt gemacht, aber keiner ist es gewesen!
Mal abwarten, was nach Abriss und Verkauf des RingRacers kommt.
Wir können jetzt noch nichts sagen zur Zukunft des Rings, aber es ist (leider) zu befürchten, dass das Spielchen mit getürkten Zahlen und Geheimniskrämerei hinter den blendend aufgeplusterten Kulissen weitergeht. Einziger Lichtblick ist, dass erst einmal der SPD- oder besser: Beck-Murks abgerissen wird, die tolle Achterbahn hat ja wenig gelaufen, läßt sich vielleicht bei ebay versteigern. Ich wäre dafür, den ganzen Mist der Landesregierung in Mainz vor die Tür zu setzen, dann kann sich die arrogante Politik-Prominenz, der wir einzig dieses Trauerspiel verdanken, dort vergnügen (so richtet sie dann weniger Schaden an), besser wäre allerdings, den ganzen teuren Müll als Mahnmal in Mainz aufzubauen....um vielleicht den ein oder anderen Bürger endlich dazu zu bewegen, dieser Dumm-Politik endlich mal eins aufs Maul zu hauen.